Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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FRAUNBERG

A. Fraunberg

I.

Die F.er sind eines der ältesten Adelsgeschlechter Bayerns und gehörten neben den Andlaw, Strundeck und Meldingen zu den vier Erbrittern des Hl. Römischen Reichs.

Ks. Friedrich II. forderte 1246 die Gft. → Haag als »comitat« und verlieh den F.ern die Hochgerichtsbarkeit (Org. Perg., BayHStA Kaiserselekt 775). Die F.er konnten die Herrschaft durch Arrondierung kleinerer Besitzungen erweitern und bis 1359 zu ihrer Vollform ausbauen. Die Gft. umfaßte ca. 300 qkm. Ks. Sigismund übernahm 1434/37 die Herrschaft → Haag als Erblehen des Reiches. 1509 wies Kg. Maximilian jegliche Eingriffe der bayerischen Hzg.e ausdrücklich zurück, v.a. den Versuch, die Geleit- und Wildbannrechte des Reiches auszuhöhlen und erhob gleichzeitig Leonhard von F. zum Haag in den erblichen Reichsgf.enstand.

Die früheste Nennung → Haags ist 980 im Cartular des Kl.s Ebersberg bezeugt, im 12. Jh. erfolgen weitere Nennungen in den Traditionsbüchern der Kl. Tegernsee und Berchtesgaden, im 13. Jh. in den Salzburger Urk.n.

Der große bayerische Bundbrief von 1347, in dem sich der niederbayerische Adel nach dem Tod Ks. Ludwigs des Bayern seine Rechte erneut bestätigen ließ, weist dann erstmals zwei eigenständige Linien der F.er auf – die F.er zu F. und die F.er zum Haag.

II.

Während die F.er zu F. stets niederbayerische Landsassen blieben, wandten sich die F.er zum Haag zunehmend nach Oberbayern und in den Reichsdienst.

Der Besitz der F.er zu F. war im Amper- und Vilstal konzentriert und um Altenfraunhofen, wo ihre Vettern, die Fraunhofen, einen bis zum Ende des Alten Reiches vom Landesherrn angefochtenen, großen, eigenen Herrschaftskomplex ausbilden konnten. In der einzig erhaltenen Steuerliste des 16. Jh.s zahlten die F.er 1597 im Landgericht Straubing 65 fl. für F., Irlbach und nicht näher gen. Besitzungen in Passau, sowie noch 7 fl. für einen kleinen Hof im Gericht Viechtach im Bayerischen Wald.

Nach dem Aussterben der Haager Linie 1566 erfolgte am 6. März 1630 durch Ks. Ferdinand II. für die F.er zu F. eine erneute Bestätigung des Reichsfrh.enstandes, der am 2.12.1630 vom Kfs.en von Bayern offiziell anerkannt wurde.

Die F.er zum → Haag waren schon 1246 von Ks. Friedrich II. als Reichsstand anerkannt worden, als er die Gft. Haag zu einem comitatus erhob. Die F.er zum Haag erhielten weitere Bestätigungen ihrer Reichsstandschaft 1434/37 durch Ks. Sigismund und 1509 durch Ks. Maximilian I. Somit besaßen sie seit 1434 die Reichstagsfähigkeit und wurden schließlich 1481 in die Reichsmatrikel aufgenommen. Wie diese 1521 deutlich machen, haben die F.er zum Haag immer ihr vereinbartes Kontingent an Reitern und Fußknechten zuverlässig gestellt, auch seit 1495 den gemeinen Pfennig als allg. Reichsteuer abgeführt und hatten als Kammerzieler zur Finanzierung des Reichskammergerichts beigetragen. Die Berater Hzg. Wilhelms IV. von Bayern wiesen in den Reichsmatrikeln von 1521 eigens darauf hin, daß (nur) die Gf.en von Haag immer die von ihnen geforderten Reichssteuern und Türkenhilfen gezahlt hatten.

Trotzdem mußten alle F.er zusätzlich ihre Landsässigkeit im Hzm. Bayern im Laufe des 16. Jh.s anerkennen. Die F.er changieren wie viele andere Adelsfamilien im spätma./frühneuzeitlichen Bayern zwischen Reichsstandschaft und Lehensgefolgschaft. Die bayerischen Hzg.e, bes. Albrecht IV., hatten – ähnlich wie in den Herrschaften → Hohenwaldeck oder → Degenberg – immer wieder in die Rechte der Gft. Haag eingegriffen. Daher befahl dann Ks. Friedrich III. 1466 dem Johann von F. zum Haag ausdrücklich, die Gft. mit allen Würden und Rechten zu erhalten und keine Beschränkungen mehr zuzulassen. Trotzdem suchten die F.er einen Ausgleich mit dem bayerischen Landesherrn und die beiden Erben Johann und Wolfgang von F. sicherten Bayern schließlich 1469 ein Öffnungsrecht für Schloß und Burg → Haag im Kriegsfall zu. Nach dem Tod des Wolfgang 1474 bat der betagte Erbe Hans IV. 1476 vor Zeugen, daß das Reichslehen an Sigmund von F. zu Prunn übergehen solle, was durch ein umfangr. Privilegienpaket des Ks.s vom 1. Aug. 1478 bestätigt wurde.

Ähnlich wie in der Herrschaft → Hohenwaldeck, und vermutlich in noch zahlr. anderen Fällen, die noch zu untersuchen wären, hatte auch in → Haag der Landshuter Erbfolgekrieg zur Folge, daß Ks. Maximilian alle bisher erfolgten Schritte Hzg. Albrechts IV. zur Aushöhlung von Reichsrechten in Bayern widerrufen konnte. Der Ks. konnte den bayerischen Landesherrn gezielt schwächen, zum einen hatte er die Gebiete um Kitzbühel, Rattenberg und Kufstein eingezogen, zum anderen stärkte er alle Reichslehen in Bayern. Am 7. Juni 1510 versetzte Ks. Maximilian I. die Gft. Haag wieder in »iren alten freien standt«. Zusätzlich wurde das enge Verhältnis noch dadurch betont, daß er Sigmund von F. zum Haag als ksl. Kammerrichter zu allen Verhandlungen beizog. Damit entzog er die strategisch so günstig im SO Bayerns gelegene Reichsgft. erneut den Arrondierungsbemühungen der Wittelsbacher Landesherrn.

Ein halbes Jh. später konnte dann Hzg. Albrecht V. auf dem Augsburger Reichstag 1555 erreichen, daß Ks. Karl V. eine bayerische Lehenanwartschaft auf die Gft. → Haag im Fall des Aussterbens der F.er zum → Haag anerkannte. Diese Anwartschaft Bayerns wurde 1565 von Ks. Maximilian II. bestätigt, als schon ersichtlich war, daß der letzte Gf. von Haag, Ladislaus von F., ohne legitime männliche Erben sterben würde (s.u.). Tatsächlich trat der Erbfall bereits 1566 ein und die bayerischen Truppen besetzten sofort das Gebiet → Haag. Oberster Lehensherr blieb aber bis zum Ende des Alten Reiches weiterhin der Ks., der dem Haus Wittelsbach regelmäßig dieses Reichslehen bestätigte.

III.

Das Wappen der F.er zeigt ein geviertes Schild, in dem ein Knabe das alte Wappen der F.er zu F., einen silbernen Pfeil, in die Höhe hält. Gf. Sigmund hatte im 15. Jh. vom frz. Kg. eine Wappenmehrung erhalten; der Knabe trägt blaue, mit den goldenen frz. Lilien übersäte Kleider und seinen Kopf ziert ein hermelinbesetzter Spitzenhut. Eine weitere Wappenmehrung erfolgte auf dem Augsburger Reichstag 1559, indem der Familie gestattet wurde, die Büffelhörner der eingeheirateten von Waldau aufzunehmen. Nach dem Aussterben der Haager Linie bestätigte der Reichstag in Speyer 1570 als weitere Wappenmehrung die Aufnahme des goldbewehrten, sich aufbäumenden Haager Schimmels.

Zwei bedeutende Denkmale, die das Selbstverständnis v.a. des letzten F.er zum Haag, des Gf.en Ladilaus, zeigen, sind in zwei großen Sammlungen erhalten geblieben.

Zum einen ist es das Porträt des Ladislaus von Haag aus dem Jahr 1557 von Hans Mielich, das heute in → Vaduz in der Sammlung der Fs.en Liechtenstein hängt, zum anderen das imposante Hochgrab des Ladislaus aus der Haager Pfarrkirche, das heute im Bayerischen Nationalmuseum steht.

Das äußerst repräsentative Ölgemälde fertigte einer der bedeutendsten dt. Porträtmaler, Hans Mielich, 1557 an. Mit dem großformatigen Ganzkörperporträt zeigt sich Ladislaus nicht nur als Renaissancefs. in modischer span. Hoftracht, sondern als Standesherr, der mit den Farben seiner Kleidung, Gold und Schwarz, sich bewußt in den Reichsfarben hatte darstellen lassen. Auch der gezähmte Leopard als prestigeträchtiges Symbol von Kraft, Stärke und Geschwindigkeit, trägt auf einem schwarzen Lederhalsband goldene Beschläge mit den verschlungenen Initialen L und S für Ladislaus. Der Leopard selbst weist mit seinem gesprenkelten Fell die Reichsfarben aus, zudem betont sein mächtiger Körper die Diagonale der unteren Bildhälfte und führt den Blick des Betrachters zum Schloß → Haag, das durch das geöffnete Fenster in seiner winterlichen Pracht zu sehen ist. Die Anlage von Schloß → Haag dominierte die umgebende Landschaft und Siedlung. Gf. Ladislaus in seinem kostbar bestickten, mit Roßhaar ausgepolsterten, schwarz-goldenen Wams scheint in Mielichs Bild nach rechts zu schreiten, der Leopard wendet seinen Kopf in die Gegenrichtung; er sichert damit nicht nur seinen Herrn, sondern die in seinem Rücken liegende Gft. So ist auch der Degen, den Gf. Ladislaus mit seiner linken Hand locker umfaßt, zur Verteidigung seiner Gft. und seiner Rechte bereit. Die rechte Hand des Gf.en umfaßt weiße, gestickte Handschuhe, am Rindfinger trägt er einen Ring und ein goldenes Armband schaut unter dem mit Spitzen verzierten Ärmel des Gewandes hervor. Neben dieser eleganten, auf einem wertvollen Orientteppich ruhenden Hand, steht eine durchsichtige Vase mit einer einzelnen Nelke. Beides sind Hinweise auf die Finanzkraft des Gf.en, denn durchscheinendes Glas konnte damals nur in Murano/Venedig hergestellt werden und war ebenso teuer wie die seltenen Nelken. Dazu beweist dies alles seinen erlesenen Geschmack und zudem seine »italianità«. Das obere Fünftel des Bildes kann als Fries gelesen werden, links das in die – ebenfalls kostbaren – Butzenscheiben eingelassene Wappen der reichsfreien Gft., in der Mitte Prunkschild und Schwert und rechts Totenschädel, Stundenuhr und Kruzifix als memento mori. Gf. Ladislaus zeigt sich als mächtiger Mann, fast als ital. Renaissancefs. Das Ganzkörperportät ist aber zudem eine deutlich lesbare Antwort auf das Porträt Albrechts V., das Hans Mielich ein Jahr früher geschaffen hatte und in dem er dem eine Generation jüngeren bayerischen Landesherrn Albrecht V. den bayerischen Löwen als Symbol der Stärke zu Füßen legte und das er in dezenten, an Tizian erinnernden, Farben gehalten hatte.

Das Hochgrab des Ladislaus von → Haag, das heute im Bayerischen Nationalmuseum (Inventarnummer R 6561) gezeigt wird, war 1567/68 vom Landshuter Künstler Hans Ernst als riesiger Katafalk gestaltet worden. Bis 1882 stellte er in der Haager Filialkirche in Kirchdorf die Macht und den Anspruch des letzten F.er zum → Haag deutlich dar. Als der damalige Pfarrer das Mausoleum in Einzelteilen verkaufen wollte, übernahm das Bayerische Nationalmuseum den Katafalk. Auf dem übermannshohen, in hellem Sandstein gehaltenen Monumentalgrab ruht Gf. Ladislaus in Prunkrüstung; der Spangenhelm und die Panzerhandschuhe sind abgelegt, da der Gf. die Hände zum Gebet gefaltet hat, aber sie ragen an den Ecken des Katafalks deutlich sichtbar hervor. Der Betrachter sieht, vor dem Sarkophag stehend, auf Augenhöhe das springende Pferd als Wappentier der Gft. Haag sowie das Wappen der ersten Gemahlin Maria Salome von Baden. Rund um den Katafalk sind 16 Ahnenwappen angebracht, was die Zugehörigkeit zum europ. Hoch- und Turnieradel verdeutlicht.

Grabmal und Porträt machen exemplarisch den Anspruch des letzten Gf.en von Haag deutlich, der – wohl wissend, daß nach seinem Tod die Gft. an Bayern fallen wird – in beiden Denkmalen eine bewußte Demonstration seines Selbstverständnisses darstellen ließ.

IV.

Die fortlaufende Stammreihe der F.er beginnt im 13. Jh., als Gf. Seyfried, der seit 1230 als hzgl. Ministeriale nachweisbar ist, die Gft. Haag zusammen mit seiner Gemahlin erhielt. Die Enkel von Gf. Seyfried, Seyfried II. und Wittilo, gründeten die zwei Linien der Familie, die erstmals 1347 im großen Bundbrief erwähnt werden; ersterer die Linie der F.er zum Haag, die mit dem Tod des Gf.en Ladislaus 1566 erlosch, letzterer die Linie der F.er zu F.

Die F.er hatten im HochMA (wie die → Hohenwaldeck-Maxlrain) zahlr. Lehen des Freisinger Bf.s inne. Noch im 15. Jh. teilten sie sich den Zehnten mit Freising. Zusätzlich hielten sie auch Vogteien der großen frühma. Kl. St. Emmeram in Regensburg und Niederaltaich an der Donau.

Seit 1179/80 sind die F.er als hzgl. Ministeriale im Wartenberger Raum nachweisbar. Diese über Jh.e andauernde Nähe zu den Wittelsbacher Landesherren, die im gleichen Jahr – 1180 – die Herrschaft in Bayern übernahmen, brachten der Familie zahlr. Besitzungen ein. Zum innersten Machtkreis der neuen Landesherren gehörend, traten sie als vornehmste Zeugen auf, liehen den Hzg.en Kapital und stellten Militäraufgebote. 1253 wird Seyfried ausdrücklich als hzgl. Hofrichter bezeichnet. Er siegelte Hzg.surk.n, aber auch schon seine eigenen Urk.n.

Die F.er zum Haag wurden unter den Brüdern Wilhelm und Christian im späten 14. Jh. zu einer der mächtigsten und reichsten Adelsfamilien Bayerns. 1386 mußte Hzg. Friedrich von Bayern-Landshut aufgrund seiner Schulden bei den F.ern seine Festungen und Städte Sulzbach, Hirschau, Hersbruck, → Lichtenstein, Pochberg, Neidstein, Lichtenegg, → Rosenberg, Breitenstein und Flossenbürg mit Vohenstrauß an »cristan fraunberger« und seinen Bruder Wilhem verpfänden, womit die F.er Besitzungen von Oberbayern bis weit in die heutige Oberpfalz hielten.

1434 und 1437 war den F.er erneut die Graffschaft [Haag] mit allen iren rechten nuczen wiltpenne stok und galgen vnd allen zugehorende von Ks. Sigismund verliehen worden und dann 1466 erneut bestätigt worden. Mit Sigmund von F. trat 1478 ein kraftvoller und geschickter Organisator und Politiker die Herrschaft in → Haag an, der es im Lauf seiner 45jährigen Regierungszeit vermochte, die F.er endgültig in den reichsumittelbaren Adel zu integrieren und ihnen auf Reichstagen Sitz und Stimme zu sichern. 1481 wurden die F.er in die Reichsmatrikel aufgenommen (s.o.). Obwohl Ks. Maximilian I. die Gft. 1510 wieder in iren alten freien standt (s.o) eingesetzt hatte, kam es trotzdem weiter zu diversen Grenzstreitigkeiten, so mit dem Freisinger Bf. 1543 und mit Hzg. Wilhelm IV. 1548. 1549 wandte sich deshalb Gf. Ladislaus von Haag um Hilfe an den Ks. Obwohl bereits 1548 das Reichskammergericht die Rechte des Gf.en Ladislaus bestätigt hatte, waren diese Verhandlungen auf Betreiben Bayerns 1550 wieder aufgenommen worden. Ein Schutzbrief des Ks.s vom 2. Okt. 1551 konnte den F.ern zum Haag lediglich »Schutz und Schirm« zusichern. Die wirtschaftichen Übergriffe Bayerns konnte der Ks. aber nicht unterbinden, obwohl er neuerlich 1554 die Reichsunmittelbarkeit des Gebietes bestätigte.

Beide Familienzweige der F.er treten im 16. Jh. in zahlr. landständischen Ämtern für die Belange der bayerischen Landsassen ein. Aus der Linie der F.er zu F. waren in der ersten Hälfte des 16. Jh.s Wilhelm, Christoph und Oswalt für das Rentamt Landshut im Großen Ausschuß vertreten. Dann erfolgte ein gewisser Wechsel – Anton von F. vertrat das Rentamt München und Carl vertrat in der zweiten Hälfte des Jh.s dann fast 20 Jahre lang das wichtige Rentamt Straubing. Der ihm nachfolgende Hans Christoph von F. saß von 1565 bis 1593 an wichtigsten Positionen in der landständischen Verwaltung. Zugl. aber versah Hans Christoph das Amt eines hzgl. Pflegers in Dingolfing; die F.er zu F. zeigen auch damit wieder ihre Nähe zum Landesherrn.

Die F.er zum Haag treten in den ersten beiden Jahrzehnten mit Seyfried, Hans und Wolf in den Gremien des Großen Ausschußes auf, wurden von den Landsassen aber auch immer wieder als Botschafter an den ksl. Hof gesandt. Gf. Ladislaus von Haag ist ab 1535 ebenfalls für das Rentamt Landshut im Großen Ausschuß tätig. Zudem vertrat er die Landstände aber sowohl am ksl. wie am hzgl. Hof.

Nach dem Tod des Gf.en Sigmund 1522 sollte die Gft. gemäß einem Testament des Großvaters ungeteilt an die beiden männlichen Erben Ladislaus und Leonhard übergehen, die damals noch unter Vormundschaft standen (Lgf.en von Leuchtenberg, Hans von Closen). Leonhard war ab 1522 an der Universität Ingolstadt eingeschrieben; der ältere Ladislaus aber hatte 1524 im Heer Karls V. den Befehl über eine ksl. Hauptmannschaft erhalten. Im Feldzug gegen Franz I. von Frankreich geriet er in Gefangenschaft, aus der ihn seine Familie freikaufte, da sich der Ks. geweigert hatte. Da Ladislaus nach der Schlacht bei Pavia zu den Franzosen überlief, ächtete ihn der Ks. und zog seinen Anteil an der Gft. Haag ein. Ks. Karl V. hatte in Mantua Balthasar von Rabenstein mit den Besitzungen belehnt. Nachdem nach zähen Verhandlungen 1531 die ksl. Acht aufgehoben worden war und Ladislaus von Haag wieder in alle Rechte eingesetzt worden war, kam es zu weiteren Auseinandersetzungen mit seinem Bruder. Die Frage der Vorherrschaft im → Haager Land war aber erst geklärt, als Gf. Leonhard am 23. Sept. 1541 überraschend und ohne Erben verstarb.

Gf. Ladislaus hatte mit Zustimmung des Landesherrn dessen Nichte Marie Salome von Baden geheiratet. Dem Einfluß Marie Salomes wird zugeschrieben, daß sich Gf. Ladislaus zunehmend für die neue lutherische Religion interessierte. Aber er war auch in den Landständen von anderen evangelisch gewordenen Hochadeligen wie Pankraz von Freyberg, Wolf Dietrich von Maxlrain, Achaz von Laiming und Achaz von Seyboldsdorf umgeben, so daß sich die Einflußnahme wohl ergänzte.

1555 ließ Gf. Ladislaus das Abendmahl unter beiderlei Gestalt in seiner Gft. zu und er berief einen evangelischen Prediger. Noch im Jan. 1555 reiste er nach dem kinderlosen Tod seiner ersten Gemahlin nach Ferrara, um Aemilia, Gf.in von Piis und Carpi, eine Nichte des Hzg.s von Ferrara, zu heiraten. Gf. Ladislaus, dem Hzg. Albrecht V. in keinster Weise wohlgesonnen war, befand sich in so schwieriger Lage, daß er auf jegliches Heiratsgut verzichtete, da er bisher ohne Erben geblieben war.

Die Ereignisse, die nun Gf. Ladislaus durch Denkschriften berichtet, sind spektakulär und haben bisher nicht die nötige sorgfältig wissenschaftliche Aufarbeitung gefunden.

Gf. Ladislaus sah sich in Ferrara als Opfer eines Giftanschlages, den er überlebte. Man konfrontierte ihn mit dem Vorwurf, ein Ketzer zu sein und seine erste Frau ermordet zu haben. Aus diesen Gründen hätte die nun angetraute Gf.in Aemilia um ihr Leben gefürchtet und hatte sofort nach der Hochzeitszeremonie die Flucht ins Kl. San Bernardo bei Ferrara angetreten. Gf. Ladislaus war mehr als düpiert, er fürchtete um sein Leben und war aller Hoffnungen auf einen legitimen Erben beraubt. Das rasche Handeln des bayerischen Hzg.s und die zeitliche Koinzidenz der Ereignisse machen deutlich, daß man am Münchner Hof sehr gut informiert war und die Wirren auszunützen gedachte. Noch im Jan. 1555 hatte Hzg. Albrecht V. den evangelischen Haager Prediger Halteinspiel verhaften lassen und trug sofort auf dem seit dem 5. Febr. 1555 tagenden Augsburger Reichstag sein Ansinnen auf eine Lehenanwartschaft auf die Gft. Haag vor. Ks. Karl V. kam dem schließlich am 20. Sept. 1555 nach und setzte die Anwartschaft Bayerns in Kraft. Zu diesem Zeitpunkt aber war Gf. Ladislaus ohne Ehefrau aus Ferrara wieder in seiner Gft. eingetroffen. Gf. Ladislaus, der sich in seinem Porträt (s.o.) als dem Landesherrn ebenbürtig hatte darstellen lassen, wurde auf Geheiß des Hzg.s schließlich 1557 wg. Streitigkeiten und der Anwerbung von Söldnern gefangen gesetzt. Man hatte ihn als Reichstand ohne ausreichende Rechtsgrundlage verhaftet, offenbar fürchtend, daß er einen kriegerischen Akt vorbereitete. Gegen die Zusicherung, alle Neuerungen in der Gft. abzustellen und die Zahlung von 25 000 Gulden wurde er dann jedoch wieder freigelassen. Der von ihm daraufhin angestrengte Prozeß vor dem Reichskammergericht wurde nach dem Tod des Gf.en 1566 eingestellt. Ks. Maximilian II. hatte aber schon ein Jahr zuvor, 1565, den bayerischen Abgesandten die Anwartschaft auf die Gft. → Haag bestätigt. Als Ladislaus ohne legitimen Erben am 31. Aug. 1566 gest. war, zogen bereits am 1. Sept. die bayerischen Kommissäre in → Haag ein (s.o.).

Quellen

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