Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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REUß VON PLAUEN

C. Lobenstein

I.

Kleinstadt im Tal der Lemnitz und des Koselbaches im Thüringer Schiefergebirge – Herrschaft L. mit 21 Dörfern und sechs Rittergütern sowie drei einzelnen Rittersitzen um 1800 – Höhenburg; Schloß auf Burgberg; Schloß nördlich des Altstadtkerns; Stadtpalais – 1572 im Erbgang an die Herren von → Reuß gekommen, 1598 und 1610 wg. der Pest in → Gera vorübergehend Res. der gleichnamigen Linie, zwischen 1647 und 1824 Res. der Gf.en → Reuß-L., bis 1843 Wwe.nsitz der letzten Fs.in – D, Thüringen, Saale-Orla-Kr.

II.

Der 1250 erstmals erwähnte Ort lag an einer Handelsstraße, die von Bamberg über → Gera nach Leipzig führte. Ein Pfarrer an der Kirche St. Michael ist für das Jahr 1360 belegt, aus späterer Zeit ferner zwei Kapellen und ein Hospital. 1371 wurde L. urkundlich als Stadt bezeichnet und befestigt. Bis 1411 entstanden dann mit Nawstadt, Kussel und Hayn drei Vorstädte. Die Siedelung gruppierte sich um einen länglichen Markt am Fuße des Burgberges. Das Rathaus trug ein 1730 angebrachtes Wappen der Reußen. Die Bürger lebten in erster Linie von der traditionellen Tuchindustrie.

III.

In L. gab es im Laufe der Jh.e vier Res.en. 1318 wurde erstmals die vermutlich von den Lobdeburgern gegr. Burg auf dem Burgberg erwähnt. Wohl vor 1280 gelangte sie durch Heirat an die Vögte von → Gera, nach deren Absterben 1550 an die Vögte von Plauen, 1572 dann an → Reuß-Greiz und 1597 an → Reuß-L. Sie wurde 1632 geschleift, so daß von der Anlage nur noch ein Wartthurm gen. 35 m hoher, massiver Bergfried, der vermutlich erst im 16. Jh. errichtet worden war, und Teile der Ummauerung übrig blieben.

Bereits 1601 war aber unter Heinrich Posthumus auf dem Burgberg unterhalb des Bergfrieds ein Schloß – das Alte Schloß – neu errichtet worden, das während mehrerer Pestepidemien in → Gera vorübergehend als Res. diente. Es handelte sich dabei um einen frühbarocken Zweiflügelbau mit Zwerchhäusern und zwei hohen Treppentürmen mit Kuppelaufsätzen, der 1647 noch um eine Schloßkapelle und mehrere Nebenbauten erweitert wurde. 1714 brannte das Schloß nieder und wurde anschl. als Brauhaus verwendet.

Anstelle des abgebrannten Alten Schlosses entschloß man sich, außerhalb der Stadtmauern nördlich der Altstadt einen Neubau zu errichten. Bis 1718 entstand das Neue Schloß – eine schlichte landhausartige Anlage, die aus einem Mitteltrakt mit je einem Kopfbau an den Stirnseiten bestand. 1790 erhielt der Bau feingliedrige Stuckaturen im Stile Ludwigs XVI. Abgerundet wurde die Anlage bis zu Beginn des 19. Jh.s durch einen Park mit See und Pavillon sowie durch Marstall und Wache. Die Umgestaltung vom barocken Garten zum Landschaftspark orientierte sich an Wörlitzer Vorbildern.

Während der Bauzeit 1714-1718 diente Christianenzell, der Wwe.nsitz der Mutter des regierenden Gf.en, als Res. Es handelte sich um ein schmuckloses, eingeschossiges Stadtpalais am nordwestlichen Rand der Stadt L.

Dehio-Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Thüringen, bearb. von Stephanie Eissing und Franz Jäger, hg. in Zusammenarbeit mit der Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege, München u. a. 1998, S. 772-773. – Enke, Hagen: Das Schloß Lobenstein, in: Residenz-Schlösser in Thüringen. Kulturhistorische Porträts, hg. von Roswitha Jacobsen, Bucha 1998, S. 219-226. – Enke, Hagen: Vergessene Residenzen. Die reußischen Schlösser Lobenstein und Burgk, in: Jahrbuch des Museums Reichenfels-Hohenleuben 45 (2000) S. 35-50. – Lehfeldt, Paul: Bau- und Kunst-Denkmäler Thüringens, Heft 12: Fürstentum Reuss jüngere Linie. Amtsgerichtsbezirke Schleiz, Lobenstein und Hirschberg, Jena 1891, S. 110-114. – Löffler, Anja: Residenzschlösser der Reußen, in: Neu entdeckt. Thüringen – Land der Residenzen. 2. Thüringer Landesausstellung Schloß Sondershausen 15. Mai-3. Oktober 2004, hg. von Konrad Schermann und Frank Jördis, o.O. 2004, S. 455-459. – Löffler, Anja: Reußische Residenzen in Thüringen, diss. masch. Weimar 2000, S. 296-327.