Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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ASTROLOGISCHE TEXTSORTEN

A.

Der Konnex von Astrologie und Herrschaft reicht bis in die Frühzeit der astrologischen Praxis zurück. Astrologen, die im Dienst von Potentaten stehen, begegnen in der babylonischen und ägyptischen Kultur ebenso wie in der ausgehenden römischen Republik und der Kaiserzeit, an mittelalterlichen wie an frühneuzeitlichen Höfen (Mentgen, Astrologie, S. 159-273).

Das astrologische Schrifttum rekurriert häufig auf diese traditionelle Wertschätzung der Astrologie durch exponierte Personen der Geschichte. Diachrone Listen historischer Persönlichkeiten und Herrscher, welche die Astrologie als Wissenschaft anerkannten, nutzten und förderten, finden sich etwa in frühneuzeitlichen Drucken, die für die Astrologie als altehrwürdige und empirisch abgesicherte Disziplin werben. Zu diesen zählt Heinrich Rantzaus mehrfach aufgelegter ›Catalogus‹ aus dem Jahr 1576 (zum Inhalt Oestmann, Heinrich Rantzau, S. 44f.). In dem Verzeichnis, welches das aus mehreren Teilen bestehende Werk eröffnet, werden neben biblischen und antiken Personen auch Herrscher der jüngeren Vergangenheit wie der Stauferkaiser Friedrich II. (reg. 1220-50) oder Maximilian I. (reg. 1508-19) genannt, die aufgrund ihrer Affinität zur Astrologie, ihrer Verdienste um die Beförderung derselben und ihrer Beiziehung von astrologischen Beratern als exempla für zeitgenössische Potentaten dienen sollen. Denn gerade für diese ist die Astrologie, so Rantzau, von unschätzbarem Nutzen: Durch das Wissen um zukünftige Ereignisse kann zum eigenen und allgemeinen Wohl vorausschauend reagiert werden; positive Entwicklungen können aktiv verstärkt, negative nach Möglichkeit ganz vermieden oder in ihrer Wirkung abgeschwächt werden (siehe unten B.I.).

Daß man sich bei der Konsultierung der Astrologie auf eine zuverlässige ars mit einer langen Tradition verlassen konnte, zeigt der ›Catalogus‹ anhand zahlreicher Testimonien, die den omnipräsenten Einfluß der Gestirne und die »Wahrheit« astrologischer Auslegungen und Vorhersagen belegen. Die Auslegung der astralen Bedeutungen erhält durch den Verweis auf die Gestirne als göttliche Zeichen und Wirkmedien zugleich eine theologische Dimension und Legitimierung.

Der ›Catalogus‹ ist dabei Programm: Rantzau (1526-98), über 40 Jahre lang dänischer Statthalter in Schleswig und Holstein und hochgebildeter Humanist, zählte in finanzieller wie ideeller Hinsicht zu den wichtigsten adligen Förderern der Astrologie in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Rantzau stand im Austausch mit zahlreichen astrologiekundigen Gelehrten wie Conrad Dasypodius, Cyprianus Leovitius (Hofmathematiker Pfalzgraf Ottheinrichs und zeitweiliger astrologischer Berater Kaiser Maximilians II.) oder auch Tycho Brahe. Er verfaßte – neben seinen handschriftlich überlieferten astrologischen Aufzeichnungen und Horoskopen – mit Hilfe von Mitarbeitern einige weitere gedruckte astrologische Kompilationen, die zu mehrfach aufgelegten und übersetzten Standardwerken avancierten wie etwa der ›Tractatus astrologicus‹ (1593), eine systematisch-praktische Anleitung zur Horoskopie (zum Inhalt Oestmann, Heinrich Rantzau, S. 42-44).

Sein eigenes Horoskop hat sich Rantzau selbst gestellt und es auch von anderen berechnen lassen. Es erscheint mehrfach in seinen Schriften, auf wertvollen Geräten, die ihm als Präsente zugeeignet wurden, in diversen Nativitätensammlungen, aber auch in der anti-astrologischen Abhandlung Sixtus Hemmingas, dem ›Liber Astrologiae, ratione et experientia refutatae‹ (1583). Conrad Dasypodius stellt die Horoskope Heinrich Rantzaus (Abb. 7) und seiner Frau, Christina von Halle, seinem Tetrabibloskommentar (1578) voran, den er Rantzau dediziert. In der Widmungsepistel dieses Werkes erfolgt nach einer Verteidigung der Astrologie und einer »Inpflichtnahme« Rantzaus als Anwalt derselben dann auch eine – freilich überwiegend positive – Auslegung seiner Nativität (siehe unten B.II.).

Welchen konkreten Nutzen konnte nun ein Herrscher aus astrologischen Textsorten und Prognosen ziehen? Die Anwendungsbereiche im politischen, ökonomischen und persönlichen Leben waren vielfältig: Die Stärken und v. a. die Schwächen eines politischen Gegners konnten durch die Analyse seines Horoskopes ausgelotet und Aussagen über den weiteren Verlauf seines Schicksals abgeleitet werden. Die Prosperität einer ehelichen Verbindung wurde antizipiert, indem die Nativitäten potentieller Heiratskandidatinnen und ihrer Angehörigen erworben, ausgelegt und mit dem eigenen Horoskop verglichen wurden. Anlagen und Schicksal der Nachkommen wurden aus ihren Horoskopen gelesen. Mit Hilfe von Jahresrevolutionen konnten positive und negative Ereignisse des kommenden Lebensjahres vorhergesagt, durch die Methode des »Tagwählens« konnte der jeweils günstigste Zeitpunkt für die unterschiedlichsten Unternehmungen eruiert werden – für ganz alltägliche Verrichtungen ebenso wir für Grundsteinlegungen, Hochzeiten (→ Feste im Lebenslauf – Hochzeit) oder Krönungen (→ Feste zu besonderen Anlässen – Krönung). Ebenso wurde die Kenntnis kosmischer Influenzen auf den Körper benutzt, um sich gegen bevorstehende physische und psychische Beeinträchtigungen zu wappnen und die besten Termine für medizinische Eingriffe und diätetische Maßnahmen festzulegen. Man konnte vorausschauend Maßnahmen ergreifen, wenn Planetenkonjunktionen, Eklipsen oder Kometen das Eintreten von Unglücken wie Mißernten, Überschwemmungen oder Seuchen, Aufständen und Kriegen oder Todesfällen in Herrscherhäusern ankündigten.

Kaiser Friedrich III. (reg. 1452-93), ein erwiesener Anhänger und Kenner astrologischer Praktiken und anderer mantischer Disziplinen (Mentgen, Astrologie, S. 235-242), bediente sich der Hilfe von Astrologie und astrologiekundigen Gelehrten (etwa Johannes Nihil oder Georg von Peuerbach) in den eben genannten Feldern ebenso wie sein Sohn Maximilian I. (Mentgen, Astrologie, S. 242-248). Dieser stand in engem Kontakt mit dem astrologiegläubigen Nürnberger Humanistenkreis um Willibald Pirckheimer und Albrecht Dürer und konnte auf einen ganzen »Stab« von Astrologiekundigen in seinem höfischen Umfeld zurückgreifen, etwa auf Joseph Grünpeck, Georg Tannstetter, Johannes Stabius oder Hartung Gernod.

Ein weiterer Adliger, der extensiv die Astrologie als Leit- und Orientierungsinstrument benutzte, war der Brandenburger Markgraf Johann Küstrin (reg. 1535-71). Johann kam früh in Kontakt mit der Astrologie. In seiner Jugendzeit wurde er von einem der führenden Astrologen seiner Zeit, Johannes Carion, unterrichtet, den sein Vater Joachim I. als Hofastronom an den Köllner Hof berufen hatte. Von 1552/23 bis 1566 stand er dann, mit zweijähriger Unterbrechung, in intensivem Austausch mit Petrus Hosmann (gen. Cnemiander), der ihn astrologisch beriet. Die Studie von Brosseder, die unter anderem die ausnahmslos handschriftlich überlieferten Texte Hosmanns untersucht, gibt einen plastischen Eindruck von den Facetten seiner astrologischen Tätigkeit für den Markgrafen (Brosseder, Bann, passim): Hosmann fertigte verschiedene astrologische Textsorten für seinen Auftraggeber. Er stellte ihm sein Geburtshoroskop und verfaßte darauf basierend astrologische Jahresrevolutionen. In diesen werden Gestirnskonstellationen, die für das neue Lebensjahr vorausberechnet werden, in Relation zur Nativität gesetzt und dementsprechend ausgelegt. Hosmann traf in seinen Revolutionen vielfältige Prognosen, etwa für den physischen und psychischen Zustand Johanns, für positive und negative Entwicklungen in seinem Alltagsleben, in den Beziehungen zu anderen Potentaten, in Religions- und Kriegsfragen (siehe unten B.III.).

Diese, bevorzugt in deutscher Sprache und auf eine direkte Nutzanwendung hin verfaßten Texte wurden in handlichem Format gebunden und mit einem Lederumschlag versehen, so daß der Markgraf sie auf Reisen und anderen Unternehmungen mit sich führen konnte. Besonders wertvoll als Quelle machen sie die handschriftlichen Anmerkungen Johanns, mit denen er Vorhersagen Hosmanns bestätigte und auch konkrete, darauf basierende Entscheidungen seinerseits verzeichnete. Es läßt sich dabei nachweisen, daß zumindest im Falle eines wichtigen politischen Schachzuges, dem Wechsel von der Seite des sächsischen Kurfürsten in das kaiserliche Lager im Jahr 1552, die Orientierung an den Prognosen Hosmanns eine Schlüsselrolle spielte. Dieser hatte in einer seiner zahlreichen astrologischen Beziehungsanalysen vorausgesagt, daß der Kaiser ihm in diesem Jahr sehr gewogen sein werde.

Jahr für Jahr ließ Johann die Relationen zu verschiedenen europäischen Potentaten aufschlüsseln. Er ließ sich von Hosmann auch ein eigenes Memorial mit den Temperamenten von 40 Herrschern und teilweise auch deren Frauen zusammenstellen, um ihr zukünftiges Verhalten einschätzen zu können. Hosmann fertigte auch zeitlich enger gefaßte Prognostiken, die sich auf anstehende Unternehmungen Johanns bezogen. So begleitete ihn zu einem Turnier nach Dresden eine ganz dezidierte, auf stellaren Konstellationen gegründete Election, die ihm helfen sollte, sein ritterliches Geschick in Abgleichung mit den kosmischen Influenzen gegen seinen Rivalen Kurfüst August von Sachsen zu nutzen – ein Landesherr, der selbst begeisterter Astronom war, der Astrologie jedoch eine auf astronomischen Daten basierende Zahlenmagie vorzog und sich (im Gegensatz zu Johann) gegenüber astrologischer Beratung in politischen Dingen sehr zurückhaltend zeigte. Dies, obwohl er mit dem Juristen Georg Cracow und seinem Leibarzt Caspar Peucer ausgewiesene Kenner der Astrologie an seinem Hofe hatte.

Auf eine ganze Reihe astrologischer Berater griff hingegen Johann von Küstrins Neffe, Joachim Ernst von Anhalt zurück (Brosseder, Bann, S. 67-71). Er nutzte die Astrologie unter anderem, um die Eignung von Eleonora von Württemberg als zweite Ehefrau zu überprüfen. 1571 übersandte er ihre Nativität an Caspar Gottschalck, den späteren Erzieher seiner Kinder, und erhielt ein positives Signal für die Hochzeit (→ Feste im Lebenslauf – Hochzeit), da sich die Nativitäten der Brautleute recht ähnlich und von Seiten der Geschwister keine Schwierigkeiten zu erwarten waren. Für die Geburt seines Sohnes Johann Georg ließ er allein vier Horoskope stellen, und auch im Bereich des Bergbaus, vor dem Anstich eines neuen Erzstollens im Jahr 1563, holte er sich astrologischen Rat ein. Übungsblätter seiner Kinder, die sich im Landesarchiv Oranienbaum befinden, zeugen von der astrologischen Ausbildung, die Ihnen bei Gottschalck zuteil wurde.

Daß die konsultierten Astrologen ihre Auslegungen (etwa durch das Vorenthalten bestimmter Informationen) manipulieren und dadurch die Entscheidungen ihrer Auftraggeber in ihrem Sinne lenken konnten, zeigt das Beispiel Johannes Keplers: Kepler, von 1601 bis zu seinem Tod 1630 kaiserlicher Hofmathematiker unter den habsburgischen Kaisern Rudolf II. (reg. 1576-1612), Matthias (reg. 1612-19) und Ferdinand II. (reg. 1619-37), wurde des öfteren von den verschiedenen politischen Lagern um astrologische Einschätzungen der aktuellen Lage im Reich gebeten. Seine Stellungnahmen, etwa das ›Judicium astrologicum de Hungaria‹, das er 1611 vor dem Hintergrund des Habsburger Bruderzwistes formulierte, zeichnen sich dabei v. a. durch umsichtige, auf Konsolidierung und Wahrung des bonum commune zielende politische Ratschläge aus (Bauer, Hofastrologen).

Astrologische Befunde, welche die angespannte Situation weiter verschärfen konnten, werden von Kepler nur selektiv an die verfeindeten Lager weitergegeben bzw. ganz zurückgehalten. Zeugnis darüber gibt unter anderem ein Brief Keplers von Anfang April 1611, den er an einen unbekannten kaisertreuen Adligen am Prager Hof sandte (siehe unten B. IV.): Er thematisiert darin die Labilität und Astrologiegläubigkeit Kaiser Rudolfs, legt dem Adressaten eindringlich nahe, dem Kaiser eine für ihn ungünstige Prognostik aus Frankreich vorzuenthalten und spricht sich generell für eine Eliminierung der Astrologie in der Politik und im Umfeld des Kaisers aus. Er berichtet, daß er dem gegnerischen Lager, das ihn in dieser Sache bereits konsultiert habe, die für Rudolf ungünstigen Direktionen ebenso verschwiegen habe wie die günstigen für Matthias, stattdessen aber die positiven bzw. neutralen Zeichen für Rudolf und die negativen Vorzeichen für Matthias herausgestellt habe. Mit dieser gelenkten Information sollte Matthias' Glaube an den Erfolg seiner Vernichtungspolitik gegen Rudolf erschüttert werden. Für Rudolf hingegen versprach ein Zurückhalten jeglicher Information die größten Vorteile: Die positiven Zeichen für Matthias beunruhigten ihn nicht und die negativen verführten ihn nicht dazu, sich in Sicherheit zu wiegen und etwaige wichtige Handlungen zu unterlassen.

Als ebenso verantwortungsvoll agierender consiliarius begegnet Kepler auch in seinen Prognostiken, deren Popularität er für politische und moralische Einflußnahme nutzt, sowie in einigen Horoskopen, in denen er praktische Lebenshilfe erteilt. Kepler, der die tradierte Astrologie kritisiert und sie durch eine Reduktion auf die Aspektenlehre von ihrem unwissenschaftlich-spekulativen Ballast befreien möchte, bedient zwar die Erwartungen seiner Auftraggeber mit den traditionellen astrologischen Textsorten, kann diese aber – zumindest partiell – als Multiplikatoren seines neuen Astrologiekonzeptes, seiner ethischen und irenischen Anliegen verwenden.

B.

I. Leseproben aus dem ›Catalogus‹ Heinrich Rantzaus

1. Historische Herrscher als Werbeträger für die Astrologie: Friedrich II. und Maximilian I.

Fridericus II. Imperator Rex Neapolitanus astrologicos libros ex Arabica in Latinam linguam converti curavit, & Academiam Neapoli, in qua hi publicè prælegerentur, instituit, ut ea occasione Mathematicæ disciplinæ, quæ multis iam annis Europa exulaverant, velut postliminio redirent. Noti sunt Versus, quos ad Pontificem misit:

Fata volunt stellæq. docent, aviumq. volatus,

Quod Fridericus ego malleus orbis ero.

Heinrich Rantzau, Catalogus, Leipzig 1584, S. 61.

Übersetzung

Kaiser Friedrich II., König von Neapel, ließ astrologische Werke aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzen und gründete in Neapel die Akademie, an der diese öffentlich im Rahmen von Vorlesungen behandelt werden sollten, damit die Mathematischen Fächer, die bereits seit vielen Jahren aus Europa verbannt waren, durch eine Art Heimkehrrecht wieder zurückkommen konnten. Bekannt sind folgende Verse, die er an den Papst sandte:

Das Schicksal will es so, die Sterne weisen daraufhin und der Flug der Vögel,

daß ich, Friedrich, der Hammer der Welt sein werde.

*

Maximilianus primus Imperator, valde amavit Astrologiam. Nam præter cætera hæc Carion de eo scribit, quod consuetudo familiariter vitæ domesticæ consumpta sit illi cum viris doctis, cum quibus de doctrina Ecclesiæ & Philosophiæ, medica præcipuè & Mathesi suavißimè sit collocutus, & in hac arte sit usus opera Astrologi Georgij Transteri [!], qui illi mortem prædixit […].

Heinrich Rantzau, Catalogus, Leipzig 1584, S. 67.

Übersetzung

Kaiser Maximilian I. schätzte die Astrologie sehr. Denn Carion schreibt unter anderem über ihn, daß er vertrauten häuslichen Umgang mit gelehrten Männern pflegte, mit denen er sich über die Lehre der Kirche und Philosophie, vor allem aber über Medizin und besonders gerne über die Astrologie unterhielt und sich bei dieser Wissenschaft der Hilfe des Astrologen Georg Tanstetter bediente, der ihm seinen Tod vorhergesagt hat […].

2. Der spezifische Nutzen der Astrologie für Regenten

Astrorum enim motum & vires explorare altißimo principum gradu non indignum, nec ijs, qui Rebuspub. præsunt, incommodum esse validæ rationes evincunt. Nam fati decreta, quæ ex Astrologiæ arcanis nascuntur, cum principes perspecta & cognita habent, & decus eximiū & commodum ingens accipiunt […]. Siquidem quae fausta sunt & profutura creduntur, intentione, cura & studio vehementiori prosequuntur. Quae verò infausti ominis sunt, & perniciem mortalibus minantur, quantum humana prudentia & fati potentia patitur, studiosè ipsi declinant, aut ad ea fortiter ferenda animos & corpora parant. Et futura nosse nunquam abfuit.

Heinrich Rantzau, Catalogus, Leipzig 1584, S. 76.

Übersetzung

Denn wie gewichtige Gründe ganz offenkundig darlegen, ist es weder eines höchstrangigen Herrschers unwürdig, noch unangemessen für diejenigen, die ein Staatswesen leiten, die Bewegung und die Wirkkräfte der Gestirne zu erkunden. Denn wenn die Herrscher die Ratschlüsse des Schicksals, die sich aus den geheimen Prinzipien der Astrologie ergeben, durchschaut und erkannt haben, gewinnen sie daraus größte Ehre und gewaltigen Nutzen. Was freilich günstig ist und für nützlich erachtet wird, das verfolgen sie mit umso größerer Anstrengung, Sorgfalt und Mühe. Was andererseits unter einem ungünstigen Zeichen steht und den Sterblichen Unheil androht, das versuchen sie – soweit es die menschliche Klugheit und die Macht des Schicksals zuläßt – mit allem Eifer abzuwenden. Oder sie versuchen, Seele und Körper zu rüsten, um diese Dinge tapfer ertragen zu können. Und im übrigen hat es noch nie geschadet, die Zukunft zu kennen.

II. Geburtshoroskop Heinrich Rantzaus mit einer Auslegung von Conrad Dasypodius

→ Abb. 7

Ignosce mihi Vir Ornatiß. atq; Nobiliß. quod apud te, de huius scientiæ dignitate & excellentia pluribus agam, qui in his studijs, ut in cæteris omnibus disciplinis excellentißimus, & omnium reconditarum disciplinarum mathematicarum peritißimus. Nam non hæc scribo, quasi ignorares, quanta sit huius doctrinæ præeminentia, & praestantia: sed ut Te Patronum huius disciplinæ compellarem: ac peterem abs te defensionem, contra calumnias doctorum peræquè, atque indoctorum, apud quos malè audit Astrologia, propter difficultatem cognitionis, propter abusum, & alia quædam, quæ odiosam reddiderunt scientiam excellentißimam ex natura ipsa, & rerum naturalium serie ac continuatione prognatam.

Esse autem harum rerum cognitionem veram, ex astrorum situ & positu petitam: vel Tuo exemplo monstrabo, ut qui hoc cognoscent: videant constitutionem cœli & influentias cœlestes suos habere naturales effectus, tam in singularibus, quàm universalibus.

In Genesi Tua Nobilißime atq; Ornatiß. Vir, Sol est in sua exaltatiōe, reliqui Planetæ ferè omnes, sunt fortes in suis dignitatibus essentialibus.

♂ in propria domo. ♀ in propria domo.

☌ benigna ♃ & ♀ fortunarum, in domo ♀ fortunæ.

⚹ aspectus ♀ & ♃ ad ☽ locum, ex 7 cardinali domo, in 4.

⚹ aspectus ♀ & ♃ ad ☿ locum, ex 7 cardinali domo, in 4.

☌ ☿ & ☽ in 4 domo cardinali.

☊ & Fidicula in 2 domo.

☉ & ♄ coniunctio in ♈ infortunata est: præter quam ☌ cætera omnia bona atq; fœlicia sunt.

Directi & Veloces motu sunt omnes, excepto ☿ Ret.

Hæc sunt præcipua, inter multa alia, quæ Astrologi præcipiunt esse observanda in genesibus, quæ repetere nolo, cùm huius loci non sint: nec propositi mei, sed breviter iuxta Aphorismos Astrologicos, vires & effectus huius cœli constitutionis proponam. obnixè te & unicè rogans, ut in bonam accipias partem, quæ scripturus sum de tua Genesi.

1 ☉ in exaltatione excellentes honores atq; dignitates largitur.

2 Duo Planetæ in proprijs domibus, faciunt illustrem & splendidam ac celebrem fortunam, & in maxima vitæ parte, & in suis actionibus fœlicem & fortunatum.

3 ♃ naturalis significator religionis, iunctus ♀, & ⚹ aspectu intuens ☽ atq; ☿ pietatis, ac veræ religionis, sinceritatis, modestiæ, & cæterarum virtutum, studiosum reddunt.

4 ☿ in angulo dat alacritatem ingenij, literarum atq; disciplinarum studium: imprimis vero rerum mathematicarum atq; naturalium

5 ☌ ☿ & ☽ in quocunq; fiat signo excellentia facit ingenia, in quibus non tantum est indolis præstantia, sed & industria atq; sagacitas eximia, sed Ret. ☿ actiones quodammodo impedit, non autem ingenium.

6 ♂ morborum significator, calidas & siccas infirmitates corporis adfert.

7 ♃ generalis significator divitiarum in 7. ex coniugio divitias durabiles per omne vitæ tempus largitur, præsertim cùm sit fortis & fortunatus.

8 Septima domus cum suis significatoribus bene constituta fœlicißimum dat coniugium: præsertim cùm benefici Planetæ in 7. existentes: sint fœlices & potentes, nobilem, divitem, & opulentem, beneq; moratam coniugem promittunt, & cum ☽ intueantur aspectu benigno: cōcordiam & unanimitatem coniugū largiuntur.

9 Itinerum significatores promittunt itinera honorifica & ob res Ioviales, talesq; actiones, & ad personas vel propter personas regias instituta.

Hæc obiter tantum recenseo, ut virtutes tuæ, quibus Deus te ornavit fierent clariores & celebriores: & ut ostenderem hominibus, esse vires & efficacias corporum cœlestium, in hæc inferiora: non solum in universalibus, verùm etiam in singularium hominum constitutionibus. Deniq; ut videant omnes, hæc non ex sortibus, neq; alijs superstitionibus prognata esse: sed ex naturali rerum sublimium & inferiorum corporum connexione, & serie deduci.

Conrad Dasypodius, Scholia, Basel 1578, S. 720f.,

als Faksimile abgedr. in: Oestmann, Heinrich Rantzau, 224f.

Übersetzung

Verzeihe mir, hochgeehrter, edelster Herr, daß ich ausgerechnet vor Dir über die Würde und Vorzüglichkeit dieser Wissenschaft (i. e. der Astrologie) so ausführlich handele, der Du doch gerade in diesem Bereich wie auch in allen anderen Disziplinen ganz herausragend bist und ein sehr guter Kenner aller verborgenen mathematischen Disziplinen. Ich schreibe dies freilich nicht etwa deswegen, weil Du nicht um die herausragende Vortrefflichkeit dieser Wissenschaft wüßtest, sondern um Dich als ihren Anwalt anzurufen und von Dir eine Verteidigung zu erbitten gegen die Verleumdungen seitens der Gelehrten und Ungelehrten, bei denen die Astrologie übel beleumundet ist wegen der Schwierigkeit der Erkenntnis, wegen ihres Mißbrauchs und aus anderen Gründen, welche diese herausragende Wissenschaft verhaßt gemacht haben, obwohl sie doch aus der Natur selbst und aus einer stetigen Abfolge natürlicher Dinge hervorgegangen ist.

Daß die Erkenntnis dieser Dinge aber richtig ist, die aus dem Ort und der Position der Gestirne gewonnen wird, werde ich an Deinem Beispiel zeigen, damit diejenigen, die es kennenlernen werden, sehen, daß die Beschaffenheit des Himmels und die himmlischen Einflüsse ihre natürlichen Wirkungen besitzen – auf Einzelne als auch allgemein.

Bei Deiner Geburtskonstellation, edelster und hochgeehrter Herr, ist die Sonne in ihrer Erhöhung, fast alle anderen Planeten sind wirkungsmächtig in ihren essentiellen Würden.

Mars (♂) in seinem eigenen Haus [d. h. im Widder], Venus (♀) in ihrem eigenen Haus [d. h. im Stier].

Glücksbringende Konjunktion (☌) von Jupiter (♃) und Venus (♀), Venus (♀) im Glückshaus.

Sextilaspekt (⚹) von Venus (♀) und Jupiter (♃) zum Ort des Mondes (☽) vom 7. Haus zum 4.

Sextilaspekt (⚹) von Venus (♀) und Jupiter (♃) zum Ort des Merkur (☿) vom 7. Haus zum 4.

Konjunktion (☌) von Merkur (☿) und Mond (☽) im 4. Haus.

Aufsteigender Mondknoten (☊) und Fidicula [d. i. Wega im Sternbild Lyra] im 2. Haus.

Die Konjunktion von Sonne (☉) und Saturn (♄) im Widder (♈) ist unglücksverheißend: aber bis auf diese Konjunktion (☌) ist alles andere gut und glücksbringend.

Alle Planeten laufen schnell vorwärts, nur Merkur (☿) ist rückläufig.

Dies sind die wichtigsten Dinge neben vielen anderen, die nach der Lehre der Astrologen beim Horoskopieren beachtet werden müssen, die ich aber nicht wiederholen möchte, da hier kein Platz für sie ist und dies auch nicht meinem Vorhaben entspricht. Ich möchte vielmehr nur kurz nach Art der astrologischen Aphorismen die Wirkkräfte dieser Himmelskonstellation vorstellen. Dabei bitte ich Dich eindringlich, wohlwollend anzunehmen, was ich nun über Deine Geburtskonstellation schreiben werde:

1 Die Sonne in ihrer Erhöhung schenkt vorzügliche Ehren und Würden.

2 Zwei Planeten in ihren eigenen Häusern bewirken ein strahlendes, glänzendes und ruhmvolles Schicksal sowie Glück und Erfolg im größten Teil des Lebens und bei allen Unternehmungen.

3 Jupiter ist der natürliche Signifikator der Religion. In Konjunktion mit Venus und im Sextil zu Mond und Merkur schaffen die Planeten einen, dem die Frömmigkeit, die wahre Religion, die Aufrichtigkeit, die Bescheidenheit und viele andere Tugenden mehr am Herzen liegen.

4 Merkur im Eckhaus schenkt geistige Regsamkeit und Interesse an den Künsten und Wissenschaften, vor allem an den mathematischen und naturkundlichen Disziplinen.

5 In welchem Zeichen auch immer eine Konjunktion von Merkur und Mond geschieht, bewirkt sie hervorragende Begabungen, dabei nicht nur ein vortreffliches Talent, sondern auch Fleiß und ausgezeichneten Scharfsinn. Die Rückläufigkeit Merkurs hemmt aber gewissermaßen die Handlungen, nicht aber die Begabung.

6 Mars ist der Signifikator von Krankheiten. Er bringt warme und trockene körperliche Beeinträchtigungen.

7 Jupiter ist ein genereller Signifikator von Reichtum. Im 7. Haus schenkt er mittels Heirat dauerhaften Reichtum für das ganze Leben, vor allem wenn er wirkkräftig und glücklich steht.

8 Wenn das 7. Haus mit seinen Signifikatoren gut eingerichtet ist, schenkt es eine überaus glückliche Ehe, besonders wenn dort wohltätige Planeten stehen. Wenn sie glücklich und stark sind, versprechen sie eine edle, äußerst wohlhabende und sittsame Ehefrau. Wenn sie sich in einem günstigen Aspekt zum Mond befinden, schenken sie einmütige Eintracht der Ehepartner.

9 Signifikatoren von Reisen versprechen ehrenhafte Reisen (aufgrund von durch Jupiter beeinflußten Sachen und Unternehmungen) und Reisen, die zu oder wegen königlichen Personen unternommen werden.

Dies alles nenne ich nur nebenbei, damit Deine Tugenden, mit denen Dich Gott geschmückt hat, noch bekannter und berühmter wurden, und damit ich den Menschen zeigen konnte, daß es Wirkkräfte der Himmelskörper auf diese untere Welt gibt, und zwar nicht nur allgemeiner Art, sondern auch auf die Verfaßtheit der einzelnen Menschen gerichtet. Und schließlich, damit alle sehen können, daß dies nicht aus irgendwelchen Los-Orakeln oder anderem Aberglauben entsprossen ist, sondern aus der natürlichen Verbindung der oberen Dinge und der irdischen Körper hergeleitet wird.

III. Leseproben aus Petrus Hosmanns Jahresrevolutionen und Prognostiken für Markgraf Johann Küstrin

1. -Analyse für das Jahr 1553

In seiner Revolution auff dieß 53. Jahr so sich mit E.F.G. den 3. Augusti anhebt. Es werde diß gegenwertige Jar, viell Martialische kriegerische hendell und gescheffte auch Mercurialische geschwinde practiken E.F.G. vor haben wiewoll geschick und listigk genungk doch mitt großer mühe und gefahr, sorg, angst und dabeiy werden wast nach weise. Und ob woll die dinge, durch ettliche frembde gutte aspect et planeten Jovis, Veneris und Mercurii sich zu zimlichen glücklichen ende neigen so ist doch die Wirckung des feindseligen Saturnii so vhast starck in der revolution daß sie dagegen, sonderlich In Kriegshendeln undglückliche gefehrliche anfenge, feindschafft und werck auf beschwerung und gropp wutt erschrecklich dienet, dadurch an stande und mindern effects verleztliche zubesorgen.

Petrus Hosmann, Iuditium revolutionis […] ad annos Christi MDLII et LIII, fol. 29,

abgedr. in: Brosseder, Bann, S. 41.

2. Analyse aus den Konstellationen im 9. Haus für das Jahr 1554/55

Solchs gebt auch die stern im neinden hauß, macht freunddschafft und gutten willen semptlicher hoher potentaten, gibt glück zum Religion sachen auch der mehren teils markraffige treume die nicht zuverachten […] gebt gluck und nutz on offenthalben freuden Ehestand und handel und Mercurius ein herr selber profection zugleich domus Revolutionis und Chronocrator fortui wirt alle Mercurialischen hendel festigen, in vielen Jagen und dergleichen […].

Petrus Hosmann, Des durchlauchtigten hochgeborenen Fürsten […]

Herrn Johansenn Marggraf zu Branndenburg […]

Revolution auff das Jar nach Christi Geburtt 1554, fol. 21vf.,

abgedr. in: Brosseder, Bann, S. 35.

3. Iatromathematische Analyse für das Jahr 1554/55

Droen Ihr F.G. im gegenwertigen zweiundvierzigsten Jar Ihres alters gefahr in Thurniers übung auch etliche kranckheiten aufs überflüssigen wircken, sunderlich rhohigkeit des Halses, huesten Cathar und wesserung der augen ain Profect. alc. taurus signum accedat et Saturnis perfectionem illam retro aspectum intueatur. Und magk Ihr F.G. der augen woll waehrnehmen das Ihr F.G. der wegen nicht verletzt werde cum Falciver […] Und wirdt Ihr F.G. dis Jar offt und vielmehr traurigk und betrübt sein. Solches aber lindern und bringen wiederumb gesundheit Jupiter etc.

Petrus Hosmann, Prognostica generalia et specialia, fol. 3,

abgedr. in: Brosseder, Bann, S. 40f.

4. Personenanalyse für das Jahr 1565/66

vor […] allen Saturnischen personen als den Erzhertzog in Österreich Ferdinand, allen dreyen gebrüdern Hertzogen zu Sachsen, den Landgraffen zu Hessen, Fürst Wolfgang zu Zweybrücke und andern unter dem Saturno und dem Zeichen des lewen gebornen, diß Jhar gewarnt sein, sich mit denselben nicht einzulassen oder je so viel desto vorsichter mit Inen zufahren.

Petrus Hosmann, Des Durchlauchtigen Hochgebornen Fürsten und Herrn,

Herrn, Johansen Marggrafen zu Brandenburg […]

Revolution auff das Jar nach Christi […] geburt 1565, fol. 25,

abgedr. in: Brosseder, Bann, S. 36.

IV. Aus einem vertraulichen Brief Johannes Keplers an einen ungenannten Adligen am Prager Hof Rudolfs II. (3. April 1611)

[…] Inter caetera hesterni colloquii, dixi uno verbo Astrologiam ingentia damna afferre Monarchis, si catus aliquis astrologus illudere velit hominum credulitati. Id ne Caesari nostro eveniat, operam mihi dandam puto. Caesar credulus est. Si audierit de Galli illius prognostico multum illi tribuet. Tuum igitur est, qui Caesari consulis, dispicere, an hoc sit ex usu Caesaris. […]

Ego rogatus a partibus, quas Caesari scio adversas, super astrorum decretis, respondi, non quae per se alicujus momenti esse censeam, sed quae credulos percellant: nimirum longaevam Caesaris aetatem, directiones malas nullas, Revolutiones quidem malas et Eclipses, sed illas jam praeteritas ante annum biennium et triennium: Contra Matthiae turbas imminentes, quia Saturnus ad Solem ipsius accedit, et quia fiet oppositio magna Saturni et Jovis, in loco Solis ipsius. Haec dico hostibus Caesaris, quia si metum illis non incutiunt, certe confidentes non reddunt. Caesari ipsi nolim ista dicere quia non tanti sunt momenti, ut iis fidendum putem: et vero metuo ut Caesarem praeter rationem obfirment, ut negligat media mediocria, quae Principum fidelium intercessionibus habere fortasse potest: quo pacto Astrologia illum in multo majus malum conjiceret, atque nunc est.

Vicissim tibi quia Caesari fidus es, dicam ingenue, quod Matthiae et Bohemis nunquam sum dicturus […].

Sic […] Matthias sperare potest, cum Jovis applicatio ad ortum omnia faustissima polliceatur.

Caesar contra habet directiones adversas […].

Haec si astrologus aliquis videret et perpenderet, et si penes ipsum simul esset alterutri consulere: Matthiam quidem redderet confidentissimum, Caesar vero formidulosum. Ego, ut dictum, nihil puto inaedificandum. Scripsi autem et scrutatus sum omnia hoc proposito, ut ex eo conjecturam caperes, quantum Prognostico Gallico sit tribuendum: nimirum plane nihil.

Breviter, censeo Astrologiam exire debere non tantum e senatu, sed etiam ex animis ipsis eorum, qui hodie Caesari optima suadere volunt, adeoque arcendam penitus a conspectu Caesaris.

Johannes Kepler, Gesammelte Werke, Bd. 16, Nr. 612, S. 373-375.

Übersetzung

[…] Unter anderem habe ich mich im gestrigen Gespräch, kurz gesagt, dahingehend geäußert, daß die Astrologie großen Schaden für die Regenten bringe, falls ein geschickter Astrologe sein Spiel mit der Leichtgläubigkeit der Menschen treiben will. Ich muß mich nun, glaube ich, darum kümmern, daß dies nicht mit unserem Kaiser geschieht. Der Kaiser ist leichtgläubig. Wenn er von der Prognostik jenes Franzosen hört, wird er ihr große Bedeutung zumessen. Es ist also Deine Aufgabe, der Du den Kaiser berätst, zu untersuchen, ob dies für den Kaiser von Nutzen ist. […]

Ich wurde von dem kaiserfeindlichen Lager über die Ratschlüsse der Gestirne befragt, und habe Auskunft gegeben; freilich nicht darüber, was meiner Meinung nach an sich irgendeine Bedeutung hatte, sondern was die daran Glaubenden entmutigen konnte: etwa das noch lange währende Leben des Kaisers, daß es keine schlechten Direktionen gebe, wohl aber schlechte Revolutionen und Finsternisse, die jedoch schon vor zwei oder drei Jahren vorübergegangen seien. Im Gegenzug sagte ich aber, daß Matthias Schwierigkeiten drohten, weil Saturn sich zu dessen Sonne bewegt, und weil eine große Opposition von Saturn und Jupiter eintreten werde und zwar am Ort seiner Sonne. Dies sage ich den Gegnern des Kaisers, weil – wenn es ihnen auch keine Furcht einjagt – es sie mit Sicherheit nicht gerade zuversichtlich stimmt. Dem Kaiser selbst möchte ich dies aber nicht sagen, weil diese Dinge nicht so großes Gewicht haben, als daß man darauf vertrauen könnte. Und ich fürchte, daß sie den Kaiser wider die Vernunft bestärken, auf einen maßvollen Mittelweg zu verzichten, den er vielleicht durch das Eintreten treuer Fürsten einschlagen könnte: so würde ihn dann die Astrologie in eine weitaus größere Misere stürzen, als sie eh schon herrscht.

Dagegen werde ich Dir, weil Du dem Kaiser treu ergeben bist, ganz aufrichtig mitteilen, was ich Matthias und den Böhmen niemals sagen werde. […]

[…] Matthias kann also große Hoffnungen haben, da die Nähe Jupiters zum Aufgang verspricht, daß für ihn alles höchst glücklich verläuft.

Der Kaiser hingegen hat widrige Direktionen […].

Wenn nun ein Astrologe dies merkte und die Befunde gegeneinander abwägte, und wenn er zugleich beiden Parteien raten könnte, dann würde er freilich Matthias höchst zuversichtlich stimmen, Rudolf aber große Scheu einjagen. Ich glaube, wie gesagt, daß man nichts verbauen darf. Ich habe nun all dies mit dem Vorsatz geschrieben und untersucht, daß Du Dir daraus ein Urteil bilden kannst, welchen Wert diese französische Prognostik hat: freilich so gut wie gar keinen.

Kurz gesagt, ich glaube, daß die Astrologie nicht nur aus dem Rat weichen müsse, sondern auch aus den Herzen derer, die heute dem Kaiser die besten Empfehlungen geben wollen, ja daß sie ganz und gar vom Kaiser ferngehalten werden müsse.

Übersetzungen Marion Gindhart, Kiel

C.

Quellen

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