Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Potsdam

Potsdam

(1) P. entstand auf einer Insel im Havelbogen des südöstlichen Havellandes nahe der Nuthemündung. Zuerst erwähnt wurde der Name (poztupimi) in einer (eventuell gefälschten) Urkunde König Ottos III. von 993 mit Bezug auf eine Insel unbekannter Lage. Die Herrschaftsverhältnisse wechselten zunächst rasch, ab 1200 wurde das Gebiet in den askanischen Herrschaftsbereich einbezogen. 1323 erstmals als Oppidum erwähnt, war P. zu dieser Zeit wohl wenig mehr als ein Marktflecken. Bis 1345 lösten sich Rat und Bürgerschaft aus der Dienstpflichtigkeit der Burgherrschaft heraus. 1349 scheint die Stadt in räumlicher und rechtlicher Hinsicht von einem Kietz geschieden zu sein, dessen Bewohner der landesherrlichen Burg, später dem Amt unterstanden. Über den Amtmann, aber auch über den Schulzen blieb die landesherrliche Gewalt in der Stadt stets präsent.

Im späten Mittelalter wurden Stadt, Burg und Amt (allerdings ohne die beim Fürsten verbleibende Jagd) mehrmals verpfändet, so um 1400 an die Familie Rochow, im 16. Jahrhundert an Mitglieder der Familien Köckeritz und Hake zu Berg. 1598 verschrieb Kurfürst Joachim Friedrich seiner Ehefrau Katharina von Brandenburg-Küstrin P. als Wittum, 1606 als Sicherheit seinem Oberschenken Wolf Dietrich von Hake gegen eine Summe von 14.000 Talern. Unter der Familie Hake wurde das Schloss im Dreißigjährigen Krieg als Lager und Schafstall genutzt.

Kfs. Friedrich Wilhelm löste P. 1660 aus dem Pfandbesitz aus und baute es zur Nebenresidenz aus, in der auch Amtsgeschäfte erledigt wurden (1685 Edikt von P.). Unter den Kg.en Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. wurde Potsdam dann zur eigentlichen Regierungszentrale. Während die zentralen Verwaltungsbehörden und Rechtsinstanzen für Gesamtstaat und Kurmark ihren Sitz in Berlin behielten, nahm das königliche Geheime Kabinett seit etwa 1730 seinen Sitz im P.er Schloss.

(2) Erste Siedlungsspuren der slawischen Heveller im Gebiet des späteren P.s reichen bis ins 7. oder 8. Jahrhundert zurück. Nach dem deutschrechtlichen Landesausbau bestanden die direkt benachbarten slawischen und deutschen Siedlungen fort, die slawische Siedlung wurde jedoch um 1300 aufgegeben. 1317 ist eine erste, in der Folge nicht kontinuierlich bestehende Havelbrücke nachgewiesen. Für Handel und Verkehr wurde die Nähe zur Doppelstadt Berlin-Cölln immer wichtiger.

Bei der Burganlage ließen sich Krieger, Handwerker und Fischer nieder. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts bildeten sich Zünfte heraus. Stark geprägt blieb das soziale Gefüge der Stadt durch Fischerei und Landwirtschaft. Ein städtisches Register aus der Zeit um 1660 nennt 198 Wohnstätten, die rund 1000 Einwohnern Unterkunft geboten haben sollen, tatsächlich aber wurden aufgrund des Dreißigjährigen Krieges allerdings nur noch 50 Hausstätten bewohnt, vor allem von den Bediensteten und Handwerkern des Landesherren.

Stark änderte sich die Bevölkerungsstruktur erst, als König Friedrich Wilhelm I. (reg. 1713–1740) begann, Militär in P. einzuquartieren. Bereits bei Regierungsantritt wurden in P. mit 200 Häusern (bzw. 1000–1500 Einwohnern) 500 Soldaten untergebracht. Für die Unterbringung der Soldaten wurde alsbald mit dem Hausbau nach einem festgelegten Grundriss (je eine Stube für vier Soldaten) begonnen, hinzu kamen schlichte Häuser für Soldatenfamilien. Häuser mussten aufgestockt, die Stadt schrittweise um neue Viertel erweitert werden (1722–25; 1733), allerdings nicht nach den typischen Maßgaben für eine barocke Planstadt. Die ambitionierteste dieser Erweiterungen war das Holländische Viertel (1734–1742), in dem auch ein Wohnsitz des Kommandanten des kgl.en Leibregiments vorgesehen war. Die Straße »Am Kanal« entwickelte sich bald zum vornehmsten Stadtteil, der von den Stadtpalais wohlhabender Kaufleute und Offiziere geprägt wurde, denen die Kabinettssekretäre folgten, die Spitzenbeamten des Geheimen Kabinetts. Zudem wurde eine Stadtschule gebaut (1739) und die mittelmärkischen Stände ließen ein auffallend repräsentatives Gebäude errichten, das die Rolle P.s als Zentrum der kommunalen Stände unterstrich. Bis 1720 entstand eine geschlossene hugenottische Siedlung mit 50 Häusern, die 1731 durch kgl.es Privileg rechtlich aus der Stadtgemeinde herausgelöst wurde, eine eigene Gerichtsbarkeit, eigene Prediger und Schulmeister sowie besondere wirtschaftliche Konditionen erhielt. Die Einwohnerzahl stieg drastisch auf rund 5500 (1730) und weiter auf 11.000 (1740). Hinzu kam die Garnison mit anfänglich 2000, 1738 4000 Mann. 1793 lagen über 5500 Soldaten in P., davon nur eine Minderheit in Kasernen, die meisten in Privathaushalten (90 % aller Häuser). Um 1800 war P. auf ca. 18.000 Einwohner angewachsen.

P., das dem magdeburgischen Stadtrechtskreis zuzurechnen ist, erlangte 1345 vom Landesherrn das (bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts wiederholt gebrochene) Privileg, nicht mehr verpfändet zu werden. Burggraf Friedrich VI. von Nürnberg bestätigte anlässlich der Huldigung 1412 die Privilegien, u. a. den lukrativen Brückenzoll. Das Jahrmarktrecht wird 1424 erwähnt. Zwistigkeiten zwischen Rat und Bürgerschaft nutzte der Landesherr 1467, um die Stadtverfassung zu seinen Gunsten zu stärken. Der landesherrliche Amtmann sollte hinfort bei der (finanziellen) Rechenschaftslegung des Rats zugegen sein und die Bürgerschaft verlor das Recht, Beisitzer für die Ratsversammlungen zu benennen. Im 16. Jahrhundert büßte der Rat zudem die Gewalt über die Stadtschlüssel sowie den Brückenzugang ein. 1572 folgte der Verlust der Aufsicht über die Haushaltsführung. Zwar gelang es dem Rat bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts , dem landesherrlichen Schulzengericht nach und nach die Gerichtsherrschaft abzukaufen, Autonomieansprüche konnten darauf aber nicht mehr gegründet werden.

Im 18. Jahrhundert zog die Bürgerschaft aus der Symbiose mit dem Hof Vorteile: So wurde ihr 1741 die Kantonsfreiheit (Freiheit vom Militärdienst) verliehen. 1750 wurde die städtische Gerichtsbarkeit wieder dem Magistrat übertragen genauso wie die Polizeigewalt über die Zivilbevölkerung. Weiterhin unterstand der Rat jedoch der Aufsicht des Stadtkommandanten. 1795/96 wurde die Ratsverfassung reformiert, die Stadtverwaltung mit einem Stadtdirektor an der Spitze nun in ein Justiz- und ein Kameraldepartement unterteilt.

Das Gewerbeleben war eng mit Hof und Militär verwoben. Die größte Manufaktur war die Gewehrfabrik von Splitgerber und Daum (1769 rund 800 Arbeitskräfte). Qualifizierte Fachkräfte wurden im katholischen Hochstift Lüttich angeworben. Daneben bestanden zahlreiche Textilbetriebe (1769 1000 Beschäftigte in 14 Manufakturen), die sich überwiegend in der Hand jüdischer Unternehmer aus Berlin und P. befanden. Nach dem Siebenjährigen Krieg erlebten sie einen Niedergang. Ein negativer Faktor blieb der schwache Arbeitsmarkt, man musste auf Kinder und Soldaten zurückgreifen. Die Seidenverarbeitung fand ebenfalls in P. ein Zentrum, wo Ephraim & Gumpertz 1743 eine »Brabantische Kantenklöppelei und Broderiefabrik« errichteten (namentlich Waisenkinder heranziehend). Unter König Friedrich II. diversifizierte sich die städtische Wirtschaft weiter; zunehmend entstanden kleinere, Waren des höfischen Bedarfs herstellende Betriebe.

(3) Älteste Kirche ist die am Marktplatz gelegene Nikolaikirche, nachgewiesen seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts . Eine starke Stiftungstätigkeit des Rates ist nach 1450 zu konstatieren, als Umgangsprozessionen, tägliche Messen, ein neuer Kreuzesaltar und eine neue Kaplanstelle gestiftet wurden. Unter dem Patronat des Rats entstand eine Schutz- bzw. Schützengilde. Ebenfalls karitativen Zwecken verschrieb sich eine Elendsbruderschaft. Das Hospital St. Gertraud war eine bürgerliche Stiftung (1486), die landesherrlich gefördert wurde. Durch den Stadtbrand 1536 wurde es schwer beschädigt, die Ruine der Hospitalkirche Mitte des 16. Jahrhunderts abgetragen. In der Reformation ging das Hospital in städtischen Besitz über.

Ein erster lutherischer Pfarrer wurde wohl 1537 berufen. Amt, Schloss und Kietz wurden im Laufe der vom Kurfürsten durchgesetzten Reformation (1539/40) an einen Freund Luthers (Kaspar von Köckeritz) verpfändet, der sich jedoch über den Abbruch der Wälle erst mit dem Rat, dann mit dem Kurfürsten zerstritt.

Seit dem späten 17. Jahrhundert sorgten die Residenzbildung und die Truppeneinquartierungen für eine konfessionelle Mischung, ohne dass es allerdings eine freie Religionsausübung gegeben hätte. Im Waisenhaus fanden ungarisch-reformierte Gottesdienste genauso statt wie griechisch-uniierte (mit einem kroatischen Mönch). Die Moskowiter, die Peter d. Gr. 1716 dem preußischen König geschenkt hatte, wurden durch einen Popen kuriert (eigene Kirchengebäude hinter dem Langen Stall). Zudem gab es Gottesdiensträume für die Herrnhuter Gemeinde, für 22 muslimische Türken – ein Geschenk des Hzg.s von Kurland – sowie für Juden. Die katholischen Arbeiter der Gewehrfabrik erhielten 1731/38 eine Kirche.

Kg. Friedrich Wilhelm I. förderte vor allem den Bau repräsentativer Kirchen für die Lutheraner und Reformierten, die die Stadtsilhouette entscheidend prägten. Bei Regierungsantritt gab es neben der reformierten Hofkapelle nur die Stadtkirche St. Nikolai. Sie musste 1721–1724 einem Neubau weichen. Weitere Neubauten mit markanten Türmen waren die Heiliggeistkirche (1726–1728) und die Garnisonskirche (1730–1735), beide als lutherisch/reformierte Simultankirche errichtet, letztere als Hofkirche für König und Soldaten. Die frei gewordene Schlosskapelle wurde von der französisch-reformierten Gemeinde genutzt, die erst 1752/53 einen eigenen Kirchenbau erhielt.

(4) Grabungen an der Stelle des Stadtschlosses förderten Reste zutage, die als Hinweise auf eine Wasserburg mit Turmhügel aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts gedeutet werden. Kurfürst Joachim I. ließ an gleicher Stelle um 1528 ein festes Haus, das als Jagdschloss genutzt wurde, errichten und hielt sich als erster Kurfürst öfters in P. auf. 1598 musste es einem Neubau weichen, als das Amt P. Kfs.in Katharina als Witwensitz übergeben wurde.

Ab Ende der 1650er Jahre ließ Kurfürst Friedrich Wilhelm durch seine Amtsträger in der Gegend um P. mehrere verschuldete Adelsgüter aufkaufen, die schließlich zur Herrschaft P. zusammengefasst wurden. In der Folge bildete P. stärker als die Hauptresidenz Berlin-Cölln den Schauplatz der baulichen Anstrengungen des Kurfürsten So entstand ab 1660 an Stelle des bisherigen Schlosses ein an niederländischen Vorbildern orientierender Neubau. Ab 1671 weilte Friedrich Wilhelm regelmäßig in P. Nach seinem Tod 1688 gingen Schloss und Amt P. in den Besitz der Kfs.enwitwe Dorothea von Holstein über. Kfs./Kg. Friedrich III./I. nahm sich nach ihrem Tod 1689 des Schlosses an. Teilweise wurde die Außenhülle des Schlosses im Stil des französischen Barocks überformt. König Friedrich II. nutzte das Stadtschloss als Winterwohnung, sorgte aber für dessen »Monumentalisierung« (Hahn 2003, 58). Bei Abwesenheit des Kg.s war das Schloss nach Meldung beim Kastellan zu besichtigen.

Mehr und mehr wurde das Stadtbild von der Residenz geprägt. Das 1695 errichtete Fortuna-Portal blickte auf den Marktplatz, auf dem Platz wurde 1703 das vergoldete Gipsmodell eines Reiterstandbilds des Großen Kurfürsten aufgestellt. Unter Friedrich Wilhelm I. kamen neben Kirchen vor allem militärische Einrichtungen hinzu. So entstanden 1720 bis 1722 neben dem neuen Rathaus die Gewehrfabrik und ein erstes Militärwaisenhaus für 179 Zöglinge. Nach dem Siebenjährigen Krieg wurde mit dem Großen Militärwaisenhaus 1771–1777 der größte bauliche Komplex P.s errichtet, der mehrere tausend Kinder aufnahm.

Einen weiteren Schub erfuhr der Ausbau unter König Friedrich II. durch den Amateur-Architekten und Surintendanten der kgl.en Schlösser Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff und Graf Francesco Algarotti, ein Vermittler des Neopalladianismus. Sie verwirklichten die Italien-Träume des Kg.s, der nie in Italien gewesen war. Den wohl sichtbarsten Ausdruck fand die Umgestaltung der Stadt am Alten Mark. Die Nikolaikirche erhielt eine Schaufassade, die sich an der Kirche Santa Maria Maggiore in Rom anlehnte. Das Rathaus wurde 1753–1755 neu gebaut, einen Entwurf Palladios für den Palazzo Angarano in Vicenza umdeutend. Ein parallel dazu errichteter, mit schlesischem Marmor verkleideter Obelisk markierte das Zentrum des Platzes. Die südöstliche Flanke des Alten Markts schloss ein Palast nach dem Vorbild des Palazzo Barberini in Rom.

Im näheren Umkreis des Schlosses wurden bestehende Wohnbauten niedergelegt, Grundstücke zusammengefasst und großzügige Neubauten hochgezogen. Die Fassaden dieser ›Bürgerpalais‹ orientierten sich an Adelspalais und Bauwerken verschiedener europäischer Metropolen. Nach der Art von Triumphbögen wurden die Stadttore prunkvoll umgestaltet, namentlich das Brandenburger und das Berliner Tor, aber auch das neogotisch gestaltete Nauener Tor. Zudem entstanden mehrere Kasernen. Friedrich Wilhelm II. führte den Stadtausbau seines Vorgängers in bescheideneren Maßen fort: Es folgten Kutschstall 1787–1789, Schauspielhaus 1791 und Hauptwache 1795.

Mit dem Ausbau zur Nebenresidenz wurde P. Gegenstand kartographischer Aufnahmen und bildlicher Darstellungen. Im kfl.en Auftrag fertigte Samuel von Suchodoletz 1679–1685 einen 45 Blatt umfassenden Grundriss der Herrschaft P. an (GStA PK, XI. HA Karten, Atlas 221). Die Stadterweiterungen des 18. Jahrhunderts zeigt ein hierauf aufbauender Plan von Georg Friedrich Frentzel um 1800 (Potsdam-Museum, 80/438 K 2a).

Neben mehreren Darstellungen des bis 1669 errichteten Schlosses (Johann Gregor Memhardt, Johann Gottfried Bartsch 1672, Samuel Blesendorf 1695, Pieter Schenk 1702, Johann David Schleuns ca. 1750–1755, Entwürfe Jean Bodts für das Fortuna-Portal, eigenhändige Skizzen Friedrichs II. [seit Zweitem Weltkrieg verschollen]) und Entwürfen für P.er Palais (Sammlung Schloss Fasanerie, Hessische Hausstiftung) sind Gemälde der Stadtumbauten des 18. Jahrhunderts zu nennen. Vornehmlich den Alten Mark zeigt Johann Friedrich Meyer 1771/72. Veduten wurden 1733 von Georg Paul Busch angefertigt. Zwischen 1779 und 1781 schuf der Architekt Andreas Ludwig Krüger eine Serie von Kupferstichen P.er Gebäude.

(5) Der Ausbau der Verbindung nach Berlin (Brückenbau bei Klein Glienicke) sorgte für eine bessere Einbindung in die landesherrliche Residenzlandschaft, in die nun zunehmend auch das P.er Umland integriert wurde. Ab 1662 wurde das Gut Caputh, das auf dem Wasserweg erreichbar war, ausgebaut, in späteren Jahren Herzogin Dorothea von Holstein, der zweiten Gemahlin des Kurfürsten, übergeben. Ab 1664 entstand in Bornim ein Gut mit Nutz- und Ziergärten, später ergänzt durch ein Lusthaus (1674) mit Wasserspielen, sowie dem künstlich angelegten Tiroler Graben, der das Gut mit der Havel verband. Zwischen 1682 und 1684 wurde in Glienicke ein Jagdschloss mit Gärten errichtet, ein weiteres Jagd- oder Lusthaus befand sich in Fahrland. Noch durch Kfs./Kg. Friedrich III./I. genutzt, verloren diese Lusthäuser unter König Friedrich Wilhelm I. ihre Funktion. Stattdessen wurde 1725–1729 die südöstlich P.s gelegene Bauernheide in ein Jagdrevier umgewandelt und das programmatisch bescheidene Jagdhaus Stern errichtet. Das Glienicker Jagdschloss wurde in ein Lazarett und Quarantänehaus umgewandelt.

Unter König Friedrich II. entstand zwischen 1744 und 1749 mit Schloss und Gärten Sanssouci (eigentlich SANS, SOUCI.) ein neuer, vom König weitgehend selbst konzipierter Komplex unweit P.s, wobei zunächst die möglichst repräsentative Ausgestaltung des Gartens auch mit architektonischen Elementen im Vordergrund stand. Eine Bockswindmühle hinter dem Schloss unterstrich dessen ländlichen Charakter. Erst nach dem Siebenjährigen Krieg erhielt die Anlage mit dem Neuen Palais ein prunkvolles, geräumiges Schloss mit Ehrenhof. Außerdem wurde nun die Bildergalerie vollendet, in der Nähe des Weinbergschlosses ein Lord-Marschall-Haus (1766) errichtet, die Gartenanlagen um ein Drachenhaus in chinesischem Stil und ein Belvedere erweitert (bis 1772), bis mit der Fertigstellung der Neuen Kammern 1774 ein vorläufiger Schlusspunkt gesetzt wurde.

Kg. Friedrich Wilhelm II. widmete sich einem eigenen Schlossbauprojekt, dem Marmorpalais, das von einem Landschaftspark, dem Neuen Garten, umgeben wurde. Zudem nahm er die Gestaltung der Pfaueninsel, auf die er vom Marmorpalais aus blicken konnte, in Angriff. 1794 entstand dort ein kleines Schlösschen.

(6) Es waren eher landschaftlich-topographische Vorzüge und reiche Wildbestände, welche die Geschicke P.s als Residenzstadt bestimmten. Überregional wichtige Handelswege gab es nicht. Vor allem war der Aufstieg P.s zu einer Residenzstadt von europäischem Rang der Entwicklung des nahe gelegenen Berlins zu verdanken. Sie führte zu einer Verdichtung des landesherrlichen Besitzes im Berliner Umland, von welcher auch P. im späten 17. Jahrhundert erfasst wurde. Starke, eigenständige kommunale Einrichtungen bildete P. bis 1800 nicht aus, die Stadt war in einem hohen Maße dem Zugriff landesherrlicher Beamter ausgesetzt. Jedoch erhielt die Stadt auf diese Weise Entwicklungsmöglichkeiten, die ihr aus sich heraus nicht offen gestanden hätten. Die Bürgerschaft litt unter der starken Belastung durch die Einquartierung des Militärs und die relative Fragilität der von den Landesherren initiierten, auf Hof und Militär zugeschnittenen Wirtschaft. Langfristig überwogen für P. die positiven Seiten der Symbiose von Stadt und Hof; ohne sie wäre der spätmittelalterliche Marktflecken im 20. Jahrhundert weder Sitz einer DDR-Bezirksverwaltung noch Hauptstadt eines Bundeslandes geworden.

(7) Archivalische Quellen befinden sich im Stadtarchiv Potsdam, im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, im Brandenburgischen Landeshauptarchiv, im Archiv und den Graphischen Sammlungen der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. – Zeitgenössische Beschreibungen: Krüger, Andreas Ludwig: Abbildungen der schönsten Gegenden und Gebäude sowohl in als ausserhalb Potsdams, Potsdam 1779, Faksimileabdruck, hg. von Hans-Joachim Giersberg, Potsdam 1979. – Nicolai, Friedrich: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam aller daselbst befindlichen Merkwürdigkeiten, Berlin 1769 [3., auf 3 Bde. erw. Aufl. 1786]. – Manger, Heinrich Ludwig: Baugeschichte von Potsdam, besonders unter der Regierung König Friedrichs II., 3 Bde., Berlin/Stettin 1789/90. – Oesterreich, Matthias: Beschreibung aller Gemälde, Antiquitäten, und anderer kostbarer Sachen, so in beyden Schlößern Sans-Souci, wie auch in dem Schloße zu Potsdam und Charlottenburg enthalten sind, Berlin 1773. – Urkunden und Aktenstücke zur Stadtgeschichte: Sello, Georg: Potsdam und Sans-Souci, Breslau 1888.

Hoeftmann, Inge, Noack, Waltraud: Potsdam in alten und neuen Reisebeschreibungen, Düsseldorf 1992. – Inventar zum Militär: Militär und Gesellschaft in Preußen. Quellen zur Militärsozialisation 1713–1806, 6 Bde., hg. von Jürgen Kloosterhuis, Bernhard R. Kroener, Klaus Neitmann und Ralf Pröve, Frankfurt a. M. 2014 und Berlin 2015.

(8) Für die ältere Literatur siehe: Potsdam-Bibliographie. Auswahlbibliographie auf der Grundlage des Bestandes der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam, Potsdam 1993. – Mielke, Friedrich: Das Bürgerhaus in Potsdam, 2 Bde., Tübingen 1972. – Drescher, Horst, Kroll, Renate: Potsdam. Ansichten aus drei Jahrhunderten. Bestandskatalog des Kupferstichkabinetts und der Sammlung der Zeichnungen der Staatlichen Museen zu Berlin – Hauptstadt der DDR, Weimar 1981. – Neugebauer, Wolfgang: Das preußische Kabinett in Potsdam. Eine verfassungsgeschichtliche Studie zur fürstlichen Zentralsphäre in der Zeit des Absolutismus, in: Jahrbuch für Brandenburgische Landesgeschichte 44 (1993) S. 69–115. – Kroener, Bernhard R.: Potsdam. Staat, Armee, Residenz in der preußisch-deutschen Militärgeschichte, Frankfurt a. M./Berlin 1993. – Hahn, Peter-Michael, Hübener, Kristian, Schoeps, Julius H.: Potsdam. Märkische Kleinstadt – europäische Residenz. Reminiszenzen einer eintausendjährigen Geschichte, Berlin 1995 (Potsdamer Historische Studien, 1). – Hahn, Peter-Michael: Geschichte Potsdams, München 2003. – Bamberg, Ludwig: Die Potsdamer Garnisonkirche. Baugeschichte – Ausstattung – Bedeutung, Berlin 2006. – Berndt, Iris: Märkische Ansichten. Die Provinz Brandenburg im Bild der Druckgraphik 1550–1850, Berlin 2007. – Beckert, Lutz: Jüdische »Entrepreneurs«. Potsdamer Manufakturen im 18. Jahrhundert, in: Jüdisches Brandenburg. Geschichte und Gegenwart. Im Auftrag des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien, hg. von Irene A. Diekmann, Berlin 2008, S. 422–449. – Udo Geiseler: Nähe und Ferne. Frühneuzeitliche Beziehungen zwischen dem Havelland und der Residenzlandschaft Berlin-Potsdam, in: Brandenburg und seine Landschaften. Zentrum und Region vom Spätmittelalter bis 1800, hg. von Lorenz Friedrich Beck und Frank Göse, Berlin 2009 (Schriften der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg, NF 1), S. 109–129. – Kamp, Silke: Die verspätete Kolonie. Hugenotten in Potsdam 1685–1809, Berlin 2011 (Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, 42). – Kirschstein, Jörg: Das Potsdamer Stadtschloss. Vom Fürstensitz zum Landtagsschloss, Berlin 2014.

Mathis Leibetseder