Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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SCHRIFTLICHKEIT UND MÜNDLICHKEIT

»Schriftlichkeit« und »Mündlichkeit« bezeichnen zwei Modi der Kommunikation, die im Mittelalter eng miteinander verbunden waren. Bis in die frühe Neuzeit hinein charakterisierte das Zusammenspiel von mündlichen und schriftlichen Äußerungen auch die Höfe als Herrschafts-, Kultur- und Kommunikationszentren. Sie unterschieden sich allenfalls in den spezifischen Weisen, wie die gesprochene und die geschriebene Sprache in verschiedenen höfischen Zusammenhängen interagierten, von anderen gesellschaftlichen Organisationen, Formationen und Beziehungssystemen.

Die »Situation der Bi-Medialität« (Wenzel, Einleitung) – im Sinne eher eines Zusammenwirkens als eines Nebeneinanders der Kommunikationsmittel – veränderte sich zwar vielfach, seitdem die generelle »Verschriftlichung des Lebens« (Giesecke, Volkssprache) voranschritt. Dieser sich im 15. Jahrhundert beschleunigende Prozeß, die förmliche »Explosion« von Schriftlichkeit und die Ausbildung einer skriptoral geprägten Mentalität (Moos, Mündlichkeit, Wenzel, Hören und Sehen), manifestierte sich in der zügigen »Verschriftlichung der Herrschaftspraxis« (Schubert, Umformung), d. h. er führte auch bei Hof zu einer enormen Vervielfältigung des Schriftlichen in den Bereichen der Regierung, Verwaltung, Hoforganisation, Repräsentation, Unterhaltung und des Nachrichtenwesens. Dadurch wurde allerdings mündliches Kommunizieren nicht ersetzt oder verdrängt. Das gesprochene Wort behielt, vielfach in Kombination mit Geschriebenem, seine Bedeutung in der unmittelbaren Interaktion zwischen Anwesenden sowie bei der Verständigung mit Abwesenden, hofintern wie im Kontakt zur Außenwelt. So reich die Überlieferung von Geschriebenem und Gedrucktem aus Spätmittelalter und früher Neuzeit auch ist, sie bietet mutmaßlich nur »Momentaufnahmen eines noch stark von Mündlichkeit geprägten Kommunikationsprozesses« (Nies, Osmosen). Je nach Hofsphäre dominierte die gesprochene Sprache unterschiedlich lange und intensiv den Umgang, ein Bedarf an Schrifteinsatz ergab sich erst sukzessive in verschiedenen »oral networks of communication« (Chinca, Young, Orality).

Eine Erörterung von Mündlichkeit und Schriftlichkeit bei Hof hat zu berücksichtigen, daß die Äußerungsformen »Sprechen« und »Schreiben« keine entgegengesetzten Pole darstellten, wie die interdisziplinäre Mediävistik in den vergangenen Jahren immer wieder bekräftigt hat (Chinca, Young, Orality). Die Annahme einer Dichotomie würde der um 1500 verbreiteten Auffassung zuwiderlaufen, daß das »Reden« mündliche wie schriftliche Mitteilungsweisen umfaßte (Nolte, Familie). Ein »Bewußtsein für die grundsätzliche Differenz schriftlicher und mündlicher Kommunikation« fehlte (Müller, Rede und Schrift). Es gilt daher, vor allem das Ineinandergreifen von Mündlichem und Schriftlichem im Auge zu behalten, wenn im folgenden die Voraussetzungen, Funktionen und Anwendungsgebiete der beiden Kommunikationsmodi anhand ausgewählter Aspekte skizziert werden. Eine tiefergehende Auslotung der Möglichkeiten und Grenzen der Schriftverwendung bleibt dem Artikel über pragmatische Schriftlichkeit sowie den Detailartikeln dieses Bandes vorbehalten.

Eine Darstellung mündlicher und schriftlicher Kommunikationsweisen müßte eigentlich die Körpergebundenheit beider Modi einbeziehen sowie darüber hinausgehend den Bereich der nonverbalen Kommunikation sui generis thematisieren. In der face-to-face-Kommunikation unter Anwesenden spielte »neben (und bisweilen vor) der Sprache das gesamte Ensemble nonverbaler Zeichen« (Wenzel, Repräsentation) eine entscheidende Rolle: Mimik, Gestik, Blicke, Kleidung, ritualisierte Handlungen, Anordnung von Personen im Raum (Spiess, Kommunikationsformen). Dieser Komplex muß im vorgegebenen Rahmen ebenso unberücksichtigt bleiben wie die eminente Bedeutung von Bildern als Medien der Kommunikation. Welche »Sprachfähigkeit« (Krüger, Bilder) Bilddarstellungen besaßen und in welchen Kontexten Schrift-Bild-Kombinationen eingesetzt wurden, wird in mehreren Beiträgen dieses Bandes behandelt (z. B. bei Drös über Wappenbücher, bei Schenk und Bojcov über Festberichte, bei Fey über Inventare, bei Schneider über Devisen und Embleme).

1. Voraussetzungen schriftlicher und mündlicher Kommunikation

Für den Verlauf höfischer Kommunikationsprozesse, ob mündlich oder schriftlich, und für die Partizipation daran waren, neben dem Vorhandensein einer entsprechenden räumlichen und personellen Infrastruktur (Archiv, Kanzlei, Bibliothek, studiolo, Speisesaal, Frauenzimmer etc.) zwei Faktoren entscheidend: Zum einen setzte jede Kommunikationsweise bestimmte Kenntnisse und Fertigkeiten voraus, zum anderen hing es von der Frage des Zugangs – zum Herrscher und seiner Familie, zu seinem Beraterkreis, zu Gesprächszirkeln und geselligen Runden, zu aufbewahrten Schriftdokumenten, zu bestimmten Räumen – ab, wer an einzelnen Kommunikationsvorgängen teilhaben konnte und welchen Grad an Öffentlichkeit diese hatten.

Der Gebrauch von Geschriebenem war in der Hofgesellschaft, je nach dem Maß an literater Bildung ihrer Mitglieder, auf den unterschiedlichsten Niveaus verbreitet. Das Spektrum reichte von jenen, die Schriftliches ausschließlich hörend beim Vorlesen und Aufführen aufnahmen, über jene, die selbst lasen – ob eher mühselig Buchstaben entziffernd, sich Worte zur Einprägung laut wiederholend oder in Form flüssiger Lektüre –, bis zu jenen, die routiniert eigenhändig schrieben oder literarische Werke produzierten (vgl. dazu weiter unten).

Abgesehen von der fürstlichen Familie sowie den adligen bzw. gelehrten Funktionsträgern in ihrem unmittelbaren Umfeld dürften die meisten Mitglieder des Hofs im 15. Jahrhundert kaum über Lese- und Schreibkenntnisse verfügt haben. Auf Veränderungen zum 16. Jahrhundert hin deutet die neue Praxis, → Hofordnungen nicht mehr nur in regelmäßigen Abständen öffentlich vorzulesen, sondern auch in Speisesälen anzuschlagen (siehe in diesem Band Noflatscher über Hofstaatsverzeichnisse, Hof- und Staatsschematismen). Die Anweisung am Kasseler Hof Landgraf Philipps von Hessen Ende der 1530er Jahre, ein lese- und schreibkundiger Pförtner solle zu den Essenszeiten mit einem register und verzeichnus überprüfen, wer nach der Einführung von Kostgeld noch an der Hofspeisung teilnehmen durfte, ist ebenfalls aufschlußreich (ebd.). Sie wirft ein Schlaglicht darauf, daß mittlerweile auch Funktionsträger unterhalb der höchsten Führungsriege selbstverständlich und regelmäßig Schriftliches bei Alltagsgeschäften handhaben sollten.

Der Herrscher und seine Angehörigen, die Inhaber höherer Hofämter und Mitglieder des engeren Gefolges waren im 15. Jahrhundert in der Regel lese- und schreibkundig und fanden überdies Anschluß an die Gelehrtenkultur, als humanistisch gebildete Männer, »Spezialisten für mündliche und schriftliche Kommunikation« (Müller, Gedechtnus), in den Hofdienst traten. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erhielten neben den zukünftigen Geistlichen auch die zur Herrschaftsnachfolge bestimmten Fürstensöhne vielfach eine Unterweisung im Lateinischen, die indessen für das geläufige Lesen, Schreiben und Sprechen dieser Sprache nicht ausreichte. Etliche Fürsten ließen für ihre persönliche Lektüre lateinische Texte, vom Geschichtswerk bis zum Psalter, ins Deutsche übersetzen, einige streuten in ihre deutschsprachigen Briefe lateinische Begriffe ein wie Kurfürst Albrecht von Brandenburg trotz seines Geständnisses, kein guter latennist zu sein (→ Fürstenkorrespondenz), oder sie sprachen zu besonderen Anlässen persönlich einige lateinische Worte, wie etwa Herzog Bogislaw X. von Pommern bei einer päpstlichen Audienz (Nolte, Fürsten und Geschichte). Im übrigen überließen sie die lateinischsprachige Kommunikation, die sie als Medium der Diplomatie und der Repräsentation schätzten, den Gelehrten, Literaten, oratores.

Standen die Regenten bis ins 15. Jahrhundert vielen fürstlichen Frauen noch nach, was Buchbesitz und Buchbenutzung, Literaturförderung und eigenhändiges Schreiben anbelangte, und setzten sie bei der voranschreitenden Verschriftlichung von Regiment (→ Regimentsverträge) und Hofhaltung zunächst auf die Mitarbeit entsprechend hochqualifizierter Führungskräfte, so veränderte sich um 1500 nun auch ihr persönlicher Regierungsstil: Regieren war im frühen 16. Jahrhundert vor allem zu Schreibtischarbeit geworden (Schubert, Umformung). Selbst wenn der Herrscher nicht am Schreibtisch saß, wurde von ihm erwartet, daß er stets zu seiner persönlichen Information Dokumente als handliches Libell bei sich trug, zum Beispiel ainen sumari auszug über alles hofgesint mit eins jeden besoldung und amt, in dem er sich teglich selbs ersehen konnte (siehe in diesem Band Noflatscher über Hofstaatsverzeichnisse, Hof- und Staatsschematismen, über die Hofordnung 1527 für König Ferdinand I.). Auf Reisen zum Reichstag führten Fürsten nun Aktenpakete für ihre dort zu behandelnden Angelegenheiten mit. Manch einer hatte auch unterwegs astrologische Ratschläge zur Hand, um sie jederzeit bei politischen Entscheidungen konsultieren zu können (siehe in diesem Band Gindhart über astrologische Textsorten, zu Markgraf Johann von Küstrin).

Zu den alltäglich anfallenden kommunikativen Tätigkeiten gehörte die Erledigung der Korrespondenz (→ Fürstenkorrespondenz). Sie oblag den schreibern in der Kanzlei in Zusammenarbeit mit dem Herrn oder der Herrin, die in unterschiedlichem Ausmaß an der Erstellung von Konzepten und Ausfertigungen beteiligt waren (vgl. weiter unten zu diktierten und eigenhändig geschriebenen Briefen sowie zu ihrem Entstehungsprozeß). Wer auch immer für die einzelnen Briefteile verantwortlich war, benötigte Kenntnisse der rhetorischen Konventionen und Strategien, die je nach Adressat und Anliegen am Platz waren und offenbar selbst zwischen fürstlichen Korrespondenten bzw. deren Kanzleien variierten – Herzog Wilhelm IV. von Jülich-Berg jedenfalls wollte 1481 ein Einladungsschreiben an mehrere Fürsten nicht über seinen Schwiegervater Kurfürst Albrecht von Brandenburg verschicken, dann so wir nit eigentlich wissen den stilum, in dem Albrecht mit den anderen Fürsten korrespondiere (→ Feste zu besonderen Anlässen – Einzug). Ob die Schreiber in den fürstlichen Kanzleien auch auf Briefsteller und Rhetorikanleitungen, die es seit ca. 1470 für deutschsprachiges sendbrief machen, auch hoflich reden (Friedrich von Nürnberg, Deutsche Rhetorik) gab, zurückgriffen, ist unbekannt (siehe in diesem Band Holzapfl über Fürstenkorrespondenz mit dem Hinweis auf Fabian Frangks Cantzley und Titel buechlin, das sich ausdrücklich nicht an geübte Kanzleischreiber wendet, Weil dieselben vorhin iren gewoenlichen brauch (in zulegung der Ehrwort und anderm) nach eines jdlichens stande fueglich wissen zuhalten).

Ebensowenig läßt sich feststellen, welchen Einfluß Rhetoriklehren, die es für verschiedene Gelegenheiten der Sprachverwendung gab, auf Situationen mündlichen Sprachgebrauchs, die Konversation, oratz und red bei Hof hatten. Abgesehen davon, daß solche Anleitungen zur kunst […] gemains und zierlichs redens meist in erster Linie auf das schriftliche Reden per Brief zielten (Bodemann, Grubmüller, Anleitung), waren sie für den höfischen Kosmos mit seinem eigenen Regelwerk vermutlich nur bedingt geeignet. Es steht außer Frage, daß an den Höfen nicht nur für die öffentlich vorgetragene oratz, sondern auch für andere mündliche Äußerungen etwa in Familiengesprächen oder außerprotokollarischen diplomatischen Unterredungen Formen vorgegeben waren. Aus schriftlichen Wiedergaben vergangener Gespräche kann man vorsichtig schließen, daß zum Beispiel Familienangehörige untereinander sich, je nach ihrem von Position, Alter, Geschlecht bestimmten Rangverhältnis, gemäß einem Kodex begegneten. Inwieweit Sprechregeln mit dem Reglement für schriftsprachliche Kommunikation übereinstimmten – dieses dürfte für die Vielfalt mündlicher Kommunikationssituationen kaum ausgereicht haben – und ob sie tatsächlich eingehalten wurden, läßt sich kaum nachvollziehen (vgl. weiter unten). Eine Orientierung an höfischen Konversationsidealen, wie sie etwa Baldassare Castiglione im ›Libro del Cortegiano‹ (1527, deutsche Übersetzung 1560) propagierte, lag wohl bürgerlichen Rezipienten mehr als adligen am Herzen (Burke, Geschicke).

So wie sich der Hof aus Personengruppen und Räumen zusammensetzte, zu denen der Zugang unterschiedlich exklusiv geregelt war, kommunizierten seine Mitglieder auch in verschiedenen Abstufungen von Öffentlichkeit. In der mündlichen wie in der schriftlichen Kommunikation bei Hof galt das Prinzip von Einschluß und Ausschluß. Nur in wenigen Situationen wurde die Hofgesellschaft als Ganzes einbezogen, etwa beim Bekanntmachen von → Hofordnungen oder beim täglichen Gottesdienst. Die Teilnahme am Gottesdienst mahnten → Hofordnungen vor dem Hintergrund eines wachsenden religiösen bzw. konfessionellen Bewußtseins regelmäßig an. Sämtliche Familienangehörige und die Dienerschaft, vom meisten bis auff den wenigsten, kheine außgenohmen, sollten dieselben Predigen mit Vleiß besuchen. Daß viele Hofmitglieder beim Kirchgang eher säumig waren, ist solchen Anordnungen (hier vom Hof zu Zweibrücken 1581) ebenso zu entnehmen wie dem Befehl Kurfürst Joachims II. von Brandenburg 1537, das Hofgesinde zu Berlin solle ihn künftig täglich in die Kirche begleiten, domit wir nicht alleine dorinn, wie anher bescheen, gelassen.

In den meisten Situationen kamen Gruppen ausgewählter Personen zusammen, die sich von der Allgemeinheit bei Hof, der Gesamtöffentlichkeit, abhoben. Der Rat tagte allmorgendlich unter sich; beim nachmittäglichen gesellich im Frauenzimmer waren Adlige, nicht aber deren Knechte, zugelassen (Nolte, Familie); Schauspielaufführungen und literarische Darbietungen fanden in Zirkeln mit entsprechender Bildung statt; der Empfang und die Unterhaltung von Gästen war Sache ausgesuchter weiblicher und männlicher Hofmitglieder. Wer bei den Mahlzeiten zusammensaß und miteinander redete, wurde in manchen → Hofordnungen genau festgelegt bis hin zum Verbot am Königsberger Hof 1560, daß an den Jungfrauen- und Mägdetischen irgend jemand von den adligen oder nichtadligen manspersonen, abgesehen von den Zwergen und Tischdienern, sich stehend oder sitzend aufhalte oder mit den Frauen uber tische sprach halte. All diese Versammlungen waren gleichermaßen durch eine »gruppenhafte Partikularität« (Moos, Mündlichkeit) wie durch einen gewissen »Öffentlichkeitsgehalt« (Brandt, Repräsentation) gekennzeichnet. Interaktion fand hier im Kreis eines – wie eng auch immer – umgrenzten Publikums statt.

Die exklusivste Runde war in jedem Fall die um die Person der Herrschers. Hatte der unmittelbare Zugang zum Regenten immer schon signalisiert, wem er sein Gehör schenkte, so wurde mit seiner zunehmenden zeremoniellen Distanzierung vom Hofbetrieb (Plodeck, Hofstruktur) die Nähe zu ihm ein noch genauer beobachtetes Distinktionsmerkmal. Entsprechend wurde jetzt auch schriftlich geregelt, wer auf welchem Weg mit ihm unmittelbar kommunizieren durfte. Vom 16. Jahrhundert an sorgten → Hofordnungen für seine Abschirmung, indem sie festlegten, daß nur bestimmte Personen ihn in seinen Wohnräumen nach Aufforderung oder Ansage durch den Kämmerer aufsuchen durften (Nolte, Familie). Der Herrscher entschied in jedem Fall selbst, wer zu ihm persönlich vorgelassen wurde. Aus vielerlei Gründen konnte er in manchen Situationen das unmittelbare Gespräch verweigern. Markgraf Friedrich der Ältere von Brandenburg-Ansbach etwa wahrte Abstand zu Gesandten, die in Seuchengebieten unterwegs gewesen waren, und ließ sich von ihnen lieber schriftlich als mündlich Bericht erstatten; manch ein Fürst zog bei Spannungen den schriftlichen Austausch persönlichen Unterredungen vor, da diese stärker zur Umsetzung von Absprachen verpflichteten; und schließlich demonstrierte der Ausschluß den Entzug der herrscherlichen Gunst wie bei Johann II. von Anhalt-Zerbst, der 1551 seine Frau weder sehen noch horen wollte und vor der verschlossenen Tür seines Gemachs stehen ließ (ebd.).

Für den Verlauf von schriftgestützten Kommunikationsprozessen und die Beteiligung daran kam es darauf an, ob und für wen Dokumente verfügbar waren und zum Beispiel als Gedächtnisstütze, Argumentationsgrundlage, Beweismittel dienen konnten. Die Verwendung von Schriftgut wurde ermöglicht durch mehr oder weniger systematische Sammlungen: zentral, geordnet und inventarisiert in der Kanzlei (vgl. in diesem Band Andermanns Artikel über pragmatische Schriftlichkeit), im Archiv, in der Bibliothek, aber auch dezentral und eher willkürlich zusammengestellt in Tischladen und Truhen zum persönlichen Gebrauch. Die Tendenz zu Neben- und Sondersammlungen nahm anscheinend in dem Maße zu, in dem Fürstinnen und Fürsten immer geübter mit Geschriebenem hantierten und Aktenberge sich häuften. Da gewöhnlich keine schriftlichen Verzeichnisse über diese Bestände geführt wurden, ging spätestens dann die Übersicht verloren, wenn niemand mehr mündlich Auskunft darüber geben konnte. Bezeichnend für die problematische Aufbewahrungs- und Gebrauchspraxis der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach (und mutmaßlich auch anderer Fürsten) ist eine von Markgraf Georg 1532 initiierte Archivrecherche nach einer Urkunde (dem angeblichen Verzicht seines Bruders Albrecht auf die Nachfolge in den fränkischen Herrschaftsgebieten bei der Übernahme des Hochmeisteramts des Deutschen Ordens). Georg vermutete das Schriftstück letztlich bei seiner Schwägerin Susanne, der Witwe seines verstorbenen Bruders Casimir, da dieser vil ding zu s. l. handen zu verwarn genomen und seiner Frau vielleicht auch dieses Dokument mit andern dingen mer zu iren handen gestelt habe. Verärgert darüber, daß in den Archiven in Ansbach und auf der Plassenburg nichts registrirt, sonder alle ding unordenlich hin und wider geleget worden waren, ordnete der Markgraf eine Neuinventarisierung an (Wagner, Kanzlei- und Archivwesen).

Zur Wahrung der Kontrolle regelten Familienverträge im Zusammenhang mit Herrschaftsteilungen den Umgang mit jenen Urkunden und Registern, die die gesamte Herrschaft angingen: an welchen Orten sie sicher deponiert werden sollten, wer mit Schlüsseln Zugang zu den Kisten erhielt, wie mit Ausleihen und Abschriften verfahren wurde (Rogge, Herrschaftsweitergabe). Wurde somit sichergestellt, daß die an der Regierung beteiligten Personen auf wichtige Dokumente zugreifen konnten, so verweigerte man anderen die Aushändigung von Schriftstücken. Manche Regenten hinderten ihre Verwandten auf diese Weise gezielt daran, sich eingehend zu informieren und ihre Herrschafts- und Rechtsansprüche zu untermauern (Nolte, Familie). Angesichts eines solch restriktiven und manipulativen Einsatzes von Schrift als Herrschaftsinstrument wiederum lag es nahe, für den Fall künftiger Auseinandersetzungen Dokumente selbst unter Verschluß zu halten, anstatt sie im Archiv oder in der Kanzlei aufbewahren zu lassen.

2. Funktionen und Gebrauch gesprochener und geschriebener Sprache

Als ein auf Dauer angelegtes, im Prinzip langfristig verfügbares Medium eignet sich die Schrift besser als die flüchtige mündliche Rede dazu, das Gedächtnis zu stützen. Aufgrund dieser Funktion wurde sie bei Hof auf jenen Gebieten verwendet, die spezifisches Wissen erforderten: Wissen über politische Vorgänge, Herrschaftspraktiken, Diplomatie, Administration, zeremonielle Abläufe. Geschriebenes wurde eingesetzt, wann immer Dynastien und Höfe sich auf das Herkommen berufen wollten, Argumentationshilfe und Instruktion suchten für die Planung ihres künftigen Vorgehens. Häufig ging das Bedürfnis nach Orientierung einher mit dem Wunsch nach Erbauung und Unterhaltung und der Absicht, sich repräsentativ und kulturell überlegen in Szene zu setzen bzw. politische Propaganda zu betreiben (Studt, Fürstenhof, Studt, Tradition, sowie in diesem Band Studt über Hofgeschichtsschreibung). Die vielfältigen Erscheinungsformen hoforientierten Schrifttums mit pragmatischen Zielsetzungen im weiteren Sinne – von Reise- (→ Feste zu besonderen Anlässen – Reise; → Gesandtschafts- und Reiseberichte) und Festberichten (→ Höfische Feste und ihr Schrifttum) über »Ordnungen« aller Art bis zur Hofgeschichtsschreibung – sind charakterisiert durch ihre »Polyfunktionalität« (Müller, Einleitung) in Verbindung mit ihrer Fähigkeit, Wissen und Erinnerung zu speichern.

Außerdem überbrückt die Schrift räumlich-zeitliche Distanzen und eignet sich als Medium in »zerdehnten« Kommunikationssituationen (Moos, Mündlichkeit), in denen Begegnungen von Angesicht zu Angesicht nicht möglich sind. Um vom Hof aus mit der Außenwelt, zum Beispiel mit anderen Höfen, zu kommunizieren, wurden Gesandte (→ Gesandtschafts- und Reiseberichte) mit schriftlichen Instruktionen und Boten mit Briefen, seit dem 16. Jahrhundert auch mit Gedrucktem (Flugschriften, → Flugblätter) losgeschickt. Briefe ersetzten zwar nur bedingt Gespräche, aber sie wurden als eine Form des »Besuchs« aufgefaßt und, sofern vom Absender eigenhändig geschrieben, als Zeichen seiner physischen Anwesenheit geschätzt (Fouquet, Fürsten unter sich, Nolte, Familie, vgl. weiter unten). Allerdings konnte die geschriebene Sprache ihre kommunikative Funktion vielfach nur im Zusammenspiel mit mündlicher Interaktion, etwa durch das Vorlesen und Erläutern von Texten, so recht entfalten (→ Fürstenkorrespondenz).

Im folgenden Abschnitt werden ausgewählte Situationen der Kommunikation unter den bei Hof Anwesenden ins Auge gefaßt. Bezüglich der unmittelbaren Interaktion bei face-to-face-Begegnungen stellt sich dabei die Frage, welche Schlüsse auf die vergangene mündliche Sprachpraxis anhand der schriftlichen Überlieferung überhaupt möglich sind. Daran schließt sich ein Abschnitt über die Fernkommunikation mit den Mitteln der Schrift und der gesprochenen Sprache.

2.1. Kommunikation unter den am Hof Anwesenden

Die sich bei Hof aufhaltenden Menschen verständigten sich, ob von Angesicht zu Angesicht oder über Mittelsleute, auf mündlichem Weg, bevor etwa ab 1300 die verschiedenen Aktionsbereiche nach und nach vom Verschriftlichungsprozeß erfaßt wurden. Es gab Räume, Gruppen, Handlungsfelder, die von diesem Vorgang lange Zeit kaum berührt wurden. So bestand im unmittelbaren personellen und räumlichen Umfeld des Herrschers persönlich bis ins spätere 16. Jahrhundert wenig Bedarf an schriftlicher Regelung, da sich aufgrund von Zutrittsbeschränkungen ohnehin nur ausgewählte Personen in seinem gemach einschließlich der Kammer aufhielten. Ihnen erteilte er seine Weisungen mündlich. Erst im 16. Jahrhundert wurde im Detail schriftlich fixiert, wie die Leibdiener ihrem Herrn aufwarten sollten (Nolte, Familie). In anderen Sphären schritt die schriftliche Orientierung rascher voran in Verbindung mit zum Teil tiefgreifenden Veränderungen des Verhaltens, des Denkens und der Ausdrucksformen.

Mündliche Kommunikation verband sich mit dem Gebrauch von Geschriebenem zuerst auf jenen Gebieten des höfischen Lebens, die als besonders kontrollbedürftig galten. Allen voran die Wirtschaft: Ein schriftgestütztes Kontrollsystem sollte sparsames Haushalten fördern. Diesem Ziel dienten nicht nur Rechnungslegung (→ Rechnungen), Buchführung, Inventarisierung, sondern auch Aufgabenbeschreibungen, Dienstvorschriften und Instruktionen für das Personal. Schriftlich angewiesen wurden vor allem jene Funktionsträger, die damit befaßt waren, den Verkehr an neuralgischen Punkten der höfischen Topographie (Küche, Keller, Silberkammer, Hofstube, Hoftor) zu regulieren, damit Unbefugte ferngehalten und Ressourcen wie Getränke, Speisen, Pferdefutter und Lichter nur an Berechtigte ausgegeben wurden.

Neben der Ökonomie galten Kontrollbestrebungen vor allem dem Lebensumfeld der Frauen. Sobald im Zuge der Herausbildung fester Residenzen Frauenzimmer eingerichtet worden waren, wurden die dazugehörigen Räume und Personen umfassend reglementiert (Streich, Frauenhof, Nolte, Familie). Schriftliche Anweisungen zur Bewachung der Zugänge, zur Verfügung über Schlüssel, zum Aufschließen und Abschließen der Türen, zum Einlaß ausgewählter Personen zu bestimmten Zeiten sollten gewährleisten, daß Kontakte zwischen den Bewohnerinnen des Frauenzimmers und Außenstehenden in den vom Regenten erlaubten Bahnen verliefen. Auch das Verhalten der Frauen und ihres Personals untereinander, innerhalb ihres Wohnbereichs und in der Öffentlichkeit, wurde mit schriftlichen Verordnungen abgesteckt, zunächst um die »Zucht«, dann, verstärkt vom 16. Jahrhundert an, auch um das Zeremoniell zu wahren.

Eine Zwischenbemerkung zu dem immer dichteren System schriftlicher Regeln: Generell wurden die vielfältigen Weisungen, die im Hofalltag ständig anfielen, auch nach der Ingebrauchnahme schriftlicher »Ordnungen« (Verzeichnisse, Listen etc.) größtenteils auf mündlichem Wege erteilt. Schriftliche Texte erschienen zwar, je umfangreicher die Höfe wurden, immer unentbehrlicher zum Erreichen größerer Effizienz und Übersichtlichkeit. Sie konnten aber, selbst wenn sie intensiv gebraucht und entsprechend mehrfach ausgefertigt wurden, der Hoföffentlichkeit in regelmäßigen Abständen inhaltlich bekannt gemacht und von den höheren Hofchargen ständig mitgeführt wurden (siehe in diesem Band Noflatscher über über Hofstaatsverzeichnisse, Hof- und Staatsschematismen), den mündlichen Austausch nicht ersetzen. Beispielhaft für die bleibende Bedeutung der mündlichen Praxis lassen sich Bestallungen anführen: Der Abschluß eines schriftlichen Dienstvertrags bildete nur den letzten Schritt nach mündlichen Verhandlungen und der Eidesleistung (siehe in diesem Band Jendorff über Dienerbriefe und -bücher).

Neben die Kontrolle trat im Laufe des 15. Jahrhunderts ein weiteres Leitmotiv: das Zeremoniell. Das wachsende Bedürfnis, Zeremonien präzise einzuhalten und auf diese Weise Machtverhältnisse, Rangabstufungen und Distanz zu dokumentieren, führte dazu, daß nun Texte zur Orientierung wie zur Normierung heranzogen wurden. Bezeichnenderweise ging es jetzt in Frauenzimmerordnungen neben Kontrollfragen (wer wann Zutritt erhält etc.) auch um Prozeduren des etikettegemäßen Auftretens und Verhaltens im Alltag. Bei Festen aller Art griff man für die Regie auf Ordnungen und Berichte zurück (→ Höfische Feste und ihr Schrifttum), um insbesondere die Plazierung bei Einzügen (→[Reichsstädtische] Einzugsordnungen und Einzugsberichte; → Feste zu besonderen Anlässen – Einzug), Empfängen, Prozessionen, im Gottesdienst und bei Tisch in korrekten Formen vorzunehmen, um das Festprogramm zu gestalten bis hin zur Festlegung von Speisefolgen und Aufwartungskonstellationen, um sich hinsichtlich der Verwendung von Symbolen und Requisiten zu orientieren (vgl. die vielfältigen Beiträge in diesem Band). Da Orientierung, Selbstvergewisserung und Selbstdarstellung Hand in Hand gingen, waren festbezogene Texte, sofern sie die repräsentative Seite der Vorgänge betonten, über den eigenen Hof hinaus als Kommunikationsinstrument nutzbar: Sie wurden vervielfältigt und vom späten 15. Jahrhundert an in gedruckter Form als Einblatt oder Buch publiziert (vgl. in diesem Band Bojcov über Feste zu besonderen Anlässen, hier: Krönung, zur Krönung Maximilians I. 1486 und Babendererde über Feste im Lebenslauf, hier: Tod, zu Funeraldrucken der Neuzeit).

Mit dem Stichwort Repräsentation ist ein weiterer Bereich der höfischen Kommunikation bezeichnet, der durch die Adaption des Mediums Schrift und schriftorientierter Ausdrucksformen nachhaltig geprägt wurde. Mit der geschriebenen Sprache gewannen der Herrscher und sein Hof neue Möglichkeiten, sich selbst in Szene zu setzen. Die Beiträge dieses Bandes veranschaulichen, wie breitgefächert das Spektrum von Textsorten ist, die neben anderen Funktionen auch dazu dienten, Herrschaft zu untermauern und zu legitimieren, Macht und Rang sowie kulturelles Prestige zu demonstrieren. Geschriebenes wurde je nach Situation und Publikum vorgelesen, rezitiert, gesungen, als Schauspiel aufgeführt und/oder in prachtvoller materieller Ausstattung zur Schau gestellt. Aufwendig gestaltete Handschriften literarischer Werke beispielsweise fungierten über die Lektüre hinaus als Schauobjekte (siehe in diesem Band Bastert zu Romanen), verzierte und bebilderte Handschriften von Fechtbüchern förderten das Ansehen dieser Kampfart als Hofkunst bzw. dienten bei Hof als Referenz oder Bewerbungsschrift der Fechtlehrer (siehe in diesem Band Päsler über Sachliteratur), illustrierte Inventare stellten als Einblattdrucke oder in Form von Prachtcodices Pretiosen, Heiltümer und andere Schätze in Text-Bildkombinationen aus und unterstützten zugleich die persönliche Andacht (siehe in diesem Band Fey zu Inventaren). Für den mündlichen Vortrag konzipierte Dichtung verschiedener Genres (→ Lieder, → Sangsprüche, Reimchroniken, versifizierte → Reiseberichte, vgl. Schmitz, Pilgerreise, sowie in diesem Band die Beiträge von Mertens, Moning, Studt) wurde in Interaktion zwischen Sängern, Erzählern und Zuhörern inszeniert. Lektüre und literarischer Vortrag mögen in der höfischen Festkultur (→ Höfische Feste und ihr Schrifttum) eine eher untergeordnete Rolle gespielt haben (Cramer, Repräsentation). Auch sind die Umstände, unter denen Literatur aufgeführt wurde, weitgehend unklar. Auf jeden Fall aber kamen Auftritte und Aufführungen in unterhaltsamer oder belehrender Art auch repräsentativen, propagandistischen und panegyrischen Bedürfnissen entgegen. Evident ist dies im Zusammenhang mit humanistischen Beiträgen zu höfischen Festlichkeiten (→ Höfische Feste und ihr Schrifttum), die zugleich »die Geltung der neuen litterae feiern« wollten (Müller, Rede und Schrift). Humanistisch geschulte Poeten, die vielseitig im Hofdienst tätig waren als oratores, Räte, Erzieher, Diplomaten, Sekretäre, Geschichtsschreiber (→ Hofgeschichtsschreibung), verfaßten lateinische Ehrenreden – etwa Totenreden, die im Rahmen von Trauerfeierlichkeiten vorgetragen wurden – und »Huldigungsspiele« (→ Feste zu besonderen Anlässen – Eid und Huldigung) verschiedener Art zum Lob fürstlicher virtus (siehe in diesem Band Tomasek über Gelegenheitsdichtung, Müller, Gedechtnus, Müller, Fürst, Müller, Rede und Schrift) (→ Lobreden). Für den Fürsten und seinen Hof konzipierte lateinische Dramen von Konrad Celtis, Jakob Locher, Johann Kitscher und anderen Literaten im Hofdienst mehrten das Ansehen ihrer Hofgesellschaft schon allein dadurch, daß sie sie als ein lateinkundiges, hochkultiviertes Publikum imaginierten (Nolte, Fürsten). Mit der Veröffentlichung solcher Schauspiele im Druck wurde dafür gesorgt, daß der Ruhm des Herrschers als princeps litteratus und seiner gebildeten Hofleute sich weiter unter Gelehrten und Adligen an Universitäten und Höfen verbreiten konnte.

Ein hinsichtlich seiner Kommunikationsformen schwer faßbares Gebiet sind die regelmäßigen Besprechungen der Räte, gegebenenfalls in Gegenwart des Herrschers, am Hof. Dabei spielten schriftliche Unterlagen zwar sicher zunehmend eine Rolle, doch die Beratungen selbst sind nicht protokolliert worden. Insgesamt entspricht das, was an Schriftlichem in Bezug auf politische und diplomatische Unterredungen überliefert ist, nur einem Bruchteil der abgelaufenen Kommunikationsprozesse. Verhandlungen schlugen sich nur so weit schriftlich nieder, wie sie mit Gesandtschaftsinstruktionen (→ Gesandtschafts- und Reiseberichte), Relationen und Briefwechseln verknüpft waren oder zu Vertragsabschlüssen führten. Aktenförmige Dokumentationen darüber existieren in größerem Umfang erst aus der Zeit nach etwa 1450. Wie tief Urkunden – über den Herstellungsvorgang mit Diktat etc. hinaus – in mündliche Interaktion eingebettet waren, belegen Vereinbarungen, abgesprochene Zusätze zu Verträgen bewußt nicht zu verschriftlichen (Nolte, Familie). Sie konnten auf diese Weise gegenüber Dritten geheimgehalten werden. Der Wunsch nach Geheimhaltung oder Diskretion wird auch in anderen Zusammenhängen häufig dazu geführt haben, mit fingierter Schriftlichkeit zu operieren oder sich ganz auf mündliche Verabredungen zu beschränken.

Ein Feld der vorwiegend mündlichen Kommunikation blieben informelle Gespräche, die zwischen dem Herrscher, seiner Familie und Verwandten, Gästen sowie Mitgliedern des Hofstaats zur Unterhaltung und zum Informationsaustausch in diversen Situationen geführt wurden: bei Tisch und in geselliger Runde im Frauenzimmer, bei Gartenspaziergängen und Ausritten, beim Tanz oder im Bad.

Auch in diese Situationen alltäglicher Geselligkeit fand allerdings Geschriebenes in vielerlei Gestalt Eingang, häufig eher als »Hintergrund und Begleitung« (Moos, Mündlichkeit) mündlicher Interaktion, manchmal aber auch als unmittelbare Anregung zu Debatten. Selten ist Genaues darüber zu erfahren, wie und von wem an einem bestimmten Hof die Bücher und Handschriften benutzt wurden, die dort nachweislich in der Bibliothek vorhanden waren, im Auftrag einer oder eines Adligen geschrieben, kopiert, übersetzt, versifiziert worden waren, ihr bzw. ihm gewidmet waren sowie mit personengebundenen Wappen und Devisen (→ Devisen und Embleme) versehen worden waren. Vereinzelt belegen Gebrauchsspuren – Wachsflecken, Brandlöcher, eigenhändige Notizen –, daß ein Werk eingehend studiert, vielleicht auch vorgelesen und besprochen worden ist. Im Fall Eberhards im Bart von Württemberg ist das Lese- und Gesprächsverhalten eines Fürsten gut bezeugt (Graf, Geschichtsschreibung). Eberhard, aus dessen Büchersammlung etliche Bände mit seiner Devise Attempto (→ Devisen und Embleme) erhalten sind, arbeitete offenbar ein einziges Buch gründlich durch, ein aus dem Lateinischen ins Deutsche übertragenes, 1481 gedrucktes Kompendium der Weltgeschichte von Werner Rolevinck. Der Fürst fügte mit eigener Hand Anstreichungen und Randbemerkungen hinzu, darunter auch mündliche Aussagen aus der Runde, in der er über das Gelesene diskutierte. Eberhard pflegte nämlich im Kreis von Gelehrten und adligen Räten, unter anderem bei Tisch, unter seiner Gesprächsleitung Themen erörtern zu lassen, auf die er bei seiner Lektüre gestoßen war. Die Leselust traf sich bei ihm also mit dem Interesse am mündlichen Austausch, insbesondere an »praxisbezogenen Debatten« (ebd). Dieser pragmatischen Einstellung entsprechend las er auch mit der Absicht, seine eigene Redefertigkeit noch zu verbessern: Er las gern in biechern, bevalch demnach vil lateinischer biecher in teutsch vertolmetschen, damit er solche auch lesen mechte und mitt den sprichen und geschichten, so er also sunderlich auffmerckt, sein reden und meinung dester baß zierte und an tag brechte« (ebd., Sebastian Küng zitierend).

Auf die Rezeption und Produktion von Unterhaltungsliteratur in geselliger Runde am Hof der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach läßt der Briefwechsel schließen, den das Kurfürstenpaar Anna und Albrecht von Brandenburg 1474/75 führte (Nolte, Verbalerotische Kommunikation). Die Ehepartner flochten in ihre Briefe Scherze, kurzweilige Geschichten, gut schwenck ein, in denen sie die Motive und Stilmittel zeitgenössischer schwankhafter Erzählformen aufgriffen. Der Fürst dichtete sogar für seine Frau derb-anzügliche Reime, zu denen ihn offensichtlich ein Schwank (Der gefundene Ring) inspiriert hatte. Der Briefwechsel war selbst in seinen obszönen Passagen nicht als intimes Zwiegespräch konzipiert, sondern bezog die Jungfrauen im Ansbacher Frauenzimmer mit ein. Vom Fürsten gelegentlich unmittelbar angesprochen, bildeten die Frauen das Publikum, vor dem Albrechts Briefe verlesen und kommentiert wurden, und sie wirkten bei der Beantwortung mit, indem sie ihm durch die Fürstin eigene Bemerkungen übermitteln ließen. Die Gespräche im Frauenzimmer wurden somit durch Geschriebenes angeregt und flossen ihrerseits in die schriftliche Kommunikation ein. Hier haben wir ein Indiz dafür, in welcher Weise die noch wenig erforschte alltägliche Kommunikation schriftsprachlich bzw. literarisch orientiert war (→ Fürstenkorrespondenz).

Die mündliche Sprachwirklichkeit bei Hof ist einzig aus Geschriebenem, in erster Linie aus Rede- und Gesprächsinstruktionen, Gesandtschaftsberichten (→ Gesandtschafts- und Reiseberichte), Briefen (→ Fürstenkorrespondenz), erzählenden Texten, erschließbar. Aufgrund ihrer Überformung im Prozeß der Verschriftlichung kann von einer Rekonstruktion kaum die Rede sein, so nahe die geschriebene Sprache der mündlichen Redeweise gelegentlich auch gekommen sein mag (Grosse, Oralität und Literalität). Am ehesten sind noch die Normen greifbar, an denen sich Sprechende orientieren sollten je nachdem, um was für eine Runde es sich handelte, welchen Rang sie selbst im Verhältnis zu ihrem Gegenüber hatten und welche Absichten sie verfolgten. Gesandte zum Beispiel erhielten Vorgaben zur Wahl des passenden Tonfalls, etwa ob sie in Verhandlungen viel hofwort oder wasserschleg zu gebrauchen hätten oder sich durch hochfahrende Worte der Gegenseite nicht einschüchtern lassen, sondern mit scherzhaften Reden darauf reagieren sollten (Nolte, Familie). Auch für Unterhandlungen ohne offiziösen Anstrich waren bestimmte Sprechformen vorgesehen. Die Räte Kurfürst Albrechts von Brandenburg etwa sollten sich 1476 bei der Hochzeit (→ Feste im Lebenslauf – Hochzeit) seines Sohns Johann mit dem Vater der Braut über die Morgengabe einigen in geheym also on befelh in einer gesellenred reden des nachts am tanz.

Immer wieder wurde bei Hof unflätiges Reden untersagt. Herzog Erich von Braunschweig-Lüneburg etwa sollte nach dem Willen seiner Mutter Elisabeth keine Menschen am Hof dulden, so unzuchtig mit dem munde und von unerbarlichen und unzuchtigen worten sein (Tschackert, Elisabeth von Münden). Vor allem die Anwesenden im Frauenzimmer hatten ihre Zunge im Zaum zu halten und den Anstand zu wahren. Die Hofmeisterin im Ansbacher Frauenzimmer sollte gemäß der dort geltenden, 1526 nach Königsberg exportierten Ordnung guth acht darauff geben, domit junckfrawen oder edelleuth sich in alwege zuchtig halten vnd kein vnzucht weder von wortten oder geperden treiben (Nolte, Verbalerotische Kommunikation). Auf der Plassenburg sollte eine alte Närrin, die den Töchtern Markgraf Casimirs diente, entlassen und im Spital untergebracht werden, weil dem Regenten Markgraf Georg ihr Verhalten und ihre Redensarten im Frauenzimmer vnnd sonderlich bei jungen leuttenn unpassend erschienen (Nolte, Familie). Tatsächlich war das Frauenzimmer das Kommunikationszentrum des Hofs, in dem sich Hofadlige, Gäste, der Regent und seine Angehörigen in geselligem Kreis trafen. Die dortigen Unterhaltungen, die durchaus auch politische Themen berührten, dienten dem Zeitvertreib und der Erheiterung. Freizügiges Reden scheint an der Tagesordnung gewesen zu sein, durfte aber nicht nach außen dringen. Die Bediensteten ins Ansbach jedenfalls mußten Verschwiegenheit bewahren über das, was sie im frawen zcymmer horenn ader vornemen.

Auch in informellen Unterhaltungen galten wie bei öffentlichen Ansprachen und Amtszeremonien Konventionen, etwa hinsichtlich der Anreden des Gegenübers und der Selbstbezeichnungen des Sprechenden. Nur vereinzelt finden sich allerdings Anhaltspunkte dafür, welche Formen im Gespräch von Angesicht zu Angesicht zwischen Familienangehörigen, Standesgenossen und Nichtebenbürtigen gebräuchlich waren und ob diese mit den feinabgestuften Konventionen der schriftlichen Kommunikation übereinstimmten. Letztere sahen genau vor, wer wen mit »Euer lieb« ansprach, ihrzte oder duzte und sich selbst als »ich« oder »wir« bezeichnete (vgl. weiter unten). Entwürfe für wörtliche Reden und Dialoge in schriftlichen Instruktionen sowie angeblich einigermaßen wortgetreu wiedergegebene Gespräche in Briefen zeigen zum Beispiel den fürstlichen Regenten, der für sich das hoheitsvolle »Wir« verwendet, während er seine Ehefrau duzt und die Ständevertreter beim Landtag anredet mit den Worten Lieben getruwen, wir haben uch dorum besant. Eine junge Fürstin hingegen, die bei Problemen am Hof ihrer Schwiegerfamilie die dortigen Räte um Hilfe bittet, bezeichnet sich diesen gegenüber, so ihre vom Vater aufgesetzte Rede, eher demütig-bescheiden im Singular: Lieben gesellen, ich bin ein gestin […] (Nolte, Familie). Wie aufmerksam Konventionen und Abweichungen von Konventionen beobachtet wurden, belegt eine Anekdote in der Chronik der Grafen von Zimmern über einen Wortwechsel zwischen einer Hofjungfrau und Markgraf Friedrich dem Älteren von Brandenburg. Die adlige Hofjungfrau im Ansbacher Frauenzimmer hatte ihren zu Besuch weilenden Bruder, einen jungen Domherrn, respektvoll geirzet […], welches dann dozumal in deutschen landen under dem adel gar ungepreuchlich. Auf Markgraf Friedrichs erstaunte Frage Medlin, warumb irzest du den bruder? führte das Mädchen den geistlichen Stand ihres Bruders an. Tatsächlich sollten Familienangehörige in hohen geistlichen Positionen von ihren Eltern nicht mehr geduzt werden – so die zeitgenössischen Lehren für die Abfassung deutschsprachiger Briefe und Reden (Formulare und deutsch Rhetorica). Von solchen wohl eher für die Schriftsprache geltenden Regeln ließ sich die junge Hofdame entgegen adligen Gepflogenheiten offensichtlich auch im mündlichen Gespräch leiten (→ Fürstenkorrespondenz).

2.2. Fernkommunikation

Die Beziehungen fürstlicher Höfe nach außen sind seit dem Spätmittelalter, insbesondere seit dem 15. Jahrhundert, in einer zunehmenden Vielfalt und Vielzahl von Schriftstücken dokumentiert, die die Kommunikation zwischen räumlich getrennten Menschen vermittelten. Die Dichte der Überlieferung läßt sich gewiß zum Teil damit erklären, daß mehr geschrieben wurde als in vorangehenden Jahrhunderten. Sie ist aber wesentlich mitbedingt durch Neuerungen in der Aufbewahrungs- und Dokumentationspraxis. Erst jetzt wurden in Kanzleien und Archiven Akten über Verhandlungen angelegt und Korrespondenzen systematisch erfaßt, gesammelt und verwaltet (Nolte, Familie, siehe in diesem Band Holzapfl über Fürstenkorrespondenz). Kommunikationsbezogenes Schriftgut, das vorher nicht für aufbewahrungswürdig gehalten worden war, erwies sich als nützlich für die Aufrechterhaltung von Herrschaft und sozialer Ordnung.

Bei den überlieferten Texten handelt es sich sich im wesentlichen um Instruktionen, Berichte (Relationen) – beides oft als Teil von Briefen – und Briefe, ab etwa 1500 auch um gedruckte »Sendbriefe« und Flugschriften (→ Flugblätter). Diesen Schriftguttypen ist gemeinsam, daß sie im Kontext mündlicher Kommunikation entstanden und eingesetzt wurden.

Die Instruktionen sind konzipiert als schriftliche Anweisungen für mündlich geführte Verhandlungen. Der Herrscher erteilte sie Personen, denen er vertraute und die er aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation oder auch ihres Rangs und ihrer Reputation für geeignete Diplomaten hielt. Häufig fungierten sie als seine unmittelbaren Stellvertreter. Die Gesandten erhielten genaue Anweisungen – bis hin zum Entwurf wörtlicher direkter Rede – zu Inhalt und Form ihrer Ansprachen und Diskussionsbeiträge, angefangen bei den Begrüßungsworten. Auch der Gesprächsverlauf wurde vom Regenten vorab so weit wie möglich gelenkt, indem er den Umgangston, die Argumentation und die zu erwartenden Haltungen der Gegenseite einkalkulierte und den eigenen Unterhändlern alternative Reaktionen für eine »flexible Verhandlungstaktik« (Felten, Verhandlungen) an die Hand gab. Mancher Gesandte bekam von seinem Herrn einen wörtlich ausgearbeiteten Redebeitrag, den er als vorgeblich spontane eigene Stellungnahme anbringen sollte. Zu diesem Rollenspiel gehörten auch Anweisungen, den Text vor dem Auftritt zu vernichten.

Bei der Rückkehr von Verhandlungen berichteten die Gesandten in der Regel ihrem Herrn mündlich, wie die werbung verlaufen war. Schriftliche Aufzeichnungen flankierten oder ersetzten die mündlichen Ausführungen. Protokolle, Zusammenfassungen und Notizen, die während langwieriger Verhandlungen angefertigt worden waren, wurden von unterwegs in Briefen verschickt, dienten beim mündlichen Rapport als Gedächtnisstütze und wurden als Grundlage für künftige weitere Verhandlungen aufbewahrt. Dank ihrer Ausführlichkeit und Detailgenauigkeit vermitteln manche Gesandtschaftsberichte (→ Gesandtschafts- und Reiseberichte) bemerkenswerte Einblicke in die mündliche Verhandlungspraxis. Sie registrieren atmosphärische Nuancen, verbale und nonverbale Äußerungen und schildern das taktische Vorgehen der Fraktionen: bei welchem Zwischenstand Gespräche beendet und am nächsten Tag wiederaufgenommen werden, wie die Gesandten einerseits anscheinend zufriedengestellt erklären, die erzielten Ergebnisse ihrem Herrn jetzt mitteilen zu wollen, und andererseits schrittweise mit weitergehenden Verhandlungsaufträgen herausrücken, wie sie nach allerlei beschlus red und letzten Antworten schließlich aufbrechen.

Bei aller Selbstverständlichkeit des Korrespondierens mit Briefen behauptete sich die Praxis, heikle und komplexe Angelegenheiten vorzugsweise mittels mündlicher Botschaften unterbreiten zu lassen. Mit der Abordnung hochrangiger Personen signalisierte ein Fürst dem anderen seinen Willen zum Entgegenkommen und zollte ihm allein schon dadurch Respekt, daß er vergleichsweise hohe Reisekosten (Ausstattung, bewaffnete Begleitung usw.) auf sich nahm. Einen slechten boten mit einem Schreiben zu schicken, stieß auf Kritik und mußte entschuldigt werden. Zudem erschien die gesprochene Sprache im Hinblick auf eine erfolgreiche Verständigung ein der geschriebenen Sprache überlegenes Medium. Aus zeitgenössischen Stellungnahmen spricht eine deutliche Skepsis gegenüber der schriftlichen Kommunikation – ein Rat mit einer mündlichen Botschaft werde bei Hof ee vnd baß gehort dann ein schrifft, meinte der Sekretär König Wladislaws von Böhmen, Jobst von Einsiedel, und Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg gab seinem Bruder zu verstehen, zur Wahrung guter Beziehungen trage am ehesten eine mündliche Botschaft aus berufenem Mund bei (fruntschafft mit wortten), während ein Brief zu Konflikten führen könne (unfruntschaft durch schrift) (Nolte, Familie) (→ Fürstenkorrespondenz).

Zur Vermeidung von Mißverständnissen wurden briefliche und mündliche Botschaften kombiniert, indem die Überbringer von Schreiben nähere Erläuterungen, Interpretationen dazu abgaben oder die eigentliche Mitteilung übernahmen (Teuscher, Bernische Privatbriefe). Die Vorsicht im Umgang mit der Schrift als Kommunikationsmedium spricht auch aus Weigerungen, abschlägige Antworten auf mündlich überbrachte Botschaften schriftlich zu fixieren. Angeblich war es unter den Fürsten des Reichs nicht üblich, auf eine mündliche werbung schriftlich zu antworten. Die mit Gesandtschaften betrauten Räte wiederum gaben sich oft nur ungern mit mündlichen Antworten zufrieden. Sie befürchteten, in diplomatische Verstimmungen hineingezogen zu werden als Überbringer schlechter Nachrichten oder weil sie die Weiterleitung einer (positiven) Antwort ringer gedechtnuss halber vergessen hatten.

Eine Verständigung über die Ferne hinweg mittels schriftlicher Botschaften hatte ihrerseits viele Vorzüge, angefangen damit, daß die Beförderung von Briefen vergleichsweise geringe Kosten verursachte. Voraussetzung war ein gut organisiertes System reitender Boten, bei dem zunächst Hofbedienstete aus verschiedenen Funktionsbereichen, vom »Diener« bis zum Roßknecht, nach Bedarf und somit unregelmäßig eingesetzt wurden. Für größeres Regelmaß bei der Beförderung fürstlicher Korrespondenzen (→ Fürstenkorrespondenz) sorgte die 1490 eingeführte taxissche Post sowie seit etwa 1500 die Bestallung geschworener Boten (→ Dienerbriefe und Dienerbücher). Überfälle auf Boten waren in fehdereichen Zeiten zwar zu befürchten, so daß Vorkehrungen für den Verlust von Briefen zu treffen waren. Dieses Risiko verlor jedoch an Schärfe, seitdem ausgehende Briefe verzeichnet bzw. als Konzept aufbewahrt wurden und somit ohne großen Aufwand Ersatzdokumente ausgefertigt und losgeschickt werden konnten. Geheimnisse vertrauten die Absender ohnehin lieber Gesandten an anstatt sie schriftlich »über Land« zu senden (vgl. zur Geheimhaltung weiter unten).

Solange Boten unregelmäßig oder nur in langen Zeitabständen verkehrten, mußten ihre einzelnen Touren intensiv genutzt werden. Sie erhielten vom Absenderhof meist ganze Pakete von Briefen und Geschenken an verschiedene Adressaten mit, und ihre Ankunft löste am Hof der Empfängerhof intensive Schreibtätigkeit aus. Während der Bote wartete, setzten die Adressatinnen und Adressaten ihre Antworten auf. Häufig formulierten auch ihre Angehörigen bei dieser Gelegenheit Grüße, um sie dem Boten mitzugeben. Selbst wer nichts Aktuelles – keine »neue Zeitung« – zu berichten hatte, nahm die Chance wahr, mit einigen Zeilen den Kontakt zu pflegen.

Beim Austausch von Briefen ging es nicht nur um die zweckmäßige Übermittlung von Nachrichten und Informationen. Über ihre Textinhalte hinaus setzten Briefe Zeichen der Verbundenheit und der grundsätzlichen Bereitschaft zum Gespräch selbst bei angespannten Beziehungen. Relativ geringe Verbindlichkeit und ausgefeilte Rhetorik machten den Brief zum bevorzugten Medium, wenn der Kontakt aufrechterhalten, konkrete Vereinbarungen aber hinausgezögert werden sollten (Rogge, Herrschaftsweitergabe). Da der Empfänger einen Brief wiederholt lesen, den Inhalt gründlich erfassen und sich einprägen konnte, versprachen Anliegen – Bitten, Belehrungen, Ermahnungen, Forderungen, Befehle – auf diesem Weg nachhaltig Wirkung zu entfalten. Vielfach bestätigten die Empfänger den Absendern ausdrücklich, sie hätten ihr Schreiben entpfangen, verlesen, verstanden vnd lenglich eyngenommen. Darüber hinaus waren Briefe ein materielles Unterpfand körperlicher Präsenz, sie brachten getrennte Personen einander körperlich nahe und erzielten damit »eine besondere emotionale Wirkung« (Fouquet, Fürsten unter sich), vor allem wenn sie eigenhändig geschrieben waren. Die Empfänger trugen den Brief bei sich, berührten und küßten ihn und nahmen ihn mit ins Bett, wie Herzog Albrecht von Preußen und seine Frau Dorothea einander versicherten (→ Fürstenkorrespondenz).

Bei der Konzeption, Produktion und Rezeption von Briefen griffen mündliche und schriftliche Kommunikation ineinander. Die Absender formulierten den Brieftext vielfach in Besprechungen mit ihren Beratern, diktierten ihn mündlich – Wort für Wort, in Form von Stichworten oder Hinweisen – einem Schreiber und ließen ihn sich zur Kontrolle vorlesen, bevor die Ausfertigung die Kanzlei verließ. Teile dieses Procedere entfielen, wenn die Absender das Konzept oder die Reinschrift mit eigener Hand schrieben. Die Empfänger wiederum rezipierten Briefe hörend, indem sie sie selbst laut vorlasen oder vorlesen ließen. Selbst in Situationen, in denen sie ohne Begleitung für sich lasen, setzten sie vermutlich ihre Stimme ein. Allerdings waren Momente des zurückgezogenen Lesens rar, bevor im 16. Jahrhundert an vielen Höfen separate Schreib- und Studierstuben in den herrschaftlichen Wohnbereichen den entsprechenden Rahmen schufen. Erst jetzt finden sich Äußerungen wie die der Kurfürstin Sibylla von Sachsen in einem Brief an ihren Mann 1549, ihr sei nirgends wohler dann yn meynnem gemach alleyne, da seytze ych vnd lesse yn meynnen bucheren (siehe Briefe der Herzogin Sibylla von Jülich-Cleve-Berg). Gewöhnlich waren die Empfänger umgeben von anderen Personen, wenn sie den Brief öffneten und nach zeitgenössischer Terminologie »vernahmen«, d. h. sich den Inhalt lesend/hörend aneigneten. Wer das Vorlesen übernahm und damit dem Absender gewissermaßen in einem fiktiven Dialog mit dem Adressaten seine Stimme lieh, bleibt meistens unerwähnt. Ausnahmen finden sich in der Korrespondenz zwischen Kurfürst Albrecht von Brandenburg und seinem Sohn Markgraf Johann (→ Fürstenkorrespondenz). Der Vater wollte seinen barschen Worten bei seinem Sohn Gehör verschaffen, indem er einige Räte als Vorleser und Mitleser benannte mit Befehlen wie das Ir die ding alle leset von anfang bis an das end vnd merckt, auch doran seyt, das vnnser Son das alles hore vnd merck (Nolte, Familie). Wie Gespräche über Briefe wiederum in die Abfassung schriftlicher Antworten mündeten, wurde am oben angeführten Beispiel von Kurfürstin Annas Frauenzimmer deutlich.

Bei der Aufnahme schriftlicher Kontakte konnte es aus vielerlei Gründen notwendig sein, Vorkehrungen zur Geheimhaltung zu treffen, und zwar nicht nur gegenüber politischen Gegnern außerhalb des Hofs. Diese ließen sich als Mitwisser am sichersten ausschließen, indem ein Bote losgeschickt wurde, der nur eine Kredenz oder ein allgemein gehaltenes Schreiben dabei hatte und die eigentliche Nachricht mündlich übermitteln sollte (chiffrierte Botschaften waren noch im 16. Jahrhundert die Ausnahme). Wer hingegen die Kanzlei am eigenen Hof umgehen oder unbemerkt von den eigenen Angehörigen korrespondieren wollte, schrieb eigenhändig oder diktierte notfalls einem engen Vertrauten. Einzelne Kanzleischreiber fungierten als Spezialsekretäre, deren Handschrift ebenso viel galt wie die des Fürsten persönlich. Der spätere Kurfürst Albrecht von Brandenburg etwa sah sich nicht in der Lage, einen eigenhändigen Brief des Kaisers mit eigener Hand zu beantworten, so weyst ewr gnade, das mein schrifft so beß ist, das nott were, das der schreyber selber mitryt vnd sie lese vnd das ewr gnade vff das kurzest der ding eigentlich vnderrichtet mog werden, han ich es meiner gar heimlichen schreiber einem schreiben lassen (siehe Das kaiserliche Buch des Markgrafen Albrecht Achilles) (→ Fürstenkorrespondenz).

Auch Personen im unmittelbaren Umfeld der Adressaten sollten von so mancher Botschaft nichts erfahren. Trafen wie gewöhnlich ganze Konvolute von Schriftstücken ein, darunter Papiere von unterschiedlichem Geheimhaltungsgrad, so wurden ihnen nur ausgewählte, unverdächtig wirkende Briefe übergeben. Wichtige und vertrauliche Inhalte standen jedoch oft nicht im Brief, sondern in einem eingelegten Beiblatt, das gegebenenfalls mit einem eigenem Verschluß versehen war. Diese unselbständigen »Zettel« wurden auch für eigenhändige Zeilen genutzt, wenn der Brief von einem Sekretär geschrieben worden war. Vielfach enthielten gerade sie Anweisungen zum diskreten Umgang mit Briefen in problematischen Situationen. Die Empfänger sollten Schriftstücke nach ausgiebigem Memorieren vernichten, nur ausgewählte Personen mitlesen lassen, Dokumente an potentielle Verbündete weitergeben und ihre mißtrauischen Gegner mit »Scheinbriefen« täuschen. Kurfürst Albrecht von Brandenburg insbesondere beherrschte dank der Handhabung von verschiedenen briefförmigen Schriftstücken wie sozusagen Haupt-, Neben- und Begleitbriefen, »Scheinbriefen«, heimlich brieflein, in den andern beslossen, und Zetteln »ein geradezu konspiratives Operieren auf verschiedenen Korrespondenzebenen« (siehe in diesem Band Holzapfl über Fürstenkorrespondenz). Auf diese Weise versuchte er, die Kommunikation mit seinen Töchtern, die am Württemberger bzw. Zweibrückener Hof in Ehe- und Familienkonflikte verstrickt waren, aufrechtzuerhalten und zugleich ein Zerwürfnis mit den dortigen Regenten zu vermeiden.

In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gingen die Mitglieder fürstlicher Familien – zuerst die Frauen, dann allmählich auch die Männer – mit wachsender Selbstverständlichkeit dazu über, mit eigener Hand zu schreiben. Die Überlieferung von eigenhändig verfaßten Konzepten, Ausfertigungen, Zetteln und Briefzusätzen nimmt im 16. Jahrhundert enorm zu. Galt ein Brief von (männlicher) fürstlicher Hand im 15. Jahrhundert noch als etwas Besonderes, so erwarteten jetzt, vor allem unter Familienangehörigen und Verwandten, die Empfänger geradezu, daß ihre Korrespondenzpartner selbst zur Feder griffen. Wer stattdessen seinen Brief in der Kanzlei schreiben ließ, entschuldigte sich mit Krankheit, Arbeitsbelastung oder Zeitmangel wie Markgraf Casimir von Brandenburg-Ansbach gegenüber seinem Bruder Georg 1527, dann wir warlich souil zuschaffen haben, das wir niemandt, auch vnnser gemachel nit, schreiben khunnen (Nolte, Familie). Anstatt wie noch im 15. Jahrhundert mit dem Argument, die eigene Handschrift sei schlecht lesbar, auf das Schreiben mit eigener Hand zu verzichten, nutzten Fürstinnen und Fürsten mit zunehmender Geübtheit alle möglichen Gelegenheiten zum Schreiben und erklärten etwaige Mängel mit der Ungunst der Umstände, sie hätten zum Beispiel gescreven myt ille in der kyrchen, so Anna von Nassau (Boehn, Anna von Nassau). Diese Briefproduktion war Teil einer insgesamt erhöhten literarischen Aktivität, die erst richtig in Schwung kam, als das Schreiben keine mühselige, ungewohnte Tätigkeit mehr war, sondern leicht von der Hand ging und alltäglich praktiziert wurde. Fürstliche Frauen wie Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg, Anna-Maria von Preußen, Kurfürstin Elisabeth von Brandenburg sowie eher vereinzelt auch Männer wie Herzog Albrecht von Preußen verfaßten für ihre Angehörigen Gebete und religiöse Texte, Ehelehren, Erziehungs- und Regierungsinstruktionen, → Fürstenspiegel, Witwentrostbücher, autobiographische und familiengeschichtliche Aufzeichnungen.

Zu den Motiven eigenhändigen Korrespondierens gehörten das Streben nach Geheimhaltung oder nach Beglaubigung von Mitteilungen (des ich euch mit disser meiner hantschrifft also versicher, so ein eigenhändiger Zettel des jungen Herzogs Ernst von Sachsen 1481 zu einem Schreiben, das seinen Vater und seinen Onkel hinsichtlich seiner Gesundheit beruhigen sollte). Häufiger wollten die Absender indessen mit ihrer eigenen Handschrift in erster Linie ein Zeichen des Entgegenkommens und der Wertschätzung, der Ehrerbietung oder Unterordnung setzen. Unabhängig vom Inhalt war somit »die Tatsache der Eigenhändigkeit selbst die entscheidende kommunikative Geste« (siehe in diesem Band Holzapfl über Fürstenkorrespondenz). Solange das Schreiben mit eigener Hand Mühe bereitete, wurden nur ausgewählte Personen dieser Geste gewürdigt. Die Verwendung von eigenhändigen Briefen und ihre Verteilung in der Gesamtkorrespondenz einzelner Schreibender geben zu erkennen, welchen Rang die Kommunikationspartner aufgrund von Position, Geschlecht, Alter im hierarchisch strukturierten familialen und sozialen Beziehungsnetz einnahmen. Bis auf wenige Ausnahmen gingen eigenhändige Briefe an Adressaten, denen die Verfasserin bzw. der Verfasser zumindest gleichen Rang zusprachen. Es bleibt zu überprüfen, wie sehr sich im 16. Jahrhundert der hierarchische Aspekt abschliff und hinter anderen Merkmalen (Nähe, Intimität) zurücktrat, je mehr das eigenhändige Schreiben zum Normalfall wurde.

Briefe von fürstlicher Hand und von Kanzleisekretären geschriebene Briefe unterschieden sich nicht grundsätzlich, was die Inhalte anging. Politisches, Persönliches, Vertrauliches, Intimes wurde in beiderlei Fassungen gegossen. Auch existierten für beide Erscheinungsformen Konventionen, die sie teils gemeinsam hatten, teils spezifisch ausprägten. Da Julian Holzapfl in seinem Beitrag Briefkonventionen ausführlich behandelt (siehe in diesem Band Holzapfl über Fürstenkorrespondenz), beschränke ich mich hier auf einige Bemerkungen zum System von Anreden und Selbstbezeichnungen. Bestimmte Grundregeln galten im Prinzip für eigenhändige wie für diktierte Fürstenbriefe. So war es im Briefaustausch zwischen Fürsten im 15. Jahrhundert üblich, das Gegenüber mit »Ihr« bzw. »Euer Lieb« anzureden und sich selbst als »wir« zu bezeichnen. Diese Verbindung brachte zum Ausdruck, daß beide Seiten den gleichen Rang innehatten. Sprach der Absender von sich im Singular als »ich«, so stufte er sich als Zeichen besonderer Ehrerbietung hierarchisch niedriger ein – es sei denn, er duzte zugleich sein Gegenüber. Wer in einem Brief die Ich-Form und das Duzen symmetrisch verwendete, wollte meist einen persönlicheren Ton anschlagen. Die verschiedenen Varianten waren in jedem Fall situationsbezogen und mit Bedacht gewählt. Denn ob eigenhändig oder diktiert: Jede Briefart mit ihrem Regelwerk ließ den Verfassern Spielraum für individuelle und situative Entscheidungen, inwiefern sie sich an Gepflogenheiten halten wollten. Das Wechseln zwischen »ich« und »wir«, zwischen »du«, »ihr« und »Euer lieb« war ein wesentliches Moment »im Spiel mit der Bestätigung und Durchbrechung von höfischem Zeremoniell und Konvention« (Fouquet, Fürsten unter sich). Exemplarisch läßt sich dieses Changieren anhand der Briefe Kurfürst Albrechts von Brandenburg an seine Ehefrau, seine Söhne und Töchter beobachten. In seinen durchweg diktierten Schreiben finden sich Anreden und Selbstbezeichnungen im Singular und Plural je nachdem, ob der Fürst gerade eine joviale, distanzierte, abweisende oder verächtliche Haltung einnahm, ob er scherzte, warnte, kommandierte oder tadelte. Mitunter gingen Albrecht und andere Briefschreiber in einem Brief oder sogar in einem Satz vom »ich« zum »wir«, vom »du« zum »ihr« über. Mit der Fähigkeit, Briefe eigenhändig zu schreiben, erweiterte sich noch das Spektrum des Umgangs mit Formen und Konventionen. Zur Wahl standen jetzt abgestufte Grade der Förmlichkeit in Verbindung mit verschiedenen Medien: dem vollständig diktierten Brief, dem ganz mit eigener Hand geschriebenen Brief, dem diktierten Brief mit eigenhändigem Zettel oder mit eigenhändigen Zusätzen. Vor allem durch die Zusammenstellung von diktierten und eigenhändigen Briefteilen ließen sich Formen distanzierter Höflichkeit mit solchen persönlicher Nähe und freundschaftlicher Zuwendung koppeln. Diktierte Schreiben mit der Anrede »Euer lieb« wurden daher ergänzt um eigenhändige Zeilen mit dem vertraulicheren »du«. Für eine solche Geste der Nähe reichte es, wie Herzog Wilhelm von Bayern, der Markgraf Casimir von Brandenburg-Ansbach 1517 in einem diktierten Brief mit Ewr lieb anredete, eigenhändig als dein brewder zu unterzeichnen. Ein solch freier Wechsel zwischen den Ebenen war allerdings nur möglich, wenn die Kommunikationspartner einander auf Augenhöhe begegneten. Ein Sohn war dem Vater gegenüber grundsätzlich stärker an die traditionellen Anredeformen gebunden als umgekehrt, selbst wenn er sich im übrigen nicht an »normgerechtes Sprechen im Brief« (Fouquet, Fürsten unter sich) hielt. Noch weit ins 16. Jahrhundert hinein erweisen fürstliche Frauen ihren Brüdern und Ehemännern besondere Reverenz, indem sie sie in eigenhändigen Briefen als »Euer lieb« ansprechen und sich selbst bescheiden mit »ich« bezeichnen. Selbst die intimen Sehnsuchtsbekundungen der Herzogin Dorothea von Preußen gegenüber ihrem Ehemann sind in diese Formen gekleidet (siehe in diesem Band Holzapfl über Fürstenkorrespondenz). Zur gleichen Zeit duzen hingegen männliche Verwandte gleichen Rangs – Brüder, Cousins, Schwager – einander in eigenhändigen Schreiben oder wählen wie in diktierten Briefen die Anrede »Euer lieb« (→ Fürstenkorrespondenz).

Anreden und Selbstbezeichnungen waren offensichtlich Briefelemente, die in strikter Übereinstimmung mit den Konstellationen ständisch-sozialen und familialen Rangs verwendet wurden. Systematische Untersuchungen dieses konventionellen Kerns von Briefen innerhalb der gesamten Briefrhetorik sollten in künftigen Studien zu Fürstinnen- und → Fürstenkorrespondenzen nicht fehlen, da gerade hier die hierarchische Ordnung als Charakteristikum herrschaftlicher Beziehungsnetze besonders deutlich zu Tage tritt.

»Ihr habt recht, zu glauben, daß ich schreibe, wie ich rede; denn ich bin zu natürlich, umb anderst zu schreiben, als ich gedenke.« Die versierte Briefschreiberin Liselotte von der Pfalz hatte am Ende des 17. Jahrhunderts mit dieser Behauptung insofern recht, als sie kein Blatt vor den Mund nahm und dem zeitgenössischen Ideal entsprechend »ungekünstelt« schrieb. Gleichwohl ist die Redeweise im Brief kaum je identisch mit der im mündlichen Gespräch von Angesicht zu Angesicht. Briefkommunikation kann allenfalls im »Duktus der Mündlichkeit« (Schlieben-Lange, Traditionen) praktiziert werden. Tatsächlich weisen gerade Briefe aus der Zeit vor der Entwicklung einer einheitlichen, überregionalen deutschen Schriftsprache Spuren der gesprochenen Sprache auf, etwa die mundartliche Färbung im Umfeld der Schreibenden (nicht notwendig der Schreibenden selbst). Auch werden in einigen fürstlichen Korrespondenzen gezielt Elemente der alltags- oder umgangssprachlichen Kommunikation übernommen: leger-vertraulicher Tonfall, deftige Ausdrücke, derbe Scherze, Anzüglichkeiten und andere Charakteristika »niedriger« Register, die vor allem in der gesprochenen Sprache verbreitet sind. Sie sind Teil der Strategien, mittels der geschriebenen Sprache über die Distanz hinweg Nähe herzustellen (Koch, Oesterreicher, Sprache der Nähe, siehe in diesem Band Holzapfl über Fürstenkorrespondenz).

Die schriftlich verfaßte Botschaft erlaubt zugleich eine Kommunikation, die bewußt den Abstand zwischen den Gesprächspartnern im Interesse ihrer Verständigung wahrt. In mündlich geführten Verhandlungen legten sich Fürsten, reichlichen Hinweisen zufolge, wenig Zurückhaltung auf, was temperamentvolle Streitreden, anmaßende und ausfallende Äußerungen, Schimpfworte und Schmähungen anging (inwieweit solche Auftritte inszeniert waren, sei hier dahingestellt). Solche Redeweisen wurden im schriftlichen Verkehr so weit wie möglich vermieden, um diplomatische Verstimmungen und politische Konflikte nicht zu schüren. Fürstliche Räte, die als Gesandte unfreundlich oder beleidigend beredt vnnd angesprochen worden waren, ließen in ihren schriftlichen Berichten die betreffenden Äußerungen weg mit dem Hinweis, sie seien nicht »über Land zu schreiben«, und kündigten allenfalls eine mündliche Wiedergabe an. Selbst ein Herrscher wie Kurfürst Albrecht von Brandenburg, der seinen erwachsenen Sohn und künftigen Nachfolger mit zornigen »Strafschriften« bombardierte und sogar am Kaiserhof in Gegenwart Friedrichs III. geradezu getobt haben soll (so Enea Silvio de Piccolomini, vgl. Krieger, Standesvorrechte), hütete im Briefverkehr mit Verwandten, Freunden und Verbündeten seine Worte.

3. Desiderate und Vorschläge für weitere Arbeiten

Der Verschriftlichungsschub, der im späten Mittelalter auch die Höfe erfaßte, wirkte sich nachhaltig auf die interne und externe Kommunikation aus. Die Rolle mündlicher Sprechhandlungen veränderte sich im Zusammenhang mit der Interdependenz der beiden Sprachformen. Mündlich orientierte Kommunikation verlor aber schon allein deshalb nicht an Bedeutung, weil die gesprochene Sprache der geschriebenen hinsichtlich ihrer medialen Qualitäten überlegen ist.

Wie das Zusammenspiel von Mündlichkeit und Schriftlichkeit funktionierte, bleibt für die höfische Welt genauer zu untersuchen. Performative Prozesse auf verschiedenen Ebenen der alltäglichen Kommunikation und der Festkultur (→ Höfische Feste und ihr Schrifttum) sind nach wie vor weitgehend ungeklärt. Wie wurden zum Beispiel Tischzuchten »aufgeführt« (siehe in diesem Band Schnell über Tischzuchten)? Wie spielte man am Heidelberger Hof die Sprichwörter, von denen Liselotte von der Pfalz berichtet? Wie verlautbarten Gesandte die ihnen erteilten schriftlichen Anweisungen zum Reden? Wie sahen die Inszenierungen humanistischer Huldigungsspiele aus?

Über die alltägliche Kommunikation bei Hof wissen wir generell wenig. Am Beispiel des Ansbacher Frauenzimmers, in dem Korrespondenzen des Herrscherpaares (→ Fürstenkorrespondenz) rezipiert und produziert wurden, erwies sich, daß volkssprachliche Redeweisen durch Literatur mitgeformt wurden. Demnach handelte es sich nicht nur bei humanistischen lateinischen Darbietungen um buchliterarisch geprägte Mündlichkeit (Müller, Rede und Schrift). Diese Facette der Einwirkung von Schriftlichkeit ist bislang kaum analysiert worden im Gegensatz zu den Veränderungen auf den Gebieten des Wissens und der Erinnerung.

Die gezielte Lenkung und Kontrolle schriftlicher wie mündlicher Kommunikation als Teil der Regierungspraxis diente dem Herrscher dazu, seine Macht zu behaupten. Die Führungskräfte bei Hof wirkten dabei als seine Kommunikationsspezialisten, die politische Verhandlungen gewandt führten, entscheidend mit. Die Fachleute, Berater und Vertraute des Fürsten handelten bei ihren diplomatischen Missionen im Rahmen ihrer Vorgaben durchaus eigenständig, um auf diese Weise Beziehungs- und Bündnissysteme zu stabilisieren. Eine Auswertung von Gesandtschaftsberichten (→ Gesandtschafts- und Reiseberichte) und Korrespondenzen könnte Hinweise darauf geben, welche rhetorischen Strategien und Gesprächstaktiken diese Männer gegenüber ihren Verhandlungspartnern, aber auch gegenüber ihrem eigenen Herrn anwandten. Ihn unterstützten sie beim Erreichen seiner politischen Ziele nicht zuletzt, indem sie Affronts und Mißerfolge abschwächten und dadurch einem Bruch vorbeugten.

Fragen der Partizipation, der Arbeitsteilung und Koordination stellen sich auch angesichts des Entstehungsprozesses von hoforientiertem Schrifttum verschiedener Art. An der Herstellung von Briefen und anderen Texten waren in der Regel mehrere Personen beteiligt, die sich mündlich besprachen. Welche Textbestandteile und sprachlichen Merkmale einzelnen Beteiligten zuzuordnen sind, läßt sich gelegentlich anhand der Überlieferung nachvollziehen. Die Sichtung von Archivbeständen dürfte insofern aufschlußreich für die fürstliche Korrespondenzpraxis (→ Fürstenkorrespondenz) sein, als in der Kanzlei ausgefertigte Schreiben nicht immer völlig dem von der Fürstin oder dem Fürsten ursprünglich verwendeten Wortlaut entsprechen. Im Vergleich von Konzepten mit Reinschriften hat sich zum Beispiel gezeigt, daß Margarethe von Habsburg in ihren eigenhändigen Konzepten derbe Formulierungen verwendete, die in den von der Kanzlei ausgehenden Ausfertigungen dann fehlten (hierzu: Die Korrespondenz Ferdinands I.). Offenbar ging die Gestaltungsmacht mancher Sekretäre über die Hinzufügung konventioneller bzw. standardisierter Briefelemente bedeutend hinaus.

Schließlich steht noch aus, die Strukturen des Hofs als Kommunikationszentrum zu untersuchen. Wie anfangs deutlich wurde, bildete die Hofgesellschaft nur in seltenen Momenten eine Kommunikationsgemeinschaft, sondern gliederte sich in partikulare Gesprächsrunden, Rezeptionsgemeinschaften und Öffentlichkeiten. Zweifellos wurde sie im 15. Jahrhundert zum »lesenden Hof« (siehe in diesem Band Studt über Hofgeschichtsschreibung). Was das in der Praxis bedeutete, läßt sich aber erst genauer sagen, wenn geklärt ist, welche Gruppen innerhalb des Beziehungssystems an volkssprachlichen oder lateinischen »Aufführungen« unterschiedlicher Stoffe und Genres lesend, hörend und mitsprechend teilhatten.

Quellen

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Cordula Nolte, Bremen