Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Königsberg (Kaliningrad)

Königsberg (Kaliningrad)

(1) K. wurde 1255 im Deutschordensland Preußen am Nordufer des Pregel etwa zehn Kilometer oberhalb von dessen Mündung ins Frische Haff, 40 km von der Ostsee entfernt, während eines Feldzugs gegründet, den der Orden unter wesentlicher Beteiligung König Ottokars von Böhmen gegen die Prußen des Samlandes durchgeführt hat. Dessen Mitwirkung wurde durch die Ortsnamenwahl gewürdigt. K. gelangte an das Bistum Samland, mit dessen Bischof und Domkapitel der Orden die Stadtherrschaft teilte (der Orden wurde wie in ganz Preußen in zwei Dritteln Landesherr). Gleichzeitig wurde K. Zentrum einer Komturei. Nach Übersiedlung der Ordensleitung 1309 ins preußische Marienburg wurde K. Sitz eines der sich entwickelnden Großgebietigerämter, nämlich des Obersten Marschalls. Dieser war in Personalunion Leiter der Komturei K., von wo aus er eine gewisse Oberaufsicht über das nordöstliche Ordensland ausübte.

Nach Verlust des verpfändeten Haupthauses Marienburg, das im Dreizehnjährigen Krieg nicht ausgelöst werden konnte, flüchtete der Hochmeister 1457 nach K. Für die Jahrzehnte bis 1525, in denen eine wenn auch geminderte Ordensherrschaft bestand, wurde K. neues Haupthaus des Ordens und Residenzstadt. Der Oberste Marschall ging nach Kriegsende ins preußische Oberland. Die beiden letzten Hochmeister in Preußen, Friedrich von Sachsen (1498–1510) und Albrecht von Brandenburg-Ansbach (1511–1525), stammten aus reichsfürstlichen Häusern und führten weltlich-höfische Strukturen in K. ein. Sie bereiteten damit die im Rahmen der Reformation 1525 vorgenommene Säkularisierung der Ordensherrschaft vor.

Mit der Säkularisierung wurde die preußische Ordensherrschaft in ein Erb-Fsm. der Hohenzollern, weiterhin mit K. als Residenzstadt, unter der bis 1657/60 dauernden Lehnshoheit der Krone Polen verwandelt. Nach Erlöschen der hzl.-preußischen Linie der Hohenzollern 1618 übernahmen die brandenburgischen Kurfürsten Preußen. K. erlebte als Residenzort einen zeremoniellen Höhepunkt, als Kurfürst Friedrich III. mit ksl.er Zustimmung sich außerhalb des Reichs im K.er Schloss 1701 zum König in Preußen krönen ließ.

(2) Nach der Zerstörung der ersten Siedlung durch die Prußen wurde eine Neugründung in geschützterer Lage zwischen Burg und Pregel, gelegen unterhalb der Burg, nötig. Nach der endgültigen Niederwerfung aller Prußenstämme 1283 erhielt diese Siedlung 1286 von Landmeister Konrad von Thierberg d. J. ihr Stadtrecht nach dem im Ordensland vorherrschenden Kulmer Recht. Der Zuzug neuer Einwanderer machte die Gründung der Neustädte Löbenicht und Kneiphof (auf einer Pregelinsel) nötig, die 1300 und 1327 ihr Stadtrecht ebenfalls nach Kulmer Recht erhielten. Die älteste Teilstadt wurde in der Folge als Altstadt bezeichnet.

Die Straßen in der Altstadt wurden gitterartig angelegt, es wurde Platz für einen rechteckigen Markt gelassen. Vor 1375 wurde die Altstadt erweitert, so dass ihre Grundfläche nun 500 × 200 m betrug. Bei der Neustadt Löbenicht musste das gitterartige Straßennetz dem hügeligen Gelände angepasst werden, ebenfalls wurde ein Markt vorgesehen; die Grundfläche der Neustadt betrug 200 × 300 m. Desgleichen waren in Kneiphof die Straßen gitterartig angelegt, ebenfalls gab es einen Markt. Die Grundfläche betrug ohne den Anteil des Domkapitels an der Insel 280 × 280 m. Im 14. Jahrhundert erhielten alle drei Teilstädte ihre Befestigungen mit zahlreichen Toren. Besonders wichtig waren die außerhalb der Stadtmauern liegenden, für den Handel bedeutenden Speicherviertel, »Lastadien« genannt. Im direkten Umfeld verfügten die Städte über die sog. Freiheiten, Landflächen, die der Orden zur landwirtschaftlichen Nutzung überlassen hatte, und die sich im Laufe der frühen Neuzeit zu dichtbesiedelten Vorstädten entwickelten.

Als älteste Vorstadt entstand auf dem Boden der zerstörten ersten Siedlung der Steindamm mit der ebenfalls wiedererrichteten Kirche. Der Steindamm erhielt 1491 von der Altstadt ein Gerichtssiegel. Ein wichtiger Schritt zur Bildung einer Gesamtstadt erfolgte im 17. Jahrhundert mit der vor allem 1626/27 angelegten, alle drei Städte umfassenden Stadtumwallung. Erst 1724 wurden die drei Städte verfassungsrechtlich von König Friedrich Wilhelm I. nach Berliner Vorbild zu einer Einheitsgemeinde vereinigt.

Um 1400 dürften alle drei Städte zusammen mit den Freiheiten etwa 10.000 Einwohner gehabt haben. Da K. dem niederdeutschen Sprachgebiet angehörte, dürfte die Einwohnerschaft aus den Landschaften Norddeutschlands einschließlich des westlichen Ordenslandes eingewandert sein. Eine bedeutende Vermehrung erfuhr die Bevölkerung seit dem 16. Jahrhundert durch Glaubensflüchtlinge aus den Niederlanden. Die Seehandelsbeziehungen veranlassten auch Engländer, Schotten und andere, sich in K. niederzulassen. Aus dem Hinterland kamen Litauer und Polen. Um 1700 hatte K. etwa 40.000 Einwohner. Infolge der Großen Pest 1709 ging die Bevölkerung um etwa ein Viertel zurück. Die vom Landesherrn betriebene Einwanderungspolitik führte dazu, dass bereits 1723 der alte Stand fast wieder erreicht wurde. Im weiteren Verlauf des 18. Jahrhunderts lag die Einwohnerzahl eher über als unter 50.000.

Lokatoren, die gewöhnlich die ersten Bürgermeister waren, sind für keine der drei Städte bekannt. In den drei Handfesten werden Schulzen genannt, bei denen es sich um die Lokatoren handeln könnte. Namentlich werden Bürgermeister für die Altstadt erstmalig 1333, für Kneiphof 1378 und für Löbenicht erst 1405 überliefert. Die Räte bestanden aus zwölf Personen. Die Handfesten sahen eine freie Wahl, d. h. ohne Einmischung des Stadtherrn, von Richtern, Ratmannen und Schöffen vor. Nicht zu erkennen ist, wann und wie das Recht zur Wahl der Ratmannen von der Gesamtheit der Bürger auf einen engeren Kreis von Familien übergegangen ist und durch Kooptation erfolgte.

Die Gerichtsbarkeit in den drei Städten wurde von Schöffen unter Leitung eines Stadtrichters wahrgenommen. Berufungsinstanz war bis 1466 der Oberhof in Kulm, weiter übergeordnet der Schöffenstuhl in Magdeburg. Nach 1466 kam der Oberhof an die Altstadt K. 1525–1657 war der polnische Lehnsherr oberste Instanz, nach 1657 das Oberappellationsgericht (Tribunal) zu K.

K. profitierte von dem sich im 14. Jahrhundert entwickelnden Umschlaghandel zwischen dem bis Litauen reichenden Hinterland und den über die Ostsee erreichbare Länder. Der Handel lag vor allem in Händen der in Zünften organisierten Großbürger. Daneben gab es noch die großbürgerliche Zunft der Mälzenbräuer, wobei es in der Stadt Löbenicht praktisch nur diese gab (die Fernhändler wohnten nur in den beiden anderen Städten). Für den Bezug von Handelsgütern war der Ordenskonvent zunächst auf die Städte angewiesen, ehe der Orden im 14. Jahrhundert einen erfolgreichen Eigenhandel entwickelte, den der K.er Großschäffer mit dem Bernstein als wichtigstem Ausfuhrgut besonders erfolgreich gestaltete.

Handwerksbetriebe hat es in allen drei Städten gegeben. Deren Inhaber waren in zahlreichen Gewerken – von den Fischern zu den Barbieren – organisiert. Im Laufe der frühen Neuzeit nahm die Zahl der Gewerke mit der zunehmenden Spezialisierung der Handwerke zu.

Alle drei Städte verfügten über einen Wochenmarkt, auf denen Handwerker und Bauern der Umgebung ihre Waren anbieten durften. Im 14. Jahrhundert waren die fürstlich-adligen Teilnehmer der Litauerreisen eine bedeutende Konsumentengruppe. Ein täglicher Fischmarkt wurde an einer Pregelbrücke für alle drei Städte gemeinsam durchgeführt. Ein Jahrmarkt wurde am zweiten Trinitatissonntag 14 Tage lang am Altstädtischen Lastadientor durchgeführt. Dieser wurde wohl im 17. Jahrhundert durch den Johannimarkt auf den vorstädtischen Hospitalwiesen abgelöst.

Einnahmen zogen die Städte anfangs aus der Zollverwaltung, die aus dem ursprünglich hansischen Pfundzoll des 14. Jahrhunderts hervorgegangen war. Nachdem der Orden 1403 diese Einnahme an sich gezogen hatte, kam es immer wieder zum Streit mit den preußischen Städten, die wiederholt zur zeitweiligen Aussetzung führten. Im 17. Jahrhundert hat es Kurfürst Friedrich Wilhelm verstanden, den Anteil der beiden Städte Altstadt und Kneiphof von einem Drittel auf ein Neuntel zu drücken.

(3) In der 1286 der Altstadt verliehenen Handfeste wird die Pfarrkirche als bestehend bezeichnet. Eine steinerne Kirche wurde in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts zu bauen begonnen. Das 1294 gegründete samländische Domkapitel bekam danach vom Hochmeister das Patronatsrecht verliehen, vermutlich nutzte es die Kirche als Kathedrale. Das östliche Drittel der Pregelinsel wurde nicht der neuen Stadt Kneiphof übergeben, sondern dem Domkapitel übertragen zur Errichtung einer neuen Kathedrale mit Nebengebäuden. In den etwa fünf Jahrzehnten von 1327 bis 1380 ist der K.er Dom an dieser Stelle entstanden. Der Dom war zugleich Pfarrkirche für den Kneiphof.

Wohl noch älter als die Altstädter Kirche war die Pfarrkirche St. Nikolai der Altstädter Freiheit Steindamm aus der ersten Siedlungsperiode. Der erste protestantische Kirchenbau war die in den 1580er Jahren errichtete Kapelle im völlig neugestalteten Westflügel des K.er Schlosses. Nach Einführung der Reformation wurde auf Drängen des polnischen Lehnsherrn östlich von Löbenicht die römisch-katholische Propsteikirche gebaut. Weitere evangelische Pfarrkirchen wurden erst nach der Umwallung aller städtischen Siedlungen in den Freiheiten errichtet.

Das älteste Kloster war das 1349 von Hochmeister Heinrich Dusemer als Dank für den Sieg über die Litauer gestiftete Benediktinerinnen- und Zisterzienserinnenkloster. Das einzige Männerkloster war der 1517 von Wehlau nach K. verlegte Franziskanerkonvent. Ferner gab es erst nach 1500 noch ein Kloster der Franziskaner-Tertiarierinnen. Alle Klöster lagen außerhalb der städtischen Mauern auf Ordensbesitz im Winkel zwischen Altstadt und Löbenicht. Mit dem Beginn der Reformation haben sie zu bestehen aufgehört. Schließlich sind seit Anfang des 15. Jahrhunderts Nachrichten über Beginenkonvente überliefert, zwei in der Altstadt, je einer in Löbenicht und Kneiphof.

Erst nach 1466 hat der Dom als Hochmeistergrablege gedient; eine Ausnahme war Luther von Braunschweig († 1335) als Mitbegründer des Doms. Deren Bildnisse haben sich einschließlich des in Meißen beigesetzten Friedrichs von Sachsen bis 1945 im Dom befunden. Künstlerisch bedeutsam war das nach 1568 errichtete Epitaph für Herzog Albrecht.

Es gab zwei vom Deutschen Orden gestiftete Hospitäler, von denen das vor 1304 gegründete Hl.-Geist-Spital eine wechselreiche Geschichte hatte. Vor 1420 kam das Elisabeth-Spital auf der Freiheit Sackheim hinzu, das besonders für die Aufnahme litauischer Besucher gedacht war; seine Kirche wurde später die litauische Kirche. Daneben verfügte die Altstadt über zwei eigene Hospitäler, St. Georg (für Leprakranke) und St. Martin. Das Antoniusspital des Kneiphof bestand seit dem 14. Jahrhundert Nach der Aufhebung des Nonnenklosters 1531 wurde das Große Hospital gestiftet, das eine landesherrliche Einrichtung wurde. Unterstützt wurde das Große Hospital aus den Vermögensmassen kleiner kirchlicher Einrichtungen, die im Zuge der Reformation aufgelöst wurden.

An Bruderschaften, die aus Priestern und Laien bestanden haben, sind zu nennen die 1354 vom samländischen Bischof Jakob Bludau gestiftete Bruderschaft für arme Priester der ganzen Diözese. 1445 war eine besondere altstädtische Priestergilde eingerichtet worden. Laienbruderschaften sind oft in Verbindung mit den Zünften der Großbürger und den Gewerken der Handwerker entstanden. Elendenbruderschaften zur Versorgung mittelloser auswärtiger Besucher gab es in jeder der drei Städte.

Die reformatorische Bewegung hat bereits in den frühen 1520er Jahren das Preußenland ergriffen und auch in K. Fuß gefasst. 1587 hat Herzog Georg Friedrich gegen den Widerstand der Stände durchgesetzt, die Bischofsstühle aufzuheben und die Kirchenaufsicht den Konsistorien für Samland und Pomesanien zu übertragen. 1751 legte König Friedrich d. Gr. die beiden Konsistorien mit Sitz in K. zusammen.

Hzg. Albrecht ließ eine konfessionelle Toleranz walten, die dazu führte, dass sich Glaubensflüchtlinge in K. niederließen, die von der lutherischen Lehre abwichen. Evangelisch-Reformierte blieben eine Minderheit, auch nachdem 1613 die Hohenzollern einen Konfessionswechsel vollzogen hatten. Glaubensflüchtlinge aus den reformiert gewordenen Niederlanden blieben, soweit sie ins Preußenland kamen, weitgehend im kgl.-polnischen Preußen. Die zu diesen gehörenden Mennoniten erhielten 1770 ihre eigene Kirche in K.

(4) Das Stadtbild wurde während der Deutschordenszeit von der Burg, danach in hzl.er Zeit vom Schloss beherrscht. Die Burg war auf einer Anhöhe nördlich des Flusses angelegt worden. Unter Herzog Albrecht wurde der Bau seit 1532 weitreichend verändert, u. a. die Tore zur Stadt hin repräsentativ umgestaltet. In den drei Städten waren die jeweiligen Pfarrkirchen allein schon wegen ihrer Türme die überragenden Bauwerke. Bei der (vom Pregel aus gesehen) vor der Burg stehenden Altstädtischen Pfarrkirche wurde der Turm erst kurz nach Ende der Ordenszeit vollendet. Die Pfarrkirche von Kneiphof war der tief liegende Dom, der entgegen der ursprünglichen Absicht von Bischof und Domkapitel nach einem Vertrag mit dem Orden nicht als wehrhafter Bau errichtet werden durfte. Vor allem der Dom, aber auch andere Kirchen enthielten zahlreiche Epitaphien, Grabsteine und Inschriften führender Persönlichkeiten der frühen Neuzeit. Nachdem die letzten Domherren ihre dem Dom benachbarten Kurien verlassen hatten, zog 1544 die vom Landesherrn gegründete Universität in diese ein. Hochrangige Hofamtsträger errichteten im Laufe der frühen Neuzeit ihre Palais (mit Gärten) in den sich zu Vorstädten entwickelnden Freiheiten. 1801/02 ist das Denkmal Kurfürst Friedrichs III. von Andreas Schlüter vor dem Ostflügel des Schlosses aufgestellt worden.

Von den bürgerlichen Bauten sind die Rathäuser hervorzuheben.

Die älteste veröffentlichte Stadtdarstellung ist die Schrägaufsicht von Georg Braun, die 1581 im Braun/Hogenberg’schen-Städteatlas veröffentlicht wurde (mehrmals nachgedruckt). Die gleiche Perspektive legte Joachim Bering 1613 seiner großformatigen Radierung zugrunde, die wegen ihres Detailreichtums von der baugeschichtlichen Forschung viel beachtet wird. Die danach im 17./18. Jahrhundert üblichen Ansichten geben nur die Silhouette der drei Städte wieder, ohne eine räumliche Vorstellung zu vermitteln.

(5) Im 14. Jahrhundert erhielt K. Bedeutung als Ausgangsort der Litauer- bzw. Preußenreisen, die der Orden veranstaltete. Sie führten Angehörige des mittel- und westeuropäischen Adels nach K., die meistens in der Stadt Herberge fanden; nur wenige höher gestellte Persönlichkeiten wurden vom Obersten Marschall in der Burg beherbergt. K. war nach dem Zweiten Thorner Frieden 1466 und der Niederlassung des Hochmeisters die größte Stadt in dem östlichen Landesteil, der dem Orden verblieben war. Daran änderte sich in hzl.er Zeit nichts. Die K.er Städte verfügten außerhalb der Freiheiten über keinen Landbesitz, dennoch haben sie (oder Einrichtungen innerhalb der Städte) im Laufe der Jahrhunderte Ländereien, teils ganze Dörfer verliehen bekommen. Die Märkte in den Städten und zunehmend auch in den Freiheiten wurden aus der weiteren Umgebung (sogar aus Litauen) aufgesucht. Nach der Gründung des Hzm.s haben sich die Stände in drei Kurien organisiert. Die Landtage fanden gewöhnlich in K. statt, die Städtekurie bestand aus den drei Städten K. und Vertretern der Kleinstädte.

Alle wesentlichen Behörden wie Kanzlei der Oberratsstube/Regierung/Etats-Ministerium und der Rentkammer, später der Kriegs- und Domänenkammer blieben im Schloss, lediglich jüngere Spezialbehörden wurden in der Stadt untergebracht. Inwieweit der Dichter- und Musikerkreis um Heinrich Albert (1604–1651) und Simon Dach (1605–1659) mit der Hofhaltung zu tun hatte, muss offen bleiben. Auch wenn drei Mitglieder des engeren Kreises der landesherrlichen Kanzlei angehörten, war es ein vornehmlich bürgerlicher Kreis.

Das Gesinde und einfache Hofangehörige, zumeist aus dem Umland K.s eingewandert, wohnten in den Städten. Dasselbe gilt im 17./18. Jahrhundert für das niedere Personal der landesherrlichen Behörden.

(6) K. lässt sich als Residenzstadt bezeichnen, da 1457–1525 der Hochmeister hier seinen Sitz hatte, danach bis 1618 der Herzog Hinzu kamen andere hochrangige Standespersonen wie der Bischof von Samland 1525–1587. Von Bedeutung waren überdies mehrere Amtsträger des Ordens. Zudem war K. für die ritterlich-höfische Kultur von Bedeutung, da von hier im 14. Jahrhundert und frühen 15. Jahrhundert die Litauer- bzw. Preußenreisen ausgingen. Nach dem Zweiten Thorner Frieden 1466 fand sich die Dreistadt K. als einzige größere Stadt in dem Teil des Preußenlandes, der dem Orden verblieben war. Prägend war die lange Regierungszeit von Hochmeister und Herzog Albrecht (1511–1568). In dieser Zeit kam die Residenzfunktion voll zur Geltung. Ferner war K. in den Fernhandel eingebunden, nicht zuletzt durch einen Amtsträger des Ordens, einen der beiden Großschäffer; als bedeutende Güter seien die exportierten Getreide und der Bernstein genannt. K. kannte ein reges Gewerbe, das auf die Bedürfnisse des Hofes zugeschnitten war. Das kulturelle Leben auch der Stadt wurde durch die vom Herzog angezogenen Experten gefördert. Die Einführung der Reformation, das Verschwinden des Domkapitels und schließlich die Gründung der Universität erfolgten mehr oder weniger mit Beteiligung der städtischen Bürger. Die Städte haben als Landstände ihre Interessen vertreten. Dagegen haben es die Landesherren im 17./18. Jahrhundert mit Erfolg verstanden, über Ansiedlungen auf den Freiheiten das bisherige Bürgertum in seinen politischen und wirtschaftlichen Ansprüchen einzuschränken.

(7) Das Stadtarchiv Königsberg ist seit 1945 verschollen. Glücklicherweise hat das Stadtarchiv noch vor dem Ersten Weltkrieg die Haus- und Ingrossationsbücher der Städte Königsberg und aller Freiheiten vom ausgehenden 16. bis zum beginnenden 18. Jahrhundert ans Staatsarchiv abgetreten, so dass sie noch heute für die immer noch nicht in Angriff genommenen sozialgeschichtlichen Forschungen in Berlin zugänglich sind. Darüber hinaus sind aus dem Historischen Staatsarchiv Königsberg (= XX. HA des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz, Berlin) noch andere Bestände heranzuziehen. Außer den Archivalien aus der Deutschordenszeit sind dies für die frühe Neuzeit vor allem der Bestand Oberratsstube/Regierung/Etats-Ministerium (EM) und andere Abteilungen des Bestandes Ostpreußische Folianten. – Baczko, Ludwig von: Versuch einer Geschichte und Beschreibung der Stadt Königsberg 1–7, Königsberg 1787–1790, 21804.

Freiberg, Johannes: Preussische Chronik, hg. von Friedrich Adolf Meckelburg, Königsberg 1848. – Die Königsberger Chroniken aus der Zeit des Herzogs Albrecht, hg. von Friedrich Adolf Meckelburg, Königsberg 1865. – Perlbach, Max: Quellen-Beiträge zur Geschichte der Stadt Königsberg im Mittelalter, Göttingen 1878. – Preußisches Urkundenbuch (1882–2000). – Urkundenbuch des Bisthums Samland, hg. von Carl Peter Woelky, Hans Mendthal, Bde. 1–3, Königsberg 1891–1905. – Urkundenbuch der Stadt Königsberg i. Pr., bearb. von Hans Mendthal, Königsberg 1910 (Mitteilungen aus der Stadtbibliothek zu Königsberg, 1). – Stein, Caspar: Das alte Königsberg, übers. von Arnold Charisius, Königsberg 1911.

(8)Gebser, August Rudolph, Hagen, Ernst August: Der Dom zu Königsberg in Preußen, 2 Bde., Königsberg 1833–1835. – Boetticher, Adolf: Die Bau- und Kunstdenkmäler in Königsberg, Königsberg 1897 (Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Ostpreußen, 7). – Conrad, Georg: Das rathäusliche Regiment der Stadt Königsberg i. Pr. vom 13. Juni 1724, Königsberg 1910 (Mitteilungen aus der Stadtbibliothek zu Königsberg, 2). – Franz, Walther: Geschichte der Stadt Königsberg, Königsberg 1934. – Krollmann, Christian: Die Ratslisten der drei Städte Königsberg im Mittelalter, Königsberg 1935. – Thielen, Peter Gerrit: Die Kultur am Hofe Herzog Albrechts von Preußen (1525–1568), Göttingen 1953 (Göttinger Bausteine zur Geschichtswissenschaft, 12). – Gause, Fritz: Die Geschichte der Stadt Königsberg in Preußen 1–3, Köln/Wien 1965–1971 (Ostmitteleuropa in Vergangenheit und Gegenwart, 10/1–3), Bd. 1, 31996, Bde. 2–3 21996. – Hubatsch, Walther: Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Bde. 1–3, Göttingen 1968. – Dehio, Kunstdenkmäler: West- und Ostpreußen (1993), S. 300–320. – Hammel-Kiesow, Rolf: Probleme der Erforschung der Sozialgeschichte der Residenzstadt Königsberg in der frühen Neuzeit, in: 75 Jahre Historische Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung, hg. von Bernhart Jähnig, Marburg 1999, S. 249–274. – Herrmann, Christofer: Mittelalterliche Architektur im Preußenland, Olsztyn/Petersberg 2007, S. 516–522. – Biskup, Radosław: Das Domkapitel von Samland (1285–1525), Toruń 2007 (Prussia sacra, 2). – 750 Jahre Königsberg. Beiträge zur Geschichte einer Residenzstadt auf Zeit, hg. von Bernhart Jähnig, Marburg 2008 (Tagungsberichte der Historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung, 23). – Wagner, Wulf D.: Das Königsberger Schloss 1, Regensburg 2008. – Jähnig, Bernhart: Die Anfänge der evangelischen Landeskirche im Herzogtum Preußen zur Zeit von Herzog Albrecht, in: Preußen und Livland im Zeichen der Reformation, hg. von Arno Mentzel-Reuters und Klaus Neitmann, Osnabrück 2014, S. 15–56. – Jähnig, Bernhart: Stadt und Hof am Beispiel von Königsberg, in: Preußenland, N.F., 7 (2016), S. 7–29.

Bernhart Jähnig