Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Teupitz (Tupc)

Teupitz (Tupc)

(1) T. war als Burg- und Kirchort Mittelpunkt der kleinen Herrschaft T., des Schenkenländchens. Der bereits im Frühmittelalter besiedelte Ort liegt geschützt auf einem Plateau am südöstlichen Rand des T.er Sees. Auf den anderen Seiten war er von feuchten Niederungen umgeben. Einziger natürlicher Zugang war der von Südwesten um den See führende Weg. Durch T. führte als überregionale Verbindung ein Weg von Berlin über Mittenwalde in die Niederlausitz und weiter nach Dresden.

Die Herrschaft T., die zunächst zur Niederlausitz gehörte, stand im 14. und 15. Jahrhundert unter wechselnder Lehnshoheit. 1462 gelangte sie dauerhaft zur Mark Brandenburg, blieb aber bis 1742 im Verband der Lausitz unter böhmischer Oberlehnshoheit. Als Herr von T. erscheint 1330 Heinrich Schenk von Schenkendorf; eventuell kam er schon zu Lebzeiten des brandenburgischen Markgraf Woldemar († 1319) in den Besitz von T. Die Familie wechselte bald danach den Namen und nannte sich Schenken von Landsberg; von ihr hat das Schenkenländchen seinen Namen. Verschiedene Linien der Familie, die im 14. und 15. Jahrhundert höhere Ämter bei den brandenburgischen oder sächsischen Landesherrn bekleidete und im weiteren Verlauf über dem märkischen Adel rangierte (Konnubium mit Biberstein, Reuß von Plauen, Schönburg, Putbus und Gans von Putlitz; größeres Lehnsaufgebot im 16./17. Jahrhundert), blieben fast ununterbrochen bis 1668/69 im Besitz der Herrschaft T., als Graf von Solms zu Baruth sie durch Kauf erwarb. 1679 erfolgte der Rückkauf durch die Groß Leuthener Linie der Schenken. Eine weitere Besitzunterbrechung gab es 1684–1685, als der Landesherr Kurfürst Friedrich Wilhelm aufgrund eines Lehnsfehlers die Herrschaft einzog und seinem Sohn schenkte, dieser sie aber zurückgab. Unklar ist, ob die Schenken von Landsberg T. wirklich als Residenz nutzten oder sich mehr auf einer ihrer anderen Besitzungen aufhielten.

Zur Herrschaft gehörte ein weitgehend geschlossenes Gebiet mit Schloss und Städtlein T. sowie 18 Dörfern. Sie bildete allerdings nur einen Teil des größeren Besitzkomplexes der Schenken, wohl auch nicht den wichtigsten. Von vor 1363 bis 1501 besaßen die Schenken auch die Herrschaft Seyda bei Wittenberg, die zeitweise größere Bedeutung gehabt haben dürfte als T., um 1500 kamen sie auch in den Besitz von (Königs) Wusterhausen (T. direkt benachbart). Im 16. Jahrhundert kam Märkisch Buchholz hinzu, östlich Wusterhausens gelegen. Nach dem Dreißigjährigen Krieg mussten neben T. mehrere weitere Teile veräußert werden.

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts betrieb die Groß Leuthener Linie der Schenken eine energische Rückerwerbungspolitik veräußerter Güter und vereinigte um 1700 die Herrschaften Groß Leuthen, T. und Märkisch Buchholz in der Hand von Otto Wilhelm Schenk von Landsberg. Da dieser Mitglied der Niederlausitzer Oberamtsregierung und seit 1703 Direktor des Konsistoriums der Niederlausitz war, kam das kleine, mittlerweile veraltete Schloss in T. als Wohnsitz nicht in Betracht. Wenige Jahre nach seinem Tod verkauften seine Söhne 1717 die Herrschaften T. und Märkisch Buchholz an den preußischen König, der damals einen großen Besitzkomplex mit dem Zentrum Königs Wusterhausen formte. 1721 starb die Familie in männlicher Linie aus. Schloss und Nebengebäude dienten hinfort für Gutsverwaltung und -bewirtschaftung.

(2) Die 1307 erstmal urkundlich erwähnte Stadt T. liegt am Ufer des Sees gegenüber der Schlossinsel, mit der sie durch einen Damm verbunden ist. Kirche und Friedhof an der Landseite des Damms bildeten vermutlich den Mittelpunkt der kleinstädtischen Siedlung um einen Anger. Brände in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts führten vermutlich zu einer Änderung des Stadtgrundrisses. Neue Häuser und ein Marktplatz entstanden an den beiden sich östlich der Kirche gabelnden Straßen von der Burg Richtung Süden (Baruther Straße) und Südosten (Poststraße Richtung Märkisch Buchholz). Die Stadtbefestigung bestand nur aus Gräben.

Erste Belege für die Bezeichnung als Stadt bzw. Städtlein datieren von 1437 und 1447. Eine Stadtrechtsverleihung ist nicht bekannt. Bis 1809 war T. als Mediatstadt abhängig von den Stadtherren; bis ins 17. Jahrhundert waren ihnen Hand- und Spanndienste zu leisten. 1445 sind ein stadtherrlicher Vogt und ein Richter belegt. Ein Bürgermeister wird erstmals 1535 erwähnt. Im 16. Jahrhundert scheint es neben dem Bürgermeister fünf Ratmannen gegeben zu haben. 1694 wurden sie, wie wohl auch sonst, vom Stadtherrn ernannt. 1801 werden nur zwei genannt.

Die Einwohnerzahl wird für 1600 auf etwa 220 geschätzt. Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges war sie auf etwa 180 gesunken, bis 1801 wuchs sie auf 354 an. 1584 und 1624 gab es acht Hüfner und 31 Kossäten. Die Kirchenmatrikel von 1543 nennt 29 Bürgerhufen. 1719 zählte man 48 Häuser und zwei wüste Stellen. Neben Ackerbau und Viehzucht in bescheidenem Umfang spielten auch die Fischerei, der Weinbau, die Bierbrauerei und die Holzgewinnung aus der Bürgerheide eine Rolle. Das Handwerk deckte die Grundbedürfnisse der Stadt und des Umlandes ab. Anfang des 18. Jahrhunderts werden die Gilden der Leineweber, der Schneider, der Stellmacher und Radmacher und der Schmiede genannt. Ende des 17. Jahrhunderts werden vier Jahrmärkte erwähnt, die nach einem großen Brand von 1687 wieder eingerichtet wurden.

(3) T. gehörte bis zur Reformation zum Bistum Meißen. Die Meißener Bm.smatrikel von 1495 rechnet die T.er Kirche zur Sedes Zossen im Archidiakonat (Nieder-)Lausitz und nennt zwei Altarstiftungen an der T.er Kirche. Weitere geistliche Lehen werden in der Mitte des 16. Jahrhunderts erwähnt, hatten aber bereits kein Vermögen mehr. Zur Pfarrei gehörte wohl schon im Spätmittelalter das weitere Umland. Die Pfarrmatrikel von 1543 nennt erstmals die Namen von neun eingekirchten Orten. Das Patronat lag wie bei allen Pfarreien der Herrschaft bei den Schenken von Landsberg.

Die (vergleichsweise schlicht gehaltene) Pfarrkirche liegt relativ zentral auf einer Ausbiegung des gegen die Schlossinsel in den See vorgeschobenen Plateaus. Der Kirchturm, der auf die Südwest-Ecke des Mauerwerks des Saalbaus aufgesetzt ist, soll im 16. Jahrhundert errichtet worden sein und einen Giebel in Renaissanceformen gehabt haben. Die am östlichen Ende der Nordwand angefügte Sakristei wurde, vermutlich in der Mitte des 16. Jahrhunderts, aufgestockt und zur Patronatsloge ausgebaut. 1637 war der Herrenchor in der Pfarrkirche Gegenstand einer Entscheidung des Konsistoriums. Einzelne Begräbnisse von Mitgliedern der herrschaftlichen Familie, vermutlich in einer Familiengruft, sind aus den Jahren 1645–1667 und 1689 belegt; Gruft oder Grabmonumente sind nicht erhalten (in der Groß Leuthener Kirche stehen dagegen noch sehr repräsentativ gestaltete, ganzfigurige Grabsteine von zwei Herren Schenk von Landsberg in voller Rüstung und ihren Gemahlinnen aus dem späten 16. und frühen 17. Jahrhundert)

Als ersten evangelischen Prediger konnten die Schenken in den 1540er Jahren kurzzeitig einen Wittenberger Theologen gewinnen. Sein Nachfolger (amtierend 1546–1599) konnte drei Söhne zur Universität Frankfurt a. d. Oder schicken, wo im 17. Jahrhundert sieben weitere T.er studierten. Bis ins 17. Jahrhundert wurde in den Dörfern der Herrschaft, vor allem im südlichen Teil um T. und vielleicht auch in der Stadt selbst noch teilweise wendisch gesprochen. Dem Pfarrer wurde deswegen ein wendisch sprechender Kaplan an die Seite gestellt. Laut Pfarrmatrikel von 1543 war der Kantor auch als Schulmeister tätig.

Zuwendungen an die Kirche durch die Patrone sind nur vereinzelt belegt. Wiederholt nahmen die Schenken im 17. Jahrhundert die Kirchenkasse für Kredite in Anspruch. Das Verhältnis der Herrschaft zur Kirche im späten 17. Jahrhundert ist durch langwierige Auseinandersetzungen um die Einkünfte des Pfarrers geprägt.

(4) Das Schloss, im Kern wohl eine Wasserburg, liegt auf einer dem Ufer vorgelagerten Insel im T.er See, die durch einen Damm mit dem Ufer verbunden ist. Heute sind vom Schloss nur noch Reste erhalten. Eine Ansicht von 1685 zeigt parallele Firste zweier Satteldächer in Ost-West-Richtung, nach Osten eine repräsentative Eingangssituation mit mehrgeschossigem Erker, in dem eine Wendeltreppe die Geschosse verband, daneben den Kapellenerker über zwei Geschosse. Wie das ähnliche Wusterhausener dürfte das T.er Schloss wahrscheinlich seine äußere Gestalt im 16. Jahrhundert erhalten haben. Für den Grafen Solms hatte das Schloss 1668/69–1679 wohl nur Bedeutung als Jagdschloss. Nach Übernahme in kgl.en Besitz wurde es als Amtssitz der kgl.en Domäne genutzt. 1767 wurde auf dem Schlossareal ein schlichtes Amtshaus errichtet. Das alte Burghaus wurde nach 1788 so gut wie komplett abgetragen. Ein Rathaus wurde erst 1830 gebaut.

(6) T. war als Zentralort allein für das Schenkenländchen von Bedeutung. Weiterer Forschung vorbehalten bleiben muss die Frage, wann und für wie lange sich die Schenken von Landsberg wirklich hauptsächlich in T. aufhielten. In seiner Untersuchung der Wirtschaftsgeschichte des Schenkenländchens von 1934 charakterisiert Rudolf Biedermann (unter [8]) T. trotz seiner geringen Größe als »Residenzstadt en miniature«, eine Einschätzung, der Winfried Schich folgt, der T. als »Kleinstresidenz« bezeichnet.

(7) Archivgut der Herrschaft Teupitz aus der Zeit vor 1717 gelangte mit dem Erwerb der Herrschaft durch das preußische Königshaus und die Vereinigung mit der Herrschaft Königs Wusterhausen in das Archiv der Herrschaft Königs Wusterhausen und schließlich 1927 in das Brandenburg-Preußische Hausarchiv in Berlin, wo ein Großteil im Zweiten Weltkrieg vernichtet wurde. Einige Urkunden aus dem 16.–18. Jahrhundert werden jetzt im Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam als Teil des Bestandes Rep. 37 Herrschaft Königs Wusterhausen aufbewahrt (siehe: Urkundeninventar des Brandenburgischen Landeshauptarchivs – Kurmark, bearb. von Friedrich Beck und Margot Beck. Teil 2: Städtische Institutionen und adlige Herrschaften und Güter, Berlin 2002, S. 691–693).

Das ältere Archivgut der Stadt Teupitz, das nur mit wenigen Einzelstücken in das späte 17. Jahrhundert zurückreicht, wird im Brandenburgischen Landeshauptarchiv aufbewahrt (Bestand Rep. 8 Stadt Teupitz). Das in der Literatur erwähnte Stadtbuch von Teupitz, das 1578 angelegt wurde und vornehmlich Aufzeichnungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit enthielt, ist verschollen.

(8)Walter, Hans: Geschichte der Standesherrschaft Leuthen und ihrer Besitzer, Berlin 1915. – Biedermann, Rudolf: Geschichte der Herrschaft Teupitz und ihres Herrengeschlechts, der Schenken von Landsberg, in: Der Deutsche Herold 64 (1933) S. 16–21, 28–31, 44–45, 53–56, 65–69 (mit eigener Spaltenzählung des Beitrags: Sp. 1–32), 65 (1934) S. 3–7, 19–20, 28–30, 40–42, 53–58, 64–72, 84–92 (= Sp. 33–94). – Biedermann, Rudolf: Die Wirtschaft des Schenkenländchens, in: Brandenburgia 43 (1934) S. 1–31. – Biedermann, Rudolf: Die kirchlichen Verhältnisse im Schenkenländchen, in: Jahrbuch für Brandenburgische Kirchengeschichte 29 (1934) S. 36–60. – Kubach, Hans Erich, Seeger, Joachim: Die Kunstdenkmäler des Kreises Teltow, Berlin 1941, S. 191–198. – Historisches Ortslexikon Brandenburg IV, 1976, hier v.a. S. 311–313: Teupitz. – Houwald, Götz Freiherr von: Die Niederlausitzer Rittergüter und ihre Besitzer, Bd. 3: Kreis Lübben, Neustadt a. d. Aisch 1984, S. 143–155. Schich, Winfried: Art. „Teupitz“, in: Städtebuch Brandenburg und Berlin (2000), S. 510–513. – Czech, Vinzenz, Salge, Christiane: Art. „Teupitz“, in: Herrenhäuser in Brandenburg, Bd. 2 (2000), S. 601–604. – Czech, Vinzenz, Salge, Christiane: Art. „Groß Leuthen“, in: Herrenhäuser in Brandenburg, Bd. 2 (2000), S. 218–222. – Neininger, Falko: Die ersten schriftlichen Erwähnungen von Teupitz 1307 und 1317, in: Teupitz. Eine märkische Stadt im Wandel, hg. von Heinrich Krause und Karsten Kuhl, Berlin 2007, S. 33–68 – Rose, Wolfgang: An der Grenze – Teupitz im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: Teupitz. Eine märkische Stadt im Wandel, hg. von Heinrich Krause und Karsten Kuhl, Berlin 2007, S. 69–110.

Falko Neininger