Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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ZWEIBRÜCKEN-BITSCH

A. Zweibrücken-Bitsch

I.

Namengebend ist die Burg → B. (Schreibweisen Bitche, Bites, Bytes) auf einem Plateau in den stark bewaldeten Nordvogesen gelegen. Die Burg → B. wird erstmals 1098 erwähnt. Sie war aber bereits einige Jahrzehnte früher im Besitz des zweiten oberlothringischen Hzg.hauses. Bei einer Erbteilung 1179 fiel B. dem jüngeren Friedrich (I.) zu; er nannte sich zuweilen dux de Bitsch. Sein Sohn Friedrich II. erbte das Hzm. Lothringen. Hzg. Friedrich III. von Lothringen tauschte B. unter Vorbehalt seiner Lehenshoheit 1297 und 1302 mit dem Gf.en von Z. gegen deren Besitz in Linder, Moersberg und Saargemünd. B. wurde nun Sitz der Gf.en von Z.-B. bis zu deren Aussterben 1570. Innerhalb ihres Territoriums bildete B. nun eine Herrschaft, deren Reichsunmittelbarkeit von Lothringen bestritten wurde.

II.

Die Gf.en von Z.-B. können auf eine längere, nicht immer einwandfrei zu belegende Geschichte, die eng mit dem Hzm. Lothringen verknüpft ist, zurückblicken. Begründer der Familienlinie Z.-B. ist Gf. Eberhart von Z., der seit 1297 auch im Besitz der Herrschaft B. war.

Die territorialen Interessen der Gf.en von Z.-B. galten v.a. dem nördlichen Elsaß. In zunehmendem Maß suchten sie die Verbindung zu oberrheinischen Territorialherren, insbes. zu den Kfs.en von der Pfalz. So erscheinen die Gf.en von Z.-B. mehrmals als kurpfälzische Lehensleute und Diener. Auch ließen sie zu, daß die pfälzischen Kfs.en »sich der B.er Burgen im Bedarfsfall bedienen konnten« (Herrmann, Z.-B., S. 324).

Im letzten Drittel des 14. Jh.s konnten sich die Gf.en von Z.-B. vorübergehend an der wichtigen Straße vom Oberrhein nach Metz – über Kaiserslautern und Saarbrücken – festsetzen. Um 1370 hatten sie in der Burg Homburg einen Stützpunkt. Rund ein Jahrzehnt später verpfändete Johann von Kirkel seinen Anteil an der Burg Kirkel und einen Teil der zugehörigen Güter den Gf.en von Z.-B. Sie gwannen zunehmend an Einfluß im pfälzisch-saarländischen Raum, als sie Eberhard, den kinderlosen letzten Gf.en von Z., beerbten. Zwar fiel die Gft. Z. auf Grund der Verträge von 1385 als heimgefallenes Lehen an die Kurpfalz, doch verblieben noch einige Stücke der Erbmasse den B.er Gf.en. Es waren dies: die Burgen und Herrschaften Burgaltdorf in Lothringen und Medelsheim im Bliesgau, Anteile an den Burgen Homburg, Nanstein (bei Landstuhl) und Drachenfels (westlich von Bergzabern), die Burg Hattweiler (das heutige Jägersburg), Anteile am Dirminger Tal, des weiteren – als Metzer Lehen – eine Jahrgülte auf der Saline zu Marsal sowie eine größere Geldforderung an Hzg. Robert von Bar, die die B.er Gf.en wenigstens zum Teil eintreiben konnten. Als Erben des Zweibrücker Gf.en Eberhard erscheinen die drei Brüder Simon Wecker II., Hannemann und Friedrich. Ihr vierter Bruder Heinrich blieb jedoch als Erbe ausgeschlossen. Sein Besitz lag in der Vorderpfalz, wo ihm seine Brüder die Burgen Landeck und Lindelbronn (Lindelbol) überlassen hatten. Seine Beziehung zu den Brüdern war aber recht gespannt. Gf. Eberhard besaß Medelsheim, Hattweiler, die Anteile an Nanstein und Drachenfels und verwaltete die Herrschaft Burgaltdorf als Schirmvogt über den dortigen Besitz des Metzer Domkapitels. Die drei B.er Gf.en wurden aber erstaunlicherweise vom pfälzischen Kfs. Ruprecht II. mit den fünf Burgen am 30. Jan. 1395 belehnt. »In der Urk. vom 18. Jan. 1385 über den Verkauf der Burgen und Städte Z., Hornbach und Bergzabern waren ausdrücklich die übrigen Burgen Eberhards sowie die Zölle zu Limbach und Rimlingen ausgenommen worden. Zwar hatten Eberhard und sein Halbbruder Albrecht wenige Wochen nach dem Verkauf von Z. Ruprecht I. ein Achtel an Medelsheim auf Lebenszeit überlassen. Doch war diese Verfügung ja mit dem Tod des Kfs.en (gest. 16. Febr. 1390) hinfällig geworden. So ist wohl in der Belehnung der drei Brüder mit den gen. Burgen das Streben der Kursfs.en von der Pfalz nach Ausweitung ihres Einflußes im Westrich auf dem Wege über eine neu beanspruchte Lehenshoheit zu sehen. Die Belehnung der B.er Brüder wurde bei Regierungsantritt Ruprechts III. i.J. 1398 erneuert; später aber nicht mehr« (Herrmann, Z.-B., S. 326).

Für die Gf.en von B. erwies sich die Lehensverbindung zur Kurpfalz insbes. in Nanstein als wichtig. Der Pfälzer Kfs. veranlaßte dort den Gf.en von Johann von → Sponheim, der sich anfangs ablehnend verhielt, die B.er Gf.en in die Burgfriedensgemeinschaft aufzunehmen.

Die Aufzählung der Erwerbungen aus dem Erbe Eberhards beweist, daß »die Stellung der Gf.en von Z.-B. v.a. im Saarland gestärkt wurde. Die kleine Herrschaft Medelsheim selbst, das übrigens im 14. Jh. hin und wieder Stadt gen. wird und das neben der Burg auch Ortsbefestigungen besaß, mit den Dörfern Seyweiler und Peppenkum und dem links des Baches gelegenen Teil von Walsheim grenzte unmittelbar an die Nordwestecke des Amtes B.« (Herrmann, Z.-B., S. 326).

An der alten Königstraße besaßen nun die Gf.en von Z.-B. »Stützpunkte« in Landstuhl, Homburg und Kirkel. Die Zollrechte in Limbach sind erst im 15. Jh. belegt. Nördlich dieser Linie lag ihre Burg Hattweiler. Am Geleit dieser Straße hatten die Gf.en Anteile – schon vor dem Anfall des Zweibrücker Erbes. Diese verkehrsgeographisch wichtige Position, die auch die Möglichkeit zur Erhebung von Geleitsgeldern bot, konnten sie aber nicht lange halten; das Zweibrücker Erbe der B.er Gf.en zerfiel bald.

1448 ergab sich für die B.er Gf.en noch einmal die Möglichkeit, ihren Machtbereich stärker in die Blies- und Saargegend vorzuschieben. In einem Ehevertrag für Hannemann von Z.-B. und Else von Sierck wurde vereinbart, daß Else eine Aussteuer von 6000 fl. oder die Hälfte der Herrschaften Frauenberg an der Blies und Forbach nebst anderen Gefällen erhalten sollte. Gleichzeitig wurde ihr die Anwartschaft auf die Herrschaften Sierck und Montclair eingeräumt. Doch diese Erwartungen erfüllten sich nicht, denn Hannemann, der kaum dem Kindesalter entwachsen war, starb wenige Monate nach der Heirat.

Auch gegen Ende des 15. Jh.s waren die Gf.en von Z.-B. noch eng mit der Kurpfalz verbunden. Gf. Simon Wecker gehörte ab 1474 zu den Vasallen der Kurpfalz.

Die Gf.en von Z.-B. standen – wie andere Adelsfamilien – vor der Aufgabe, eine standesgemäße Ausstattung der jüngeren Söhne, die sich nicht dem geistlichen Stand widmeten, ohne Zerstückelung des Territoriums vorzunehmen. Die vier Söhne des Gf.en Friedrich errichteten am 24. April 1476 ein Erbstatut, das praktisch das Primogeniturrecht einführte. Jeder der Brüder erhielt einige Burgen. Die Landesherrschaft blieb aber dem Ältesten der Brüder, der auch die Hauptburg B. enthielt, vorbehalten. Keiner der jüngeren Brüder durfte heiraten, solange der älteste Bruder männliche, eheliche Ahnen habe. Dieses Erbgesetz wurde in der folgenden Generation beachtet. In der zweiten Generation wurde es aber aufgegeben, viell. deswegen, weil sich durch den Erwerb der Herrschaft Lichtenberg eine größere territoriale Basis ergeben hatte. »Die beiden Brüder Simon Wecker V. und Jakob teilten am 24. Juli 1535 in der Weise, daß der ältere Simon Wecker B., Medelsheim, Ingweiler, Reichshofen, Wasenburg und → Waldeck, Jakob Lemberg, Landeck, Lindelbol, Kleinarnsburg, Wörth, Bischofsheim und Brumath erhielt. Die starke Veste Lichtenberg, das (Kupfer-)Bergwerk zu Görsdorf und die Kastvogtei zu Ingweiler blieben gemeinschaftlich. Um das Erbe Simon Weckers, der keine Söhne hinterließ, entspannen sich jahrelange Streitigkeiten seiner Wwe. und seiner Töchter mit Gf. Jakob. Aufgrund von Simon Weckers Testament, wonach die Eigengüter und alle Lehen, die nicht ausdrücklich Mannlehen seien, dann an seine Töchter fallen sollten, beanspruchten die Frauen v.a. das Amt B. Schließlich gaben sie doch nach, aber nur unter Vorbehalt ihrer Rechte bei einem evtl. Tode Gf. Jakobs ohne männliche Leibeserben« (Herrmann, Z.-B., S. 328). Jakob hatte somit den alten B.er Besitz wieder vereinigt. Er konnte noch die im frühen 15. Jh. gebildete Seitenlinie Z.-B.-Ochsenstein beerben.

Während drei Generationen war im nördlichen Elsaß durch Erbfolge ein Territorium entstanden, das sich einigermaßen geschlossen über die Nordvogesen bis in den Bliesgau erstreckte. Es hatte im W und S mehrere vorgeschobene Außenposten (Herrschaft Ochsenstein und Herrschaft Burgaltdorf in Lothringen). Als mit dem Tod des Gf.en Jakob (gest. 22. März 1570) die Gft. Z.-B. erlosch und die Vereinigung des Z.-B.er Territoriums mit der Gft. → Hanau-Lichtenberg anstand, schien sich eine neue Macht im Unterelsaß und deren Ausdehnung auf das rechte Rheinufer anzubahnen. Doch durch das Ungeschick der Erben ging der B.er Besitz vor den Vogesen verloren.

III.

Das Wappen der Gf.en von B.: goldener Schild, darin ein rotes Schildchen.

Quellen

Pöhlmann, Carl/Doll, Anton: Regesten der Grafen von Zweibrücken, Speyer 1962. Quellenwerke zur Grafschaft Zweibrücken-Bitsch fehlen.

Herrmann, Hans-Walter: Die Grafschaft Zweibrücken-Bitsch, in: Geschichtliche Landeskunde des Saarlandes, Bd. 2, hg. von Kurt Hoppstädter und Hans-Walter Herrmann, Saarbrücken 1977, S. 323-331. – Am ausführlichsten ist die Geschichte der Grafschaft Zweibrücken-Bitsch von Johann Georg Lehmann, in: Urkundliche Geschichte der Grafschaft Hanau-Lichtenberg, Mannheim 1863, Bd. 2, S. 179-406, dargestellt. Dieses Werk ist zwar veraltet, aber als Stoffsammlung sehr wertvoll, weil im Zweiten Weltkrieg im Staatsarchiv Darmstadt die jüngeren Zweibrücken-Bitscher Urkunden (etwa ab 1450) verbrannt sind. – Pöhlmann, Carl: Abriß der Geschichte der Herrschaft Bitsch, Zweibrücken 1911 (auch in: Westpfälzische Geschichtsblätter 14, 1910). – Pöhlmann, Carl: Die Herren von Bitsch genannt Gentersberg, Neustadt 1933. – Pöhlmann, Carl: Die älteste Geschichte des Bliesgaues, 2 Tle., Saarbrücken 1925 und Speyer 1953.