Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Beeskow

Beeskow

(1) B. entstand an einem Übergang über die Spreeniederung, an dem sich Handelsstraßen von Leipzig nach Frankfurt (Oder) und von Cottbus über Fürstenwalde an die pommersche Ostseeküste kreuzten. 1272 zuerst urkundlich erwähnt, befand sich B. zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitz der Familie von Strehla (Strele), die wohl seit dem frühen 13. Jahrhundert in der nördlichen Niederlausitz ansässig war. Möglicherweise auf ihre Initiative war B. gegründet worden. Seit dem dritten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts war die Stadt vorübergehend in der Hand der Askanier, der brandenburgischen Wittelsbacher und kurzzeitig auch der Wettiner, bis 1349 wieder ein Herr von Strehla als Stadtherr erscheint. Stadt und Herrschaft B., zumeist mit der benachbarten Herrschaft Storkow verbunden, blieben bis 1377 im Besitz der von Strehla und der mit ihnen verwandten von Torgau und wurden dann an die Familie von Biberstein verkauft. Die Herrschaft der Biberstein gestaltete sich im Spannungsfeld zwischen Böhmen, Brandenburg und Kursachsen im gesamten 15. Jahrhundert schwierig, so dass Johann von Biberstein 1477 die Anwartschaft auf seine Herrschaften den sächsischen Wettinern veräußerte. Diese stießen jedoch nach Herrschaftsantritt 1490 auf den Widerstand der böhmischen Krone und Erbansprüche der anderen Linien der Bibersteiner, was schließlich 1511 zur Rückgabe an Böhmen führte. 1512 wurden die von Biberstein zu Friedland als Herren zu B. und Storkow eingesetzt, jedoch verpfändeten sie beide Herrschaften bereits 1518 an den Bischof von Lebus. Mit dem gesamten Bistum gelangten sie 1555 in die Hand des Kurprinzen Johann Georg von Brandenburg, der sie 1556 wiederum als Pfand an seinen Onkel, den in Küstrin residierenden Markgrafen Johann († 1571), weitergab. Nach dessen Tod konnte Johann Georg 1575 die erbliche Belehnung durch Kaiser Maximilian II. erlangen. Die Herrschaften B. und Storkow blieben in der Folge mit Kurbrandenburg verbunden.

Beide Herrschaften erscheinen seit dem 14. Jahrhundert als Teil des Mkgfm.s Niederlausitz. Ihr Besitzer war im 16. Jahrhundert Mitglied der Herrenkurie des Niederlausitzer Landtags. Allerdings zogen sich die Brandenburger in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts immer mehr aus den Organen der Niederlausitzer Stände zurück und gliederten die Herrschaften allmählich Kurbrandenburg ein. Die böhmische Lehnshoheit blieb bis ins 18. Jahrhundert bestehen.

Die 1316 erstmals erwähnte Burg B. war unter den Strehla offenbar der vorherrschende Aufenthaltsort der Herren. Unter den Biberstein wurde allerdings Sorau bevorzugt, soweit beide Herrschaften in einer Hand waren. In B. verblieb ein Hauptmann, der oft dem einheimischen Adel entstammte.

(2) Die planmäßig angelegte, fast rechteckige Stadt mit regelmäßigem Straßennetz entstand spätestens in der Mitte des 13. Jahrhunderts unmittelbar nordwestlich der Burg am linken Spreeufer. 1272 wird sie als civitas erwähnt. Die Fürstenwalder Vorstadt nördlich der Stadt geht auf das 1326 erworbene Dorf Adriansdorf zurück. Der 1425 erwähnte südöstlich auf der Spreeinsel gegenüber der Burg gelegene Kietz zählte nicht zur Stadt, sondern zum Amt. 1559 existierten 232 Brau- und Bürgerhäuser und 47 Buden in der Stadt sowie 47 Häuser in den Vorstädten.

B. hatte das Magdeburger Stadtrecht übernommen und holte bis ins 16. Jahrhundert Schöffensprüche aus Magdeburg oder Luckau ein. An der Spitze des Gemeinwesens stand 1272 ein Präfekt; 1284 werden Ratsherren genannt. 1321 erscheint ein Schultheiß als städtischer Amtsträger. Im Spätmittelalter existierten ein acht-, später auch zwölfköpfiger Rat, an dessen Spitze ein Bürgermeister stand, sowie ein Schöffenkollegium mit einem Richter, der vom Stadtherrn belehnt wurde. Um 1500 beanspruchte auch der Rat das peinliche Strafgericht und wehrte sich gegen Versuche, Bürger auf der Burg vor das herrschaftliche Gericht zu stellen.

Die städtische Führungsschicht bildeten die Mitglieder der Gewandschneiderinnung, für die bereits 1283 eine Satzung erlassen wurde. 1284 und 1285 folgten Ordnungen für die Innungen der Kürschner, Bäcker und Schuhmacher, in der Mitte des 14. Jahrhunderts auch für Tuchmacher und Fleischhauer. Als um die Wende zum 15. Jahrhundert die Satzungen der Innungen erneuert wurden, erhielten auch Schneider und Leineweber ein Statut. Die Böttcherinnung wurde 1561 genehmigt. Ein Markt erscheint bereits 1283.

(3) Geistliches Zentrum war die Pfarrkirche St. Marien, ein Pfarrer erscheint erstmals 1272. Das Patronatsrecht über die Pfarrkirche lag zunächst bei der Familie Strehla. Eine 1273 vorgenommene Übertragung an den Deutschen Orden wurde offenbar nicht wirksam. 1334 übergab Herzog Rudolf von Sachsen, der damalige Herr von B., dasselbe Recht an das Zisterzienserkloster Neuzelle, dem es der Bischof von Meißen kurz darauf inkorporierte. Die Pfarrkirche bildete seither mit dem Hospital zu B., das sich seit 1278 im Besitz Neuzelles befand, eine Einheit, an deren Spitze ein Propst stand, der von Abt eingesetzt wurde und die Aufgaben des Pfarrers und Hospitalsgeistlichen wahrnahm.

Das Hospital mit dem Patrozinium St. Nikolai, das auch als Heilig-Geist-Hospital bezeichnet wurde, war ursprünglich im Besitz des Klosters Dobrilugk gewesen. 1272 war es ebenfalls dem Deutschen Orden übertragen worden, was offenbar ebenso wirkungslos blieb wie die Schenkung der Pfarrkirche. Das Hospital, das sich außerhalb B.s vor dem Fürstenwalder Tor befand, wurde 1602 an einen neuen Standort vor dem Luckauer Tor verlegt. Ebenfalls außerhalb der Mauern befanden sich die 1476 erwähnte Heilig-Kreuz-Kapelle der Elendenbruderschaft sowie die 1418 genannte Georgskapelle, die wohl mit der 1370/72 bezeugten Burgkapelle identisch ist.

Im Spätmittelalter war B. einer der 13 Erzpriestersitze des Archidiakonats Lausitz im Bistum Meißen, doch scheinen die Erzpriester nicht durchgängig in B. ansässig gewesen zu sein. Zeitweilig war das Amt mit dem des Propstes verbunden.

Vom Eindringen der Reformation zeugt die 1531 dem Rat erteilte Erlaubnis des Stadtherrn, Bischof Georgs von Lebus, die Stundengebete in der Pfarrkirche für drei Jahre auszusetzen. Die ersten lutherischen Prediger wurden 1540 durch den zur Reformation übergetretenen Offizial der Lausitz, Erasmus Günther, wohl auf Betreiben des Rats in ihr Amt eingeführt.

(4) Ein Rat- und Kaufhaus (theatrum) wird erstmals 1283 erwähnt. Das am Markt gelegene Gebäude wurde 1512 bei einem Stadtbrand zerstört und 1571 durch einen Neubau ersetzt. Die Stadt war von einem geschlossenen Mauerring umgeben, der von drei Toren an den Ausfallstraßen (Fürstenwalder Tor, Frankfurter oder Burgtor und Luckauer Tor) durchbrochen wurde und zu großen Teilen mit spätmittelalterlicher Bausubstanz erhalten ist.

Der herrschaftliche Bereich konzentrierte sich auf die Burg auf der Spreeinsel östlich der Stadt, die 1316 erstmals erwähnt wurde. Die kastellartige Anlage mit Palas und Bergfried entstand im 14. Jahrhundert unter den Strehla. Nachdem im 15. und frühen 16. Jahrhundert über weite Strecken kein Herr mehr in B. residiert hatte, erfolgten wohl erst unter den Bf.en von Lebus größere Reparaturen.

Beherrschendes Gebäude der Stadt war die Pfarrkirche St. Marien, deren heutiger Bau um 1400 bis 1511 entstand. Im Chorbereich eines Vorgängerbaus befand sich eine vielleicht in die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts zu datierende aufwendige Grabanlage, in der möglicherweise ein Mitglied der Familie von Strehla bestattet worden war. 1367 statteten Botho von Torgau, Herr zu B., und seine Verwandten Reinhard von Strehla und Dietrich von Torgau den Marienaltar in der Stadtkirche mit einer umfangreichen Stiftung aus. Vermutlich ebenfalls eine Stiftung der Strehla war der 1373 erwähnte Altar der 10.000 Ritter, 11.000 Jungfrauen und des Hl. Ewald, dessen Patronat 1388 von den Biberstein an den B.er Rat übertragen wurde. Seit Ende des 14. Jahrhunderts sind keine Stiftungen seitens der Stadtherren mehr bezeugt.

(5) Die Stadt fungierte vor allem als regionales Zentrum der Herrschaften B. und Storkow im nördlichen Bereich des Mkgfm.s Niederlausitz, besaß aber auch im Fernhandel einige Bedeutung, wie die Erwähnung des Tuchhandels bereits 1283 nahelegt. Ein Jahrmarkt ist im 14. Jahrhundert bezeugt. 1347 erlaubte Markgraf Ludwig von Brandenburg der Stadt, diesen abzuschaffen, wenn es ihn nicht von alters her gegeben habe. Dies scheint der Fall gewesen zu sein, da er 1368 durch Botho und Dietrich von Torgau sowie Reinhard von Strehla auf den Sonntag nach Margareten verlegt wurde. Landwirtschaft wurde vor allem in der Fürstenwalder Vorstadt getrieben, deren Hüfner eine Sondergemeinde bildeten. Daneben besaß der Rat die Dörfer Neuendorf (bereits 1272 im Besitz der Stadt) und Schneeberg (1465 erworben) sowie den »Bürgerwald« östlich der Stadt bei Grunow und Mixdorf.

Eine Beteiligung B.s an Städtebündnissen ist nicht nachweisbar.

(6) B. wurde vermutlich von den Herren von Strehla unmittelbar neben ihrer Burg als Zentrum ihres Herrschaftsbereichs gegründet. Möglicherweise diente die Stadtkirche zeitweise als Grablege. Mit der Übernahme der Herrschaft durch die meist außerhalb der Herrschaft residierenden Biberstein lockerten sich die Verbindungen zwischen Stadt und Herrschaft, so dass die Bürgergemeinde im 15. Jahrhundert eine gewisse Autonomie entwickelte. Dies zeigte sich auch in der Errichtung des repräsentativen Neubaus der Marienkirche, die im 15. Jahrhundert als Bürgerkirche anzusprechen ist. Ein Konflikt mit der Herrschaft führte 1425 zur Unterwerfung der Stadt, was aber die langfristige Entwicklung nicht beeinträchtigte. Aufgrund der Abwesenheit der Herren entwickelte sich keine engere Verbindung zwischen Hof und Stadt, auch wenn die Amtleute auf der Burg teilweise das städtische Bürgerrecht besaßen.

(7) Die ältere archivalische Überlieferung der Stadt Beeskow bis ca. 1945 befindet sich als Depositum im Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam (Rep. 8 Stadt Beeskow). Die urkundliche Überlieferung setzt im Jahr 1272, diejenige der Amtsbücher und Akten 1321 ein. Quellen anderer Provenienz zur Geschichte bis ins 16. Jahrhundert finden sich insbesondere im Bestand der Herrschaft Beeskow-Storkow (Rep. 37 Herrschaft Beeskow-Storkow; nur Urkunden) des Brandenburgischen Landeshauptarchivs sowie im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem (I. Hauptabteilung, Geheimer Rat, Rep. 43 Herrschaften Beeskow und Storkow).

Eine um 1710 entstandene Stadtansicht von Süden, die Daniel Petzold aus Görlitz (1686–1763) zugeschrieben wird, sowie der älteste Stadtplan von 1723 werden in der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz verwahrt.

Neumann, Johann Wilhelm: Das Stadtbuch der Stadt Beeskow in der Niederlausitz im Auszuge mitgeteilt, in: Neue Mittheilungen aus dem Gebiet historisch-antiquarischer Forschungen 4,2 (1839) S. 1–21. – Riedel, Adolph Friedrich: Die Herrschaften Beeskow und Storkow, in: Codex diplomaticus Brandenburgensis, Bd. A XX (1861) S. 340–546. – Urkunden der Stadt Beeskow in Regesten (1272–1649), bearb. von Friedrich Beck, Frankfurt a. M. u. a. 2003 (Quellen, Findbücher und Inventare des Brandenburgischen Landeshauptarchivs, 13).

(8)Petersen, Carl: Die Geschichte des Kreises Beeskow-Storkow, Beeskow 1922 (ND Neuenhagen 2002). – Historisches Ortslexikon Brandenburg IX (1989) S. 11–24. – Engel, Evamaria, Kondrack, Klaus: Art. „Beeskow“, in: Städtebuch Brandenburg und Berlin (2000) S. 30–36. – Schumann, Dirk: Bauforschung an der Burg Beeskow, in: Kreiskalender Oder-Spree (2000) S. 19–24. – Scholz, Michael: Zwischen Böhmen, Brandenburg und Sachsen. Die Herrschaft Beeskow-Storkow bis zu ihrer Eingliederung in die Mark Brandenburg im 16. Jahrhundert, in: Brandenburg und seine Landschaften. Zentrum und Region vom Spätmittelalter bis 1800, hg. von Lorenz Friedrich Beck und Frank Göse, Berlin 2009 (Schriften der Landesgeschichtlichen Vereinigung für die Mark Brandenburg, N. F., 1), S. 45–68. – Bürgerstolz und Seelenheil. Geschichte, Architektur und Ausstattung der Beeskower Marienkirche, hg. von Ekkehard Krüger und Dirk Schumann, Berlin 2012 (Studien zur Backsteinarchitektur, 5).

Michael Scholz