Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Alt Ruppin  – Neuruppin

Alt Ruppin – Neuruppin

(1) Der Name Ruppin (Rapin) wird das erste Mal 1238 in einer Urkunde der Markgrafen von Brandenburg genannt, wobei die Zuordnung zu Alt oder Neuruppin nicht zu entscheiden ist. Alt Ruppin [A. R.] (1256 Olden Ruppyn, 1291 prope antiquam Rupin) liegt am Nordende des R.er Sees, beiderseits des dort einmündenden Rhins, Neuruppin [N.] (1256 Ruppin, 1272 in Nouo Repyn) etwa fünf Kilometer entfernt am Westufer des R.er oder Rhinsees an einer aus der Altmark über Havelberg nach Nordosten in die Uckermark führenden Straße. Die Gründung der selbständigen Herrschaft R., die kein fester Bestandteil der Mark war, geht vermutlich auf die vom Nordostharz stammenden Herren von Arnstein zurück, die 1147 am Wendenkreuzzug teilnahmen und sich anschließend hier niederließen. Der erste urkundlich nachweisbare Inhaber der Herrschaft R., Gebhard I. von Arnstein (um 1177/78–1256), erwarb um 1214 von den Markgrafen von Brandenburg umfassende Rechte im Rhin-Seen-Gebiet, bald nach 1220 kam das Land östlich der Seenkette bis an die Grenzen des Granseer und des Löwenberger Ländchens hinzu. Wohl schon bald nach 1214 ließ Gebhard I. anstelle einer älteren slawischen Siedlung mit Wallanlage die Burg A. R. erbauen. Noch im 13. Jahrhundert entstand im nördlichen Vorgelände der Burg eine deutschrechtliche Siedlung A. R., die den älteren slawischen Kietz verdrängte. Den Vorzug gab Graf Gebhard I. jedoch der Marktsiedlung, der seit 1244/46 mit einem Dominikanerkloster versehenen und 1256 mit Stadtrecht bewidmeten civitas N., die ebenfalls eine ältere slawische Besiedlung kannte, die zunächst auch weiterhin Bestand hatte. Bis 1315 tagte das gräfliche Hochgericht auf der Burg A. R., ab diesem Jahr in der Stadt N. N. fungierte als Witwensitz, so für die aus der Familie Stolberg-Wernigerode stammende Anna, Ehefrau Graf Jakobs, die 1490 auf das Schloss zu A. R. zog und dort bis zu ihrem Tod 1526 blieb. Überdies gab es im 15. Jahrhundert mehrere Fürstentreffen in N., 1512 fand hier ein großes Turnier statt.

Da die Nachfahren Gebhards I. ebenfalls über die Herrschaft Lindau (auch Lindow) in Anhalt verfügten, bezeichneten sie sich als Herren bzw. Grafen von Lindow-R. Burg A. R. blieb über drei Jahrhunderte die Hauptburg der Grafen von Lindow-R. Sie residierten hier vom ersten Drittel des 13. Jahrhunderts bis zu ihrem Aussterben 1524 und bauten die Burg zu einem stattlichen Schloss aus. Mit dem Tod des nur 20jährigen Wichmann I. starben 1524 die Grafen von Lindow-R. aus, der Kurfürst von Brandenburg zog die Herrschaft als erledigtes Lehen ein. Die Kurfürsten vollzogen gelegentlich Regierungsgeschäfte in N. In der Folge blieb A. R. als landesherrliches Amt bis 1872 bestehen, N. war Amtsstadt, 1688 wurde eine Garnison angesiedelt, seit 1817 zudem Oberförsterei.

(2) A. R. (1525 42 Haushalte, davon 31 als Katen) entwickelte sich entlang der sich von Nord nach Süd erstreckenden Rhin-Halbinsel, auf der eine von Westen her einmündende, mittig zum Markt sich erweiternde Straße zur südlich gelegenen Burg führte. Auf der Halbinsel zweigte eine Straße nach Osten ab. Der slawische Kietz (1525 22 Haushalte) am östlichen Ufer des Rhins lag am Fuße eines Abhangs und zog sich als Straßenzeile am Fluss entlang. N. dürfte bei der Gründung als eine regelmäßig angelegte Siedlung geplant worden sein. Ältester Teil war ein langgestreckter, von zwei parallelen Straßen begleiteter Anger, auf dem sich im Süden die älteste Kirche (St. Nikolai), der alte Markt mit Rat- und Kaufhaus befanden. Bereits vor der Mitte des 13. Jahrhunderts wurde die Angersiedlung um einige Parallelstraßen und sieben bzw. acht rechtwinklig ansetzende Querstraßen ergänzt, so dass die Stadt einen fast quadratischen Grundriss von etwa 700 × 700 Metern erhielt; lediglich die Ostecke, wo es eine eventuell wüst gefallene slawische Siedlung gegeben hatte, wirkt abgeschnitten. 1244/46 wurde das Dominikanerkloster am Stadtrand gegründet, wohl auf einem dem Stadtherrn vorbehaltenen Platz. 1490 lag der als Witwensitz dienende Hof der Gf.in Anna, der sog. Grafenhof, gegenüber der Stadtkirche am Anger. Angaben zur Größe der Einwohnerschaft sind schwierig, N. hatte 1349 etwas mehr als 420 Häuser, um 1500 etwas über 600 Häuser, was auf über 2000, eventuell 3000 Einwohner schließen lässt, eine Zahl, die nach mehreren Pestzügen erst Mitte des 18. Jahrhunderts wieder erreicht wurde. 1365 wird in N. eine Lateinschule erwähnt, deren Schulmeister seit 1416 eine Kornrente vom Stadtherrn empfing; zu erwähnen ist der Bürgerssohn Nikolaus Wurm (um 1400), der in Bologna die Rechte studiert hatte und sich gelehrten Ruhm durch eine Auslegung des Sachsenspiegels und anderer Rechtsbücher erwarb. N. verfügte bereits im 13. Jahrhundert über eine Verteidigungsanlage, im 14. Jahrhundert über eine Ummauerung mit drei Toren (A. R.er oder Rheinsberger Tor im Norden, Bechliner oder Berliner Tor im Süden, Seetor im Osten). Der Ort A. R., allseitig durch Gewässer und Niederungen geschützt, blieb unbefestigt.

A. R. erhielt kein Stadtrecht, jedoch einige Sonderrechte wie Steuer- und Zollfreiheit im Land R. (auch für die Bewohner des Kietz geltend), freien Fischfang, Brotverkauf in N., Freiheit von Heeresfolge. Für die Nutzung der Feldmark war ein Grundzins zu leisten, von dem 2/3 an den Grafen, 1/3 an den Pfarrer gingen, dazu kamen Transport- und andere Dienstleistungen. Zur Ausbildung eines Rates kam es nicht. Die Gerichtsbarkeit oblag dem Stadtherrn; er setzte für das Obergericht den Vogt, für das Niedergericht den Lehnschulzen ein. N. erhielt 1256 Stendaler Stadtrecht, welches die Gewerbe-, Markt- und z. T. die Bauaufsicht des Rates vorsah sowie die Kooptation des Rates; eventuell war der Rat älter. Seit 1315 war das Stadtgericht ausschließliche Instanz für die Bürger, unterstand jedoch der Aufsicht des Stadtherrn. Das Nieder- bzw. Schulzengericht blieb gfl.es Lehen und konnte vermutlich erst Anfang des 15. Jahrhunderts von der Stadt erworben werden, der Richter wurde weiterhin vom Landesherrn bestellt. Das Schöppenkollegium wurde zuerst 1321 erwähnt (dürfte aber wohl älter sein), die sieben Mitglieder wurden vermutlich anfangs vom Stadtherrn bestellt. 1643 vermochte der N.er Rat alle Gerichte an sich zu ziehen. Das große Stadtsiegel zeigte ein mit Türmen bewehrtes Tor, vor der Toröffnung den Adlerschild der Herren von R. Das bis Anfang des 20. Jahrhunderts geführte Wappen N.s zeigt in Rot einen verkappten silbernen goldbewehrten Adler unter einem vorwärts gekehrten Stechhelm, die heraldische Figur der Grafen von Lindow-R., den nach rechts schauenden Adler mit ausgebreiteten und in die Höhe gerichteten Flügeln, welchen diese wiederum vom Stammhaus Arnstein (auf rotem Feld ein silberner Adler) übernommen hatten.

Neben dem Grundzins für innerstädtische Grundstücke hatten die N.er eine Salzabgabe zu leisten. Im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts wurde der Grundzins mehrmals erlassen bzw. konnte die Stadt ihn abkaufen. Die N.er Feldmark war anfangs kleiner als die A. R.s, 1395 erwarb die Stadt vom Grafen das Dorf Treskow.

A. R. war bis ins 18. Jahrhundert agrarisch geprägt, hatte jedoch drei Krüge, davon einen im Kietz, und drei Mühlen (Schlossm., Grafenm. und Neue M.). Das Stadtrechtsprivileg N.s von 1256 weist auf eine seit längerem bestehende handwerkliche und kaufmännische Tätigkeit an diesem Ort hin. Genannt werden ein »alter« Markt, ein Kaufhaus, Häuser für Krämer und Pelzhändler, Tuchmacher, Leineweber, Schlächter, Fisch- und Heringsverkäufer, einen vor der Stadt gelegenen Weinberg. 1291 wurde am Neuen Markt ein Kaufhaus für die Schuhmacher errichtet. 1315 erhielten die Viergewerke (Tuchmacher, Fleischer, Schuhmacher/Gerber, Bäcker) Zunftstatuten (Ausschluss der Wenden vorsehend), wohl infolge einer innerstädtischen Zunftbewegung. 1393 werden eine Schneider- und Scherergilde erwähnt, 1434 eine Kürschner-, 1446 eine Webergilde. 1380 mussten die Zünfte am Stadtregiment beteiligt werden, seit 1382 stimmten die Gildemeister der Viergewerke bei allen Entscheidungen des Rates mit, vermutlich setzten sie eine Ratserweiterung durch. Bis 1430 wechselten sich in N. zwei Ratskollegien (je sechs Personen) jährlich ab. Zu insgesamt 12 Ratsmitgliedern kam der Stadtschreiber, der ständig im Amt blieb. Der Rat hatte das Recht zur Selbstergänzung; die Ratsverwandten stammten aus den einflussreichsten Familien der Stadt. Ab 1430 bestanden drei Ratskollegien zu je zwei Bürgermeistern und sechs Ratmannen, jeweils nacheinander für ein Jahr amtierend (amtierender und ruhender Rat zusammen sechs Bürgermeister und 18 Ratmannen).

(3) A. R. und N. gehörten zum Bistum Havelberg, N. war Sitz des Propstes für das Land R. Die A. R.er Pfarrkirche lag mitten im Ort und war mit zwei Altären ausgestattet. Der am Nebenaltar tätige Altarist hatte zu Beginn des 16. Jahrhunderts neben der Frühmesse zweimal wöchentlich die Messe im Schloss zu lesen. N. hatte ursprünglich zwei Pfarrkirchen: St. Nikolai (angeblich ein Bau des 13. Jahrhunderts) und die ihr folgende (um 1501 vollendete) St. Marienkirche. Das Patronat lag beim Grafen, ab 1524 beim brandenburgischen Kurfürsten Die Pfarrer an St. Marien stammten gelegentlich aus den eng mit dem Hof der Herren von Lindow-R. verbundenen Adelsfamilien, u. a. Richard Wegener 1519-1525, der einer der Testamentsvollstrecker des letzten Grafen Wichmann I. war. Zu den Kirchenvorstehern der Marienkirche gehörten (im 15. Jahrhundert sicher nachweisbar) Angehörige der N.er Ratsherrengeschlechter. Graf Ulrich III. förderte 1355 die Errichtung eines Altars der Elendengilde in der Marienkirche. 1391 wurde der (ältere?) Kaland vom Bischof von Havelberg neu geordnet, ihm gehörten fortan vornehmlich die Pfarrer der Landkirchen an; im 15. Jahrhundert erfuhr er mehrfach Förderung durch die Grafen In N. befanden sich fünf Kapellen. Im Süden der Stadt wurde vermutlich anstelle eines stadtherrlichen Hofes das 1244 von Graf Gebhard gegründete Dominikanerkloster errichtet; es handelte sich um die früheste Niederlassung des Ordens in der Mark. Erster Prior des Klosters wurde Wichmann (1246–1270), Bruder des Gründers, unter dem es zu einer Pflege der mystischen Literatur kam. In N. befanden sich vier Hospitäler: am A. R.er Tor das Heilig-Geist-Hospital (1321 erwähnt), vor dem A. R.er Tor das St.-Georg-Hospital (1362 erweitert), vor dem Bechliner Tor das Gertrud-Hospital (1433 erwähnt) sowie ein (St. Lazarus-)Siechenhospital (1490 gestiftet), zu dem die Laurentius- bzw. Siechenkapelle gehörte. 1540 wurde das Kloster aufgehoben, 1564 vom Landesherrn der Stadt geschenkt. Das Landregister von 1525 nennt für A. R. ein vor dem Schloss gelegenes Pilgerhaus, für das Bier und Brot aus der gfl.en Küche zu holen waren.

Juden werden in N. 1315 erwähnt, sie befanden sich unter landesherrlichem Schutz und Gericht; 1323 wurde ihnen eine Schlacht- und Kornkauferlaubnis gewährt. Eine Judenstraße mit Synagoge und Judenbad sind 1365 belegt. Um 1475 soll es hier vier bis sechs jüdische Familien gegeben haben. Ende des 15. Jahrhunderts wurden die Juden und die Synagoge vom bisherigen Standort in die Fährstraße umgesetzt. 1510 wurden die Juden aus der Mark und damit wohl auch aus N. verwiesen.

(4) Baulich wurde A. R. weniger von Burg bzw. Schloss, einer Niederungsburg von ovalem Grundriss und einer Ummauerung mit zwölf Türmen, geprägt, als vielmehr von der Pfarrkirche. Eine Stadtmauer gab es nicht. N. war von einer starken Befestigung mit drei Toren umgeben. Über das Aussehen des 1256 erwähnten Rathauses lassen sich keine Aussagen treffen. St. Nikolai, die ältere der beiden N.er Pfarrkirchen, dürfte ein vom Anfang des 13. Jahrhunderts. stammender romanischer Bau gewesen sein, der am Südende der angerartigen Hauptachse lag; er verfiel im Zuge der Reformation. Die um 1501 vollendete gotische Hallenkirche St. Marien stammt aus dem 13./14. Jahrhundert und beherrschte das Stadtbild. Bei dem in spätromanischen Formen kurz vor der Mitte des 13. Jahrhunderts begonnenen frühgotischen Backsteinbau des Dominikanerklosters mit St. Trinitatis-Kirche handelt es sich um eine Hallenkirche, die um 1270 nach Westen erweitert wurde, im Spätmittelalter jedoch turmlos verblieb. Die Klosterkirche St. Trinitatis war seit der Beisetzung Gebhardts I., des Gründers, 1256 Grablege der Grafen von Lindow-R. Vermutlich seinem Bruder Wichmann, dem ersten Prior, wurde um 1370/80 ein aus Sandstein gefertigtes Standbild gesetzt. Eine um 1488 angefertigte Gedächtnistafel in der St. Trinitatis-Kirche verzeichnet die Namen der unter dem Chor der Kirche beigesetzten Mitglieder der gfl.en Familie, bis 1526 insgesamt 19 Gf.en und zehn Ehefrauen bzw. Töchter. Von den Hospitalkapellen sind in N. nur zwei erhalten geblieben: St. Georg, nordöstlich vor der Stadt. aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, sowie der achteckige Backsteinbau der 1491 erwähnten Siechenhauskapelle St. Laurentius/St. Lazarus im Südosten der Stadt.

Einen Eindruck vom Aussehen N.s vermittelt ein Stich bei Matthäus Merian/Martin Zeiller 1652 sowie der 1694 geschaffene Prospectus Ruppinensis ac Wuthenowiensis. Der großflächige Stadtbrand von 1787 zerstörte so gut wie alle Gebäude, auch Kirchen und das Rathaus sowie das vormals gräfliche Palais wie auch das Stadtarchiv. Der Plan des städtischen Baudirektors Bernhard Matthias Brasch zum Wiederaufbau sah eine frühklassizistische Idealstadt mit annähernd rechtwinkligem Straßennetz und großen Plätzen vor. N. gilt als Musterbeispiel für diese Stilepoche. Für den Wiederaufbau wurden Steine der seit dem Dreißigjährigen Krieg verfallenen Burg A. R. verwendet.

(5) A. R. bzw. N. war Hauptort des Landes R., welches anfangs offenbar etwa 25 Dörfer zwischen der Temnitz im Westen und der nordsüdlichen Seenkette im Osten zählte. N. war im nördlichen Umfeld durch eine Landwehr mit Doppelwällen zwischen Molchowsee, Gänsepfuhl und Katerbowsee geschützt; vermutlich war sie im 14./15. Jahrhundert zum Schutz gegen eine Bedrohung aus dem mecklenburgischen Raum errichtet worden. N. diente im frühen 14. Jahrhundert (sicher 1323) als Markt im Getreidefernhandel, in N. hergestellte Tuche wurden im 16. Jahrhundert nach Hamburg und von dort nach Skandinavien exportiert. N. fungierte 1398 zusammen mit Wusterhausen a. d. Dosse (Pfandbesitz der Grafen seit 1317) und Gransee (Pfandbesitz seit 1319) sowie der R.er Ritterschaft als Bürgen für einen Beistandspakt der Grafen mit den Markgrafen von Brandenburg, ähnlich 1406. N.s nicht ganz unbedeutende Stellung in der Mark wird deutlich in dem Umstand, dass der N.er Rat sich 1448 einer weiteren Bürgschaft zugunsten der Grafen zu entziehen vermochte, im selben Jahr aber die Städte Berlin und Kölln in ihrer Streitsache gegen den Kurfürsten Friedrich unterstützte. In den 1470er Jahren trafen sich gelegentlich die märkischen Städte zu Verhandlungen in N.

(6) Burg A. R. blieb über drei Jahrhunderte die Hauptburg der Grafen von Lindow-R. Sie residierten hier vom ersten Drittel des 13. Jahrhunderts bis zu ihrem Aussterben 1524 und bauten sie zu einem stattlichen Schloss aus. Als Stadt und Fernhandelsort war N. wichtiger, A. R. verblieb durchweg agrarisch geprägt. Allein N. entwickelte sich zu einer ausgebildeten Stadt, die sich um die Mitte des 15. Jahrhunderts dem Zugriff der Grafen in Ansätzen entziehen konnte (Ablehnung einer Bürgschaft zugunsten der Gf.n, Unterstützung Berlins und Köllns). Ein Grund mag die wirtschaftlich schwache Stellung der Grafen gewesen sein, die im Laufe der Jahrzehnte einen Großteil des Eigenbesitzes verloren hatten. Für das wirtschaftliche Wachstum und damit einhergehend den Gewinn an politischer Bedeutung spricht auch die Einwohnerzahl, die nach Wegfall des Hofes noch weiter gestiegen sein dürfte. Für 1543 werden 626 Häuser erwähnt, was auf ca. 3000 Einwohner schließen lässt, womit N. immerhin an fünfter Stelle aller 28 mittelmärkischen Städte rangierte.

(7) Das Stadtarchiv Neuruppin verbrannte 1787 vollständig. Der Stadtphysikus Bernhard Feldmann (1704–1776) fertigte jedoch ab 1756 Kopien älterer Dokumente an, das 1200 Seiten zählende Manuskript befindet sich heute im Heimatmuseum Neuruppin.

Als wichtige Quellen sind zu nennen ein 1362 vom Stadtsekretär Johann Oldendorf angelegtes Verzeichnis der Pflichten, Verhältnisse und Einnahmen des Rates zu Neuruppin, einschließlich eines Zolltarifs. Neuruppiner Ratsrechnungen gibt es aus den 1470er Jahren, u. a. mit Hinweisen zum Zug Gf. Jakobs 1474 zum Reichskrieg gegen Karl den Kühnen. Gf. Johann III. ließ 1491 ein Landbuch anlegen, in dem die zur Herrschaft Ruppin gehörigen Ortschaften, Besitzverhältnisse und Dienste/Leistungen registriert wurden. Nach Ende der Grafenzeit wurde 1525 ein Landregister angelegt, in welchem die Orte genau erfasst wurden (Häuserzählung).

Codex diplomaticus Brandenburgensis (1838–1868), bes.: Bd. A IV (1844), S. 1–193, 462–491, 511–520. – Publius Vigilantius, Bellica Progymnasmata […] Novirupini celebrata (Das Neuruppiner Turnier 1512), Frankfurt an der Oder 1512. Faksimile mit Erläuterung. Festgabe 1937, hg. vom Verein für Geschichte der Mark Brandenburg, o. O. 1937. – Schultze, Johannes: Drei Ruppiner Inventare von 1524 und 1526, in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte 47 (1935) S. 344–351. – [Martin Zeiler:] Topographia Electoratus Brandenburgici et Ducatus Pomeraniae: et Ducatus Pomeraniae etc. das ist Beschreibung der Vornembsten und bekantisten Stätte und Plätz in dem hochlöblichsten Churfürstenthum und March Brandenburg, und dem Hertzogtum Pom[m]eren zu / In Druck gegeben vnndt verlegt durch Matthaei Merian. 1652 [Faks. Neudruck Brünn 1926], S. 90 f.: Rupin. – Merian-Stiche von Neu- und Alt Ruppin (vor 1630), in: Topographia Germaniae. Das ist vollkömliche Beschreibung und eygentliche Abbildung der vornembsten Städt und Oerther [3]. Brandenburg, Matthaeus Merian, der Ältere, 1593–1650; Martin Zeiller, 1589–1661, Koblenz 2012, S. 92 f.

(8)Riedel, Adolph Friedrich: Geschichte der geistlichen Stiftungen, der adlichen Familien, so wie der Städte und Burgen der Mark Brandenburg, in: Codex diplomaticus Brandenburgensis, Bd. A IV (1844), S. 194–277, S. 462–483. – Liesegang, Erich: Zur Verfassungsgeschichte von Neuruppin, in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte 5 (1892) S. 1–83. – Eichholz, Paul, Spatz, Willy, Solger, Friedrich: Die Kunstdenkmäler des Kreises Ruppin, Berlin 1914 (Die Kunstdenkmäler der Provinz Brandenburg, 1,3). – 700 Jahre Ruppin. Festschrift zur Siebenhundertjahrfeier der Stadt Neuruppin und des Kreises Ruppin, hg. von Paul Meyer, Neuruppin 1939. – Neumann, Max: Die Burg Altruppin und die Besiedlung des Ruppiner Landes, in: Ruppiner Beiträge. Festgabe für Wilhelm Teichmüller, hg. vom Historischen Verein der Grafschaft Ruppin, Neuruppin 1940 (Ruppiner Heimathefte, 9), S. 76–86. – Kunzendorf, Jörg Ulrich: Die Stadtkirche St. Marien zu Neuruppin, in: Jahrbuch für Brandenburgische Kirchengeschichte 55 (1985) S. 157–179. – Dehio, Kunstdenkmäler: Bezirke Berlin/DDR und Potsdam (21988), S. 122 f., S. 308–314. – Schultze, Johannes: Geschichte der Stadt Neuruppin. Ein Rückblick auf 700 Jahre, Berlin 31995. – Handbuch der Historischen Stätten, Bd. 10: Berlin und Brandenburg (31995). – Metzler, Matthias: Landkreis Ostprignitz–Ruppin, Bde. 1–2, Worms am Rhein 1996/2003 (Denkmale in Brandenburg, 13,1–2). – Barthel, Rolf: Neuruppin. Landkreis Ostprignitz-Ruppin (60 km nw Berlin), in: Städtebuch Brandenburg und Berlin (2000), S. 362–370. – Böcker, Heidelore: Art. „Lindow-Ruppin“, in: Höfe und Residenzen IV,1 (2012), S. 846–870.

Heidelore Böcker