Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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ELTEN

I.

967 vom Gf.en Wichmann in seiner Burg E. (Hochelten) gestiftet. Die Tochter des Gf.en, Adela, bekämpfte fast 30 Jahre die Gründung, da sie der Ansicht war, sie sei bei der Gründung und Ausstattung des Stifts übergangen worden. Ihre Schwester Liutgard († 995) war die erste Äbt.

II.

Um 970/73 erwarb Otto I. das Stift, das damit reichsunmittelbar wurde. 1083 veräußerte Heinrich IV. E. und seine Pertinenzien an das Hochstift Hamburg- → Bremen, 1129 war es aber nach einer Urk. Lothars III. wieder reichsunmittelbar. Der Literatur nach zählten die Äbtissinnen von E. ab dem 12. Jh. zum Reichsfürstenstand, die direkt vom Kg. oder seinen Bevollmächtigten mit Regalien belehnt wurden; nachgewiesen ist dies aber erst 1403. Als Fs.in wird eine Äbtissin von E. erstmals 1390 bezeichnet: eerwoerdige und hochgeborene vorstinne vrowElsa de Holsaten. Sitz und Stimme hatte sie aber weder auf dem Reichs- noch auf dem Kreistag.

Die Besitzungen E.s lagen am Niederrhein und erstreckten sich bis nach Holland. Die Grundausstattung und ihre Schmälerung sind aus den Urk.n von 968, 970, 973 und 996 (Rheinisches Urkundenbuch 2, 1994, Nr. 146, 147, 149, 150) erkennbar. Diese Güter reichten etwa von Arnheim (Gelderland/Niederlande) im NW bis in die Umgebung Xantens im SO. Nach den Streitigkeiten mit Adela wurde der Grundbesitz reduziert und ein Teil der Güter ging an die Grafentochter über. Im 19. Jh. umfaßte das Stiftsterritorium das Stift E., mehrere Häuser auf dem Eltenberg (Hochelten), den Flecken Niederelten und etwasLand darum. Es war insgesamt eine halbe Quardatmeile groß. Dazu kamen Besitzungen im niederländ. und klev. Amt Lymers.

Im 18. Jh. war das Stift weiterhin rfsl. und exemt, aber die Landesherrschaft ging weitgehend an Brandenburg-Preußen über. Die Landeshoheit der Äbtissin ging im Reichsdeputationhauptschluß zu Ende, das Stiftsgebiet fiel an Preußen. Aufgelöst wurde das Stift E. allerdings erst in der Franzosen-Zeit (8. Nov. 1811).

Die hohe Gerichtsbarkeit in E. während des St.-Viti-Marktes und die gesamte »Gerichtsherrlichkeit« des Landes lag in der Hand der Äbt. (bis 1802). Den Vogt konnte lt. den Urk.n des 10. Jh.s die Äbtissin frei wählen. Die ersten Nachrichten über eine Vogtei stammen aus dem 15. Jh. und zeigen Ansprüche der Hzg.e von → Geldern auf diese. Sie bestand aus der Erhebung des Markzolles und der Ausübung der Gerichtsbarkeit während des St.-Viti-Marktes (12.-24. Juni), beschränkt allerdings die strafbaren Handlungen auf Schlägereien und Beschimpfungen. Nur in den geldr. Gebieten konnten dieHzg.e die Vogteieinnahmen an sich ziehen. Im Zuge des »Burgundischen Krieges«, in dem → Geldern an Hzg. Karl den Kühnen von → Burgund kam, stellten die Hzg.e von → Kleve Anspruch an die Vogtei E.s, die sie am 7. Aug. 1473 von Hzg. Karl bekamen. Die Vogtei war nicht genau definiert, aber im Zuge der allgemeinen Unruhe versuchte → Kleve seine Rechte auszubauen. 1614 ging die Vogtei zusammen mit dem Klever Erbe an Kurbrandenburg (→ Hohenzollern) über. Auch die → Hohenzollern versuchten, in E. ihren Einfluß zu vergrößern. 1683 kam dieGerichtsbarkeit über den St.-Viti-Mark von den Gf.en von Berg, die sie schon von den Hzg.en von → Geldern verpfändet bekamen, an → Brandenburg. Wie schon → Kleve versuchten auch die → Hohenzollern ihr Gewicht im Stift durch Einflußnahme auf die Äbtissinwahl zu verstärken. Die Kanonissen konnten sich bis 1678 erfolgreich wehren, ab dann hatten die Preußen Vorschlagsrecht.

E. gehörte dem Bm. → Utrecht an; nach dessen Aufhebung war es exemt; Bestätigung durch päpstl. Breve Clemens IX. vom 1. Juli 1669.

Zu den weiteren Rechten, die der Äbtissin von E. zustanden, gehörte u. a. das Jagdrecht. Das verlor sie 1688 an → Brandenburg. Der Markzoll des St.-Viti-Marktes stand schon ab 1433 dem Vogt zu. Die Kessel- und Mallakzise, 1432 eingeführt, wurde 1688 gegen den Widerstand der Äbtissin ebenfalls von → Brandenburg übernommen. Zudem bekam die Äbtissin Abgaben aus der Schatzung, die jeder zahlen mußte, und aus der Decima, die Ländereibesitzer zahlten.

Siegel, um 1360-70. Bild: Ein mit reicher got. Architektur geschmücktes Tabernakel, in dem St. Vitus steht, mod. gekleidet, in der Rechten hält er einen Palmenzweig. Zu seinen Füssen befindet sich ein Löwe. Umschrift: SIGILLVM : REGALIS : ECCLESIE : SANCTI VITI : ALTINENSIS. Etwas älter ist ein wesentl. kleineres Sekretssiegel mit derselben Darstellung; Umschrift: S[igillum] SECRETV[m] · ECC[lesi]E · S[anc]TI ·VITI · ALTINENSIS. Zwei Äbtissinnensiegel des späten 13. und aus der Mitte des 14. Jh.s sind zudem bekannt. Zum ersten das Siegel der Äbtissin Godelindis vom 10. Aug. 1296. Dargestellt ist die Äbtissin in einem mit Röschen gefüllten gegittertem Hintergrund. Sie sitzt auf einer Bank und hält eine virga (?) in der Rechten und ein Buch in der Linken. Umschrift: + S[igillum] GODELINDIS · DEI · GR[aci]AABB[at]ISSE [ALTI]NEN[sis]. Das Siegel der Äbtissin Irmgard vom 21. Jan. 1357 zeigt die Äbtissin in einem reichen, got. Tabernakel thronend dargestellt. In der Rechten hält sie ein Buch, in der Linken eine virga. Im unteren Teil ist ein Wappenschild gezeigt, darin ist ein mit Kugeln belegtes Bord mit einem Löwen zu sehen. Umschrift: S(igillum) · ERMENGARDIS · ABBATISSE [...] IS ECCLESIE ·ALTINEN[SIS].

Für das Jahr 1380 sind die Namen von zwölf Kanonissen überliefert sowie gleichzeitig von zwölf vorgesehenen Nachfolgerinnen. Da dies die höchste bekannte Anzahl der Kanonissen ist, ist davon auszugehen, das dies auch die Anzahl der Präbenen war. Ab dem SpätMA muß eine adlige Herkunft nachwiesen werden; im 16. Jh. (um 1543?) war der Konvent den edell jonfferen vorbehalten, bezeugte schon Papst Eugen IV. anläßl. einer Wahl von 1443, das dort nur puellae de magna duntaxat nobili genere aufgenommen wurden.

Zu den wichtigsten Nachbarn des Stiftes gehörten die Gf.en bzw. die Hzg.e von → Geldernsowie die Gf.en bzw. Hzg.e von → Kleve, die zum Teil das geldr. Erbe übernahmen. Hzg. Karl der Kühne von Burgund war der andere Erbe der Gelderer und wurde damit ebenfalls ein wichtiger Nachbar E.s.

Quellen

Rheinische Siegel. Lfg. 3: Tafel 85-116: Siegel der Äbtissinnen der Stiftskirchen und Benediktinerinnenklöster, Äbte der Benediktinerklöster und Cisterzienserklöster, Äbtissinnen der Cisterzienserinnenklöster, Äbte der Praemonstratenserklöster, Pfarrer und Kleriker, bearb. von Wilhelm Ewald, Düsseldorf 1942 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, 27,4). - Rheinische Siegel. Lfg. 4: Siegel der Stifter, Klöster und geistliche Dignitäre. Halbbd. 1: Taf. 1-56 und Nachträge Taf. 117-128, Siegel der Korporationen. bearb.von Wilhelm Ewald, Textbd. bearb. von Edith Meyer-Wurmbach. Düsseldorf 1972 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, 27,4). - Rheinische Urkundenbücher. Ältere Urkunden bis 1100. Band 2. Elten - Köln, S. Ursula, bearb. von Erich Wisplinghoff, Düsseldorf 1994 (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichte, 57).

Fahne, Anton: Das fürstliche Stift Elten. Aus authentischen Quellen, Bonn u. a. [1850]. - Kratzert, Wolfgang: Zur Rechtsgeschichte des Stiftes Elten. Die Rechtsstellung der Äbtissin und die innere Ordnung des Stiftes, Köln 1961. - Schmithals, Otto: Drei freiherrliche Stifter am Niederrhein, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 84 (1907) S. 103-180, hier S. 141-165. - Vollmer, Bernhard: Die Vogtei Kleves und Brandenburg-Preußens überdas Reichsstift Elten, in: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein 115 (1929) S. 255-282.