Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Berlin / Cölln

Berlin/Cölln

(1) B. und C. entstanden dem archäologischen Befund zufolge im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts als direkt benachbarte Städte auf zwei Spree-Inseln zwischen den älteren slawischen Burgstädten Spandau und Köpenick (jeweils 14,5 km entfernt). Vorgängersiedlungen oder -burgen gab es nicht. B. und C. befinden sich an einer Stelle, an der die Grundmoränenplatten des Barnim im Nordosten und des Teltow im Süden auf vier Kilometer einander annähern. Die nördlich und südlich des Spree-Hauptarms befindlichen Talsandinseln begünstigten die Überquerung der feuchten Niederung an dieser Stelle. Im ausgehenden 12. Jahrhundert lagen beide Siedlungen in einem von den Markgrafen von Brandenburg, Markgrafen von Meißen/Lausitz, den Hzg.en von Pommern und den Ebf.en von Magdeburg umkämpften Grenzgebiet. Gemeinhin wird davon ausgegangen (belegbar ist es nicht), dass die askanischen Markgrafen B. und C. in Konkurrenz zum bereits vor 1210 wettinischen und wirtschaftlich prosperierenden Köpenick gründeten. Der Fernhandelsweg von Magdeburg über Brandenburg und Lebus nach Posen wurde im Gründungszeitraum vom Nordrand des Teltow an den Südrand des Barnim verlegt, B./C. damit angebunden. Im 13. Jahrhundert wurde B./C. zu einem Zentrum im Fernhandel. Ein Kanal zwischen Spree und Oder wurde bereits 1373 von Kaiser Karl IV. ins Auge gefasst, in einem ersten Abschnitt 1558–1564 begonnen, aber erst 1668 unter dem Großen Kurfürsten als Friedrich-Wilhelm-Kanal fertiggestellt, wichtig für den Gütertransport zwischen Breslau bzw. Schlesien und Hamburg.

Als einer von zehn kleineren Herrschaftsorten in der Mark Brandenburg hatte B./C. bis zum Ende der askanischen Herrschaft 1319 keine politische Zentralfunktion inne. Es gab seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts einen Hof der Markgrafen auf der nördlichsten der drei B.er Talsandinseln, der im Zuge der ersten Stadterweiterung (um St. Marien) in das Weichbild integriert wurde. Ab 1290 befand sich an gleicher Stelle das Hohe Haus als zeitweiliger Aufenthalts- und Kanzleiort der Askanier. Unter den landesfremden Wittelsbachern (1323–1373) und den Luxemburgern (1373–1415) wurde die zudem 1388 und 1395 kurzfristig verpfändete Mark Brandenburg, seit der Goldenen Bulle 1356 eines der sieben Kurfürstentümer, vorrangig durch Verweser bzw. Landeshauptleute regiert, für die B. Herrschaftsmittelpunkt blieb, abgesehen von der kurzen direkten Herrschaft Kaiser Karls IV. 1373–1379, in der Tangermünde als solcher fungierte.

Mit der erblichen Verleihung an Burggraf Friedrich von Nürnberg 1415 begann die Herrschaft der Hohenzollern über Brandenburg. Auch wenn vorrübergehend Spandau (1429–1437) als Herrschaftsschwerpunkt diente, wählten die in den ersten drei Generationen von Franken aus regierenden Hohenzollern B./C. zum Herrschaftsmittelpunkt der Mark. Mit Fertigstellung des Schlosses 1451 in C., Aufgabe des Hohen Hauses in B. und der Verlegung des obersten Hofgerichts von Tangermünde waren wichtige Grundlagen geschaffen. Zur dauerhaften Residenz der Hohenzollern wurde das C.er Schloss erst unter Kurfürst Johann Cicero (1486–1499), als die 1473 erlassene Dispositio Achillea in Kraft trat, die eine dauerhafte Trennung von den fränkischen Stammlanden der Hohenzollern, das Primogeniturrecht und die Unteilbarkeit der Kurmark vorsah. B./C. waren nicht nur Sitz der weltlichen Herrschaft, sondern auch geistlicher (1543 Konsistorium) und gerichtlicher (1450 Hofgericht, 1516 Oberappellations- und Kammergericht) sowie administrativer Zentralbehörden (1604 Geheimer Rat, Archiv-, Lehns-, Kriegs- und Kammerkanzlei, Hofkammer, Rentei, Kriegskasse, 1723 Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer).

Mit der Krönung Friedrichs III. 1701 zum ersten König in Preußen (im Reich förmlich erst 1772 anerkannt) stieg die seit den 1680er Jahren enorm wachsende Doppelstadt zur Haupt- und Residenzstadt des Brandenburg-Preußischen Zentralstaates auf. Im Laufe des 18. Jahrhunderts vollzog sich mit der Präferenz der preußischen Könige für Potsdam als Hauptwohn- und Regierungssitz der Wandel B./C.s vom Hof- zum Behördensitz und damit administrativen Zentrum des preußischen Staats.

Kirchlich war B. im Spätmittelalter Sitz eines Propst genannten Archidiakons, der dem Bischof von Brandenburg unterstand, B. wurde daher gelegentlich als Propstei bezeichnet.

(2) B. und C. weisen einen regelmäßig-rechteckigen Stadtgrundriss auf. In B. bildeten die große Markt- und Pfarrkirche St. Nikolai und der Molkenmarkt, in C. der C.ische Fischmarkt (Straßenmarkt) mit St. Petri und den nordwestlich anschließendem Stadtteil die Entwicklungskerne. Im B.er Nikolaiviertel führen die Straßen vom zentralen Markt sternförmig Richtung Norden und Nordosten. Bogenförmig verlaufen Straßen südwestlich auf den Spreeübergang (Mühlendamm) und westlich in Richtung C. Beide Orte waren von Beginn an mit einem Knüppeldamm über die Spreefurt verbunden. Hier entstand um 1220 die erste Wassermühle, im 13. Jahrhundert die Mühlendammbrücke mit Wehr und Mühlenstau (1285 C.ische, 1306 B.er Mühle erwähnt). 1572 baute der B.er Rat hier eine erste hölzerne Wasserleitung, die die Bürgerhäuser mit Spreewasser versorgte.

Eine erste Stadterweiterung B.s nordöstlich des älteren Nikolaiviertels erfolgte mit der Anlage des Neuen Markts in den 1230er Jahren und dem Bau der St. Marienkirche um 1270 (daher Marienviertel); hier waren die Straßen streng linear und schachbrettförmig angelegt. Dazu kamen das Klosterviertel mit Molkenmarkt (und das Franziskanerkloster) und das Heiliggeistviertel (um das Heilig-Geist-Spital). Ab der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts waren beide Städte von einer Stadtmauer (erst 1319 urkundlich) umwehrt. Es bestanden drei Zugänge auf B.er Seite: Spandauer Tor, Oderbergertor (später umbenannt zu Georgen- bzw. Königstor) und Stralauer Tor, und zwei auf C.er Seite: Gertrauden- und Köpenicker Tor. Vorstädte entwickelten sich im Spätmittelalter sowohl nördlich als auch südlich des Mauerrings um Georgen- bzw. Gertraudenkapelle. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges folgte eine Phase erneuter Expansion mit Anlage der Neustädte Friedrichswerder (bebaut ab 1657, Stadtrecht 1662) und Neu-Kölln am Wasser (bebaut ab 1690) sowie dem weiteren Ausbau der mittelalterlicher Spandauer- (Scheunenviertel ab 1672), Georgen- (Königsstadt ab 1701), Stralauer- und Köpenicker (Luisenstadt ab 1802) Vorstadt. Von diesen wurden Friedrichswerder und Neu-Kölln am Wasser in den zwischen 1658 und 1683 errichteten Festungsring einbezogen. Wegen schneller städtischer Expansion wurde die Befestigung bereits ab 1734 wieder abgetragen. Seit dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts wurde auf kurfürstliche Initiative die Infrastruktur verbessert (ab 1660 Straßenpflasterungen, Laternen ab 1679, steinerne Spreekais und -brücken, Fluss- und Straßenreinigung, etc.). Weitere kurfürstliche Neustädte, v. a. in Richtung Charlottenburg, dem neuen Siedlungskern im Westen (Lustschloss 1695, Idealstadt 1705) folgten mit der Dorotheenstadt (1644 Anlage der Allee Unter den Linden, Stadtrecht 1674) und der Friedrichsstadt (Friedrichstraße nach 1688). 1752 entstand im Norden vor dem Rosenthaler Tor die Handwerkersiedlung Neu-Voigtland als Beginn der Rosenthaler Vorstadt und vor dem Oranienburger Tor die Friedrich-Wilhelm-Stadt. Mit dem Aufstieg Brandenburg-Preußens zur deutschen Hegemonialmacht und voranschreitender Industrialisierung im späten 18. und 19. Jahrhundert beschleunigte sich die Expansion.

Um 1450 zählte die Doppelstadt etwa 6000, um 1600 9000 Bewohner. Infolge des Dreißigjährigen Krieges sank die Einwohnerzahl auf den Stand von 1450. Bald schon setzte aufgrund der Peuplierungspolitik und Attraktivität des Hofes ein rascher Zuwachs ein, der seit 1700 zu einem Bevölkerungsboom (zeitweise höchste Wachstumsrate Europas) führte (1680 ca. 10.000, 1719 64.000, 1740 81.000, 1800 172.132). Große Bevölkerungszuwächse resultierten auch aus der Einquartierung von Soldaten in der seit 1658 bestehenden Garnison (Höchststand nach 1763 ca. 30.000 Soldaten).

Eine Stadtgründungsurkunde ist nicht erhalten. C. wurde 1237, B. 1244 erstmals urkundlich erwähnt. 1247 ist die Existenz eines Schultheißen in B. verbrieft, der sowohl in B. als auch C. das Gemeinwesen beaufsichtigte, die Ratsmitglieder vereidigte und einem Schöffengericht vorstand. Mit der Verleihung des B.er Stadtrechts (von Brandenburg übernommen) 1253 an Frankfurt a. d. Oder liegt der erste sichere Hinweis für einen B.er Rat vor. 1255 ist ein Rat mit zwei Bürgermeistern bezeugt. Der B.er Rat bestand aus zwölf, der C.er Rat aus sechs Mitgliedern, von denen jeweils zwei zu Bürgermeistern gewählt wurden. Die Besetzung wechselte jährlich, so dass es faktisch 24 (bzw. zwölf) gewählte Ratsmitglieder gab. Dem Rat oblag die Aufsicht über das Gewerbe, die Fischerei auf der Spree, die Verwaltung der zur Stadt gehörenden Dörfer sowie das Recht, neue Bürger aufzunehmen. 1307 trafen beide Städte eine erste Übereinkunft und bildeten einen Gesamtrat, eine aus Bürgern beider Städte bestehende Schöffenbank und Kaufmannsgilde, die gegenüber dem Landesherrn und anderen Städten Interessen vertraten. Damit erweiterte B./C. seit Beginn des 14. Jahrhunderts seine Autonomie, die in der Folge durch weitere Privilegien ausgebaut wurde (1317 ius de non evocando, 1345 Belehnung des Bürgers Thilo Brügge mit dem Stadtgericht, 1359 Mitglied in der Hanse, 1369 Münzrecht, 1384 Gerichtsbarkeit über Adlige, 1391 Hochgerichtsbarkeit).

1432 vollzogen beide Städte eine Vereinigung, die allerdings nur bis 1442 währte, als der Kurfürst 1441 in innerstädtische Auseinandersetzungen eingriff und Teile der Stadtregierung absetzte. Nach weiteren Konflikten (u. a. B.er Unwille 1447/48) folgte die völlige Unterwerfung der Doppelstadt. Durch Kurfürst Friedrich Wilhelm (1640–1688) wurde der Rat 1649 auf acht Mitglieder verkleinert und seine Kompetenzen eingeschränkt (Verlust der Steuererhebung). Mit der Verwandlung B./C.s 1658 in eine Festungs- und Garnisonstadt gingen die Policeybefugnisse an den landesherrlichen Gouverneur über. Friedrich III./I. (1688–1713) fasste 1709 B./C. mit ihren westlichen Vorstädten Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichsstadt zur preußischen Haupt- und Residenzstadt B. mit gemeinsamem Magistrat zusammen.

Mit Gründung der Kurmärkischen Kriegs- und Domänenkammer 1723 wurde der B.er Magistrat zu einer landesherrlichen Unterbehörde degradiert und nach Einsetzung eines Stadtpräsidenten 1726 vollends der landesherrlichen Kontrolle unterstellt. Im Rathäuslichen Reglement 1747 wurde dies weiter festgeschrieben. König Friedrich II. (1740–1786) entschied uneingeschränkt über Städtebau, Verkehrswege, Polizei und Wirtschaft. Erst mit der Steinschen Städteordnung 1808 erlangte die Stadtgemeinde wieder Einfluss auf Erziehungs-, Gesundheits-, Armen- und Grundstückswesen.

Mit dem Zuzug kfl.er Räte seit der Etablierung der Hofhaltung 1451 kamen mit Höflingen und Amtsträgern neue Bewohner in die Doppelstadt, denen z. T. Freihäuser oder Burglehen (verbunden mit einer Schutz- und Gefolgschaftspflicht) verliehen wurden, die nicht der städtischen Jurisdiktion unterstanden. Im 16. Jahrhundert bestand eine enge Personalübereinstimmung zwischen Bürgermeistern, Ratsherren und hohen kfl.en Beamten; Bürgermeister waren zugleich Küchenmeister im Schloss. Sie gewährten dem Kurfürsten Kredite oder vermittelten solche in der Bürgerschaft. Seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert setzte der Kurfürst vermehrt studierte Juristen in das Bürgermeisteramt ein. Der städtische Rat wandelte sich zu einer landesherrlich kontrollierten Behörde. Der Untergang des alten Patriziats ermöglichte den Anschluss neuer Bürger- und Kaufmannsfamilien mit Juristen der kfl.en Behörden. Bei der Versorgung der kfl.en Hofhaltung spielten Bürger eine entscheidende Rolle, insbesondere auch, seitdem viele Hofangehörige und Adlige Stadtpalais errichteten.

Im 18. Jahrhundert vollzog sich ein Wandel in den sozialen Beziehungen zwischen Stadt und Hof. Seit der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. (1713–1740) beschränkte sich der Aufenthalt des Hofes auf die vierwöchige Karnevals- und Redoutenzeit Ende Dezember bis Ende Januar. B./C. war mit seinem vom Landesherrn wohl zusammen mit der Stadtgründung erteilten Stapelrecht (eigens wiederholt 1298) und Marktrecht sowohl Fernhandels- als auch Nahmarkt. 1298 wurden der Stadt als Einnahmen der Hufen-, Hofstellen- und Marktstättenzins sowie das wichtige Stapel- bzw. Niederlagsrecht verliehen, welches durchziehende Kaufleute zum Angebot ihrer Waren auf den drei Märkten (Molken-, Neuer- und C.er Fischmarkt) verpflichtete. Vier Handwerkerinnungen, das sogenannte Viergewerk aus Bäckern (1272), Schuhmachern (1284), Tuchmachern (1289) und Knochenhauern (1311) bestimmten die wirtschaftlichen Angelegenheiten. Ebenfalls bedeutend waren Kürschner (1280) und Schneider (1288). Neue Hand- und Luxusgewerke kamen später hinzu (1575 Druckerei, 1601 Buchbinder). Erst die Hugenotten und das Merkantilwesen ab dem ausgehenden 17. Jahrhundert führten zur Etablierung neuer Manufaktur- und Gewerbezweige (Textilien, Perücken, Seide, Gold, Silber, Porzellan, Karossen). Die in der Folge weit verbreitete wendige Kutsche, die Berline, wurde im späten 17. Jahrhundert hier entwickelt.

Finanziell war die Doppelstadt seit Beginn des 14. Jahrhunderts in der Lage, dem Landesherrn wiederholt Kredite zu gewähren. Im Dreißigjährigen Krieg setzten Kontributionen und Kriegsabgaben der Wirtschaft arg zu, weshalb sie ab 1643 wiederholt (1658, 1662, 1667 genehmigt) um Erhebung einer Verbrauchssteuer (Akzise) nachsuchte. Ihr Ertrag verdreifachte sich zwischen 1690 und 1712.

(3) Die seit den 1230er Jahren erwähnten Hauptpfarrkirchen St. Petri in C. und St. Nikolai in B. kannten ältere Vorgängerbauten aus Holz (aus der Gründungszeit um 1170?), ehe im 13. Jahrhundert steinerne Kirchen errichtet wurden, die in B. bereits 1260–1280, in C. 1335 durch Nachfolgebauten ersetzt wurden. Um 1270 erfolgte bei der ersten Stadterweiterung der Bau der Pfarrkirche St. Marien. Zu der ab 1244 nachweisbaren Propstei in B. zählte spätestens ab 1319 auch die Pfarrei St. Petri in C. Alle drei Pfarreien waren zu einem Kirchlehen vereint. Der Nikolaikirche wurden Kapellen bzw. Altäre gestiftet (1461 Altar der Bäckerinnung, 1465 Liebfrauenkapelle), dazu an ihr durch den kfl.en Küchenmeister Ulrich Zeuchel eine Marienbruderschaft errichtet, der C.er Petrikirche stiftete 1505 ein reicher Bäcker die Marienkapelle. 1249 ließen sich Franziskaner am nördlichen Rand B.s und 1297 Dominikaner in C. nieder. Die Franziskanerklosterkirche (1250–1265) wurde erste Grablege für die in Brandenburg regierenden Wittelsbacher.

Die Burg- bzw. Schlosskapelle ist erst spät fassbar. Der Schlosskapelle St. Erasmus wurde 1450 vom Papst das Pfarrecht verliehen. 1465 erhob sie Kurfürst Friedrich II. zum Kollegiatstift, ein Jahr später wird sie als Domstift bezeichnet. 1536 zog es in die ehemalige Dominikanerordenskirche am südlichen Schlossplatz um, wo sie bis zu ihrem Abriss 1747 als Hof- und Grabeskirche der Hohenzollern fungierte.

Spätestens seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts existierten in beiden Städten mehrere Hospitäler und Armenstiftungen. In B. waren dies das Heilig-Geist-Spital innerhalb der Stadtmauer (nahe dem Spandauer Tor) und St. Georgen nordöstlich vor dem Oderberger Tor. Heilig-Geist-Spital und Pfarrkirche St. Marien dienten bis zur Reformation als Herbergen für Pilger, die zum Hl. Blut nach Wilsnack reisten. In C. erfüllte das St. Gertrauden-Hospital (1406) vor dem Gertraudentor mit Gertrauden- und Jerusalemskapelle als Stiftung eines Kaufmanns auf dem Weg nach Tempelhof ähnliche Funktionen. 1695 wurde durch kfl.es Edikt eine landesherrliche Armenkommission gegründet, neue Waisen-, Kranken- und Armenhäuser eingerichtet. Mit der Städteordnung von 1808 kam das Armenwesen wieder in kommunale Hand.

Mit dem Übertritt Kurfürst Joachims II. zum lutherischen Bekenntnis 1539 nahm auch die Mehrheit der Bewohner beider Städte den lutherischen Glauben an. Fortan übte der B.er Magistrat das zuvor beim Landesherrn befindliche Patronat über die Pfarrkirche St. Nikolai mit St. Marien sowie über die Kapellen der Hospitäler St. Georg und Heiliger Geist und die Kirche des einstigen Franziskanerklosters (Graues Kloster) aus. Analog dazu wurde um 1540 auch dem C.er Magistrat das Patronatsrecht über seine Pfarrgemeinde St. Petri und die beiden Hospitalkapellen St. Gertraud und Jerusalem übertragen. Als Kurfürst Johann Sigismund 1613 zum reformierten Glauben übertrat, folgten die Bewohner B./C.s seinem Beispiel nicht. Im Gegenteil, es kam 1615 zum sog. B.er Tumult (mit ca. 200 Flug- und Druckschriften, Gewaltaktionen), in dessen Folge der Kurfürst verordnete, dass die Bürger bei Feuersbrunst und Tumult die Stadttore, Lange Brücke und Mühlendamm zu sichern hatten. Fortan bestand eine religiöse Trennung zwischen Hof und Stadt, die erst 1817 durch die Kirchenunion überwunden wurde.

Eine jüdische Gemeinde scheint im frühen 13. Jahrhundert entstanden zu sein. Nach Pogromen und Vertreibungen im Spätmittelalter ließen sich erst wieder 1671 Juden (50 Familien aus Wien) nieder.

Durch die Konversion des Landesherrn zum Calvinismus kamen im 17. Jahrhundert reformierte Hofanghörige nach B./C. Ein Großteil der ca. 20.000 auf Einladung Kurfürst Friedrich Wilhelms (1685 Edikt von Potsdam) eingewanderten Hugenotten ließ sich in B./C. nieder (Bevölkerungsanteil um 1700 bei 20 %). Aufgrund des ihnen gewährten Sonderstatus mit eigener Jurisdiktion, Verwaltung und Gemeinde, Freihäusern und Steuerbefreiungen gab es anfangs Konflikte mit der eingesessenen Bürgerschaft. In weiteren Migrationswellen folgten Zuwanderer aus der Pfalz, Schweiz, Berchtesgaden, Salzburg und Böhmen (1735). Gefördert wurde das Manufakturwesen, zudem gab es einen kulturellen Aufschwung. Als eigene Kirche wurde den Reformierten 1695 die Parochialkirche errichtet, es folgte die Französische Friedrichsstadtkirche (1701–1705). Für die im 18. Jahrhundert nach der Eroberung Schlesiens einwandernden Katholiken ließ Friedrich II. 1747–1773 die St. Hedwigs-Kirche bauen.

(4) Die auf dem nordwestlichen Teil der C.er Spreeinsel zwischen 1443 und 1451 errichtete Burg war ein von Gräben und einer rechtwinkligen Mauer umgebener größerer Gebäudekomplex. Nach Auseinandersetzungen musste die Stadt C. das Bauareal 1442 an Kurfürst Friedrich II. abtreten. Für den Schlossbau wurde der nordwestliche Teil der (zweiten) C.er Stadtmauer sowie Häuser niedergelegt und ein alter Wartturm (Grüner Hut) verwertet. Gegen den Bau formierte sich anhaltender Widerstand der Stadt (B.er Unwille 1447/48), der vom Kurfürsten niedergeschlagen wurde. Der Schlosskomplex war ab 1451 bewohnbar und wurde von den Kurfürsten und (ab 1701) Kg.en kontinuierlich zunächst im Renaissancestil erweitert (1535–1571 Stechbahnflügel, Joachimsbau und weitere Häuser) und später barock mit prächtiger Innenausstattung und hochdifferenzierten Repräsentationsräumen und Raumfolgen ausgestaltet. Das Schloss, zunächst abseits am nordwestlichen C.er Stadtrand gelegen, wurde zum städtebaulichen Zentrum der Doppelstadt. Mit Anlage der Stechbahn und Bau des Stechbahnflügels in Richtung Breite Straße sowie Verlegung des Domstifts in die ehemalige Dominikanerkirche im 16. Jahrhundert öffnete sich der Hof zur Stadt und bereitete die Entwicklung der späteren Via triumphalis (Königsentrée Friedrichs I. 1701) über Schlossplatz, Lange Brücke, B.er Georgen- (ab 1701 Königs-) Straße bis hin zum Georgen-/Königstor vor. Die ehemalige Dominikanerkirche wurde nach der Säkularisation als Domstiftskirche St. Maria Magdalena, Erasmus und Hl. Kreuz 1536 Hof- und Grabeskirche der Hohenzollern, 1747 abgerissen und im Lustgarten an der Spree anstelle des heutigen, 1894–1905 errichteten B.er Doms neugebaut.

Vor Residenzschloss, Domtürmen und Wasserkunst (Münzturm) waren im mittelalterlichen B./C. die Türme von St. Nikolai, St. Petri, St. Marien (um 1270 Hallenkirche), des Spandauer Tores, der Heiliggeistkapelle und des C.er Rathauses stadtbildprägend, siehe die Merian-Darstellung 1652. Um 1270 stand das B.er Rathaus mit Rolandssäule (heute am Märkischen Museum) am Molkenmarkt. Um 1300 wurde an der Kreuzung Spandauer-/Oderberger (später Georgen- bzw. Königs-) Straße ein weiteres B.er Rathaus errichtet, ein 39 x 17 m großer Backstein-Saalbau mit angrenzender Gerichtslaube (heute im Park Babelsberg). Um 1307 ist ein gemeinsames Rathaus auf oder an der Langen Brücke bezeugt. Das C.er Rathaus befand sich nahe der Petrikirche.

In Schlossnähe entstanden ab dem frühen 17. Jahrhundert repräsentative Bürgerbauten. So wurde das Ribbeck-Haus (Breite Straße 35) 1624 als Traufenhaus aus zwei älteren Giebelhäusern errichtet. 1628 von der Schwester Kurfürst Georg Wilhelms, Herzogin Anna-Sophie von Braunschweig-Lüneburg (1598–1659) erworben, ging es nach deren Tod in kfl.en Besitz über und wurde Behördensitz (Oberappellationsgericht und Oberrechnungskammer ab 1708) sowie Ort erster höfischer Opern- und Theateraufführungen.

Bis ins 16. Jahrhundert fand die alljährliche Ratsumsetzung als Festakt mit einer feierlichen Prozession von St. Nikolai zum Rathaus statt. C.er und B.er Rathaus dienten seit dem 14. Jahrhundert zudem als Tanzsäle für große, mehrtägige Hochzeiten und Schützenfeste. Innungen (Tuchmacher, Wollweber, Bäcker, Maurer) und Gewerke begangen an Jahrestagen, zu Jakobi oder Pfingsten Feste, die teilweise mit Stadtumzügen (Bäcker, Gewerke) verbunden waren. Meister der Seiler-, Seifensieder-, Tuchscherer- und Schwarzfärbergewerke aus der Mittel- und Uckermark trafen jährlich in B. zu Neuwahlen, Jahrestagen und Prozessionen mit Zunftlade und -fahne zusammen. Durch Hochzeits- (1335), Polizey- (1580) und Kleiderordnungen (1604) wurde versucht, die ständische Ordnung einzuhalten.

Ab 1527 entstand weit westlich vor der Stadt der Tiergarten, 1573 der eigentliche Lustgarten (1645–1657 zum niederländischen, 1695–1713 zum französischen Regelgarten umgestaltet). Vor dem Residenzschloss wurde 1538 ein ungepflasterter (seit 1660 ummauerter) Platz als Stechbahn für höfische Ritterspiele angelegt. 1679–1681 wurden daran 17 Verkaufsgewölbe angebaut, ähnliche Kolonnaden entstanden auf der Mühlendammbrücke. Seit den 1630er Jahren gab es für Ballspiele (Raquet) auf dem Friedrichswerder ein Ballhaus, ein Neubau folgte 1659–1661 zwischen Münzturm und Lustgartenpforte. Seit dem 16. Jahrhundert wurden immer mehr Verwaltungs- und Funktionsgebäude des Hofes aus dem Schloss ausgelagert und in repräsentativen Neubauten der Alt- und Vorstädte untergebracht: Kfl.es Zeughaus und Reithaus auf dem Friedrichswerder, Jägerhof im Tiergarten (alle 16. Jahrhundert), Marstall an der Ecke Schlossplatz/Breite Straße (1665–1670), Jägerhof (1690 in der Kurstraße, heute Auswärtiges Amt) und Zeughaus auf dem Friedrichswerder (1695–1729, heute Deutsches Historisches Museum), Neuer Marstall in der Dorotheenstadt anstelle der heutigen Staatsbibliothek (1687–1700) mit Obergeschossräumen für die Akademie der Künste (1696) und Wissenschaften (1700), Hetzgarten (1695) im Festungsbollwerk hinter der Franziskanerklosterkirche, Kammergericht (1698) im Schwarzenbergschen Palais in der Brüderstraße 1–2. Adlige und Minister des Hofes errichteten in der Stadt prachtvolle Palais (u. a. Palais des Ministers Paul von Fuchs Spandauer Straße 29, Palais des Generalfeldmarschall von Flemming und Ministers von Ilgen Friedrichsgracht 57 und 58, Palais Wartenberg an der Langen Brücke).

Nach 1571 entstanden in der ersten B.er Druckerei des Leibarztes, Goldschmieds und Verlegers Leonhard Thurnheißer im Gebäudekomplex des ehemaligen Franziskanerklosters erste bildliche Darstellungen, Karten und Pläne B./C.s.

(5) Mit 47 ha war die Grundfläche B.s mehr als doppelt so groß wie die von C. (23 ha). Zur Versorgung mit Nahrungsmitteln verfügten beide Städte im Umland über Ackerfluren, die beide Städte seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert erwarben (B. 120 Hufen, C. 42 Hufen), in etwa der Größe der Flur eines mittleren Teltow-Dorfes. Beim Zusammenschluss von 1709 umfasste die Stadt mit allen Vor- und Neustädten 626 Hektar. 1375 bezogen 41 B.er Bürgerfamilien Einkünfte in Höhe von 600 Silbermark aus 94 Dörfern des Umlands. Nach Abschluss der Säkularisation 1543 befanden sich die Dörfer Blankenburg, Pankow, Reinickendorf, Rosenfelde und Stralau in B.er, die Dörfer Rixdorf und Wald bei Tempelhof in C.er Besitz; die Dörfer Bergholz, Lichtenberg, Mariendorf, Marienfelde und Tempelhof gehörten beiden Städten. Vor den Stadtmauern verfügten Bürger wie kurfürstliche Amtsträger über Weinberge, Kohl-, Gemüse- und Baumgärten, in späterer Zeit über Vorwerke mit Schäfereien und Meiereien.

Schon früh (1251 Urkunde der Stadt Prenzlau) genossen die B.er Kaufleute in den mkgfl.en Territorien Zollfreiheit. Neben der Bedeutung für den Fernhandel besaß B. eine wichtige Funktion als Nahmarkt. Im frühen 13. Jahrhundert war B. Großexporteur von Holz, das durch Rodung und Aufsiedlung von Teltow und Barnim anfiel und in die Städte des Westens und Nordwestens ausgeführt wurde. Später konnten die neu entstandenen märkischen Dörfer und Marktflecken ihren Getreideexport (»Berliner Roggen«) über die Doppelstadt nach Hamburg abwickeln. Zudem war der C.er Fischmarkt wichtig für den Heringshandel von der Ostsee. Aus Mitteldeutschland und dem Thüringer Wald wurden Metallwaren umgeschlagen.

In Zeiten schwacher Landesherrschaft und gestärkter Autonomie beteiligten sich B./C. seit dem frühen 14. Jahrhundert an Städtebündnissen. Der erste märkische Städtebund kam 1308/9 zustande, 1323 wurde ein 1321 geschlossenes Bündnis zwischen 24 mittelmärkischen und niederlausitzischen Städten erneuert, 1393 eine Landwehr von 21 mittelmärkischen Städten gegen Straßenraub und Landfriedensbruch begründet. 1430 trat die Doppelstadt dem Bündnis der Hansestädte gegen die zunehmende Macht der Landesfürsten bei, 1442 folgte das Verbot des Kfs.en.

Seit 1333 war B. Versammlungsort der kurmärkischen Stände, 1345 schlossen sich Städte und märkischer Adel auf dem ersten allgemeinen Landtag in der Mark gegen die Landschoßpläne der fremden Landesherrn (Luxemburger) zusammen.

(6) B. und C., vermutlich als landesherrliche Fernhandels- und Marktsiedlungen im letzten Viertel des 12. Jahrhunderts gegründet, erlangten trotz der kirchlichen und weltlichen Aufsicht durch Propst, Schulzen/Vogt sowie mkgfl.en Hof im 13. Jahrhundert aufgrund wirtschaftlicher Erfolge im Holz-, Herings- und Getreidehandel mit Hamburg städtische Autonomie. Infolge ihres Zusammenschlusses 1307 und der schwachen Landesherrschaft im 14. Jahrhundert erlebte die Doppelstadt eine wirtschaftliche und kulturelle Blüte. In dieser Phase gewährten Rat und Einzelbürger dem Landesherrn mehrfach Kredite, wovon diese umfangreichen Landbesitz im Umland erwarben. Nicht sofort mit Herrschaftsantritt der Hohenzollern im frühen 15. Jahrhundert, sondern erst nach etwa einer Generation zu Mitte des 15. Jahrhunderts wendete sich das Blatt. Innerstädtische Auseinandersetzungen zwischen Rat und Bürgern nutzend, unterwarf Kurfürst Friedrich II. 1442 die Handelsstadt (u. a. durch Entzug des Niederlagsrechts) und rang ihr auf dem C.er Werder einen Bauplatz für sein Schloss ab. Weitere, immer wieder aufkeimende (auch religiöse) Unruhen (1447/48 B.er Unwillen, 1615 Kalvinistentumult) wurden erfolgreich niedergeschlagen. Es begann eine fast fünfhundertjährige Dominanz der Hohenzollern über die Stadt, aus der allerdings neu emporsteigende Stadteliten mittels städtisch-höfischer Ämterallianzen und Heiratsverbindungen ihren Nutzen zogen. Auch bestanden umfangreiche wirtschaftliche Verflechtungen und Nahmarktbeziehungen, wonach Früchte, Holz und Agrarprodukte der umliegenden städtischen Weinberge, Felder, Wälder, Meiereien, Schäfereien, Obst- und Baumgärten an das kurfürstliche Amt Mühlenhof am Mühlendamm geliefert wurden, von wo die (um 1713) bis zu 750 Personen starke Hofhaltung versorgt wurde. Auch profitierte die Stadt im 16. Jahrhundert, besonders seit dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts von der infrastrukturellen, zeremoniellen und baulichen »Aufrüstung« des nach der preußischen Königskrone strebenden Kurhauses. Es entstanden prachtvolle Barockgebäude und Privatpalais, Straßen wurden flächendeckend gepflastert, die Spree durch steinerne Kais eingefasst. Besucher und Gesandte aus ganz Europa kamen in den Gasthöfen und Gästehäusern der Stadt unter (vom Hof unterhalten das Fürstenhaus an der Ecke Kur-/Jägerstraße, als bürgerliche Gasthöfe in B. Zum Hirsch (Spandauer Straße 30), in C. der König von England, die Gasthäuser von Bürgermeister Schmitt am C.er Fischmarkt und Monsieur Vincens in der Brüderstraße. Luxusgewerke entstanden, Manufakturen wurden gegründet, die vielen Baustellen zogen Architekten, Künstler und Handwerker in die Stadt. Die aktive landesherrliche Ansiedlungspolitik von Hugenotten und anderen Reformierten bescherte der Haupt- und Residenzstadt um 1700 das dynamischste Stadt- und Bevölkerungswachstum in ganz Europa, was sich vor allem in der Gründung mehrerer Neu- und Vorstädte ausdrückte. Die Stadt expandierte – den engen, nur 75 Jahre bestehenden Festungsring (1658–1734) sprengend.

(7) Archivalien sind im Landesarchiv Berlin (LAB), dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK), dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv (BLHA), dem Zentralen Archiv der Geschlossenen Grundbücher (ZAG), dem Evangelischen Landeskirchlichen Archiv Berlin (ELAB), aber auch dem Archiv und der Dokumentensammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin (SSMB) sowie zahlreichen kleineren Instituten, Museen, Forschungseinrichtungen und Bibliotheken überliefert.

Aufgrund der Überlagerung von kommunaler, Landes-, Reichs- und Bundesebene sowie Verlusten im 2. Weltkrieg, Bestandsteilungen und -verlagerungen in Folge des Viermächtestatus (1945–1990) und einer oft komplizierten Zuordnung bzw. Reunion von Archiv- und Museumsgut ist die Quellenlage oft lückenhaft, schwer überschaubar und stellt Ansprüche an die Findigkeit. 19 von 100 geplanten Schlüsselquellen zur Geschichte Berlins und Brandenburg-Preußens hat die Historische Kommission zu Berlin (HiKo) online ediert (https://www.hiko-berlin.de/projekte/schluesselquellen-verwaltung/).

Da mit dem GStA PK in Berlin-Dahlem (http://www.gsta.pk.findbuch.net; hier wichtig u. a.: I. HA, Rep. 21 Brandenburgische Städte, Ämter und Kreise, Rep. 36 Hofverwaltung sowie das Brandenburg-Preußische Hausarchiv der Hohenzollern) nur noch das LAB (landesarchiv-berlin.de) und das BLHA (http://www.recherche.im.blha.de/feldsuche.aspx), seit 1.3.2016 am neuem Standort in Potsdam OT Golm, nur wenige Berlin-Brandenburger Archive über Online-Recherchedatenbanken verfügen und diese noch keine vollständige Erfassung gewähren, ist die Nutzung der Findmittel und Datenbanken vor Ort nach wie vor unerlässlich.

Aufgrund der Funktion von Berlin/Cölln als Sitz der kurmärkischen Regierung (bis 1815) und des Konsistoriums (seit 1543) sind im BLHA insbesondere die Bestände Pr.Br.Rep. 23 A Kurmärkische Stände, 78 Kurmärkische Lehnskanzlei, 10 B Dominikanerkloster Cölln und 10 C Kirchen relevant.

Die wesentliche Überlieferung zur Stadtgeschichte bewahrt das Landesarchiv Berlin (LAB). Viel wurde in den letzten zwei Jahrhunderten ediert. Das Ende des 14. Jahrhunderts entstandene Berliner Stadtbuch (Orignal: LAB A Rep. 500) enthält eine Zusammenstellung des im alten Berlin geltenden Rechts, städtischer Privilegien, Schuldverschreibungen, Renten und eine Chronik der Verbrechen und verhängten Strafen; erstmalig (unzulänglich) ediert vom Berliner Stadtarchivar Fidicin, Ernst: Historisch-diplomatische Beiträge zur Geschichte der Stadt Berlin, Teil 1: Berlinisches Stadtbuch, Berlin 1837. Ebenfalls im LAB-Bestand A Rep. 500 befinden sich Innungsordnungen (1546–1700), Rats- und Gerichtsprotokolle (1698–1700) sowie in lückenhafter Überlieferung Kämmereirechnungen (1648–1709), teilweise ediert in: Die ältesten Berliner Kämmereirechnungen 1504–1508, hg. von Joseph Girgensohn, Berlin 1929 (Quellen und Forschungen zur Geschichte Berlins, 2).

Zuverlässig ediert sind als wichtige prosopographische Quelle das Berliner und Cöllner Bürgerbuch: Das älteste Berliner Bürgerbuch 1453–1700, hg. von Peter von Gebhardt, Berlin 1927 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin, I.1). – Die Bürgerbücher von Cölln an der Spree 1508–1611 und 1689–1709 und die chronikalischen Nachrichten des ältesten Cöllner Bürgerbuches 1542–1610, hg. von Peter von Gebhardt, Berlin 1930 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin, I.3). Für die spätmittelalterliche Cöllner Stadtgeschichte zu berücksichtigen sind desweiteren das Cöllner Stadtbuch, ediert von Martin Ohm (Hg.): Das Stadtbuch von Colen (1443) mit vollständiger Übersetzung in das Hochdeutsche…, Berlin 1954 [Maschinenschrift im LAB] sowie die Matricula civium Coloniensis, ediert von Fidicin, Ernst (Hg.): Chronik der Kölner Stadtschreiber 1542–1605, Berlin 1868 (Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins, 1).

Mylius, Christian Otto: Corpus Constitutionum Marchicarum oder Königl. Preußis. und Churfürstl. Brandenburgische in der Chur- und Marck Brandenburg, auch incorporirten Landen publicirte und ergangene Ordnungen, Edicta, Mandata, Rescripta, Bde. 1–6, Berlin/Halle 1737–1751. – Die erste und bis heute umfassendste Urkundensammlung aller deutschen Landschaften: Codex diplomaticus Brandenburgensis (1838–1868) [unveränderter Nachdruck 2006] ist unergiebig in Bezug auf Berlin/Cölln. – Dagegen die Hälfte der insgesamt ca. 700 Berliner und Cöllner Urkunden enthält (allerdings unstrukturiert, registerlos und nicht die Urkunden im heutigen GStA PK, Brandenburg-Preußischen Hausarchiv und BLHA berücksichtigend): Fidicin, Ernst: Historisch-diplomatische Beiträge zur Geschichte der Stadt Berlin, Bd. 1: Berlinisches Stadtbuch, Bd. 2: Berlinische Urkunden 1261–1550, Bd. 3: Berlinische Regesten 949–1550, Bd. 4: Berlinische Urkunden von 1232–1700, Berlin 1837–1842. – Nun auch alle abgelegenen Archive, Bibliotheken und Sammlungen auswertend, gibt die neueste und umfassende Übersicht Huch, Gaby: Regesten der Urkunden zur Geschichte der Stadt Berlin 1500–1815, Berlin 2004 (Berlin-Forschungen der Historischen Kommission zu Berlin, 5) sowie Huch, Gaby, Ribbe, Wolfgang: Regesten der Urkunden zur Geschichte von Berlin / Cölln im Mittelalter (1237–1499), Berlin 2008 (Berlin-Forschungen der Historischen Kommission zu Berlin, 7; Schriftenreihe des Landesarchivs Berlin, 13), zur stadtgeschichtlichen Quellenlage für Berlin/Cölln, v. a. S. 28–31. – Eine bislang von der Berlinforschung vernachlässigte, aber wirtschafts-, religions- und personengeschichtlich vielversprechende Quellengruppe bespricht Schuchard, Christiane: Die ältesten Rechnungsbücher der Berliner Pfarrkirchen St. Nikolai und St. Marien, in: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin (2013) S. 7–60 (inkl. Quellenedition des ältesten, im LAB bewahrten Rechnungsbuches von 1567/68, S. 39–60; die Rechnungsbücher liegen verstreut im LAB, der Dokumentensammlung der Stiftung Stadtmuseum Berlin und dem ELAB).

Lateinische Aufzeichnungen des sogenannten »Berliner Annalisten« um 1434/35 für den Zeitraum 1369–1434: Meyer, Wilhelm: Der Berliner Annalist von 1434, in: Nachrichten von der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, Phil.-hist. Klasse, Göttingen 1895, S. 256–271. – Pusthius, Ferdinand: Chronicon Berolinense, continens res Berolini actas ab a. 1307. usque ad a. 1699, accedit series consulum Berolinensium, Berlin 1870 (Schriften des Vereins für die Geschichte der Stadt Berlin, 4). – Hafftitius, Peter: Microchronologicon Marchium, Berlin, Cöllen an der Spree 1599, hg. von Holtze, Friedrich: Die Berolinensien des Peter Hafftiz, Berlin 1894 (Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins, 31). – Königliche Adreßkalender (ab 1704): Das jetztlebende Königlich Preußische und Chur-Fürstliche Brandenburgische Haus. – Holtze, Friedrich: Chronologische Aufzeichnungen eines Berliners von 1704 bis 1758, in: Studien des Vereins für die Geschichte Berlins (1899) S. 95–114. – Bekmann, Bernhard Ludwig: Von der Haupt- und Residenz-Stadt Berlin: das II. Kapitel. Enthält u. a. Gerken, Johann Heinrich: Kurze Beschreibung von Berlin 1714–1716; Klöden, Karl Friedrich: Urkunden, Auszüge, Notizen und sonstiges Material zur Geschichte Berlins; Manuscript aus Friedrich Nicolai’s Bibliothek: Chronik 1631–1702 [Original der handschriftlichen Chronik im LAB; Abschrift von Ernst Siefert im ZFB]. – König, Anton Balthasar: Versuch einer historischen Schilderung der Hauptveränderungen, der Religion, Sitten, Gewohnheiten, Künste, Wissenschaften etc. der Residenzstadt Berlin seit den ältesten Zeiten, bis zum Jahre 1786, Bde. 2 und 3, Berlin 1793 und 1795. – Müller, Johann Christoph, Küster, Georg Gottfried: Altes und Neues Berlin…, Berlin 1. Theil 1737, 2. Theil 1752, 3. Theil 1756, insbesondere relevant der 4. Theil 1769 betr. städtische Amtsträger. – Nicolai, Friedrich: Beschreibung der königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam und aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten, und der umliegenden Gegend, 3 Bde., Berlin 31786 [Faksimile-Nachdruck 1980].

Neben der Staatsbibliothek zu Berlin, dreier Universitäts- und zahlloser institutioneller Bibliotheken (siehe den Kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg unter https://www.kobv.de/) bildet v. a. das Zentrum für Berlin-Studien (ZFB) der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB), derzeit am Standort der Berliner Stadtbibliothek, Breite Straße 30-36 in Berlin-Mitte, den zentralen Anlaufpunkt in allen Fragen der Berliner Geschichte.

Die wichtigsten Sachzeugnisse zur Berliner Stadtgeschichte verwahrt neben den Staatlichen Museen zu Berlin und dem Deutschen Historischen Museum (DHM), die Stiftung Stadtmuseum Berlin in ihren Depots in Berlin-Spandau, im Märkischen Museum sowie der Grafischen Sammlung in Berlin-Mitte.

Stridbeck, Johann: Die Stadt Berlin im Jahre 1690/gez. von Johann Stridbeck dem Jüngeren, Stuttgart 1981 (Faksimile-Ausgabe der in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrten Originale, Sign.: Ms. Boruss. quart. 9). – Ernst, Gernot, Laur-Ernst, Ute: Die Stadt Berlin in der Druckgrafik 1570–1870, Bd.1: Künstlerlexikon, Bd. 2: Stadtbildlexikon, Berlin 22010. – Für die Jahre 1688–1713 siehe das Verzeichnis bei Elsner, Ines: Friedrich III./I. von Brandenburg-Preußen (1688–1713) und die Berliner Residenzlandschaft, Studien zu einem frühneuzeitlichen Hof auf Reisen. Ein Residenzhandbuch, Berlin 2012, S. 266–274.

Schulz, Günther, Matschenz, Andreas: Stadtpläne von Berlin 1652 bis 1920. Tafelband, Berlin 2002 (Schriftenreihe des LAB, 4).

(8) Die Hofordnung von 1470 und die Verwaltung am Berliner Hof zur Zeit Kurfürst Albrechts im historischen Zusammenhange behandelt, hg. von Gerhard Schapper, Leipzig 1912 (Veröffentlichungen des Vereins für die Geschichte der Mark Brandenburg, 14). – Escher, Felix: Berlin und sein Umland. Zur Genese der Berliner Stadtlandschaft bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, Berlin 1985 (Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, 47). – Schich, Winfried: Das mittelalterliche Berlin (1237–1411) sowie Schulz, Knut: Vom Herrschaftsantritt der Hohenzollern bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges (1411/12–1618), beide in: Geschichte Berlins, Bd. 1: Von der Frühgeschichte bis zur Industrialisierung, hg. von Wolfgang Ribbe, Berlin 32002, S. 137–248 sowie 249–340. – Müller-Mertens, Eckhard: Die landesherrliche Residenz in Berlin und Kölln 1280–1486, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 36 (1988) 2, S. 138–154. – Ahrens, Karl-Heinz: Bemerkungen zur Mittelpunktsfunktion Berlins und Tangermündes im 14. und 15. Jahrhundert, in: Vorträge und Forschungen zur Residenzenfrage (Hans Patze zum 70. Geburtstag), hg. von Peter Johanek, Sigmaringen 1990 (Residenzenforschung, 1), S. 147–173. – Goeters, Cornelius C.: Chronologie der Berliner Stadtoberhäupter (1294–1990), in: Stadtoberhäupter. Biographien Berliner Bürgermeister im 19. und 20. Jahrhundert, hg. von Wolfgang Ribbe, Berlin 1992 (Berlinische Lebensbilder, Bd. 7), S. 623–669. – Beck, Lorenz: Hofpersonal und Bürgerschaft in der Residenzstadt Berlin-Cölln im 15. und 16. Jahrhundert, Beziehungen und Verflechtungen, in: Berlin in Geschichte und Gegenwart, Jahrbuch des Landesarchivs Berlin (1997) S. 7–32. – Neugebauer, Wolfgang: Die Berliner Spree-Insel im preußischen Residenzgefüge. Das 18. Jahrhundert, in: Geschichtswerkstatt Spree-Insel. Historische Topographie. Stadtarchäologie – Stadtentwicklung, hg. von Helmut Engel, Potsdam 1998 (Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin, Sonderband / Publikation der Historischen Kommission), S. 99–114. – Neugebauer, Wolfgang: Residenz – Verwaltung – Repräsentation. Das Berliner Schloss und seine historischen Funktionen vom 15. bis 20. Jahrhundert, Potsdam 1999 (Kleine Schriftenreihe der Historischen Kommission zu Berlin, 1). – Engler, Harald, Escher, Felix: Art. „Berlin“, in: Städtebuch Brandenburg und Berlin (2000), S. 579–607. – Fritze, Wolfgang Hermann, Schich, Winfried: Gründungsstadt Berlin. Die Anfänge von Berlin-Cölln als Forschungsproblem, Berlin 2000 (Kleine Schriftenreihe der Historischen Kommission zu Berlin, 5). – Schmitz, Christian: Ratsbürgerschaft und Residenz. Untersuchungen zur Berliner Ratsfamilien, Heiratskreisen und sozialen Wandlungen im 17. Jahrhundert, Berlin/New York 2002 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin, 201). – Böcker, Heidelore, Böcker Dagmar: Art. „Berlin/Cölln“, in: Höfe und Residenzen I,2 (2003), S. 50–57. – Mertens, Melanie: Berliner Barockpaläste. Die Entstehung eines Bautyps in der Zeit der ersten preußischen Könige, Berlin 2003. – Faensen, Bertram, Kennecke, Heike, Schumann, Dirk: Repräsentanz der Berliner Bürgerschaft. Das alte Rathaus in Berlin-Mitte, in: Archäologie in Berlin und Brandenburg 2010, S. 173–174. – Demps, Laurenz: Prälatenhäuser, Burglehen und Freihäuser, in: Berlin in Geschichte und Gegenwart, Jahrbuch des Landesarchivs Berlin, Berlin 2012, S. 7–32. – Elsner, Ines: Friedrich III./I. von Brandenburg-Preußen (1688–1713) und die Berliner Residenzlandschaft, Studien zu einem frühneuzeitlichen Hof auf Reisen. Ein Residenzhandbuch, Berlin 2012. – Beyer, Achim: Die kurbrandenburgische Residenzenlandschaft im »langen 16. Jahrhundert«, Berlin 2014. – Michas, Uwe: Befestigungsanlagen zwischen Havel und Oder in Hoch- und Spätmittelalter, Rahden 2016, S. 93 (Burg und Landwehrgraben C.), S. 95 f. (Alter Hof, Hohes Haus).

Ines Elsner