Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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TRIER, EBF.E VON

I.

Bf.e seit dem 3. Jh. (Bischofstuhl erstmals 314 belegt); als Ebf.e bezeichnet seit der bis 811 abgeschlossenen Wiederherstellung des Metropolitanverbandes, Kfs.en, Erzkanzler des Hl. Röm. Reiches für Gallien und das Arelat (offiziell seit 1314), Administratoren der Reichsabtei Prüm seit 1574/76.

Die Entstehung des späteren kurtrier. Territoriums erfolgte von zwei Bereichen her. Der ursprgl. Besitz lag im T.er Raum. Die hier bis in die Spätantike zurückreichenden Ansätze zur Herrschaftsbildung wurden 772 durch Gründung einer Gft. auf Kosten des Episcopiums zunächst etwas abgebrochen. Die Schenkung des Bannforstes im Hunsrück durch Kg. Zwentibold 897, die Verleihung von Immunität und wichtigen Grafschaftsrechten an den Ebf. 898/902, die Bestätigung von Immunität und Gft. 947 sowie die Übertragung eines kgl. Bannforstes in der Eifel 973 waren Grundlagen weiterer Entwicklung im W. Das1018 von Heinrich II. geschenkte Koblenz mit seiner Umgebung hingegen bildete den Kern des späteren Niederstifts an Untermosel, Rhein und Lahn. Folgerichtig bildeten sich auf Dauer zwei Residenzschwerpunkte mit T. (bzw. auch Pfalzel ab 1377) und Koblenz (bzw. Ehrenbreitstein) heraus.

Nach Ansätzen zur Substanzerweiterung im 12. Jh. und weiterer Zurückdrängung auswärtiger laikaler Einflüsse, bes. der Ablösung der Obervogtei der Pfgf.en 1197 durch Ebf. Johann, wurden im 13. Jh. eine weitere Festigung und ein Ausbau der ebfl. Herrschaft speziell durch eine intensive Burgenpolitik in Angriff genommen. Dies gilt schon für Dietrich von Wied (1212-42) mit der Errichtung von Montabaur im Westerwald und ersten Burglehensverträgen, aber ebenso für seine Nachfolger Arnold von Isenburg (1242-59), Heinrich von Finstingen (1260-86) und Boemund von Warsberg (1289-1299) mit Bau,Renovierung, Kauf, Pfanderwerb, Pfandablösung sowie Eroberung etl. Burgen, u. a. auch in den Zwischenzonen an Mittel- und Untermosel, ferner mit dem Erwerb von Höfen, wichtigen Vogteirechten wie denen über Wittlich und Münstermaifeld sowie von sonsti-gen Ansprüchen. Die ebfl. Konsolidierungspolitik erlitt zu Beginn des 14. Jh.s durch die Schwierigkeiten von Ebf. Dieter von Nassau (1300-07) einen kurzfristigen Rückschlag. Unter dem in Reichs- wie Territorialpolitik bedeutenden Balduin von Luxemburg (1307-54) gelang es aber durch günstige Umstände und den Einsatz verschiedener Mittel bis hin zur Fehde, eine stärkere Verbindung zw. den westl. und rhein. Teilen Kurtriers zu schaffen. Weiterhin kamen 1312 durch Pfanderwerb wichtige Ergänzungen mit Boppard und Oberwesel hinzu, wo der Ebf.etwas später auch den lukrativen Rheinzoll gewann. In der Zeit Balduins wurde ebenso die schon im 13. Jh. grundgelegte Ämterverfassung fortentwickelt und flächendeckend eine Untergliederung des Territoriums durchgeführt, die zugl. geeignet war, Adelige über Amtmannstellen einzubinden.

Die Nachfolger Balduins, Boemund von Saarbrücken (1354-62) und Kuno von Falkenstein (1362-88), konnten die Substanz des Erzstifts wahren; unter Werner von Falkenstein (1388-1418) und Otto von Ziegenhain (1418-30) verstärkten sich aber die Schwierigkeiten der T.er Kirche durch äußere wie innere Umstände. Probleme durch die versuchte Einflußnahme benachbarter Herrschaftsträger ebenso wie durch starke Rolle von Teilen des Stiftsadels kulminierten in der durch die Doppelwahl von 1430 bedingten Manderscheider Fehde; sie brachte zugl. einen frühen Ansatz ständ. Formierung mit sich. Nach dem Todvon Jakob von Sierck (1439-56), der eine durchaus erfolgreiche Bistums- und Territorialpolitik zw. den größeren Mächten betrieb, kam es 1456 zu einer erneuten landständ. Vereinigung und ab diesem Zeitpunkt zu weiteren ständ. Aktivitäten, bei denen das Domkapitel eine Zwitterstellung einnahm.

Die Ebf.e Johann und Jakob von Baden (1456-1503, 1503-11) konnten angesichts der mächtigen Nachbarn ringsum - von → Burgund bzw. → Habsburg als Erben der → Luxemburger bis zur → Pfalz, den Gf.en von → Nassau und den 1479 Katzenelnbogen erbenden Lgf.en von → Hessen - das kurtr. Territorium nicht mehr ausweiten, es in seiner Substanz aber weiterhin erhalten und durch Burgenausbau bzw. Rückkauf verpfändeten Gutes festigen. Unter Richard von Greiffenclau (1511-31) gelang es durch Verträge, u. a. auch durch den Erfolg in derSickinger Fehde 1522 und die Niederschlagung reformator. Bestrebungen, die landesherrl. Position in begrenztem Umfang zu stärken. Jedoch wurden durch die Reformation seit den dreißiger Jahren verschiedene Teile weltl. Territorien, v. a. rechtsrhein. von Nassau, Wied, Sayn-Wittgenstein und Solms, der T.er Kirchenhoheit entzogen und dadurch Autorität und Machtstellung der Ebf.e etwas geschwächt. Linksrhein. konnten diese beim Eifeladel wie den Manderscheidern reformator. Bestrebungen hemmen; auch griffen Reformbemühungen der Ebf.e von Johann von Metzenhausen bis Jakob von Eltz im eigenen Stift.Nach den Turbulenzen von 1552, als Mgf. Albrecht Alcibiades im Bund mit Frankreich das Erzstift heimsuchte und der Kathedralsitz und Residenzort Gefahr lief, an dieses überzugehen, deutete sich bald mit dem Vertrag von Chambord 1552 und der Zusage des Vikariates für → Metz, → Toul und → Verdun an den frz. Kg. die Abtrennung der Suffraganbm.er und damit ein weiterer Autoritätsverlust für die Ebf.e an. Unter Jakob von Eltz kam aber noch ein letzter größerer Gewinn für Kurtrier hinzu: Auf ebfl. Betreiben erfolgte nach Einschaltung einer päpstl.Visitationskommission 1574/76 die Inkorporation der Reichsabtei → Prüm. Das Bestreben Philipps von Sötern 1625, die von Rom zugesprochene Reichsabtei St. Maximin als Kommende zu erhalten, scheiterte hingegen am kaiserl. und span. Widerstand und zog milit. Operationen nach sich. Der Versuch des Ebf.s 1627, als Bundesgenossen gegen die span. Machtansprüche im Erzstift Frankreich zu gewinnen, erwies sich insofern als gefährl., als nunmehr von diesem eine sich in Residenzbesetzungen äußernde Bedrohung für das Erzstift ausging und die span. Rückeroberung zu einer langjährigenGefangenschaft Philipps führte. Insgesamt ging Kurtrier aus dem Dreißigjährigen Krieg wirtschaftl., demograph. und auch sonst stärker geschwächt, allerdings ohne Schmälerung der territorialen Grundsubstanz hervor. Die Fläche des Kfsm.s selbst blieb bis ins ausgehende 18. Jh. weitgehend bestehen und wird 1789 mit 5,404 qkm angegeben.

II.

Mit Domkapitel, Dom- und Stiftsklerus, spätestens im 12. Jh. einem unter Einschluß der Ministerialen agierenden Bischofsrat sowie möglicherw. auch einem Priorenkolleg waren etl. Personenverbände im direkten Umfeld der Ebf.e als Organe zur Beratung und Delegierung von Entscheidungen vorhanden, aus denen auch ein Hof teilw. Personal rekrutieren konnte. Ebenso existierten schon seit dem frühen MA eine entspr. Schriftlichkeit und zeitw. eine außerordentl. Kunstfertigkeit im Umfeld des Domes, in dessen Immunität sich die 1339 als neben der Kurie Weiskirchen gelegeneund als Kamphof bezeichnete sog. curia episcopalis befand. Die konstantin. Palastaula diente aber als Stützpunkt (1008, 1096) und möglicherw. schon im 10./11. Jh.als Amtssitz. Ihr sind auch die in einer Zeugenliste von 1038 genannten Palatini zugeordnet und als Personen gedeutet worden, die aus dem ritterl. Umfeld des Ebf.s stammten.

Die Umrisse eines ebfl. Hofes lassen sich jedoch etwas genauer erst seit dem 13. Jh. fassen. Der »Liber annalium jurium« (wohl aus dem zweiten Jahrzehnt) erwähnt im Zusammenhang mit dem Bischofspalast einen Walter de Palatio sowie dessen Neffen, weiter einen ebfl. Kaplan, einen magister palatii namens Herbrand sowie den Kämmerer. Zugl. beschreibt er einige Aufgaben des letzteren, bes. im Zusammenhang mit den Juden, den hier erstmals belegten Kammerhandwerkern sowie den Münzern. Ebenso läßt sich im 13. Jh. eine eigene Palastgerichtsbarkeit erkennen, die sich aufden Palastbering und auf zwei zu Dienstlehen verwendete Güterkomplexe im Suburbium bezog und seit der Mitte des Jh.s stärkere Aktivitäten entfaltete. Die unterschiedl. Rechtsstellungen verschiedener Personen zum Palast in späterer Zeit machen Nachrichten deutlich, nach denen für die Fische 1340 der Palastkellner, für die Lohgerber und Schuhmacher ca. 1350 der Palastmeister und für die Kammerhandwerker weiterhin der Palastkämmerer verantwortl. war. Für die Durchsetzung der ebfl. Gerichtsbarkeit bei der Landesherrschaft und als Appellationsinstanz hingegen wurde 1458 ein eigenes Hofgerichtinstituiert.

Einzelne ebfl. Notare sind im 10. Jh. belegt, dann erscheinen ebfl. Kapläne, von denen 1107 gleich vier in einer Urk. als Zeugen auftreten. Seit dem endenden 12. Jh. werden wiederum neben ihnen ebfl. Notare gen., ebenso entwickelte sich seit dieser Zeit das trier. Offizialat bis hin zu einer Kurie im 13. Jh., der Ende des 13. Jh.s eine eigene Offizialatskurie in Koblenz zur Seite trat. Die feste verwaltungsmäßige Trennung in Ober- und Niederstift unter Balduin von Luxemburg im 14. Jh. verstärkte diese Duplizität. Eine institutionalisierte, eigene ebfl. Kanzlei war jedoch auch in dieserZeit wohl noch nicht vorhanden, da Balduin in entspr. Angelegenheiten weiterhin stark auf die bewährten Offizialate zurückgriff. Auch in der Folgezeit gab es Überschneidungen personeller wie sachl. Art zw. Offizialaten und Kanzlei; erst unter Otto von Ziegenhain (1418-30) läßt sich eine ebfl. Kanzleiorganisation erkennen. Der Erlaß einer Kanzleiordnung macht ein fortgeschrittenes Stadium deutl. Um 1500 bestand die ebfl. Kanzlei dann aus einem Vorsteher, zwei Sekretären, fünf Schreibern und einem Knecht.

Um 1330 wurde unter Ebf. Balduin zum ersten Mal der Versuch unternommen, die wichtigsten Urk.n und Privilegien zu sammeln und mit einer kurzen Inhaltsangabe in einem Kopiar zu vereinen. Nachdem das sog. Balduineum Kesselstatt mit ca. 2000 Urk.n entstanden war, wurden drei weitere, themat. neu geordnete Prunkhandschriften mit den Urk.n von unbegrenzter Gültigkeit angefertigt, von denen eines als kleineres Reiseexemplar diente: Zeichen immer noch vorhandener Mobilität ebfl. Herrschaft. Bei der Archivierung setzte sich in der Folgezeit eine stärkere Unterscheidung zw. Perpetualia undTemporalia durch, wie sie etwa unter Johann von Baden zu beobachten ist. Zugl. läßt sich aber erkennen, daß viele Urk.n damals noch nicht der Aufbewahrung oder Überlieferung für wert gehalten wurden. Insgesamt wird daher die kurtrier. Kanzlei noch zu Beginn des 16. Jh.s als nicht sehr fortschrittl. angesehen. Im 15. Jh. wurde sie immerhin auf dem Ehrenbreitstein zusammengeführt, wo auch eine eigene Stube für die Notare erwähnt ist, nachdem Teile des Urkunden- und Aktenbestandes sich zuvor in T. und zeitw. auch in Cochem befunden hatten.

Die zentrale Verwaltung des Erzstifts, in der zunächst Ministerialen wie der sich nach 1130 die ebfl. Einkünfte aneignende Bgf. Ludwig eine Rolle spielten, bestand im 14. Jh. aus einem Kreis von Vertrauten des Ebf.s, die oft studierte Kleriker mit Stiftspfründen waren. Eine klare Festlegung von Kompetenzen existierte jedoch nicht. Das System einer Regierung mit Räten läßt sich auch in der Folgezeit beobachten, wobei um 1500 eine Verfestigung mit ständig am Hof befindl. Räten erfolgte, die in die Richtung einer »Zentralbehörde« weist. Zu diesem Rat gehörten auch die Inhaber der Hofämter,von denen neben dem schon erwähnten Kämmerer bes. der Truchseß, der Marschall und der Schenk zu erwähnen sind. Das Schenkenamt, im 14. Jh. der trier. Familie Oeren verliehen, wurde im endenden MA mehrfach als Lehen vergeben. Ebenso wechselten die Inhaber des Marschalls- und des Hofmeisteramts, das im Sinne seiner spätma. Bedeutung sich in Kurtrier seit dem 14. Jh. belegen läßt. Teilw. ist ein Ämterwechsel vom Marschall zum Hofmeister zu erkennen. Um 1500 gab es eine Unterscheidung zw. Oberhofmeister bzw. Landhofmeister und Haushofmeister. Für die Finanzverwaltung war ein Rentmeister zuständig,ebenso sind Küchenmeister sowie Küchenschreiber zu nennen. Insgesamt läßt sich die Größe des ebfl. Hofes in dieser Zeit nach einer 111 Namen nennenden Liste von Personen, so teglich. zu hoiff syn uns g.H. von Trier, zumindest abschätzen. Darunter befinden sich auch ein Türhüter, ein Barbier, ein Koch, ein Metzger mit Knecht sowie Boten, Jäger und ein Wildschütze. Weiterhin sind sowohl etl. Handwerker (z. B. Hofschneider, Schlosser) wie auch persönl., zur Versorgung, für Vergnügungen oder zum Schutz und für milit. Zwecke eingesetzte Bedienstete bekannt. Eine Sonderrollespielten Juden. Einer Tradition jüd. Ärzte, die schon für Ebf. Bruno im 12. Jh. belegt ist, entsprach in T. wiederum unter Boemund von Saarbrücken (1354-62) Meister Simon, der Judenarzt; für Philipp von Sötern (1623-52) fungierte Baruch als Leibarzt wie Finanzberater. Bereits zur Zeit Balduins von Luxemburg waren ab den zwanziger Jahren des 14. Jh.s Juden auch als Finanzfachleute tätig.

Die ebfl. Wirtschaftskraft zur Versorgung des Hofes und Erfüllung der weiteren Aufgaben war nicht allzu groß und blieb z. B. hinter der Kurkölns deutl. zurück. In der zweiten Hälfte des 13. Jh.s werden die Einkünfte in den Kolmarer Annalen nur auf 3000 Mark geschätzt, während für Kurköln 50 000 Mark zugrunde gelegt werden. Die Rechte und Einkünfte um 1215 werden aus dem »Liber annalium jurium« etwas deutlich, der Besitztitel v. a. im T.er Raum und an der Saar, an der Mittelmosel, auf dem Hochwald, in der Eifel, auf dem Maifeld, um Koblenz und im Westerwald verzeichnet. SpezielleRechte, die sich auf das Palatium bezogen, werden hier ebenfalls aufgeführt. Die Einnahmen reichten zur Erfüllung größerer Verpflichtungen jedoch oft nicht aus, so daß sich etl. Ebf.e zu Anleihen oder Verpfändungen gezwungen sahen. Gerade nach Wahlen - so schon bei Ebf. Gottfried (1124-27) - mußten oft die ebfl. Einkünfte angegriffen werden; Ebf. Johann mußte 1190 für die Kosten seines Regierungsantritts seine Höfe in Pfalzel, Ehrang und Kordel an das Domkapitel verpfänden. In der Folgezeit setzte sich dies fort oder wurden andere, z. T. auf Widerstand stoßende Maßnahmen und Wege zusätzl.Finanzierung oder der Befreiung von Belastungen gefunden wie unter Arnold von Isenburg im 13. Jh., dem u. a. die Einbehaltung gestifteten Gutes, die Ausübung des Spolienrechts sowie die Erhebung neuer Abgaben vorgeworfen wurde. Balduin von Luxemburg, der zeitw. den Juden Muskinus, Jakob Danielis und Michael von Bingen eine wichtige Rolle in der ebfl. Finanzverwaltung einräumte, ließ zwar eine enorme Finanzkraft des Erzstifts dadurch suggerieren, daß er vor 1340 die Lieferung eines Wagens voller Silber und Gold für das Italienunternehmen → Heinrichs VII. im Bild festhalten ließ.Jedoch waren angesichts der von Dieter von Nassau hinterlassenen Schulden zunächst Anleihen, dann gewaltige Finanzoperationen und Geschick notwendig, um die zu verschiedenen Zwecken erforderl. Gelder aufzubringen. Nach dem Tode Balduins 1354 weist auch eine freilich gegen päpstl. Forderungen gerichtete Erklärung des Domkapitels auf einen Tiefstand erzstift. Finanzen hin.

Insgesamt setzten sich entspr. Entwicklungen mit einem Auf und Ab von Verpfändungen und Zugewinnen auch in der Folgezeit fort. Immerhin partizipierten die Ebf.e aber am Rhein- wie Mosel- und Saarhandel durch die lukrativen Zölle. Sie wurden zunächst v. a. in T. (schon 902 gen.) und in Koblenz mit Rhein- und Moselzoll erhoben, wobei der erst im 14. Jh. wieder fest als ebfl. etablierte Zoll am Rhein nach Kapellen (seit 1344) bzw. Engers (1412) verlegt wurde. Hinzu kamen Zölle in Boppard (1314 genehmigt, ab Mitte des 14. Jh.s erhoben), aber auch in Orten wie Saarburg, Merzig undWittlich (alle seit ca. 1215), Cochem (ab 1298) und auch Pfalzel (1372 Privileg). Maßnahmen der Ebf.e des 13. und 14. Jh.s zur Intensivierung der Zolleinkünfte zeigen deren Wichtigkeit. Der oberstift. Handel mit Wein und anderen Naturalien verlor jedoch im späten MA an überregionaler Bedeutung. Otto von Ziegenhain (1418-30) bemühte sich immerhin, durch wirtschaftslenkende Maßnahmen seine Einkünfte zu vergrößern, indem er den Getreidehandel des Maifeldes auf Koblenz zu richten suchte. Koblenz, dessen früher Zolltarif einen regen Durchgangsverkehr auf Rhein und Mosel belegt, hatte wirtschaftl.im späten MA jedoch ebenfalls nur eine regionale Bedeutung an Mittelrhein und Mosel (Schiffe bis Oberwesel, Remagen, Zell); die ebfl. Privilegierung im 15. Jh. mit größeren Märkten nach Frankfurter Recht und die Verleihung des Stapelrechts 1480 hatten hier nur begrenzten Erfolg. Immerhin war im Erzstift das Tuchgewerbe an verschiedenen Orten (z. B. T., Mayen, Boppard) durchaus von Bedeutung und arbeitete für den Export; im Laufe der Zeit kamen neue Standorte mit Qualitätskontrollen (Saarburg 1507) hinzu und entstand so eine Art von Gewerbelandschaft. Ein Interesse an der einheim.Textilproduktion läßt sich auch bei den Kfs.en spätestens im 16. und 17. Jh. erkennen, als sie es durch Verordnungen über den Wollhandel zugunsten einheim. Weber zu schützen suchten. Im Metallsektor suchten die Ebf.e seit der zweiten Hälfte des 14. Jh.s ihre Anteile an der Eisenverarbeitung zu vergrößern, v. a. in der Südeifel in Eisenschmitt und seiner Umgebung. Eine erste T.er Bergordnung wurde 1511 erlassen.

Das Recht zur Münzprägung stand den Ebf.en dauerhaft zu. Der »Liber annalium jurium« (um 1215) spricht von einer Mitwirkung von Priorenkolleg, Ministerialen und Bürgern sowie einer Silberbeschaffung durch die Juden und unterscheidet einen Münzmeister sowie sechs discipuli. Der Münzausstoß war jedoch völlig unterschiedl. und ging zeitw. stark zurück. Im 14. Jh. mußte Ebf. Balduin die Münzstätten von T. und Koblenz wieder beleben und ließ sich 1310 darüber hinaus das Recht verleihen, an jedem Platz im Erzstift Münzen schlagen zu lassen.Durch das Erwirken eines ksl. Verbots von 1341 der Prägung minderwertiger Münzen durch benachbarte Gf.en und Herren sollte die trier. Münze weiter geschützt werden; Landfriedensverträge mit Münzvereinbarungen waren Vorboten der späteren kurrhein. Münzvereine, denen sich sich die Kfs.en anschlossen. In der Kipper- und Wipperzeit geriet Kurtrier so wie auch andere Räume in Turbulenzen.

Die ungeachtet dessen größere Bedeutung und Ausstrahlung des kurtrier. Hofes und der Residenzorte zeigt sich nicht nur an mehrfachen Herrscherbesuchen, wie sie z. B. 1251 auf dem Ehrenbreitstein oder 1473 und 1512 in T. stattfanden. Vielmehr wird sie auch an der Gegenwart von bedeutenderen Persönlichkeiten, Wissenschaftlern oder Künstlern, der Existenz von Zeugnissen der Kunst und Kultur sowie der Aufnahme neuerer Strömungen deutlich. Letzteres gilt insbes. für die Zeit des ausgehenden MA und der beginnenden Neuzeit, in der auch die nach ersten ebfl. Plänen 1450 i. J. 1473 gegründeteUniversität einzelne Gelehrte anzog und wo auch der Humanismus Nährboden fand. Neben dem ebfl. Kanzler Johann Kreidweiß seien hier u. a. der jurist. gebildete Ludolf von Enschringen sowie der 1519 verstorbene Weihbf. Johann Enen erwähnt; an der T.er Universität weilte von 1515-1518 auch - von Ludolf herbeigeholt - der später als Satiriker berühmte Thomas Murner (1475-1537). Für die erste Hälfte des 16. Jh.s seien als Theologen gen. etwa der Offizial Dr. Johannes von der Eck, der Richard von Greiffenclau zum Wormser Reichstag begleitete und dort die Anhörung Luthers leitete, ferner der 1545 alsSiegelbewahrer belegte und 1570 als kurtrier. Rat gestorbene Humanist und Dichter Bartholomäus Latomus, der - zwar mit Martin Bucer bekannt - als Vertreterdes alten Glaubens hervortrat und in den zwanziger Jahren an der T.er Artistenfakultät lehrte. Ebenso konnte Ebf. Johann von Metzenhausen für die Dogmatik mit Ambrosius Pelargus 1533 einen bekannten Dominikaner-Theologen verpflichten, der immerhin mit Erasmus von Rotterdam korrespondierte, und richtete einen mit Justinus Gobler besetzten Lehrstuhl für Ethik (Moralphilosophie) ein. Ambrosius Pelargus fungierte auch als T.er Vertreter auf dem Trienter Konzil. Über den Leiter des ebfl. Offizialats, Dekan des Stifts St. Simeon und Vizekanzlerder Universität, Matthias von Saarburg, äußerte der Kölner Karthäuser Theoderich Loher immerhin 1535, daß er niemanden in Dtl. mit einer größeren Bibliothek kenne. Für den Bereich der Künste sei als bedeutender Bildhauer Hans Ruprecht Hoffmann († 1617) gen. Er schuf u. a. auch den Petrusbrunnen auf dem T.er Hauptmarkt, der neuerdings als Auftragswerk des Ebf.s und landesherrl. Herrschaftszeichen nicht zuletzt im Hinblick auf die Nutzung des Hauptmarkts für herrschaftl. Akte verstanden wird.

Zur Repräsentation boten Bauten und Kunst bis hin zu Grabmälern in besonderer Weise Möglichkeiten. Die Kunst ist einem geistl. Hof entspr. insgesamt stark religiös orientiert, jedoch sind auch vereinzelte Zeugnisse profaner Ausrichtung enthalten. Für die Res. in T. geht aus einer Rechnung von 1336/37 hervor, daß sie in einem beheizbaren Raum mit Prophetenbildern ausgemalt war. Von Ebf. Balduin von Luxemburg heißt es bei Johann Victring 1341 aber auch, er habe »nahezu alle Taten seines Bruders in seinem Palast großartig und sehr kunstfertig malen lassen«. Hieraus ist auf entspr. weitereWandmalereien geschlossen oder die Formulierung in palatio [...] depinxit auf das Anfertigen eines wichtigen Zeugnisses der Buchmalerei bezogen worden. Es handelt sich um die berühmte Darstellung von Ks. → Heinrichs Romfahrt, die - wie jüngst nachgewiesen wurde - zur Inszenierung von Politik im luxemburg. Sinne genutzt wurde; sie zeigt den an seinem Wappen (rotes Kreuz auf weißem Grund) immer wieder erkennbaren T.er Ebf. zudem auch als Krieger. Ebf. Kuno von Falkenstein (1362-88) förderte die Buchproduktion und -malerei in bes. Maße.Er ließ in einem Atelier zahlr. Handschriften abschreiben und prachtvoll illuminieren. Hierzu gehörte neben dem auf 1380 datierten, bekannten Perikopenbuch mit ca. 160 Miniaturen, einem Missale sowie Antiphonaren u. a. auch eine sehr reich verzierte Weltchronik des Rudolf von Ems sowie eine als Frgm. erhaltene Ausgabe des »Wälschen Gastes« mit hervorragenden Miniaturen.

Nicht zuletzt bot die Gestaltung von religiösen Festen wie weltl. Feierlichkeiten am Residenzort wie außerhalb Möglichkeiten zur Repräsentation. Rang und Zahl von Gästen an der Res. können - da auch durch äußere Umstände bedingt - nur schwer miteinander vergl. werden. Beim Auftreten von Ebf.en sind unter Berücksichtigung der unterschiedl. Anlässe und Topoi bei der Darstellung allgemeine episkopale Gewohnheiten von individuellen Besonderheiten schwer zu trennen. Die Äußerung in der Lebensbeschreibung Balduins von Luxemburg, nach der dieser gegenüber hochgestellten Personen mit aller Prachtverkehrte, mit Leuten mittleren Standes dagegen bescheiden, läßt die Schwierigkeiten einer Deutung zur Genüge erkennen. Eine vergleichende Untersuchung von Bischofsornaten und -schmuck ist auch kaum möglich; von den erhaltenen Ringen des MA wurde immerhin der von Arnold von Isenburg als der prächtigste bezeichnet, der angebl. auch durch reichl. Geschenke an Papst und Kuriale auf sich aufmerksam machte. Als stärker prunkliebend gilt Kuno von Falkenstein, den schon vor der Regierung in T. → Karl IV. wg. seiner prachtvollen Kleidung gerügt haben soll. In Kunos Zeit wurde offenbar auchder Versuch unternommen, in der Siegelkunst Gesichtszüge individueller wiedergeben. Die Repräsentation Jakobs von Sierck im 15. Jh. zeigt sich bes. bei seiner Reisetätigkeit, bei der er zu bedeutenderen Anlässen eine Begleitung von 120-130 Pferden mitführte und durch Pfeifer und Trompeter akust. stark auf sich aufmerksam machte. Trompeter, Pfeifer, aber auch ein Lautenschläger und ein Organist sind ebenso am Hofe Johanns von Baden belegt, und Musiker gehörten auch in der Folgezeit zum Hofpersonal.

Quellen

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