Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Hannover

Hannover

(1, 2) H. wird als vicus um 1150 erstmals erwähnt, eine ältere Besiedlung ist wahrscheinlich. Für H. ist kein eigentlicher Gründungsvorgang zu erschließen. Als östlichste Vorposten in der Diözese Minden lagen die ersten Siedlungskerne des 11. Jahrhunderts an einer Straße, die von Hildesheim aus nach Norden führte und der sich am Zusammenfluss von Ihme und Leine eine Furt bot. Im Laufe des 12. Jahrhunderts erreichten die Grafen von Roden in H. Hoheitsrechte, erstarkt nach Sturz Heinrichs des Löwen 1180. Zur Sicherung des Flussübergangs legten sie in der Leineaue eine Burg an (Lauenrode).

Seit der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts ist eine entstehende städtische Selbstverwaltung erkennbar. Von Stadtrechten lässt sich ab 1241 sprechen, als der welfische Herzog Otto »das Kind« die Stadtherrschaft von den Grafen von Roden übernahm. Für das Stadtrecht diente Minden als Vorbild. In der Mitte des 13. Jahrhunderts führte die Bürgerschaft ein Siegel.

Vom beginnenden 14. Jahrhundert bis zum ausgehenden 15. Jahrhundert stieg die Einwohnerzahl von höchstens 3000 auf etwa 5000 Personen. Wiederkehrende Konflikte mit dem Stadtherrn stärkten zumeist die Stadt. Zu Beginn des Lüneburger Erbfolgekrieges (1370–1388) sicherte sich H. das Recht, die Burg Lauenrode abzutragen. In der Folgezeit konnte zwar der Einfluss des herrschaftlichen Vogtes nicht ganz zurückgedrängt werden, doch erweiterte der Rat seine Kompetenzen. Das Bürgerbuch belegt eine Differenzierung der Einwohnerschaft zwischen der Kaufmannschaft, den Zünften (in H. Gilden) und der Meinheit, den nicht in Zünften organisierten Bürgern. Der Kreis, aus dem der Magistrat stammte, blieb allerdings klein. Dominierend war ein Kaufmannspatriziat. Dem Machtzuwachs des Rates entsprechend, wurde das wohl auf das 13. Jahrhundert zurückgehende Rathaus ab Mitte des 14. Jahrhunderts im gotischen Stil neu gestaltet, zu Beginn des 15. Jahrhunderts um einen Ostflügel erweitert und zu Mitte sowie Ende des 15. Jahrhunderts als Gesamtkomplex vereinheitlicht.

Nur ausnahmsweise erhoben sich in H. oppositionelle Kräfte gegen den Rat. Lediglich 1448 gab es nach Unruhen eine Verfassungsänderung. Der nicht der Kaufmannschaft angehörende Teil des Rates wurde erheblich erweitert. Beschlüsse von großer Tragweite erörterte man in einem 112köpfigen Gremium aus der Spitze von Kaufmannschaft, Gilden und Meinheit. Einen Einschnitt stellte die Reformation dar: 1532–1533 setzte sich eine Bürgeropposition gegen den Rat durch (Bürgerschwüre 1533), die 1534 eine neue Stadtverfassung verabschiedete, mit der die kleineren Gilden am Rat beteiligt wurden. Langfristig stärkte sich die Sonderstellung weniger Familien wieder.

Die Gewerbe- und Handelsstadt mit ihren in den Hanseraum und nach Westeuropa weisenden Handelsbeziehungen blieb im Dreißigjährigen Krieg unzerstört. Nach dem Aussterben des »Mittleren Hauses Braunschweig« 1634, einer Linie der Herzöge zu Braunschweig und Lüneburg, wurde 1635 eine Erbeinigung erzielt, die eine langwährende Zweiteilung des Welfenhauses in das »Neue Haus Braunschweig« und das »Neue Haus Lüneburg« mit sich brachte. Der Lüneburgische Bereich war zunächst in zwei getrennt beherrschte Teile gegliedert: das im Norden gelegene größere, von Celle aus regierte Fürstentum Lüneburg, das bis an die nordöstliche Gemarkung H.s reichte, und das im Süden gelegene kleinere Fürstentum Calenberg, zu dem H. gehörte. Letzteres übernahm Herzog Georg, der 1636 H. als Residenz bezog, ab 1642 im später sogenannten Leineschloss, vormals Minoritenkloster (heute Niedersächsischer Landtag). Im 1636 abgeschlossenen Residenzvertrag sicherte Herzog Georg der Stadt alle alten Rechte zu, freilich mit Klauseln, die ihm Eingriffe in die städtische Autonomie ermöglichten. Die hzl.e Kanzlei wurde als erste Behörde am Kreuzkirchhof eingerichtet; Hofgericht und Konsistorium folgten. Westlich der Leine wurde die Calenberger Neustadt ausgebaut. Bis 1653 wurden beide Siedlungen mit einer gemeinsamen Befestigung umgeben. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts war die »eigentliche« Residenzstadt die Calenberger Neustadt, in der neben vielen Hof- und Verwaltungsbediensteten auch die in der Altstadt nicht geduldeten Juden, Katholiken und Reformierten wohnen durften. 1709/10 wurde der Neustadt das Recht der kleinen Städte verliehen. Erst 1824 wurden beide Städte vereint.

Ein fsl.er Eingriff in die Autonomie der Altstadt stellte 1692 das Gildenreglement dar, das die Zünfte der herrschaftlichen Aufsicht unterstellte, und die zum Jahresende 1699 oktroyierte Verfassungsänderung. Wie in anderen Calenberger Städten auch, wurde der 12köpfige Rat fortan vom Kurfürsten eingesetzt, der Stadt blieb ein eng begrenztes Vorschlagsrecht.

Die Calenberger Neustadt besaß kein Territorium, die Altstadt immerhin ein durch Landwehren gesichertes Umland. In dem östlich gelegenen Feuchtgebiet diente die Eilenriede als Stadtwald. Die Getreideversorgung erfolgte aus der südwestlichen Calenberger Lössbörde.

Die Altstadt profitierte vom Ausbau der Residenz, der Anwesenheit der Verwaltung und des Militärs sowie von der Bautätigkeit, u. a. mit der Sommerresidenz Herrenhausen. Die Bevölkerung wuchs bis auf nahezu 13000 Personen in der Mitte des 18. Jahrhunderts (zuzüglich 3800 Menschen in der Calenberger Neustadt). Selbst als 1714 Kurfürst Georg Ludwig als Georg I. englischer König wurde, verlor die Residenzstadt nicht an Bedeutung, sie blieb Mittelpunkt eines stetig vergrößerten Territoriums. Neues Selbstbewusstsein machte sich breit: Bürgermeister Christian Ulrich Grupen – ab 1725 für 42 Jahre im Amt – nutzte den »Präsidialcharakter« der Verfassung von 1699, in dem er sich einer den fsl.en Einfluss in der Stadt verstärkenden Regiminalverordnung König Georgs II. widersetzte und in der Hoffnung auf merkantilistische Wirtschaftsinnovation eine vor dem Aegidientor gelegene kleine Neustadt anlegte.

In den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts kam es zu ersten Arbeiten zur Niederlegung der Stadtbefestigung.

(3) Seit der Reformation 1533 war H. evangelisch, das umgebende Territorium ab 1542. Das de facto ältere Ratskirchenregiment war nun sanktioniert. Der Beginen- und Franziskanerkonvent wurden aufgelöst. Die Armenversorgung oblag fortan direkt den drei Pfarrkirchen (Marktkirche St. Georgii et Jaobi, Aegidienkirche, Kreuzkirche). Die Lateinschule und die beiden großen Spitalstiftungen (Heiliggeistspital und St. Nicolai) bestanden fort. Das strikte Luthertum blieb in der frühen Neuzeit bestimmend, auch wenn bei Hof katholische und reformierte Christen sowie Juden Bedeutung erlangten und von 1665 bis 1679 der zum Katholizismus übergetretene Herzog Johann Friedrich regierte. Mit der Standeserhöhung Hzg.s Ernst Augusts 1692 zum Kurfürsten war die Auflage verbunden, eine katholische Kirche zu errichten. Der am h.schen Hof von 1676 bis 1716 wirkende Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz strebte nach Einigung der in Konfessionen und Kirchen getrennten Christenheit. Erst in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts verbreiteten sich aufgeklärtes und freigeistiges Gedankengut, auch wenn bereits 1746 die erste Freimaurerloge gegründet worden war.

Größere religiöse Toleranz blieben auf die Calenberger Neustadt und den Hof beschränkt. In der Neustadt folgte dem Neubau der lutherischen St. Johanniskirche (1666–1670) die Errichtung der reformierten Kirche für die zugewanderten Hugenotten ab 1696/98, ergänzt um eine reformierte Kirche mit deutscher Gemeinde (1705), sodann die Schaffung einer Synagoge zunächst in einem jüdischen Privathaushalt (1688) und ab 1704 als Neubau sowie schließlich 1711–1718 die Errichtung der katholischen St. Clemenskirche.

(4) Nach der Residenzerhebung von 1636 erfolgte eine höfisch-repräsentative Gestaltung des Stadtraumes vorrangig in der Calenberger Neustadt und in Herrenhausen. In der Altstadt beschränkten sich die Baumaßnahmen zunächst auf das Schloss und dessen Nachbargebäude, überformten des Weiteren aber die Siedlung beachtlich. Während der Personalunion mit England 1714–1837 nahmen die stadtwirksamen höfischen Aktivitäten graduell ab.

Die Calenberger Neustadt blieb trotz der Ableitung der zwischen Alt- und Neustadt fließenden Leine durch den südlich H.s gelegen »Schnellen Graben« (1449 erwähnt) 1742–1745 hochwassergefährdet. 1648 begannen in der Neustadt erste größere Baumaßnahmen. Mittelpunkt wurde die St. Johanniskirche mit dem Marktplatz; hier sowie an der Calenberger Straße wurden repräsentative Gebäude errichtet. Ab 1650 erhielten Neubewohner das Bürgerrecht geschenkt. Der Hoflieferant und Hoffinanzier Johann Duve (1611–1679) ließ u. a. 40 Reihenwohnhäuser errichten. Nordöstlich der St. Johanniskirche ließ 1675 der hzl.e Geheimsekretär von Rettberg ein Gebäude bauen, das später zum Osnabrücker Hof oder Fürstenhof wurde, dem Aufenthaltsort des späteren Kurfürsten Ernst August während seiner Regierungszeit als Osnabrücker Fbf. 1689 war die Entwicklung der Neustadt so weit gediehen, dass Neubürger eine Aufnahmegebühr zahlen mussten. 1712 erhielten Archiv und Bibliothek ein Gebäude, 1723 das Konsistorium.

In der Altstadt wurde 1649 das Zeughaus nördlich des Schlosses vollendet. Das Leineschloss wurde 1667–1669 weiträumig ausgebaut, kurz zuvor, 1666, war die hzl.e Reit- und Rennbahn angelegt worden. Um das Schlossumfeld zu verbessern, riss man 1680–1682 42 auf der Insel westlich gegenüber dem Schloss stehende Häuser ab und baute sie an anderer Stelle wieder auf, am Hohen Ufer entstand 1682 der Marstall. Seit 1688 verband die Schlossbrücke das Schloss mit der Neustadt. Bereits 1650 war die Kapelle des Heilig-Geistspitals dem Landesherrn überlassen und ab 1656 zum Gottesdienst für Soldaten genutzt worden, nach einer Barockisierung 1730 als Garnisonkirche geweiht.

Als wohl imposantester Profanbau des 18. Jahrhunderts ließen sich die Landstände 1710 bis 1712 ihr (1880 abgebrochenes) Versammlungsgebäude erbauen, als wollten sie die politische Entmachtung durch ein schlossähnliches Repräsentationsgebäude kompensieren. Die hölzerne Leinebrücke (vor dem Leintor) von 1570 wurde 1713 erweitert. 1723/24 wurde noch einmal die Schlosskirche verändert, und 1741 waren erhebliche Renovierungen nötig, als ein Brand den Kammerflügel zerstört hatte.

Mit ihren breiten Straßenfronten durchbrachen die neuen, meist mehrachsigen Stadtschlösschen des Hofadels das ältere Straßenbild der Altstadt, das überwiegend von giebelständigen Häusern geprägt war. Das aufwändigste Adelspalais ließ sich 1752 Minister von dem Bussche gegenüber dem Schloss errichten, das 1786 von Herzog Friedrich von Yorck, Sohn König Georgs III., erworben wurde (Altes Palais).

1652 begannen Planungen für den Umbau des 1638 erworbenen Vorwerks in dem ca. fünf Kilometer nordwestlich der Altstadt gelegenen späteren Herrenhausen zu einem Schloss. Der nach niederländischen und italienischen Vorbildern ausgebaute und etwa die Größe der Altstadt ausmachende Barockgarten wurde Mittelpunkt des höfischen Lebens (u. a. führte hier die Kfs.in Sophie die gelehrten Gespräche mit Gottfried Wilhelm Leibniz). Die Missachtung des Gartens durch die Kurfürsten nach Erwerb der englischen Königskrone 1714 führte zum Erhalt des Gartens im relativ ursprünglichen Zustand. 1775 wurde erwogen, das Schloss abzureißen. Allerdings nahmen das allgemeine botanische Interesse und die Erholungssuche der Bürger zu. 1774 wurde der Berggarten zu einem botanischen Garten mit Gewächshäusern umgestaltet, in denen u. a. Kaffeepflanzen gezogen wurden. 1791 wurde das erste Palmenhaus angelegt. Am Ausgang des 18. Jahrhunderts durfte das Bürgertum die Herrenhäuser Gärten, gegen Eintrittsgebühr sogar die Gebäude besichtigen.

Adel und höhere Beamten nutzten das Gebiet zwischen Herrenhausen und der Alt- bzw. der Neustadt. 1706 hatte Sophie Charlotte von Kielmansegg im Moritzwinkel einen Garten mit Lusthaus anlegen lassen (später Monplaisir). 1713–1719 folgte das Schlösschen Monbrillant für die Gf.in von Platen nordöstlich der Herrenhäuser Allee (Nachfolgebau des 19. Jahrhunderts heute Universitätshauptgebäude), ergänzt um einen über sieben Hektar großen Lustgarten (später Welfengarten). Johann Ludwig von Wallmoden-Gimborn, unehelicher Sohn König Georgs II., erwarb in Herrenhausen 1769 ein großes Areal (späterer Georgengarten) und ließ einen Park im englischen Stil anlegen. In ihm wurde 1779–1782 ein wegen seiner Gemäldegalerie berühmtes Schlösschen errichtet (späteres Georgenpalais, heute Wilhelm-Busch-Museum).

(5) Die Beziehungen zum Umland verdichteten sich nach 1636 stetig. Alt- und Neustadt verfügten nicht über eigene Dörfer, die Bürger besaßen aber Gärten im unmittelbaren Vorfeld der Stadt. In den Gärten ließen sich im 16. Jahrhundert Siedler nieder, die weder einem Dorf noch der Stadt angehörten, sondern den landesherrlichen Ämtern Langenhagen bzw. Koldingen zugehörten. 1746 wurde der erste Pfarrer der Gartengemeinde (Ende des 18. Jahrhunderts immerhin ca. 1500 Bewohner) eingeführt und seit 1749 besaß sie mit der 1747 begonnenen Gartenkirche ein eigenes Gotteshaus. Vor der Stadt lagen zudem städtische Regiebetriebe wie Ratsziegelei und der Rösehof (Kalkherstellung), die im Zuge des Stadtausbaus verlegt wurden. Seit dem 16. Jahrhundert wurden die Friedhöfe im unmittelbaren Umland neu errichtet, als letztes 1680 der Invaliden- und Soldatenfriedhof vor das Aegidientor neben dem 1669 eingerichteten und 1673 geweihten katholischen Friedhof. Südöstlich des heutigen Königsworther Platzes lagen seit 1646 der Neustädter Friedhof und am Sandberg östlich der heutigen Nienburger Straße seit 1661 der jüdische Friedhof. 1733 wurde die Ummauerung von Alt- und Neustadt aufgebrochen, um bei Feuersnot von außen Löschgeräte in die Stadt bringen lassen zu können. Das Steintor fiel 1741, das Aegidientor 1747/48, der Leintorturm 1797. Die neuen Toranlagen dienten nun nur noch zur Kontrolle des Verkehrs und zur Akziseerhebung.

Wenige Jahre nach dem Siebenjährigen Krieg (1756–1763) begann die endgültige Niederlegung der Festungswerke. 1781 wurde mit dem Bau der Friedrichstraße (nach Friedrich Duke of York, Bischof zu Osnabrück; heute Friedrichswall) begonnen. Anstelle der östlichen Stadtbefestigungsanlagen entstand nach 1787 die Georgstraße (nach König Georg III.). Zum Ende des 18. Jahrhunderts dienten die alten Wallanlagen als Promenaden, Alleen und als Hochwasserdeiche nicht mehr zu militärischen Zwecken.

Bald nach der Schließung der Befestigungsanlage Mitte des 17. Jahrhunderts prägten höfisch-repräsentative und städtisch-wirtschaftliche Elemente das städtische Umfeld. Sicherheitsüberlegungen traten in den Hintergrund, weil die Stadt von 1648 bis zum Siebenjährigen Krieg nicht bedroht wurde. Mit der baulichen Ausweitung wurde die rechtliche Trennung zwischen Stadt und Umland gelöst. Das Gebiet der Gartengemeinden vor dem Steintor und dem Aegidientor wurde 1793/95 aus den landesherrlichen Ämtern ausgegliedert und dem Gerichtsschulzenamt H. unterstellt.

Das große Dorf Linden unmittelbar westlich der Calenberger Neustadt veränderte sich nach 1636 am schnellsten. Die ritterschaftliche Familie Alten verkaufte 1645 mehrere Höfe an Herzog Christian Ludwig, der ab 1652 einen Küchengarten und ein Jagdzeughaus errichten ließ. 1688 kam der Barockgarten des Oberhofmarschalls und Ministers Franz Ernst Graf von Platen hinzu. Ebenso zogen die Dörfer Döhren und Wülfel im Süden H.s Adlige und höhere Hofamtsträger an, die sich Herrenhäuser und Gärten anlegen ließen.

Innerhalb der calenbergischen Landstände hatte H. eine herausgehobene Stellung. Doch wurden die Stände im Lauf des 17. Jahrhunderts immer seltener einberufen, weswegen sich die großen Städte, auch H., 1638 an einem ständischen Ausschuss beteiligen mussten, der weitgehend Plenumsversammlungen ersetzte. Herzog Johann Friedrich nahm 1674 den Ständen das Selbstversammlungsrecht.

(6) Die nach 1636 gebaute Calenberger Neustadt verdankte ihre Existenz und Entwicklung allein dem Hof. Für die Altstadt Hannover bedeutete die Residenznahme für viele Jahrzehnte eine Schmälerung der bisherigen städtischen Autonomie, die erst im Laufe des 18. Jahrhunderts zur Zeit der Personalunion mit England erweitert werden konnte, da die Kurfürsten immer seltener ins Land kamen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nahm das von der Aufklärung und von breiterem kulturellem Interesse getragene Selbstbewusstsein der Bürger zu. Faktisch wandelte sich auch die Altstadt stark, nicht zuletzt aufgrund ihrer wirtschaftlichen Leistungen für den Hof und den zunehmenden, vom Hof ausgehenden baulichen Änderungen. Speziell mit der Sommerresidenz in Herrenhausen griff die Residenzfunktion auch auf das Umland aus. Da zugleich das Territorium stetig wuchs, gedieh H. zum Hauptort des welfischen Kfm.s, ab 1814 Kgr.s. Altstadt, Neustadt und das unmittelbar anschließende Dorf Linden waren vorbereitet auf die frühe Industrialisierung und auf eine Verwaltungskonzentration, als kgl.er Hauptstadt, ab 1866 preußische Provinzhauptstadt und seit 1946 Landeshauptstadt.

(7) Archivalien liegen vorrangig im Stadtarchiv Hannover. Relevante Bestände sind: Abt. 1 (Registraturen der Stadt Hannover: Urkunden ab 1241, Neue Abteilung Bücher [Amtsbücher und Register] 1289–1945/46, Alte Abteilung Akten bis ca. 1815, Altregistraturen 1733–1880, Hauptregistratur 1880–1955, Korrespondenz des Rates 1533–1699), Abt. 3 Nachlässe, Abt. 6 Sammlungen, Abt. 7 Karten, Pläne, Risse. – Zu den weiteren hannoverschen Archiven siehe: Archive in der Region Hannover, hg. von Manfred von Boetticher, Karljosef Kreter und Hans Otte, Hannover 2004. – Grupen, Christian Ulrich: Origines et Antiquitates Hanoverenses, Göttingen 1740.

Patje, Christian Ludwig Albrecht: Wie war Hannover oder Fragmente von dem vormaligen Zustande der Residenzstadt Hannover, Hannover 1817 (ND Hannover 1977). – Spilcker, Burchard Christian von: Historisch-topographisch-statistische Beschreibung der königlichen Residenzstadt Hannover, Hannover 1819 (ND Hannover 1979). – Bronnenberg, Adolph: Kaiserliche, landesfürstliche und andere Urkunden als Beiträge zur Staats- und Rechtsgeschichte der Stadt Hannover, in: Vaterländisches Archiv des Historischen Vereins für Niedersachsen (1842) S. 121–246. – Urkundenbuch der Stadt Hannover, Bd. 1: Vom Ursprunge bis 1369, hg. von Carl Ludwig Grotefend und Georg Friedrich Fiedeler, Hannover 1860 (Urkundenbuch des Historischen Vereins für Niedersachsen, 5). – Hannoversche Chronik, hg. von Otto Jürgens, Hannover 1907 (Veröffentlichungen zur niedersächsischen Geschichte, 6). – Aus Redeckers Aufzeichnungen über die Jahre 1692–1721, 1722–1723, 1724–1762, in: Hannoversche Geschichtsblätter 11 (1908) S. 255–269, 351–360; 12 (1909) S. 99–108, 179–258. – Die Alt- und Neustadt Hannover sowie die fürstliche Kanzlei von 1689, hg. von Joachim Studtmann, Hannover 1941 (Studien zur Volkskörperforschung Niedersachsens, 2,2 = Die Kopfsteuerbeschreibung der Fürstentümer Calenberg-Göttingen und Grubenhagen von 1689, 2). – Hannover-Archiv, 10 Bde. und 5 Erg.-Bde., hg. von Rita Seidel und Franz Rudolf Zankl, Braunschweig 1977 (1979)–1985. – Hannover-Edition, 10 Bde., hg. von Rita Seidel und Franz Rudolf Zankl, Braunschweig 1990–1998. – Hannover Edition 2000, 13 Bde., hg. von Rita Seidel und Franz Rudolf Zankl, Braunschweig 1998–2007.

(8)Leonhardt, Karl Friedrich: Straßen und Häuser im alten Hannover, in: Hannoversche Geschichtsblätter 27 (1924) S. 22–139; 29 (1926) S. 1–128. – Nöldeke, Arnold: Die Kunstdenkmale der Stadt Hannover 1. Denkmäler des »alten« Stadtgebietes Hannover, Hannover 1932 (Kunstdenkmälerinventare Niedersachsens, 17). – Leonhardt, Karl Friedrich: Karten zur Entwicklungsgeschichte der Stadt Hannover, Hannover 1933. – Brix, Ewald: Vom Markt zur Metropole. Die Stadt Hannover und ihre Wirtschaftsentwicklung in sieben Jahrhunderten, Hannover 1951. – Busch, Siegfried: Hannover, Wolfenbüttel und Celle. Stadtgründungen und Stadterweiterungen in drei welfischen Residenzen vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, Hildesheim 1969 (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens, 75). – Seedorf, Hans-Heinrich: Stufen der Kulturlandschaftsentwicklung im hannoverschen Stadtgebiet vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart, in: Jahrbuch der Geographischen Gesellschaft zu Hannover (1978) S. 18–49. – Zankl, Franz Rudolf: Hannovers Stadtgrundriß und seine Darstellung in älteren Stadtplänen. Pläne und Karten des hannoverschen Stadtgebietes vor Beginn der Vermessung der Stadt durch Wilhelm Deichmann 1860. Ein Verzeichnis, in: Hannoversche Geschichtsblätter N.F. 32 (1978) S. 95–154. – Baudenkmale in Niedersachsen, Bd.10: Stadt Hannover, Tle. 1–2, hg. von Hans Herbert Möller, Braunschweig/Wiesbaden 1983, 1985. – Hauptmeyer, Carl-Hans: Die Residenzstadt Hannover im Rahmen der frühneuzeitlichen Stadtentwicklung, in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 61 (1989) S. 61–85. – Meyer, Karl H.: Königliche Gärten. 300 Jahre Herrenhausen, Hannover 1966. – Hannover Chronik. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Zahlen, Daten, Fakten, hg. von Klaus Mlynek und Waldemar R. Röhrbein, Hannover 1991. – Geschichte der Stadt Hannover, Bde.1–2, hg. von Klaus Mlynek und Waldemar R. Röhrbein, Hannover 1991, 1994. – Böttcher, Dirk, Mlynek, Klaus, Röhrbein, Waldemar R., Thielen, Hugo: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart, Hannover 2002. – Hannover. Kunst- und Kultur-Lexikon, hg. von Helmut Knocke und Hugo Thielen, Springe 22005. – Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart, hg. von Klaus Mlynek und Waldemar R. Röhrbein, Hannover 2009.

Carl-Hans Hauptmeyer