Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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REUß VON PLAUEN

C. Greiz

I.

Groiz, Grouz, Grewez – Oberg.: Schloß auf Bergsporn über der Stadt G. und der Weißen Elster, Unterg.: in der Stadt am Fuße des Schloßbergs am rechten Ufer der Weißen Elster. – Res.stadt zwischen 1306 und 1918. – Oberg.: Res. der jüngeren Linie der Vögte seit 1306, beherbergte zwischen 1449 und 1502 im Ost und Westflügel die Res.en der beiden Linien Vorderes und Hinteres Schloß; ab 1802 nur noch als Verwaltungsgebäude genutzt; Unterg.: Res. der → Reuß älterer Linie von 1564 bis 1616 und von 1625 bis 1768, seit 1802 Hauptres. – D, Thüringen, Kr. G.

II.

Das Gebiet der im Talkessel des Elstertales gelegenen Kreisstadt G. wurde seit der jüngeren Steinzeit kontinuierlich besiedelt. Im MA besaß der Ort geringe Bedeutung. Wohl gegen Ende des 13. Jh.s wurde G. zur Stadt erhoben, auch 1359 als Stadt aufgeführt, die Befestigung erfolgte jedoch erst 1394. Im 16. Jh. wurden die untere und die obere Vorstadt ins Stadtgebiet einbezogen. 1802 fiel nahezu die gesamte Altstadt einer Feuersbrunst zum Opfer.

Die seit 1225 erwähnte Stadtkirche St. Marien diente spätestens seit der Reformationszeit auch als Res.kirche. 1533 wurde sie Sitz eines Superintendenten und i.J. darauf erhielt sie eine herrschaftliche Emporkirche. Ursprgl. sehr klein und größtenteils aus Holz gebaut, wurde sie bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jh.s in den Unterg.er Schloßbau integriert. 1608/09 wurden Teile der Kirche massiv neu errichtet und auch der Innenraum wurde nach der Erhebung in den Reichsgf.enstand den repräsentativen Erfordernissen der neuen Würde angepaßt. 1727 erfolgte dann die Umgestaltung zur barocken Hallenkirche mit Ostturm durch den Pöppelmann-Schüler Anton Adam, der auch für den Einbau einer Silbermannorgel sorgte. Nach dem Brand des Jahres 1802 wurde die Stadtkirche nach Plänen des kursächsischen Hofbaumeisters Christian Friedrich Schuricht bis 1827 wieder aufgebaut.

III.

Oberg.: Wohl bereits im 10. Jh. bestand auf dem G.er Bergsporn eine slaw. Fluchtburg. Die spätere Schloßanlage ging jedoch aus einer späteren, mit Burgmannen der Herrn zu Groytz besetzten Burganlage hervor, die 1209 erstmals gen. und 1225 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Eine Neugestaltung erfuhr die Anlage zwischen 1540 und 1546, nachdem sie zuvor bis auf den Bergfried vollkommen abgebrannt war. An der Stelle des ehem. Bergfrieds wurde zwischen 1625 und 1627 ein sechseckiger Hauptturm mit Barockhaube errichtet. Zwischen 1705 und 1764 wurde das Schloß dann schrittweise zu einer fsl. Res. ausgebaut.

Oberg. ist eine unregelmäßige, langgezogene Dreiflügelanlage mit vier- bis fünfgeschossiger Randbebauung, bestehend aus dem Oberen Hof mit dem Corps de Logis und dem über einem Felsen errichteten Hauptturm sowie dem Unteren Hof mit Gefängnis- und Wirtschaftsgebäuden. Die stadtseitige Fassade wurde mit Schweifgiebeln verziert. Ansonsten weist das Corps de Logis spätgotische Stabwerkprofile an Tür- und Fenstergewänden auf. An Innenräumen ist der Jagdsaal aus dem späten 17. Jh. im Südflügel des Schlosses bemerkenswert. Das Corps de Logis ist mit barocken Stuckaturen ausgeziert.

Da auf dem Bergsporn der Platz zur Anlage eines Parks fehlte, wurde der Garten 1650 im Tal direkt an der Weißen Elster angelegt und zwischen 1717 und 1724 zur barocken Gartenanlage ausgebaut. Im Zusammenhang mit dieser Maßnahme entstand vermutlich auch ein hufeisenförmiges Lustschloß, das jedoch 1779-1789 unter Heinrich XI. durch eine Maison de la belle retraite ersetzt wurde. Ergänzt wurde das Ensemble 1787 durch einen Pavillon in Form einer Rotunde in der Nähe des östlichen Zugangs. 1800-1802 wurde der Park dann in einen Landschaftsgarten umgestaltet, 1828 durch den Schloßhauptmann Riedel aus Laxenberg (Wien) überarbeitet und 1872/73 nach den Plänen Eduard Petzolds durch dessen Schüler Rudolf Reinecke umgesetzt.

Unterg.: Mit der brüderlichen Teilung von 1564 ergab sich die Notwendigkeit, für Heinrich XIV. eine eigene Res. in G. zu schaffen. So entstand zunächst ein bescheidenes Gebäude mit einem Turm, einem kleinen Garten am Elsterufer, einer Schloßmühle und einem später hinzugekommenen Teepavillon. Im Zuge des weiteren Ausbaus wurde noch in der zweiten Hälfte des 16. Jh.s die Stadtkirche St. Maria baulich in das Ensemble einbezogen. Nach dem Stadtbrand von 1802 wurden Schloß und Kirche bis 1809 neu erbaut und 1884/86 durch einen Stadtflügel erweitert.

Das Schloß in seiner heutigen Form setzt sich aus vier Häusern zusammen, die sich um einen nahezu dreieckigen Hof gruppieren. Repräsentativ ausgestaltet wurde die auf die Elster hinabblickende Fassade des Südflügels mit dreiachsigem Mittelrisalit und aufgeputzten hohen Linsenen und Ziergiebeln. Im ersten Stock befindet sich ein Balkon, der mit dem reußischen Familienwappen bekrönt ist. Überreste des Vorgängerbaus finden sich noch im Erdgeschoß des Nordwestflügels in Form von Kreuzgradgewölben und einem schmalen Treppenhaus.

Bärnighausen, Hendrik: Oberes und Unteres Schloß in Greiz, in: Das Schloß Lobenstein, in: Residenz-Schlösser in Thüringen. Kulturhistorische Porträts, hg. von Roswitha Jacobsen, Bucha 1998, S. 239-244. – Dehio-Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Thüringen, bearb. von Stephanie Eissing und Franz Jäger, hg. in Zusammenarbeit mit der Thüringischen Landesamt für Denkmalpflege, München u. a. 1998, S. 511-519. – Ellrich, Hartmut: Schloß- und Residenzkirchen in Thüringen, Weimar 2007, S. 69-71. – Lehfeldt, Paul: Bau- und Kunst-Denkmäler Thüringens, Heft 9: Fürstentum Reuss Ältere Linie, Amtsgerichtsbezirke Greiz, Burgk und Zeulenroda, Jena 1891, S. 10-15. – Löffler, Anja: Residenzschlösser der Reußen, in: Neu entdeckt. Thüringen – Land der Residenzen. 2. Thüringer Landesausstellung Schloß Sondershausen 15. Mai-3. Oktober 2004, hg. von Konrad Schermann und Frank Jördis, o.O. 2004, S. 455-459. – Löffler, Anja: Reußische Residenzen in Thüringen, diss. masch. Weimar 2000, S. 31-142.