GÖTTINGEN. Dr. Viola Priesemann hat den Dannie-Heineman-Preis der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen erhalten. Damit würdigt die Akademie Priesemanns wissenschaftlichen Beitrag zur Modellierung der Sars-CoV-2-Ausbreitung und ihr Engagement in der Wissenschaftskommunikation. Auf der Plenarsitzung der Göttinger Akademie am 11. Februar 2022 bedankte sich die Physikerin, die am Göttinger Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation die Forschungsgruppe „Theorie neuronaler Systeme“ leitet, für die Auszeichnung und bezeichnete sie als „extrem wertvoll“. Sie fühle sich dadurch in der nicht immer einfachen Kommunikation zu Covid 19 bestärkt. Zugleich äußerte sie ihre Freude darüber, am Campus Göttingen in einem ebenso kollegialen wie exzellenten wissenschaftlichen Umfeld zu arbeiten.
Auf die Herausforderungen der Wissenschaftskommunikation ging Priesemann in ihrem Vortrag „Zwischen Heldin und Hassfigur: Wissen schaffen und kommunizieren während der Corona-Krise“ näher ein. „Wissenschaftskommunikation ist ein Wagnis“, sagte sie. „Wenn man in einer Krise an die Öffentlichkeit geht, führt es häufig zu Polarisation.“ In der Wissenschaft versuche man objektiv zu sein, Fakten zu bestimmen und die persönliche Meinung herauszuhalten. „Aber Covid ist eben nicht nur ein wissenschaftliches, sondern auch ein gesellschaftliches und politisches Thema. Egal, was man sagt, man wird von der einen oder anderen Seite extrem schnell vereinnahmt.“ Schon die Wahl der Forschungsfrage kann eine politische sein, wie Priesemann feststellte. Als Beispiel nannte sie die Frage „Wie lange brauchen wir, um eine Herdenimmunität zu erreichen?“
Für besonders kritisch hält Priesemann aber den Hang der Medien, gerne das extremste Szenario aufzugreifen. „Das ist als würde man sagen, der Mensch wird bis zu 2,52 Meter groß. Auf dieser Basis ist es dann sehr einfach zu argumentieren, dass Krankenhausbetten zu klein sind oder Architekten zu niedrige Türen bauen.“ Dem könne man aber zumindest über die sozialen Medien etwas entgegensetzen. „Twitter bietet die Möglichkeit, sehr schnell Ergebnisse und Einschätzungen zu kommunizieren“, sagte Priesemann. Wissenschaftlich untersucht die Physikerin derzeit die Interaktion zwischen „Infodemie“ und Pandemie, also der Rückwirkung wissenschaftlicher und medialer Information auf das tatsächliche Infektionsgeschehen. Um sich der Forschungsarbeit voll widmen zu können, habe sie eine „Medienpause“ eingelegt.
Den gesamten Vortrag finden Sie unter adw-goe.de/aktuelles/mediathek/