Seinem geistesgeschichtlichen Ursprung nach wurzelte das Göttinger Septuaginta-Unternehmen in der historisch-philologischen Wissenschaftstradition des 19. Jahrhunderts. Es war Paul Anton de Lagarde (1827-1891), der in dieser Tradition stehend, die Forderung proklamierte, dass nur die editorisch gesicherte Bewahrung religions- und kulturgeschichtlicher Überlieferung Grundlage für die Verifizierung und Erfahrung von Geschichte überhaupt bilden könne. Mit freilich höchst problematischen, hier nicht darzustellenden Intentionen wollte Lagarde diese Forderung an einem Editionswerk bewähren, das er als sein Lebenswerk betrachtete: an der Wiedergewinnung und Herausgabe des ursprünglichen Textes der Septuaginta.

Nachdem Lagarde nach umfangreichen Vorarbeiten „liegen geblieben“ war, wie sein Nachfolger Julius Wellhausen (1844-1918) kühl bemerkte, blieb es dem einzigen Schüler Lagardes, Alfred Rahlfs (1865-1935), im Zusammenwirken mit dem Göttinger Alttestamentler Rudolf Smend (1851-1913) vorbehalten, den ersten Anstoß für die institutionelle Gründung des Göttinger Septuaginta-Unternehmens mit einer vom 19. August 1907 datierenden und an das Preußische Ministerium der Geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten gerichteten Denkschrift zu geben. Dank einer groß angelegten wissenschaftsorganisatorischen Offensive prominenter Göttinger Gelehrter, die von der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin unterstützt wurde, konnte das Septuaginta-Unternehmen am 1. April 1908 seine Arbeit als Einrichtung der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen aufnehmen. Für die finanzielle Absicherung des Unternehmens sorgte das Preußische Ministerium und – ab 1911 – auch die Reichsregierung.

Die Namen derer, die in der Gründungs- und Anfangsgeschichte des Unternehmens eine entscheidende Rolle einnahmen, waren (und sind) klangvoll. Wichtiger: sie stehen – lange vor der Bemühung des Begriffs – für eine „Interdisziplinarität“, in der die strenge Methodik der griechischen Philologie mit sprachwissenschaftlichen, alt- und neutestamentlichen sowie patristischen Forschungsinteressen bezüglich der Septuaginta zusammengeführt wurde. Unter den klassischen Philologen, die sich für und um das Septuaginta-Unternehmen mühten, war es neben Friedrich Leo und Paul Wendland vor allem Eduard Schwartz (1858-1940), der in Stellungnahmen und Denkschriften von bestechender Präzision einen Überblick über die Einzelschritte und Schwierigkeiten des in Angriff zu nehmenden Mammutprojekts bewies, der sich von Rahlfs' frühen Plänen (und Prognosen, darunter auch seiner Einschätzung von 1907: „Die Dauer des Unternehmens schätze ich auf 30 Jahre....“) deutlich unterschied. Die bereits genannten Alttestamentler Wellhausen und Smend gehörten ebenso wie der Sprachwissenschaftler Jacob Wackernagel und der Patristiker Nathanael Bonwetsch zu den Gründungsvätern des Unternehmens. Dessen schon im Anfang begründete „Interdisziplinarität“ spiegelt sich unter anderem auch in der Tatsache wider, dass in der über hundertjährigen Geschichte des Septuaginta-Unternehmens den Vorsitz der Leitungskommission klassische Philologen (Eduard Schwartz, 1908-1909; Kurt Latte, 1952-1956), Sprachwissenschaftler (Jacob Wackernagel, 1909-1915), Alttestamentler (Alfred Bertholet, 1915-1928; Walter Zimmerli, 1970-1979; Rudolf Smend, 1979-2001; Reinhard Gregor Kratz, 2001–2015) und Neutestamentler (Walter Bauer, 1928-1946; Joachim Jeremias, 1956-1970) innehatten.

Der Eindruck, dass solcher interdisziplinärer Offenheit zu Anfang eine gewisse konfessionelle und nationale Einengung gegenüber stand, scheint sich aufzudrängen, wenn man folgenden Passus aus einer der frühen, aus dem Jahre 1909 stammenden Denkschriften der Septuaginta-Kommission zur Kenntnis nimmt:  

„Interessirt ist an ihr (sc. der Aufgabe der Wiederherstellung der ursprünglichen Septuaginta) die gesamte christliche Welt und die philologische und historische Wissenschaft in weitem Umfang, aber gelöst werden kann sie nur von der deutschen Philologie und auch nur auf protestantischem Boden.“

Nun: die emphatische Berufung auf den Protestantismus stieß bereits damals unter den Kommissionsmitgliedern auf ein durchaus geteiltes Echo. Und die umfang­eiche internationale Korrespondenz, die Alfred Rahlfs in seiner Zeit als erster Leiter des Unternehmens (1908-1933) führte, belegt eindrücklich, wie sehr das Göttinger Editionsprojekt schon in seiner Frühphase auf internationale Kooperation angelegt war. Vollends befreit von etwaiger konfessioneller Beschränktheit wurde es durch den katholischen Bibelwissenschaftler Joseph Ziegler, der mit seiner Edition aller prophetischen Bücher (1939-1957) innerhalb der Göttinger Editio maior die erste Periode des Erscheinens der großen kritischen Ausgaben prägte.

Eine grundlegende internationale Öffnung erfolgte im Jahre 1966 durch die Berufung des kanadischen Orientalisten und Alttestamentlers John William Wevers, dessen Edition des Pentateuch (1974-1991) die zweite Publikations­phase ebenso bestimmte wie die Ausgaben der deuterokanonischen Schriften durch Robert Hanhart, den langjährigen Leiter des Septuaginta-Unternehmens (1961-1993). Eine nochmalige Erweiterung wurde mit der aus der „Helsinki-Schule“ hervorgegangenen Septuaginta-Forscherin Anneli Aejmelaeus vollzogen, die in den Jahren 1993-2000 für die Leitung des Unternehmens Verantwortung trug.  

Mit seiner interdisziplinären, interkonfessionellen, interreligiösen und internationalen Ausrichtung, die sich das Göttinger Septuaginta-Unternehmen in Kontinuität und Weiterentwicklung seiner Tradition erworben hatte, entsprach es vor allem seinem Gegenstand: der griechischen Übersetzung des hebräischen Alten Testaments, die von Juden der alexandrinischen Diaspora für ihre hellenistisch-pagane Umwelt erarbeitet und von den frühen Christen als „heilige Schrift“ angenommen worden war.

Nach­dem Lagarde nach um­fang­reichen Vor­arbeitenliegen ge­blieben war, wie sein Nach­folger Julius Well­hausen (1844-1918) kühl be­merkte, blieb es dem ein­zigen Schüler Lagar­des, Alfred Rahlfs (1865-1935), im Zu­sam­men­wirken mit dem Göt­tinger Alt­testament­ler Rudolf Smend (1851-1913) vor­be­halten, den ersten An­stoß für die insti­tutio­nelle Grün­dung des Göt­tinger Sep­tua­ginta-Unter­nehmens mit einer vom 19. August 1907 da­tieren­den und an das Preußische Mi­niste­rium der Geist­lichen, Unter­richts- und Medi­cinal­an­ge­legen­heiten ge­richte­ten Denk­schrift zu geben. Dank einer groß an­ge­legten wissen­schafts­orga­nisa­tori­schen Of­fensive pro­minenter Göt­tinger Ge­lehrter, die von der König­lichen Aka­demie der Wissen­schaften zu Berlin unter­stützt wurde, kon­nte das Sep­tua­ginta-Unter­nehmen am 1. April 1908 seine Ar­beit als Ein­rich­tung der König­lichen Gesell­schaft der Wissen­schaften zu Göt­tingen auf­nehmen. Für die finan­zielle Ab­sicher­ung des Unter­neh­mens sorgte das Preußische Ministe­ri­um und ab 1911 auch die Reichs­regierung.

Die Namen derer, die in der Grün­dungs- und An­fangs­ge­schichte des Unter­nehmens eine ent­scheiden­de Rolle ein­nahmen, waren (und sind) klang­voll. Wichtiger: sie stehen lange vor der Be­mühung des Be­griffs für eine Inter­diszi­plina­ri­tät, in der die strenge Metho­dik der grie­chi­schen Philo­logie mit sprach­wissen­schaft­lichen, alt- und neu­testa­ment­lichen sowie patristi­schen For­schungs­interes­sen be­züg­lich der Sep­tua­ginta zu­sammen­ge­führt wurde. Unter den klas­sischen Philo­logen, die sich für und um das Sep­tua­ginta-Unter­nehmen mühten, war es neben Fried­rich Leo und Paul Wend­land vor allem Eduard Schwartz (1858-1940), der in Stel­lung­nahmen und Denk­schriften von be­stechen­der Prä­zi­sion einen Über­blick über die Ein­zel­schritte und Schwierig­kei­ten des in An­griff zu nehmen­den Mam­mut­projekts be­wies, der sich von Rahlfs' frühen Plä­nen (und Pro­gno­sen, da­run­ter auch seiner Ein­schätzung von 1907: Die Dauer des Unter­nehmens schätze ich auf 30 Jahre....) deut­lich unter­schied. Die be­reits ge­nannten Alt­testa­ment­ler Well­hausen und Smend ge­hörten ebenso wie der Sprach­wissen­schaftler Jacob Wacker­nagel und der Patristi­ker Natha­nael Bon­wetsch zu den Grün­dungs­vätern des Unter­nehmens. Dessen schon im An­fang be­gründe­te Inter­diszi­plinari­tät spiegelt sich unter anderem auch in der Tat­sache wider, dass in der über hundert­jährigen Ge­schichte des Sep­tua­ginta-Unter­nehmens den Vor­sitz der Leitungs­kommission klassische Philo­logen (Eduard Schwartz, 1908-1909; Kurt Latte, 1952-1956), Sprach­wissen­schaftler (Jacob Wacker­nagel, 1909-1915), Alt­testa­mentler (Alfred Bertholet, 1915-1928; Walter Zimmerli, 1970-1979; Rudolf Smend, 1979-2001; Reinhard Gregor Kratz, seit 2001) und Neu­testa­mentler (Walter Bauer, 1928-1946; Joachim Jeremias, 1956-1970) inne­hatten.
Der Ein­druck, dass solcher inter­diszipli­närer Offen­heit zu An­fang eine ge­wisse kon­fessionelle und natio­nale Ein­engung ge­gen­über stand, scheint sich auf­zu­drängen, wenn man folgen­den Pas­sus aus einer der frühen, aus dem Jahre 1909 stam­men­den Denk­schriften der Septua­ginta-Kom­mis­sion zur Kennt­nis nimmt:  

Interes­sirt ist an ihr (sc. der Auf­gabe der Wieder­her­stellung der ur­sprüng­lichen Sep­tua­ginta) die ge­samte christ­liche Welt und die philo­logische und histo­rische Wissen­schaft in wei­tem Um­fang, aber ge­löst wer­den kann sie nur von der deutschen Philo­logie und auch nur auf protestanti­schem Boden. 

Nun: die em­phatische Be­rufung auf den Protestan­tis­mus stieß be­reits da­mals unter den Kom­missions­mit­gliedern auf ein durch­aus ge­teiltes Echo. Und die um­fang­reiche inter­natio­nale Kor­respon­denz, die Alfred Rahlfs in seiner Zeit als erster Lei­ter des Unter­nehmens (1908-1933) führte, be­legt ein­drück­lich, wie sehr das Göt­tinger Editions­pro­jekt schon in seiner Früh­phase auf inter­natio­nale Ko­operation an­ge­legt war. Voll­ends be­freit von etwa­iger kon­fessio­neller Be­schränkt­heit wurde es durch den katho­lisch­en Bibel­wissen­schaftler Joseph Ziegler, der mit seiner Edi­tion aller pro­phetisch­en Bücher (1939-1957) inner­halb der Göttinger Editio maior die erste Periode des Er­scheinens der großen kriti­schen Aus­gaben prägte.

Eine grund­legende inter­natio­nale Öff­nung er­folgte im Jahre 1966 durch die Be­rufung des kana­dischen Orienta­listen und Alt­testa­ment­lers John William Wevers, dessen Edi­tion des Penta­teuch (1974-1991) die zweite Publika­tions­phase ebenso be­stimmte wie die Aus­gaben der deu­tero­kanoni­schen Schriften durch Ro­bert Hanhart, den lang­jährigen Leiter des Sep­tuaginta-Unter­nehmens (1961-1993). Eine noch­malige Er­weiterung wurde mit der aus der Helsinki-Schule her­vor­ge­gangen­en Sep­tua­ginta-For­scher­in Anneli Aej­me­laeus voll­zogen, die in den Jahren 1993-2000 für die Lei­tung des Unter­nehmens Ver­ant­wortung trug.  

Mit seiner inter­diszipli­nären, inter­kon­fessio­nellen, inter­religiösen und inter­natio­nal­en Aus­rich­tung, die sich das Göt­tinger Sep­tua­ginta-Unter­nehmen in Kon­tinui­tät und Weiter­ent­wicklung seiner Tra­di­tion er­wor­ben hat, ent­spricht es vor allem sei­nem Gegen­stand: der griechi­schen Über­setzung des hebrä­ischen Alten Testa­ments, die von Juden der alexan­drini­schen Dias­pora für ihre hel­lenis­tisch-paga­ne Um­welt er­ar­beitet und von den frühen Christen als heili­ge Schrift an­genom­men wor­den ist.