Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Gotha

Gotha

(1) G. liegt im Thüringer Becken, nördlich des Thüringer Waldes. Der Schlossberg mit seiner 1217 erstmals genannten Burg (1316 Grimmenstein, seit 1643 Schloss Friedenstein) beherrscht die Umgebung. G. lag an der Fernstraße (Via regia) von Frankfurt a. M. und Eisenach nach Erfurt und Leipzig (1774 zwischen Erfurt und Eisenach zur Chaussee ausgebaut). In Nord-Süd-Richtung verläuft eine Straße von Ohrdruf und dem Thüringer Wald nach Mühlhausen und letztlich weiter bis Hamburg. G. wird nicht von einem größeren Wasserlauf berührt.

775 (erste Erwähnung G.s) erscheint Kloster Hersfeld als Inhaber des Königszehnten, bis ins 15. Jahrhundert war G. aber mainzisches Lehen. G. (zwischen 1180 und 1189 als civitas bezeichnet) ist eine Gründung der Ldgf.en von Thüringen aus der Dynastie der Ludowinger, die nahebei 1085 ihr Hauskloster Reinhardsbrunn nebst Grablege gründeten. Im frühen 13. Jahrhundert nutzten sie die Burg in G. vermehrt als Sitz, Landgraf Hermann I., der Freund der Minnesänger, verstarb 1217 in G. Nach ihrem Aussterben ging G. 1247 an die wettinischen Markgrafen von Meißen, von denen Albrecht II. der Entartete (reg. 1288–1314/15) öfter in G. weilte. 1324–1359 war G. Witwensitz für Elisabeth, die überlebende Frau Ldgf.s Friedrichs des Freidigen (reg. 1288/91–1323). Ihr Enkel, Landgraf Friedrich der Strenge (1349–1388), erwählte G. zur Hauptresidenz, auch sein Bruder Balthasar förderte die Stadt, sein Sohn Friedrich der Friedfertige bevorzugte aber Weimar. In Folge der Leipziger Hauptlandesteilung 1485 fiel G. an die ernestinischen Linie, die Kurfürsten bzw. seit 1547 Herzöge von Sachsen. Feste Residenz wurde G. erst nach der Gründung des Hzm.s Sachsen-G. 1640/41 (seit 1672 Sachsen-G.-Altenburg, 1825 ausgestorben). Unter dem ersten Herzog dieser Linie, Ernst dem Frommen (reg. 1640–1675), wurden die Behörden (Konsistorium, Landesregierung für die Rechtspflege und innere Verwaltung [»Policey«], die Kammer für Domänen und Regalien, das Obersteuerkollegium und, als Beratungsgremium sowie für alle Reservatsachen und alle wichtigen Angelegenheiten, der Geheime Rat) angesiedelt. Durch Teilung unter den Söhnen Ernsts des Frommen 1674 wurde das Herzogtum merklich verkleinert, die Primogenitur erst 1688 eingeführt.

Kirchlich gehörte G. zum Erzbistum Mainz, Archidiakonat St. Severi in Erfurt, Dekanat G. bzw. Wahlwinkel. Nach der Reformation unterstand G. dem Konsistorium zu Leipzig. Ernst der Fromme errichtete ein eigenes Konsistorium (1713 Oberkonsistorium) für das Herzogtum G.

(2) Der Ort G. wird erstmals 775 genannt, die Stadt entstand um die vermutlich wohl schon zu Beginn des 12. Jahrhunderts existierende Burg, wahrscheinlich vornehmlich durch Zuzug aus dem Umland. Der älteste Teil der Stadt liegt zwischen dem Brühl und der Jüdengasse. Östlich der Altstadt entstand eine offenbar planmäßig angelegte Erweiterung mit der Margarethenkirche (sicher 1290 bezeugt) und Neuen Markt (erst 1428 erwähnt). Vorstädte entstanden vor dem Erfurter und dem Brühler Tor, dazu kam die Burgfreiheit, die der Jurisdiktion des Rates entzogen war. Der Bau der Stadtmauer dürfte bereits Ende des 12. Jahrhunderts begonnen haben, im ausgebauten Zustand verfügte sie über vier Tore: Brühler (auch Kreuztor), Erfurter, Siebleber und Sundhäuser Tor, dazu kam die sog. Pforte. Burg bzw. Schloss hatte eigene Befestigungen. Nach dem Schmalkaldischen Krieg wurde die Mauer auf landesherrliches Geheiß hin 1552–1554 geschleift, nach Wiederaufbau 1662 erneut geschleift auf Befehl Herzog Ernst des Frommen, ab 1772 endgültig abgerissen. G. hatte 1543 ca. 4000 Einwohner, 1562 5386, die Zahl sank im Dreißigjährigen Krieg auf etwas über 3000, nahm danach bedeutend zu (1698 6316) und stieg im 18. Jahrhundert auf 7938 (1733) und auf 11511 (1760) an und verblieb auf diesem Niveau bis 1800.

G. erhielt vor 1265 (Jahr der Verleihung an Weißensee) das Eisenacher Stadtrecht. Um 1250 nahm die Stadt ein eigenes Siegel an, das den Stadtpatron, den Hl. Gotthard zeigt. Ein landesherrlicher Schultheiß, wohl für 1250 zu erschließen, und die Schöffen (1253) bildeten das Gericht, die mit den Schöffen identischen Ratsherren unter einem von ihnen gewählten Ratsmeister (später Bürgermeister) den städtischen Rat. Lange vor 1488 wurde es üblich, dass »regierender Rat« und »alter Rat« sich abwechselten. Die Ratsmitglieder ergänzten sich durch Zuwahl. 1350 wird erstmals ein Stadtschreiber genannt. Wegen der Alleinherrschaft des Rats, seines Finanzgebarens und der Vetternwirtschaft kam es 1412 zu Auseinandersetzungen, die aber keine Änderung der Verfassung zur Folge hatten. 1488 griff der Landesherr ein und beschnitt gemäß der kfl.en »Reformation« die Rechtsstellung der Ratsherren, die hinfort der Bestätigung des Kurfürsten bedurften. »Vier aus der Gemeinde« sollten Stadtfinanzen, Bauwesen und Ratskeller beaufsichtigen, wurden indes vom Rat nach Kräften behindert. Die städtische Autonomie wurde im Laufe der frühen Neuzeit immer mehr eingeschränkt, zumal infolge des wirtschaftlichen Niedergangs der Stadt nach 1567 und im Dreißigjährigen Krieg. 1579 wurden der Stadt neue Statuten durch die Vormünder der Herzöge Johann Casimir und Johann Ernst oktroyiert. Ernst der Fromme ließ von etwaiger Autonomie nach 1650 wenig bestehen. Das spätmittelalterliche Stadtwappen weist nur ein gekröntes goldenes »G« auf (weitere Details sind noch ungeklärt), es erscheint recht klein im Scheitel des Bogens am Rathausportal, darüber aber groß das vielfeldrige Wappen des Landesherrn (ein weiteres an der Westfassade). Ferner ist es zusammen mit dem wettinischen Stammwappen am Hauptportal der Margarethenkirche zu sehen, in der 1675 Herzog Ernst der Fromme beigesetzt wurde (Denkmal von 1728).

G. gehörte zu den fünf thüringischen Waidstädten und exportierte das kapitalintensive Produkt in die Niederlande, zu den Hansestädten, in die Lausitz und nach Nürnberg. Ein Waidhaus von 1576 ist erhalten. Ein Kaufmann wird 1306 genannt, die Kramerzunft galt als die vornehmste. Den Dörfern des Umlands war der Handel mit Waid sowie Getreide und Wolle verboten, desgleichen (durch fsl.en Erlass 1421) die Bierproduktion, was G.s Stellung als Markt- und Produktionsort stärkte. Kurfürst Johanns Bemühung 1528, vom Kaiser ein Privileg für zwei Jahrmärkte mit Stapelrecht im Anschluss an die Frankfurter Messen zu erhalten, schlug fehl. Es blieb bei den Wochenmärkten mittwochs und sonnabends, die 1441 auf Wild und Fisch ausgedehnt wurden. Einen Holzmarkt erlaubte der Landesherr 1556, zusätzlich kam 1591 ein Butter- und Käsemarkt hinzu. Herzog Ernst der Fromme förderte den Export von Getreide und Holz über G., die die wegen des im 17. Jahrhundert neuen Indigos abnehmende Bedeutung des Waids ausgleichen sollten. Versuche zum Aufbau von Manufakturen, insbesondere einer hzl.en Wollmanufaktur in Verbindung mit dem Waisenhaus 1719, blieben erfolglos, eine Ausnahme war die 1757 begründete Porzellanmanufaktur, die bis ins 20. Jahrhundert bestand.

1273 wird als erster Handwerker ein Hutmacher erwähnt, dann auch Tuchscherer, Drechsler, Schuhmacher und Goldschmiede (diese waren vermutlich auch für den Hof tätig), und in der Folge differenzierten sich die Handwerke immer mehr aus, 1678 soll es deren 42 gegeben haben. Eine erste Zunft, die der Wollweber, erscheint 1403. Die Tuchmacher, deren Handwerksordnung 1542 und 1574 bestätigt wurde, standen in steten Konflikt mit den Gewandschneidern. Als weitere Zünfte sind mangels Quellen nur die Hutmacher (1512), Böttcher (1574) und Seiler (1576) fassbar. Die Zünfte hatten keinen Einfluss auf das Stadtregiment. Ihre Obermeister wurden unter Aufsicht landesherrlicher Amtsträger gewählt. Seit 1575 wurden ihre Ordnungen allein vom Herzog genehmigt, 1659 wurden sie ganz der Landesherrschaft unterstellt. Da es keine Wasseranbindung gab, ließ Landgraf Balthasar den 30 km langen Leinakanal graben (1369 eröffnet), der Brauchwasser in die Stadt brachte, u. a. für die Gerber, und die Bergmühle am Schlossberg und zwei Brunnen auf dem Hauptmarkt speiste, zudem seit 1698 auch der Brennholzflößerei diente.

In G. gab es eine jüdische Gemeinde (Straßenname Jüdengasse, Ritualbad archäologisch nachgewiesen), die 1349 einem Pogrom zum Opfer fiel. 1436 wurden wieder Juden genannt, 1465 wieder vertrieben. Durch die Landesordnung von 1667 ihnen Aufenthalt und Handel untersagt, im 18. Jahrhundert wurde das Verbot für einzelne Familien gelockert.

Weit über G. hinaus einflussreich war durch seine Briefe der Domherr Mutianus Rufus (eigentlich Conrad Muth, 1470–1526), eine zentrale Figur des Erfurter Humanistenkreises und mit Erasmus von Rotterdam (einem Studienfreund aus Deventer) und anderen Gelehrten in Verbindung stehend. Ähnlich Erasmus blieb sein Verhältnis zur reformatorischen Bewegung distanziert. In seinem G.er Haus, genannt »Beata tranquillitas«, sollen auf seine Anregung die »Dunkelmännerbriefe« entstanden sein. Herzog Ernst der Fromme holte u. a. den Schulreformator Andreas Reyher nach G., der den »Gothaer Schulmethodus« (1642) entwarf und einen eigenen Schulbuchverlag gründete, überdies die allgemeine Schulpflicht in Sachsen-G. einführte, und den Juristen Veit Ludwig von Seckendorff, den Verfasser des vom Gothaer Staatswesen inspirierten Werkes »Teutscher Fürstenstat« (erstmals 1656 und später in mindestens 14 Auflagen erschienen). Auch für sein Bibelwerk, die Ernestinische, Weimarer, Kurfürsten- oder Endter-Bibel genannt und zwischen 1641 und 1768 in 14 Ausgaben veröffentlicht, versicherte sich Herzog Ernst der Mitarbeit zahlreicher Gelehrter. Herzog Ernst II. (reg. 1772–1804) machte aus G. ein Zentrum der Aufklärung. Für das Bürgertum öffnete er das 1775 gegründete und bereits 1779 wieder geschlossene Hoftheater, das unter der Direktion von Conrad Ekhof (»Vater der deutschen Schauspielkunst«) stand, und an dem der Publizist Heinrich Ottokar August Reichard (Herausgeber des ersten deutschen Theaterkalenders) tätig war. 1788 ließ Ernst II. eine Sternwarte errichten und richtete 1798 den ersten internationalen astronomischen Kongress in G. aus. Ernst II. war Freimaurer und einer der führenden Illuminaten; deren Gründer Adam Weishaupt gewährte er Asyl in G. Als aufklärerischer Theologe wirkte in Gotha der Generalsuperintendent Josias Friedrich Löffler, der 1800 eine »Freischule« für arme Kinder gründete. Als volksaufklärerischer Publizist war Rudolph Zacharias Becker u. a. mit seinem weitverbreiteten »Reichs-Anzeiger« und dem in großer Auflage erschienenen »Noth- und Hülfsbüchlein« hochbedeutend. Seit 1763 erschien in G. der »Gotha«, der Adelskalender, seit 1785 de facto im Verlag von Justus Perthes, der im 19. Jahrhundert mit seinen Landkarten und Atlanten bekannt wurde.

(3) Pfarrkirche war in der Altstadt zunächst St. Marien am Berge, 1247 genannt, 1344 zur Stiftskirche umgewandelt. Ihr Patronat stand seit 1281 dem Kreuzkloster zu, das 1356 darauf verzichtete. An der Kirche gab es 1506 31 Vikarien. In der Neustadt kam die Pfarrkirche St. Margarethen hinzu, deren ursprünglicher Bau 1494–1519/1531 durch eine gotische Hallenkirche ersetzt wurde (1506 sieben Vikarien). Ein Neubau nach Brand wurde 1652 eingeweiht, die Kirche 1725–1727 barockisiert. Das Patronat stand ursprünglich den Ldgf.en, seit 1384 dem Kreuzkloster zu (als Entschädigung für das Patronat über die Marienkirche), wurde diesem aber 1404 inkorporiert. Durch Vertrag von 1523 ging das Patronat an den Rat über.

An die Stelle der Altstädter Marienkirche trat nach der Reformation die 1366 errichtete Kirche des Augustinerklosters. Die Augustiner-Eremiten hatten sich 1258 in G. niedergelassen (einer der ersten Konvente in Deutschland) und übernahmen das kurz vorher, 1251, gegründete Zisterzienserinnenkoster zum Hl. Kreuz; die Zisterzienserinnen hatten 1255 ein neues Kloster außerhalb der Stadt vor dem Brühler Tor bezogen, welches von den fsl.en Stadtherren und G.er Bürgern reich bedacht wurde. In der Augustinerkirche hatte Luther mehrmals gepredigt, den Konvent 1516 visitiert. Der nunmehr als Pfarre dienende Kirchenbau wurde von Herzog Friedrich I. 1676–1680 erneuert, wovon die Fürstenloge mit großem Wappen des Hzg.s zeugt. Auf dem Gelände des im Bauernkrieg verwüsteten und 1541 abgerissenen Zisterzienserinnenklosters wurde 1542 der erste Friedhof (»Alter Gottesacker«) außerhalb der Stadt angelegt, 1656 die St. Katharinenkirche (1712 Garnisonkirche), errichtet.

Es gab mehrere Kapellen in G.: die St. Wolfgangs-Kapelle, die St. Gangolfs-Kapelle außerhalb der Mauern und die St. Peters-Kapelle bei Siebleben, vor allem aber die Hl. Gotthard-Kapelle im Rathaus ist zu nennen, deren Vikarie 1364 gestiftet wurde. Die Jakobskapelle auf dem Hauptmarkt wird erstmals 1380 genannt (sieben Vikarien), sie wurde 1567 im Zuge der Grumbachschen Händel abgerissen. Die nahegelegenen Klöster Reinhardsbrunn und Georgenthal besaßen Höfe in G., die 1282 bzw. 1253 erwähnt werden. 1525 suchten die vor den aufständischen Bauern geflohenen Mönche beider Klöster hier Zuflucht.

Das Hospital Mariae Magdalenae im Brühl wurde zwischen 1223 und 1226 von einer G.er Bürgerin mit Zustimmung Landgraf Ludwigs IV. und seiner Gemahlin, der (später heiligen) Elisabeth, gestiftet. Es gehörte seit 1231 zum Orden der Lazariten, nach dessen Auflösung 1489 den Johannitern. Im Zuge der Reformation wurde es 1534 kommunalisiert. 1719 wurde es neugebaut, die dazu gehörende Heiligen-Geist-Kirche schon 1712 eingeweiht. Das Pilgerhospital vor dem Brühler Tor wurde Ende des 14. Jahrhunderts mit dem Hospital Mariae Magdalenae vereinigt und später zu einem Krankenhaus entwickelt, 1756 in ein Spinn- und Arbeitshaus umgewandelt. Das Leprosenasyl, auch Siechhof oder Sonderhof genannt, weit außerhalb G.s gelegen, erhielt 1347 reiche Schenkungen, wurde später zu einem Altersheim für Ärmere. Anstelle einer mittelalterlichen Nikolaikapelle (mit eigener Vikarie) ließ Herzog Friedrich II. 1715 die Friedrichskirche erbauen. Ein Zucht- und Waisenhaus wurde von Herzog Friedrich II. 1702 eingerichtet. 1780 kam ein Leihhaus hinzu.

An geistlichen Laienvereinigungen sind die Bruderschaft zur Hl. Jungfrau Maria und die St. Sebastiansbruderschaft zu nennen, beide bei den Augustinern ansässig. Erwähnt werden ferner die Bruderschaften St. Antonius, St. Jacobus und Corporis Christi. Eine lateinische Schule an der St. Marien-Kirche wurde 1292 genannt, der Margarethenkirche angeschlossen war eine deutsche Schule (1478 erwähnt). Der Reformator G.s, Friedrich Myconius, sorgte 1524 für eine Neugründung der Lateinschule und deren Einzug ins aufgehobene Augustinerkloster 1529.

Erste reformatorische Aktivitäten gab es 1521. Der sächsische Thronfolger Johann, Sohn Friedrichs des Weisen, holte 1524 Friedrich Myconius (eigentlich Mecum), einen ehemaligen Franziskanermönch, aus Zwickau nach G. 1524 kam es zu einer Erstürmung der Kurien der Chorherren an St. Marien durch städtische Verbände, nachträglich setzte der Landesherr eine Entschädigung durch. Im Bauernkrieg sorgte Myconius für eine fürstenfreundliche Haltung G.s.

(4) Das Schloss Friedenstein enthielt nicht nur die hzl.en Wohn- und Repräsentationsräume, sondern auch die staatlichen Zentralbehörden, die Schlosskirche mit Grablege, Münze, Marstall, Zeughaus, Archiv, Bibliothek, Kunst- und Wunderkammer, Theater (1681–1687 anstelle des Ballhauses). Die kirchlichen Bauten treten im Stadtbild zurück. Über das Aussehen der Marienkirche ist wenig bekannt, die Augustinerkirche ist turmlos. Nur die Margarethenkirche weist einen markanten Turm auf. Einen kleineren Turm besitzt der Neubau des Hospitals Maria Magdalenae.

Am Schlossberg erhebt sich das repräsentative Landschaftshaus, seit 1764 Tagungsort der g.ischen Stände, zuvor Palais Westernhagen, erbaut um 1600. Am Schlossberg wohnten höhere hzl.e Amsträger. In der Nähe befand sich bis 1619 das Amtshaus (»Paradies«), ab 1702 Dienstwohnung des Hofpredigers.

Ein »neues« Rathaus wird 1344 erwähnt (bei Stadtbränden 1632 und 1665 zerstört). Das heutige Rathaus wurde 1567–1577 als städtisches Kaufhaus anstelle eines älteren auf dem Hauptmarkt neu erbaut. 1640–1646 diente es Ernst dem Frommen während des Schlossbaus als erste Residenz. Nach Brandbeschädigung 1665 wurde es als Rathaus eingerichtet, 1747–1749 barock umgestaltet.

Weitere fürstliche und adlige Bauten wurden im 18. Jahrhundert errichtet: Etwas außerhalb der Stadt Schloss Friedrichsthal mit barockem Park (1711) und Orangerie (1747–1759), das Prinzenpalais des Prinzen August mit Kavaliershaus und englischem Garten (1787), das Winterpalais (1779 fertig), Schloss Mönchhof (einst Hof der Reinhardsbrunner Mönche) (1729, 1800 umgestaltet mit Park im englischen Stil). In der Innenstadt befanden sich zudem das Prinzenhaus, das Palais derer von Wangenheim und das »Gartenhaus« der Familie von Franckenberg. Grabdenkmäler für hzl.e Amtsträger bestehen in der Margarethenkirche, im Kreuzgang der Augustinerkirche, aus den älteren Friedhöfen sind nur einzelne erhalten worden. Ein Grabmal in Form einer Pyramide ließ sich 1770 der Oberhofmarschall Hans Adam von Studnitz setzen. Der Englische Garten (heute: Schlosspark) wurde 1769–1773 angelegt, 1782 erweitert. Das Publikum hatte anfangs keinen, erst von 1786 an allmählich Zutritt. Die sog. Schlossanlagen entstanden nach Abtragung der Festungswälle. Der »Garten der Herzogin« mit frühem neugotischem Pavillon (»Teeschlößchen«) stammt aus den Jahren 1779–1781.

(6) G. hat in wechselnder Intensität vom 12. bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert immer wieder vom Aufenthalt des Hofes der Landgrafen, auch von ldgfl.en Witwen, und der Herzöge von Sachsen profitiert. Bemerkenswert ist, dass die Stadt sich von Landgraf Friedrich dem Strengen 1376 zusichern ließ, dass er seine Diener nicht von städtischen Abgaben befreite. Einen Einschnitt stellten die Grumbachschen Händel 1558–1567 dar, in denen G. schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde. U. a. wurde 1567 die Burg Grimmenstein zerstört. Eine Steintafel auf dem Hauptmarkt erinnert noch heute an das blutige Strafgericht, das auf Betreiben des Kurfürsten August von Sachsen an Wilhelm von Grumbach, am hzl.en Kanzler Christian Brück und anderen 1567 verhängt wurde. Unter Herzog Ernst dem Frommen wurde ab Mitte des 17. Jahrhunderts aus dem Herzogtum ein absolutistischer Musterstaat (Erlass von ca. 150 Policeygesetzen) geformt, was sich auch auf die Stadt auswirkte. Seine Nachfolger wichen von den Bahnen wenig ab. Unter Ernst II. wurde G. zu einem europäischen Zentrum der Aufklärung unter dem Einfluss freimaurerischen und illuminatischen Gedankenguts.

(7) Quellen für die älteren Zeiten birgt vor allem das Ernestinische Gesamtarchiv (EGA) im Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar (ThHStAW), ferner das Sächsische Hauptstaatsarchiv Dresden (HStAD). Das Thüringische Staatsarchiv Gotha (ThStAGo) verwahrt die Überlieferung des Herzogtums Gotha einschließlich der einstigen Klöster auf dessen Territorium, insbesondere Reinhardsbrunn und Georgenthal. Der bedeutendste Bestand ist das Geheime Archiv, die Repositur des Geheimen Rates, dazu kommen die Bestände Landesregierung (stark dezimiert), Oberkonsistorium, Kammer und Obersteuerkollegium. Für den Hof sind die Kammerrechnungen seit 1642 mit Belegen seit 1649 besonders wichtig. Die Bestände des Stadtarchivs Gotha sind bis in die Gegenwart stark dezimiert worden, erhalten blieben Urkunden, insbesondere zum Hospital Mariae Magdalenae und zum Kreuzkloster Gotha. Auch unter den Handschriften der Universitäts- und Forschungsbibliothek Gotha (der einstigen herzoglichen Bibliothek) findet sich Verwaltungsschriftgut. Ansichten von Gotha besitzen die Museen auf Schloß Friedenstein. Besonders zahlreich sind Darstellungen, Gemälde und Graphiken, der Belagerung Gothas im Zuge der Grumbachschen Händel.

Alte und seltene Ansichten der Herzoglichen Residenzstadt Gotha, [Gotha 1900] (ND o. J.). – Die Stadtrechte von Eisenach, Gotha und Waltershausen, hg. von Karl Friedrich von Strenge und Ernst Devrient, Jena 1909 (Thüringische Geschichtsquellen, 9 = N.F. 6). – Übersicht über die Bestände des Landesarchivs Gotha, bearb. von Ulrich Hess, Weimar 1960 (Veröffentlichungen des Thüringischen Landeshauptarchivs Weimar, 3). – Hinrichs, Hans-Jürgen: Lateinische und griechische Inschriften in Gotha und Umgebung, 2 Tle., Erfurt/Gotha 1998–1999. – Wandel, Uwe Jens: Thüringisches Staatsarchiv Gotha, in: Quellen zur Geschichte der Juden in den Archiven der neuen Bundesländer, Bd. 4: Staatliche Archive der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen, bearb. von Lars Bäcker, München 1999, S. 523–572. – Friedrich I. von Sachsen-Gotha und Altenburg: Die Tagebücher 1667–1686, 3 Bde., bearb. von Roswitha Jacobsen, Weimar 1998–2003 (Veröffentlichungen aus Thüringischen Staatsarchiven, 4/1–3) – Bünz, Enno: Das Mainzer Subsidienregister für Thüringen von 1506, Köln u. a. 2005 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Große Reihe, 8), S. 169–183.

(8)Möller, Johann Heinrich: Klöster in Gotha, in: Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde 4 (1861), S. 45–112, 259–318; 5 (1863), S. 23–68 (ND Bad Langensalza 2012). – Beck, August: Geschichte der Stadt Gotha, Gotha 1870 (ND Bad Langensalza 22001; Geschichte des gothaischen Landes, 2). – Schmidt-Ewald, Walter: Art. „Gotha, Stadtkreis“, in: Deutsches Städtebuch, Bd. 2: Mitteldeutschland (1941), S. 301–303. – Press, Volker: Wilhelm von Grumbach und die deutsche Adelskrise der 1560er Jahre, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 113 (1977), S. 396–431. – Patze, Hans: Art. „Gotha“, in: Handbuch der Historischen Stätten, Bd. 9: Thüringen (21989), S. 151–161. – Raschke, Helga: Gotha. Die Stadt und ihre Bürger, Horb/Neckar 21996. – Die Residenzstadt Gotha in der Goethezeit, hg. von Hans Erkenbrecher und Helmut Roob, Bucha bei Jena 1998. – Ernst der Fromme (1601–1675). Bauherr und Sammler. Katalog zum 400. Geburtstag Herzogs Ernsts I. von Sachsen-Gotha und Altenburg, hg. von Gotha Kultur, Gotha (2001). – Ernst der Fromme (1601–1675). Staatsmann und Reformer. Wissenschaftliche Beiträge und Katalog zur Ausstellung, hg. von Roswitha Jacobsen und Hans-Jörg Ruge, Bucha bei Jena 2002 (Veröffentlichungen der Forschungsbibliothek Gotha, 39). – Klinger, Andreas: Der Gothaer Fürstenstaat. Herrschaft, Konfession und Dynastie unter Herzog Ernst dem Frommen, Husum 2002 (Historische Studien, 469). – Wandel, Uwe Jens: Art. „Gotha“, in: Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Höfe und Residenzen I,2 (2003), S. 218–220. – Ignasiak, Detlef: Das literarische Gotha. Von den Anfängen bis zum Ausgang des 20. Jahrhunderts, Bucha bei Jena 2003. – Die Gothaer Residenz zur Zeit Herzog Ernsts II. von Sachsen-Gotha-Altenburg (1772–1804), hg. von der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, Gotha 2004. – Dobritzsch, Elisabeth: Barocke Zauberbühne. Das Ekhof-Theater im Schloß Friedenstein Gotha, Weimar/Jena 2004 (Gothaisches Museums-Jahrbuch, 8). – Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg. Ein Herrscher im Zeitalter der Aufklärung, hg. von Werner Greiling, Andreas Klinger und Christoph Köhler, Köln u. a. 2005 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen, Kleine Reihe, 15). – Im Reich der Göttin Freiheit. Gothas fürstliche Gärten in 5 Jahrhunderten, Wechmar 2007 (Gothaisches Museums-Jahrbuch, 11). – Wandel, Uwe Jens: Von Gotha nach Kew – von Kew nach Gotha. Zur Entstehung des Englischen Gartens in Gotha, in: Landschaftsgärten des 18. und 19. Jahrhunderts, hg. von Franz Bosbach und Gert Gröning, München 2008 (Prinz-Albert-Studien, 26), S. 107–135. – Der Leinakanal. Sechs Jahrhunderte gutes Wasser für Gotha, hg. vom Freundeskreis Leinakanal […], Gotha 2009. – Ahrens, Christian: »Zu Gotha ist eine gute Kapelle…«. Aus dem Innenleben einer thüringischen Hofkapelle des 18. Jahrhunderts, Stuttgart 2009 (Friedenstein-Forschungen, 4). – Wandel, Uwe Jens: Gotha und der heilige Gotthard. Vom Schutzpatron zum Maskottchen, Gotha 2011. – Gotha macht Schule. Bildung von Luther bis Francke. Katalog zur Ausstellung der Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/ Gotha […], hg. von Sascha Salatowsky, Gotha 2013 (Veröffentlichungen der Forschungsbibliothek, 49). – Bernstein, Eckhard: Mutianus Rufus und sein humanistischer Freundeskreis in Gotha, Köln u. a. 2014 (Quellen und Forschungen zu Thüringen im Zeitalter der Reformation, 2).

Uwe Jens Wandel