Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Massow (Maszewo)

Massow (Maszewo)

(1, 2) M. liegt auf einem Hügel an der Stepenitz (Stepnica) im historischen Ost- bzw. Hinterpommern (dem heutigen polnischen Westpommern) etwa 50 km östlich von Stettin (Szczecin) und etwa 20 km nördlich von Stargard in Pommern (Stargard) und Kolberg (Kołobrzeg). Über die frühe Besiedlungsgeschichte ist nicht viel bekannt, archäologisch sind eine slawische Siedlung und eine Burg des 7./8. bis in die erste Hälfte des 9. Jahrhunderts. und wieder des 10.–12. Jahrhunderts, als M. zur Kastellanei Stargard gehörte, ermittelt worden. 1233 wird ein Pfarrer genannt, es muss also eine Kirche gegeben haben, was für eine größere Siedlung, Kirchdorf, spricht. Der Ort bestand aus der auf dem Hügel gelegenen Burg und der östlich von ihr gelegenen Siedlung, die sich zur Kleinstadt entwickeln sollte; bis 1334 war die Burg in Händen der (1259 erstmals erwähnten) Herren von M., ehe diese die zu dieser Zeit verfallene Burg an den Bischof und Domkapitel von Cammin verkauften. 1259 verständigten sich Herzog Barnim I. von Pommern-Stettin und der Camminer Bischof Hermann von Gleichen (reg. 1251–1288/89) über die Grenzen des Massower und Stargarder Landes, und 1269 verzichtete Barnim I. endgültig zu Gunsten des Bf.s auf M. Vor 1274 muss die deutschrechtliche Stadt entstanden sein, der 1278 vom Bischof das Magdeburger Recht verliehen wurde, Oberhof war Stargard i. P. (Stargard); bereits 1274 aber wurden Ratsherren genannt und M. als Oppidum bezeichnet. 1280 wurden die M.er Bürger von Herzog Bogislaw IV. von Zoll und Ungeld in Pommern befreit (1290 und 1320 erneuert), was ein Indiz für Handelstätigkeit in diesem Raum ist. 1286 wurde statt des Magdeburger das Lübecker Recht vorgeschrieben (1290 erneuert und 1501 durch Herzog Bogislaw X. von Pommern bestätigt). Bogislaw X. legte zugleich fest, dass die Stadt ein Drittel der verhängten Gerichtsbußen erhalten sollte, zwei Drittel dem Landesherrn zustanden, und übergab zudem die außerhalb der Mauer gelegene Mühle der Stadt. Die formale Zugehörigkeit des 1289 als Civitas bezeichneten M. wechselte mehrmals: 1295 gehörte nach der pommerschen Landesteilung das Gebiet zum Herzogtum Pommern-Wolgast, 1387 kaufte Herzog Bogislaw VIII. von Pommern-Stolp und Administrator des Bm.s den verpfändeten bfl.en Anteil an Schloss und Stadt M. (neben anderen Besitzungen) aus dem Pfandbesitz des Domkapitels Cammin. Nach seinem Austritt aus dem geistlichen Stand behielt er diese, da die Pfandsumme nicht zurückbezahlt worden war. Nach dem Vertrag von 1436 gingen Stadt und Burg M. erneut in die Hand des Bf.s über, 1451 wiederum an die Herzöge von Pommern, die sie 1466 an die Grafen von Eberstein verpfändeten. 1523 erhielt Graf Georg von Eberstein das ganze Land zu M. mit der Stadt als Lehen. Nach Erlöschen der männlichen Linie der Grafen von Ebersteins 1663 ging M., das im 17. Jahrhundert zwischenzeitlich noch an die Grafen von Wied verpfändet war, in den Besitz der Gf.in Eleonore von Wied über, nach deren Tod an Herzog Ernst Bogislaw von Croÿ, dem letzten Camminer Bischof (1637–1648/1650). Nach dessen Tod 1684 kam M. an das Kurfürstentum Brandenburg. 1694 wurde M. der landesherrlichen Domäne angegliedert. 1716 wurde M. Garnisonsstadt.

An der Spitze des Gemeinwesens stand anfangs ein bfl.er Vogt, Rat und Gemeinde werden 1274 erwähnt. Zu einer unbekannten Zeit ging das Recht zur Vogtwahl auf die Gemeinde über. Zeitweise werden drei Bürgermeister (1378 und 1492) und zwei Kämmerer (1492) genannt, 1740 gab es zwei Bürgermeister, einen Kämmerer und einen Sekretär. 1567–1590 gab es teils blutige Auseinandersetzungen mit dem Stadtherrn Graf Wolfgang von Eberstein über Abgaben, Dienstleistungen und Patronatsrechte. 1647 kam es zum Streit mit Graf Ludwig Christoph von Eberstein über die Besetzung des Vogtamtes

Über die Wirtschaftsstruktur der kleinen Stadt, deren nahezu runder Grundriss mit zwei Hauptstraßen und gitterförmig angelegten Gassen eine gezielte Planung verrät, ist weiter nichts bekannt, sie dürfte weitgehend von der Landwirtschaft bestimmt worden sein. Im Stadtrechtsprivileg von 1286 wurden den Bürgern die Zahlung eines Grundzinses und die Hälfte der Gerichtsbußen auferlegt; nach der Kapitelordnung des Bm.s Cammin aus der Zeit Bf.s Philipp von Rehberg (1370–1385) musste M. jährlich 100 Mark an den Bischof zahlen. Die Ortschaft wurde wie das etwa 25 km nordöstlich gelegene Daber (Dobra Nowogardzka) bei der Erhebung des 1495 beschlossenen Gemeinen Pfennigs auf 200 Gulden (zahlbar in vier Jahren) veranschlagt. Angaben zur Einwohnerzahl sind erst für das 17.–18. Jahrhundert möglich (nach 1638 werden weniger als 965, 1740 868, um 1800 1105 Einwohner gezählt; 1743 177 Häuser). Im Dreißigjährigen Krieg hatte M. schwer zu leiden (Plünderungen und große Brände 1627/28, 1630, 1631, 1638 und 1639). Von der ausgangs des 18. Jahrhunderts erhobenen Erwerbs- und Berufsstruktur (bedeutende Strumpfproduktion in Heimarbeit) ist nicht unbesehen auf ältere Zustände zurückzuschließen. Seit 1580 ist ein Vieh- und Krammarkt nach Michaelis belegt. Trotz der Kleinheit war die Bürgerschaft in Quartiere eingeteilt, denen Viertelsleute vorstanden. Um 1400 wird eine Schützengilde erwähnt, die 1680 neu errichtet wurde.

(3) Bereits der zuerst erwähnte Geistliche war Probst und Kaplan des Camminer Bf.s, was für eine über eine einfache Dorfkirche stehende Einrichtung und damit für eine größere Siedlung spricht. Die Pfarrei wurde 1278 bei der Lokation mit vier Hufen ausgestattet. Das Patrozinium, die Hl. Maria, wird erst 1358 im Zusammenhang mit der Errichtung des Baus erwähnt (Turm 1741 erneuert). Eine erste Memorienstiftung ist für 1317 belegt. Vor 1372 gab es an der Pfarrkirche eine Schule. Das 1490 angelegte Pfründenregister der Diözese Cammin erwähnt fünf Vikariate in der Pfarrkirche, von denen eines (der Hl. Maria und Hl. Johannis) unter der Schirmherrschaft der M.er Bürgermeisters steht, ein anderes (der Hl. Märtyrer) unter dem Patronat der Adelsfamilie Kussow und ein weiteres (Patrozinium unbekannt) unter dem Patronat der Kalandsbrüder stand. 1492 wurde ein weiteres Vikariat vom Stadtrat und der Witwe des Bürgers Johann Pagenkop gestiftet. Vor 1533 muss der Altar des Hl. Nikolaus gestiftet worden sein, 1534 bestätigte der Bischof ein Vikariat, das dem Patronat der Bürgermeister unterstand.

1303 war ein St. Georgs-Hospital mit Kapelle vorhanden, das unter landesherrlichem Patronat stand. Zudem gab es bereits 1345 eine Kalandsbruderschaft, 1358 eine St. Petersbruderschaft an der Pfarrkirche. Als weitere geistliche Einrichtung gab es eine St. Annen-Kapelle an der Stadtmauer, an der 1498 ein Vikariat eingerichtet wurde. 1492 wird zudem eine St. Georgskapelle extra muros erwähnt.

Die Einrichtung eines Vikariats am Nikolausaltar noch 1534 spricht für einen Verbleib in der alten Lehre, doch im selben Jahr wurde eine neue Kirchenordnung eingeführt, 1535 wurde die Pfarrschule in eine Ratsschule umgewandelt. Ein evangelischer Pfarrer ist für 1536 belegt, M. war Sitz einer Synode.

(4) Zur baulichen Gestaltung und zur Bauentwicklung liegen keine Angaben vor, 1794 gab es 201 Fachwerkhäuser. An kommunalen Bauten ist das Rathaus am Marktplatz zu nennen, dessen Bauzeit nicht bekannt ist (wahrscheinlich um 1363). Eine Befestigung ist 1286 nachgewiesen, im 14. Jahrhundert wurde eine Mauer angelegt, die über zwei Tore verfügte (Stargarder Tor im Süden, Naugarder Tor im Norden); Teile des Naugarder Tors haben sich trotz der Niederlegung 1784–1786 erhalten. Westlich der Stadt lag das Schloss, das im 16. Jahrhundert anstelle der älteren Burg erbaut wurde.

(5) 1278 wurde M. anlässlich der Stadtrechtsverleihung mit 130 Hufen Land ausgestattet. Der Grundbesitz wurde deutlich vergrößert: 1303 erhielt M. zudem noch das Dorf Holzhausen vom Bischof (zu Beginn des 16. Jahrhunderts wüst). 1325 erwarb M. eine Hälfte des Dorfes Fredeheide (heute Freiheide [Godowo]) vom Adelsgeschlecht M. als Pfand. 1363 kaufte die Stadt sechseinhalb Hufen beim Dorf Freiheide hinzu, 1375 sprach der Camminer Bischof der Stadt ein Lehen von ebenfalls sechseinhalb Hufen in Freiheide zu. Dort hatten M.er Bürger das Patronatsrecht über die Pfarrei inne. 1541 verkauften Valentin und Tomas Mildenitz ihren Anteil im Dorf Fredeheide für 295 Gulden an die Stadt. 1372 kaufte M. die Hälfte des Dorfes Kölpin (Kiełpino) (später wüst). 1755 wurde die Stadtflur durch König Friedrich den Großen deutlich verkleinert zur Anlage des Dorfes Neu M.

1321 trat M. gemeinsam mit Kolberg (Kołobrzeg) und Köslin (Koszalin) als Bürge auf für das zwischen Bischof Konrad IV. von Cammin und den Hzg.en Otto I. und seinem Sohn Barnim III. von Pommern-Stettin und Herzog Wartislaw IV. von Pommern-Wolgast geschlossene Bündnis mit Herzog Wizlaw III. von Rügen. In M. huldigten 1336 die Adelsfamilien Güntersberg, Pansin und Steglitz der Herzogin Elisabeth von Pommern-Wolgast und ihren Söhnen, nachdem der M.er Rat einen Streit zwischen beiden Parteien beigelegt hatte. 1371 stellte Bischof Philipp von Rehberg in M. eine Urkunde aus, mit der er ein Abkommen mit Markgraf Otto von Brandenburg bestätigte. 1417 trat die Stadt dem Landfrieden mit den Städten und der Ritterschaft des Hzm.s Pommern-Stolp sowie mit den Städten Greifenberg (Gryfice), Treptow a. d. Rega (Trzebiatów nad Regą), Wollin (Wolin), Kammin (Kamień Pomorski), Stargard (Stargard) und den Rittern östlich der Swine (Świna) bei.

M. war Mittelpunkt des seit dem 13. Jahrhundert in den Quellen erscheinenden M.er Landes. Im 18. Jahrhundert spielt die Stadt eine zentrale Rolle, die sich in zahlreichen Rechtsgeschäften zwischen Stadt und Rittern niederschlug.

(6) M. gehörte zu den kleinsten Städten Westpommerns. In der bfl.en Domäne rangierte die Stadt hinsichtlich der Steuerverpflichtung hinter Kolberg (Kołobrzeg) und Köslin (Koszalin). M. spielte nur eine untergeordnete Rolle im Bistum Cammin; nur gelegentlich wurde die Stadt von den Landesherrn aufgesucht. Die Funktion als Residenzstadt bleibt noch genauer zu untersuchen.

(7) Die Überlieferung zur Stadtgeschichte ist überschaubar. Spätmittelalterliche Quellen (Reste des Stadtarchivs) befinden sich im Landesarchiv Greifswald (UR/Rep. 1: Bistum Kammin, und UR/Rep. 38 bU: Massow), daneben auch ein Einwohnerverzeichnis von 1717. Neuzeitliche Quellen, vor allem ab 1777, finden sich im Staatsarchiv Stettin (Archiwum Państwowe w Szczecinie), hier vor allem im Bestand Kriegs- und Domänenkammer Stettin, Nr. 84–94, 348–357. Daneben gibt es in beiden Archiven Kirchenbücher (ab 1651).

Brüggemann, Ludwig Wilhelm: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königlich Preußischen Herzogthums Vor- und Hinter-Pommern, Th. 2, Bd. 1, Stettin 1784, S. 207–211.

Diplomatische Beiträge zur Geschichte Pommerns aus der Zeit Bogislafs X, hg. von Robert Klempin, Berlin 1859. – Pommersches Urkundenbuch, Bde. I–VII, Stettin 1868–1936 (Nachdruck Köln u. a. 1970), Bde. VIII–XI, Köln u. a. 1961–1990.

(8)Berghaus, Heinrich Karl Wilhelm: Landbuch des Herzogthums Pommern und des Fürstenthums Rügen. Enthaltend der Zustände dieser Lande in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, Th. 2, Bd. 5, Stargard an der Ihna 1872, S. 1025–1468. – Lemcke, Hugo: Art. „Massow“, in: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Stettin, H. IX: Der Kreis Naugard, Stettin 1910, S. 222–235. – Massow, Wilhelm von: Die Massows. Geschichte einer pommerschen Adelsfamilie, Halle 1931. – Schmidt, Richard: Massow in Geschichte und Gegenwart, in: Unser Pommerland 7/8 (1936) S. 370–372. – Ślaski, Kazimierz: Podziały terytorialne Pomorza w XII–XIII wieku, Poznań 1960. – Bollnow, Hermann: Studien zur Geschichte der pommerschen Burgen und Städte im 12. und 13. Jahrhundert, Köln/Graz 1964. – Frankiewicz, Bogdan: Dzieje 700–letniego Maszewa, in: Jantarowe Szlaki 7/8 (1979) S. 26–30. – Rymar, Edward: Eversteinowie pomorscy na Nowogardzie i Maszewie. Podsumowanie badań genealogicznych, in: Przegląd Zachodniopomorski 13/4 (1998) S. 57–82. – Radacki, Zbigniew: Średniowieczne zamki na Pomorzu Zachodnim. Suplement do monografii z 1976 roku, in: Materiały Zachodniopomorskie NS 2–3 (2005–2006) S. 5–81. – Gut, Agnieszka: Rozwój i symbolika herbu Maszewa, in: Maszewo i okolice na przestrzeni wieków, hg. von Agnieszka Chlebowska, Szczecin 2008, S. 45–58. – Guzikowski, Krzysztof: Rodzina rycerska Luchte i okoliczni rycerze na tle dziejów Maszewa i ziemi maszewskiej do połowy XIV wieku, in: Maszewo i okolice na przestrzeni wieków, hg. von Agnieszka Chlebowska, Szczecin 2008, S. 19–30. – Rymar, Edward: Maszewo pomorskie w czasach Massowów ze szczególnym uwzględnieniem osadnictwa na podzamczu w XIII–XIV wieku, in: Maszewo i okolice na przestrzeni wieków, hg. von Agnieszka Chlebowska, Szczecin 2008, S. 31–43. – Skrycki, Radosław: Maszewo w pomorskiej kartografii nowożytnej ze szczególnym uwzględnieniem mapy Eilharda Lubinusa z 1618 roku, in: Maszewo i okolice na przestrzeni wieków, hg. von Agnieszka Chlebowska, Szczecin 2008, S. 59–69.

Rafał Simiński