Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Merseburg

Merseburg

(1) M. liegt am westlichen Hochufer der Saale. Der Domberg als höchste Erhebung wird von der Geisel im Süden und der Klia im Westen und Norden umflossen. Nördlich des Dombergs existierte wohl eine Furt; Brücken über die Saale lassen sich seit 1188 nachweisen. Eine von Querfurt über Lauchstädt kommende Straße lief spätestens im 12. Jahrhundert durch M. (vorher nördlich vorbei) nach Leipzig. Eine weitere Straße führte von Halle im Norden über M. nach Weißenfels bzw. Naumburg.

M. gehörte wohl seit 780 zum Besitz des Klosters Hersfeld. Noch als sächsische Herzöge begannen die Liudolfinger mit der Besitzbildung vor Ort, was zur Entstehung der Königspfalz mit Pfalzkirche St. Johannis führte. Wohl als Verwalter des Reichsguts erscheinen 932 bis 1042 Grafen von M. bzw. des Hassegaus; nicht identisch mit der Grafschaft war der Burgward M., der wohl unter König Otto I. errichtet wurde und sich westlich der Saale erstreckte. 968 gründete Kaiser Otto I. das Bistum M., das 981 aufgelöst und 1004 wieder errichtet wurde. Die M.er Pfalz behielt ihre Bedeutung bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts (bis 1302 rund 80 Königsaufenthalte, darunter etwa 25 Hoftage), seitdem ging die königliche Präsenz deutlich zurück. Die M.er Bischöfe eigneten sich die Pfalz an und residierten ab dem frühen 14. Jahrhundert bis zum Tod des letzten Bf.s, Michael Helding, 1561 dauerhaft in M. (im 13. Jahrhundert waren sie im Hochstift in Schkeuditz, Horburg und südwestlich Leipzigs in Hohenlohe anzutreffen).

Nach 1561 übernahmen die Herzöge von Sachsen (albertinische Linie) die Administration des Stifts M. bis zur Abtretung der Stadt an Preußen 1815. Bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts residierten die Administratoren kaum in M., erst mit dem späteren Kurfürsten von Sachsen, Johann Georg I. (als M.er Administrator 1603, als Kurfürst 1611–1656) änderte sich dies. Er verfügte testamentarisch die Einrichtung der Sekundogenitur Sachsen-M., die von 1657–1738 bestand und deren Vertreter M. als Hauptresidenz wählten. Danach wurde M. von den sächsischen Kurfürsten als Administratoren kaum noch aufgesucht, auch wenn 1731 die perpetuierliche Kapitulation des Hochstifts zugunsten des Kurhauses Sachsen erfolgt war.

Kirchlich gehörte M. vor 968 zum Bistum Halberstadt, seit der Bistumsgründung zum Bistum M. (mit Unterbrechung 981–1004: Bistum Halberstadt). Die Stadt M. war dem Küchenamt M. des Hochstifts zugeordnet, dem der Küchenmeister als Amtmann vorstand. Im 17. Jahrhundert war die Stadt schriftsässig, d. h., dass sie ihre Anweisungen direkt von der Stiftsregierung erhielt.

(2) Präurbane Funktionen wies M. seit dem 9., verstärkt seit dem 10. Jahrhundert auf (Benennung als Civitas zwischen 830 und 850, als Urbs Ende des 9. Jahrhunderts, Siedlung Altenburg, Anwesenheit von Juden und Kaufleute sowie Münze gegen Ende des 10. Jahrhunderts, 1004 Markt).

Stadtherrliche Rechte (1188, 1195 Marktrecht) lagen bis ins 13. Jahrhundert in kgl.er Hand, dann erst setzten sich die Bischöfe von M. durch, die zudem den Markgrafen von Meißen abwehren mussten, der 1248 das Befestigungsrecht für sich beanspruchte. 1188 wird ein bürgerlicher Hof genannt, 1237 erstmals ein Bürger. 1273 lag offenbar die Gerichtsbarkeit in der Stadt in Händen eines bfl.en Schultheißen. Der Rat wird erstmals 1289 genannt, zugleich erscheint das (erste) Stadtsiegel. Zu 1315 ist städtischer Grundbesitz belegt, gleichzeitig gab der Bischof Häuser in der Stadt als Lehen an Bürger aus. Um 1350 dürfte das Stadtrecht vollständig ausgebildet gewesen sein. 1362 führte ein Konflikt um die Enthauptung eines bfl.en Gefolgsmanns durch die Bürger zur Einschränkung der städtischen Rechte: Neue Ratsmitglieder und Innungsmeister hatte der Bischof zu bestätigen, die Schlüssel zu Toren und Türmen waren Bischof und Domkapitel auszuhändigen, höhere Geldstrafen sollten an den Bischof fallen. Immer wieder zu Streit führte der Ausschank fremden Biers und Weins in der Domfreiheit und in der Neustadt Neumarkt, die Stadt konnte sich nicht durchsetzen. Der Beitritt zum sächsischen Städtebund 1426 blieb weitgehend bedeutungslos. Erhebungen gegen die Bischöfe führten 1429 und 1435 zur Bekräftigung bzw. Ausweitung der Regelungen von 1362. Eine Entspannung trat erst nach dem großen Stadtbrand von 1444 ein, als Bischof Johannes II. Abgabenfreiheit gewährte und die städtischen Rechte bestätigte. Dem Rat stand die niedere Gerichtsbarkeit zu, die obere nur bei Vergehen im Rathaus, ansonsten dem bfl.en Stadtrichter. M. verfügte über drei Räte, die sich jährlich abwechselten (ein sitzender, zwei ruhende Räte). Bis zur Zeit Bischof Adolfs von Anhalt (1514–1526) bestand der Rat aus zwei Bürgermeistern, zwei Kämmerern und acht weiteren Ratsleuten. Offenbar in Folge der Erhebung M.s im Bauernkrieg 1525 (von Herzog Georg von Sachsen als Schutzherr des Hochstifts niedergeschlagen) wurde die Zahl der Ratsherren auf sechs beschränkt. 1545 wurden sämtliche städtische Ordnungen zusammengefasst, dem Rat stand nun ein Ausschuss von acht Viertelsmeistern zur Seite. Schon vor 1544 hatte der Rat die Obergerichtsbarkeit gepachtet, unter Administrator August konnte die Pacht verlängert werden. Im Gefolge des Dreißigjährigen Krieges mehrten sich vor allem während der Regierungszeit des Administrators Christian I. von Sachsen-M. die städtischen Ordnungen (u. a. 1667 Polizeiordnung).

Ein Verzeichnis von 1478 nennt 345 Erb(-Grundstücke) in der Rechtsstadt, was ohne Domfreiheit, Altenburg und Neumarkt auf etwa 2000 Einwohner schließen lässt. Im 16. Jahrhundert verändert sich die Zahl der Grundstücke kaum. 1712 gab es 567 Grundstücke, wobei die innerstädtische Bebauung verdichtet wurde.

1545 werden vier Jahrmärkte und zwei Wochenmärkte vorausgesetzt. Belegt sind daneben Roßmarkt (1446), Fischmarkt (1452), Korn- oder Getreidemarkt (1485), Holzmarkt (1492), Viehmarkt (1497) und Fleischmarkt (1698). Insbesondere für den Getreidehandel in Mitteldeutschland hatte M. hohe Bedeutung. 1550 erhielt der Rat sogar eine Bestätigung Karls V. für den Laurentiusmarkt.

Innungen werden erstmals 1362 summarisch genannt. Größere Bedeutung hatten die Gewerke des Hausbaus, daneben insbesondere die Gewandschneider (1524–1527 Bau des Gewandhauses am Markt). Die Anwesenheit des ersten Druckers, Marcus Brandis 1479, ist eindeutig auf bischöfliche Aufträge zurückzuführen. Für die Bedeutung der Schuhmacherei spricht das Vorhandensein des Schuhhofs seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert Bis 1800 wurden 42 Innungen zugelassen, mehrheitlich unter der Sekundogenitur Sachsen-M. (1657–1738).

(3) M. verfügte als Bf.ssitz (mit Unterbrechung 981–1004) über vergleichsweise wenige geistliche Gemeinschaften und Pfarrkirchen. Der Dom St. Laurentii und St. Johannis baptistae (dessen Michaeliskapelle im 15. Jahrhundert als Pfarrkirche benannt) bildete die Pfarrkirche der Domfreiheit.

In der Rechtsstadt gab es zwei Pfarreien, die Sixti- (zwischen 1036 und 1050 angelegt) und die am Markt gelegene Maximikirche (erstmals 1247 erwähnt), ohne dass eine genaue Abgrenzung der Sprengel möglich wäre. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts verfügte Sixti über drei Kapellen sowie ca. 18 Altäre, Stiftungen von Bf.en, Stiftsherren, Adligen des Umlandes sowie Bürgern. Seit 1563 gab es an Sixti wohl keinen Pfarrer mehr, die Gemeinde ging zur Maximikirche. Das Patronat über die Maximikirche wurde vor 1349 der Dompropstei übergeben; nach 1515 begonnenen Verhandlungen übernahm 1544 der Rat das Patronat.

Vermutlich älter noch als der Dom ist die Pfarre der Vorstadt Altenburg, die Vitikirche. Daneben gab es in der Altenburg die Peterskirche (1012 erstmals erwähnt), die zu einem im 11. Jahrhundert erwähnten Stift gehörte. 1091 wurde dieses in ein Benediktinerkloster umgewandelt. Pfarrkirche der Neustadt Neumarkt war St. Thomae (Ebf. von Canterbury) (1188 belegt), das Patronat lag beim Bischof 1316 wurde ein Kollegiatstift eingerichtet, das 1326 an die Sixtikirche transferiert wurde.

Die Aufnahme reformatorischen Gedankenguts in den 1520er Jahren dürfte intensiv gewesen sein. M. beteiligte sich 1525 am Bauernkrieg, die Aufständischen wurden vom sächsischen Heer besiegt, acht Anführer hingerichtet. Vor den Unruhen war der Bischof nach Leipzig geflohen. Im Zuge der obrigkeitlichen Einführung der Reformation wurde während des kurzen evangelischen Intermezzos unter Administrator August von Sachsen und Koadjutor Georg von Anhalt (1544–1547/48) 1544 eine Superintendentur (ständig erst ab 1562 unter den sächsischen Kurfürsten als Administratoren) und ein Konsistorium gegründet (1548 nach Leipzig verlegt, unter dem sächsischen Kurfürsten August [nochmals Administrator 1565–1586] wieder eingerichtet), beide zuständig für das Hochstiftsgebiet (nicht das Bm.). Ebenfalls 1544 wurde an der Maximikirche vom Rat ein evangelischer Prediger bestellt. Im selben Jahr fand eine Visitation des Hochstifts statt. Episode blieb der Versuch der Rekatholisierung unter Bischof Michael (1548–1561), nach seinem Tod setzte sich ab 1562 die Reformation durch. Zur Zeit der Sekundogenitur Sachsen-M. (1657–1738) erhielt das Konsistorium 1666 eine neue Ordnung (Ausschaltung des Domkapitels).

An der Maximikirche gab es eine Annenbruderschaft, eine Sebastiansbruderschaft (möglicherweise eine Schützenbruderschaft) sowie einen Kaland. An der Gotthardskapelle (1315 nur indirekt belegt) wurde 1503 ein Konvent der Brüder vom Gemeinsamen Leben gestiftet, gegen den Widerstand des Rates maßgeblich betrieben vom M.er Domkapitel. 1537 wurde der Konvent aufgegeben, die Gebäude kamen an den Rat. Am Peterskloster in der Altenburg befand sich seit 1273 eine Klause, die bis zur Reformation 1562 Bestand hatte. 1351 wird eine Terminei der Hallenser Franziskaner (Barfüßerhof) am Sixtikirchhof genannt. Eine weitere Terminei, der Augustiner-Eremiten von Sangerhausen, befand sich in der Sixtusgasse.

An Hospitälern bestanden das Marienhospital (1566) an der Sixtikirche, sowie das Barbara- (seit 1333) und das Andreashospital (1461) auf dem Neumarkt. Letztere wurden 1546 vereinigt. Das Barbarahospital stand unter dem Patronat des Bf.s, das Andreashospital wurde durch den Rat verwaltet.

Schüler werden im 15. Jahrhundert an St. Sixti erwähnt; eine städtische Schule gab es nicht, wurde auch in der Reformation nicht eingerichtet. Die 1662 erwähnte Altenburger Schule könnte Nachfolgerin der Schule am Peterskloster gewesen sein. Die Domschule wurde 1575 neu ausgestattet und umgebaut, um als Stiftsschule (Domgymnasium) für das Hochstift zu fungieren; Domkapitel, Ritterschaft und Stiftsstädte durften Stipendiaten entsenden. Darüber hinaus wurde die Stiftsschule mit Stipendien für den Besuch der wettinischen Landesuniversitäten Leipzig und Wittenberg ausgestattet.

Juden waren Ende des 10. Jahrhunderts ansässig (Abgaben an die Bf.e). 1234 und 1269 werden drei Juden genannt, die z. T. den Zahlungsverkehr für den Bischof abwickelten. 1333 griff der M.er Bischof hierfür auf Erfurter Juden zurück. Bischof Nikolaus (reg. 1411–1431) erhielt 1417 für seine Ausgaben auf dem Konstanzer Konzil vom Reich die Abgaben der M.er Juden zugesprochen, die der M.er Jude Kuschil einzusammeln hatte. Zwei Judentaufen werden unter Bischof Johannes II. (reg. 1431–1463) erwähnt. Bischof Thilo von Trotha (reg. 1466–1514) wies das Ansinnen des Magdeburger Ebf.s Ernst 1493 zur Ausweisung der Juden zurück und stellte 1496 Juden, auch anderwärts im Reich verfolgte, in seinen Schutz. Thilos Nachfolger Adolf von Anhalt (reg. 1514–1526) wies alle Juden aus. Die Synagoge befand sich in der Rechtsstadt am Übergang zur Domfreiheit in der Apothekerstraße (Nr. 2).

Katholiken wurden erst wieder ab dem Dreißigjährigen Krieg im Stift M. ansässig (Zuzug von zahlreichen Handwerkern), doch wurde ihnen wie auch den Reformierten das öffentliche Auftreten untersagt (z. B. Beisetzung ohne Zeremonien). Unter dem Einfluss des 1697 zum Katholizismus konvertierten kfl.-sächsischen Haus wurde der altgläubige Ritus vermehrt, aber nur im privaten Rahmen, geduldet; auch den katholischen Fürsten des Hauses Wettin waren bis zum Ende des 18. Jahrhunderts nur private Messfeiern gestattet. 1732 und 1733 hielten sich kurz Salzburger Emigranten in M. auf.

(4) Der deutlich aufragende Domberg mit dem bfl.en Schloss in der Domfreiheit, der Burg Altenburg (mit eigener Siedlung) und dem Königshof, die ältesten Teile M.s, prägte die gesamte Stadt. Im 10. und beginnenden 11. Jahrhundert verlagerte sich die Besiedlung in den Südteil des Domhügels um die Stifts- und spätere Domkirche St. Johannes (und Laurentius) und die hier (oder im Bereich des Königshofes) zu verortende Königspfalz. Der erste Straßenmarkt befand sich wohl am Fuß des Dombergs im Zuge der Burgstraße und des Entenplans. Der »Brühl« gehört wohl ebenfalls in eine frühe Phase der Entwicklung. Der Hauptmarkt mit dem Rathaus liegt zwischen Domfreiheit und Sixtikirche, er dürfte um 1136 bestanden haben. Neben dem Hauptmarkt entstand die 1247 erstmals erwähnte Maximikirche als Marktkirche. 1188 wurde der Markt erweitert, zur selben Zeit bestand die Neustadt Neumarkt. Spätestens im 15. Jahrhundert gab es das östlich an Neumarkt anschließende Dorf Venenien. Wohl erst seit dem 16. Jahrhundert entstanden die östlich von Venenien an der Straße nach Leipzig liegenden Amtshäuser.

Vor allem die Brände von 1444 und 1662 sowie die Überschwemmung des Gotthardsteiches 1504 führten zur Neuanlage ganzer Straßenzüge, doch wurde der Stadtgrundriss kaum verändert. Reiche Wohnviertel lagen um den Markt sowie an der Gotthardstraße. Die Bettlergasse (1446; 1693 Auf dem Sande) deutet auf ärmere Bevölkerungsschichten hin. Mitte des 17. Jahrhunderts gab es knapp 100 Scheunen (Indiz für Landwirtschaft in der Stadt), die 1662 vor die Stadt verlegt werden sollten.

Zum Residenzbereich gehörten neben Schloss und Dom bereits im Spätmittelalter die Altenburg sowie die innere und äußere Domfreiheit. Letztere berührte die Rechtsstadt, während die innere Domfreiheit durch eine doppelte Mauer (1430 dritte Mauer wegen Hussitengefahr errichtet) und zwei Tore (Krummes Tor und Königstor) abgeschlossen war. Die Stadtmauer entstand unter Bischof Ekkehard Rabil (1215–1240), sie verfügte über vier Tore; das Sixtitor von 1473 trug das Wappen Bischof Thilos von Trotha (1466–1514). Als kommunaler Bau ist das Rathaus aus den 1470er Jahren zu nennen, das neben dem städtischen Wappen auch die der Bischöfe Thilo, Adolf, Vinzenz und Michael zeigte. 1560 wurde es umgebaut, erneut 1719/20. Als weiterer kommunaler Bau ist das 1524–1527 errichtete Gewandhaus zu nennen, das das Wappen Bischof Vinzenz’ trug, 1719/20 wurde es mit dem Wappen des Administrators Herzog Moritz Wilhelms versehen. Zahlreiche Inschriften an den Kuriengebäuden der inneren und äußeren Domfreiheit belegen deren Entstehung im 16. und 17. Jahrhundert In der Altenburg befanden sich adlige Freihäuser (Unteraltenburg, z. B. das »Versunkene Schlößchen« des Baumeisters Johann Michael Hoppenhaupt, 1744) und nach dem Beginn der Administration durch Herzog Christian I. 1653 auch ein Jäger- und Bauhof. Weitere Residenzbauten entstanden in der Domfreiheit, so 1560 ein Zeughaus. Den größten Bauboom erlebte die Domfreiheit unter Herzog Christian I. (reg. 1656–1691), der Kanzlei und Konsistorialhof im Vorschloss und das Wohnhaus des Kanzlers (zuvor in der Burgstraße) am Domplatz unterbrachte. 1661 ließ er die Amtswohnung des Hoffischers unterhalb des Schlossgartens erbauen. 1686 entstand ein neues Zeughaus, 1691 das Fischhaus am Gotthardsteich (mit Herzog Christian rühmender Inschrift).

Schloss und Dom erfuhren unter Bischof Heinrich von Wahren (1244–1265) nahezu zeitgleich Umbauten. Unter Bischof Thilo von Trotha sind das Schloss als Dreiflügelanlage und der Dom als vierter Flügel zu einer Einheit verschmolzen worden. Zahlreiche Wappen dieses Bf.s im weiteren Stadtraum künden von seiner regen Bautätigkeit ab etwa 1480 (u. a. Domumbau ab 1510). Die nachfolgenden Bischöfe vergrößerten das Schloss bis in die 1560er Jahre. 1605 wurde es im Renaissancestil umgebaut. Herzog Christian I. ließ als Administrator das Schloss seit den 1650er Jahren umbauen und gestaltete den Dom zur Hofkirche und Grablege der wettinischen Sekundogenitur um. Auf dem Gelände des Königshofes nördlich des Schlosses entstand nach 1594 sowie ab 1656 der Schlossgarten.

Die Grablegung der Bischöfe, Administratoren und wichtigsten Hofamtsträger erfolgte im Dom und in der Altenburg. Für die Maximikirche lassen sich Bestattungen von Bürgermeistern nachweisen. In der Sixtikirche gab es Bestattungen der dort bepfründeten Stiftsherren, aber auch Adliger des Umlandes.

Nur wenige Residenzbauten lagen in der Rechtsstadt, sondern befanden sich wie das Fischhaus für den Hoffischer am Gotthardsteich (1691 angelegt) oder die Fasanerie bei der Hohen Brücke (1692 angelegt) außerhalb. Gebäude, vormals in bürgerlichem Besitz, wie die Risch- und die Neumarktmühle, wurden mit den Wappen des Administrators versehen. 1698 erfolgte die Einrichtung eines Waisenhauses durch Herzogin Christiana von Sachsen-M. in der Altenburg.

Die älteste bekannte, um 1580 entstandene Stadtansicht (Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, 12884, Schr 6, F 78, Nr. 11d) ist stark schematisch, hebt aber Dom und Schloss sowie das Kloster hervor. Die Ansicht von Osten durch Wilhelm Dilich von 1626/29 (Repro im Kulturhistorischen Museum Schloss Merseburg) gibt ein getreues Bild der Stadt wieder. Eine Vogelschau der Domfreiheit (wohl Julius Faber, um 1660) (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Universitäts- und Landesbibliothek in Sachsen-Anhalt, Pon Va 170 M 56) richtet sich auf die Residenzbauten der inneren Domfreiheit aus. Eine um 1700 entstandene Ost- und Westansicht (Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Magdeburg, Slg. 1, B V, Nr. 99b, Teil 1 und 2) bildet Residenz- und städtische Bauten ab. Der älteste Plan der Stadt (um 1720/25) (Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Kart. X, 30040) hebt die Residenzbauten hervor.

(5) Im 13. Jahrhundert fanden in M. Turniere mit Teilnehmern aus dem meißnischen Raum, Thüringen sowie Brandenburg statt. M. war die größte Stadt des Hochstifts, stand wirtschaftlich allerdings im Schatten Halles, Leipzigs und Naumburgs. In den Auseinandersetzungen der Wettiner mit benachbarten Herren sowie mit Halle diente M. im 15. Jahrhundert mehrmals als Verhandlungsort. An den Städtebündnissen des sächsisch-mittelelbischen Raumes (Halle, Magdeburg, Quedlinburg, Aschersleben, Halberstadt und den Harzgf.en) war M. nicht beteiligt. Die Ständeversammlung, in M. Stiftstage genannt, auf denen Ritterschaft und Städte des Hochstifts vertreten waren, traten stets im M.er Schloss zusammen (bis 1815 bestehend).

Der Umfang des städtischen Besitzes ist weitgehend unerforscht, lediglich einige Häuser in der Stadt sind als Ratsbesitz ausgewiesen. 1571 pachtete die Stadt die Güter des aufgehobenen Petersklosters, 1590 kauft sie die Neumarktmühle; beides blieb nicht lange städtischer Besitz. Das fruchtbare M.er Umland bot die Grundlage für einen Getreideexport bis ins Erzgebirge hinein. Zudem gab es einen wichtigen Fischmarkt.

(6) Sowohl topographisch als auch juristisch waren in M. Rechtsstadt und Residenz klar voneinander getrennt. Dem entspricht die weitgehende Unterwerfung der Stadt seit dem 14. Jahrhundert Die Rechte des Rates wurden immer weiter eingeschränkt, insbesondere nach der Erhebung im Bauernkrieg 1525. Der Wechsel des Stadtherrn durch die Reformation, d. h. der Übergang auf die albertinischen Wettiner, brachte eine Entspannung, führte aber dazu, dass die Hofhaltung zeitweilig verloren ging. M. war nur in geringem Maße vom Handel (abgesehen vom Getreideexport), vielmehr von der Landwirtschaft geprägt. Umso mehr profitierte das Gemeinwesen von der bfl.en Hofhaltung. Die weitgreifenden Baumaßnahmen ab etwa 1460, die auf die Bischöfe zurückgingen, führten zu einer Hebung der Baugewerke, zahlreiche Bauhandwerker gelangten in den Rat.

Ähnlich bedeutete die Einrichtung der Sekundogenitur Sachsen-M. einen Aufschwung für die Stadt. Gleichzeitig griff der Landes- und Stadtherr weit in die städtische Verwaltung ein. Für knapp drei Generationen hielt dieses an, mit dem Ende der Sekundogenitur verlor M. erneut seine Rolle als Residenzstadt.

(7) Zur spätmittelalterlichen Kernüberlieferung gehören die Bestände des Domstiftsarchivs und der Domstiftsbibliothek mit den Urkunden der Bischöfe und des Domkapitels sowie des Kollegiatstifts St. Sixti. Seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert liegt hier eine breite Amtsbuchüberlieferung vor. Die Verwaltung der Merseburger Bischöfe in Form von Amtsbüchern (seit dem 15. Jahrhundert) findet sich im Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Magdeburg, Standort Wernigerode im Bestand A 30a I–III, Anhang. Diese enthält aber weitgehend preußische Betreffe (die sächsischen Betreffe nach 1815 verblieben in Dresden: Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, 10018 Sekundogeniturfürstentum Sachsen-Merseburg). Zu beachten sind in Dresden auch die Bestände 10001 Ältere Originalurkunden und 10004 Kopiale.

Die Bestände des Historischen Stadtarchivs Merseburg umfassen für das Spätmittelalter die Urkunden des Rates sowie der Pfarrkirchen St. Maximi und St. Sixti. Die Amtsbuchüberlieferung setzt 1444 ein, erst seit 1503 gibt es Stadtbücher. Hier finden sich auch wenige Bestände zum M.er Domgymnasium.

Hinzuweisen ist ferner auf die umfangreiche Sammlung Merseburger Urkunden im Bestand des Thüringischen Staatsarchivs Rudolstadt, Bestand Hessesche Collectaneen (A VIII, 3a und 3d).

Bedeutendste Sammlung zur Merseburger Geschichte ist das Kulturhistorische Museum Schloss Merseburg, hervorgegangen aus den Sammlungen des Vereins für Heimatkunde. Daneben ist auf den Kunstbesitz des Domstifts Merseburg der Vereinigten Domstifter zu verweisen sowie die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und das Kunstgewerbemuseum, Staatliche Museen zu Berlin, die einige Objekte der barocken Hofkultur übernommen haben.

Brotuff, Ernst: Chronica und Antiquitates des Alten kaiserlichen Stifts, der Römischen Burg, Colonia und Stadt Marsburg [..], Leipzig 21557. – Vulpius, Johann: Megalurgia Martisburgica. Das ist Fürtreffligkeit der Statd Märseburg […] von uhralten Zeiten her biß auff das 1700. Jahr Christi, Quedlinburg, Aschersleben 1700. – Adpendix Chronici novissimorum episcoporum Merseburgensium ab anno 1514 ad annum 1721, in: Reliquiae manuscriptorum omnis aevi diplomatum ac monumentorum 4, hg. von Johann Peter von Ludewig, Frankfurt a. M./Leipzig 1722, S. 461–588. – Just, Carl August: Leben und Regierung des weyland Hochwürdigsten Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Christian, des aelteren Hertzogs zu Sachßen …, 2 Tle., [Merseburg] 1735 (Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek Dresden, K 95, 96), Abschrift von Rolf Walker im Kulturhistorischen Museum Schloss Merseburg.

Medem, Friedrich Ludwig Baron von: Beitrag zur Geschichte der Stadt Merseburg, in: Neue Mittheilungen aus dem Gebiete historisch-antiquarischer Forschungen 2 (1836) S. 389–422. – Chronica episcoporum ecclesie Merseburgensis, in: Monumenta Germaniae Historica, Scriptores, Bd. 10, hg. von Roger Wilmans, Hannover 1852 (ND Stuttgart 1987), S. 157–212. – Regesta episcoporum Merseburgensium, 968–1514, bearb. von Roger Wilmans, in: Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 11 (1858) S. 146–211. – Urkundenbuch des Hochstifts Merseburg, Erster Theil (962–1357), bearb. von Paul Fridolin Kehr, Halle a. d. Saale 1899 (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete, 36, 1). – Voccius, Christian: Geschichte der Kirche im Stift Merseburg seit der Einführung des Evangeliums, Merseburg 1913 (Merseburger Chroniken, 1). – Neue Merseburgische Chronika (1668) von Georg Möbius nebst der Fortsetzung von Gottfried Ludwig Präger bis 1760, hg. vom Verein für Heimatkunde in Merseburg, Merseburg 1914 (Merseburger Chroniken, 2). – Die Matrikel des Hochstifts Merseburg 1469 bis 1558, hg. von Georg Buchwald, Weimar 1926. – Die Protokolle der Kirchenvisitationen im Stift Merseburg von 1562 und 1578, bearb. von Walter Friedensburg, Magdeburg 1931 (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und des Freistaats Anhalt, Neue Reihe, 11). – Die Merseburger Bischofschronik. Übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Otto Rademacher, in: Das Merseburger Land. Zeitschrift des Vereins für Heimatkunde in Merseburg 46 (1942) S. 85–100; ebd., 47 (1942) S. 101–120; ebd., 48 (1943) S. 121–151; ebd., 49 (1943) S. 153–171. – Die Inschriften der Stadt Merseburg, gesammelt und bearb. von Ernst Schubert und Peter Ramm, Berlin/Stuttgart 1968 (Die deutschen Inschriften, 11, Berliner Reihe, 4).

(8)Burkhardt, Johannes, Küstermann, Otto, unter Mitwirkung von Heinrich Otte: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Merseburg, Halle a. d. Saale 1883 (Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete, 8). – Steffenhagen, Max: Geschichte der Stadt Merseburg, Merseburg 1898. – Heckel, Johannes: Die evangelischen Dom- und Kollegiatstifter Preussens insbesondere Brandenburg, Merseburg, Naumburg, Zeitz, Stuttgart 1924 (Kirchenrechtliche Abhandlungen 100/ 101) (ND Amsterdam 1964). – Gutbier, Karl: Alte Nachrichten aus Stadt und Stift Merseburg, 3 Hefte, Merseburg 1926, 1927, 1928. – Günzel, Richard: Die Domfreiheit zu Merseburg um die Mitte des 17. Jahrhunderts, Merseburg 1930 (Das Merseburger Land, Beiheft). – Günzel, Richard: Die Bevölkerungsbewegung der Stadt Merseburg im 16. Jahrhundert, in: Das Merseburger Land. Zeitschrift des Vereins für Heimatkunde in Merseburg 17 (1930) S. 4–7. – Günzel, Richard: Die Entstehung und Entwicklung der Stadt Merseburg, aus dem Nachlaß hg. von Hermann Günzel, [1935, im Erscheinen 2018]. – Günzel, Richard: Entwicklung der Stadt Merseburg bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts, in: Atlas des Saale- und mittleren Elbegebietes, hg. von Otto Schlüter und Oskar August, 2. Tl., Leipzig 1960, S. 172–176. – Schlesinger, Walter: Merseburg (Versuch eines Modells künftiger Pfalzbearbeitung), in: Deutsche Königspfalzen. Beiträge zu ihrer historischen und archäologischen Erforschung, Bd. 1, Göttingen 1963, S. 158–206 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 11, 1). – Ramm, Peter: Pfalz und Schloss zu Merseburg, Dößel 31997 (Merseburger Land. Beiträge zu Geschichte und Kultur). – »Derjenige, so sein Meisterrecht erlangen will…« Altes Handwerk in Merseburg, hg. vom Kulturhistorischen Museum Merseburg, Merseburg 1997. – Barocke Fürstenresidenzen (2007). – Endler, Renate: Das Sixtiviertel – ein verschwundener Teil der Stadt Merseburg, Tl. 2: Das Hospital St. Sixti – St. Marien, in: Merseburg einst und jetzt. Beiträge zur Heimatgeschichte 17 (2007) S. 7–72. – Fürsten ohne Land. Höfische Pracht in den sächsischen Sekundogenituren Weißenfels, Merseburg und Zeitz, hg. von Vinzenz Czech, Berlin 2009 (Schriften zur Residenzkultur, 5). – Meinhardt, Matthias: Die Residenzbildung der Bischöfe von Merseburg und Naumburg im späten Mittelalter, in: Spätmittelalterliche Residenzbildung (2009), S. 169–190. – Die Merseburger Fürstengruft. Geschichte – Zeremoniell – Restaurierung, Halle a. d. Saale 2013 (Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Arbeitsberichte, 11; Schriftenreihe der Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz, 6). – Thilo von Trotha. Merseburgs legendärer Kirchenfürst, hg. von Markus Cottin, Claudia Kunde und Holger Kunde, Petersberg 2014 (Schriftenreihe der Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz, 7). – 1000 Jahre Kaiserdom Merseburg. Ausstellungskatalog, hg. von Markus Cottin, Václav Vok Filip und Holger Kunde, Petersberg 2015 (Schriftenreihe der Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz, 9).

Markus Cottin