Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Spremberg (Grodk)

Spremberg (Grodk)

(1) S., auf einer Insel in der Spree gelegen, gehörte einst zum Markgrafschaft Niederlausitz und machte die Herrscherwechsel der Markgrafschaft mit, unterstand also bis 1319 den brandenburgischen Askaniern, wurde zweimal kurzfristig an die Wettiner verpfändet, gelangte 1367 zum Königreich Böhmen, 1635 zu Sachsen und kam 1815 zu Brandenburg. Seinen Namen (Spree am Berg, Sprewenberch bzw. später S.) verdankt der Ort der Lage an der Spree, die hier überquert werden konnte. Nördlich von S. durchbricht die von Süden kommende Spree den Lausitzer Grenzwall, einen Endmoränenzug. Durch S. führte die bereits im 13. Jahrhundert erwähnte sog. Niedere Straße, eine wichtige Ost-West-Verbindung, die Breslau mit Leipzig verband.

Als sicher kann angenommen werden, dass die Besiedlung erst im Zeitraum Mitte des 12. bis Anfang des 13. Jahrhunderts begonnen haben dürfte. In dieser Zeit entstand die erste deutschrechtliche Burganlage zur Sicherung des Spreeübergangs und des Umlandes, die sich im Besitz der Herrenfamilie von S. befand, welche mit den wettinischen Ministerialen von Landsberg verwandt war. Die Familie S. erlosch im 14. Jahrhundert In der Folgezeit wechselten Herrschaft, Stadt und Schloss mehrmals den Besitzer, als Pfandherren wirkten ab 1394/95 bis 1498 die Herren von Kittlitz. Nach weiteren Wechseln kaufte 1567/68 erneut die Familie Kittlitz die Herrschaft S., bis diese 1671 auf dem Erbweg an die Grafen von Redern kam. Einen Bedeutungsgewinn erlebte S. unter den Hgz.en von Sachsen-Merseburg, einer wettinischen Nebenlinie, die nach dem Tod des sächsischen Kurfürsten Johann Georg I. 1656 entstand. Testamentarisch hatte er das Markgrafschaft Niederlausitz seinem drittgeborenen Sohn Christian I. von Sachsen-Merseburg (reg. 1656–1691) übereignet. Nachdem dieser 1665 Schloss und Stadt S. gekauft hatte, erwarb er 1680 zudem noch die Herrschaft S., die sogleich in ein landesherrliches Amt umgewandelt wurde. 1692 zog sein Sohn Herzog Heinrich nach S., welches er als Apanage erhalten hatte, und begründete die Nebenlinie Sachsen-Merseburg-S. Bis 1731 hielt er sich in S. auf, ehe er als letzter männlicher Nachkomme die Regentschaft im Herzogtum Sachsen-Merseburg übernehmen musste. Nach seinem Tod fielen die Niederlausitz und mit ihr S. an das Kurfürstentum Sachsen zurück. S. blieb hinfort Sitz eines Amtes.

(2) Der erste sichere Nachweis der Stadt S. stammt aus dem Jahr 1301, als opidum et castrum Sprewenberch in einem Vertrag zum Verkauf der Lausitz genannt wurde. Die Verleihung eines Stadtrechts ist nicht belegt. 1397 wurde bestätigt, dass die Gemeinde sich Ratsherren wählen konnte, das Recht muss also älter sein. Bürgermeister und Ratsherren werden als solche jedoch erst 1411 erwähnt. Die Stadt wurde zu jener Zeit von einem fünfköpfigen Senat und drei Bürgermeistern, dem Consul Regens, Pro Consul und Consul, regiert. Im 17. Jahrhundert gab es neben dem Rat einen von Gewerken und Gemeinde gebildeten Großen Ausschuss. Der regelmäßige Stadtgrundriss, in dessen Mitte ein viereckiger Markt liegt, spricht für eine geplante Siedlung, deren Umsetzung jedoch erst im 14. Jahrhundert begann. Das Schloss sowie seine außerstädtischen Nebengebäude und die sieben innerstädtischen Burglehnshöfe bildeten einen eigenen Rechtsbereich, den Amtsbezirk. S. verfügte im frühen 14. Jahrhundert über einer Befestigung mit drei Toren (Hoyerswerdaer Tor im Westen, Schlosstor im Südosten, Forster Tor mit Brücke über die Kleine Spree im Norden). 1479 wurde die Ummauerung mit Erlaubnis des Landesherrn, des Kg.s von Böhmen, erweitert bzw. ausgebaut. Über die Einwohnerzahl lässt sich so gut wie nichts sagen. 1689 wies S. 254 Feuerstätten auf (128 mit Braurecht), hinzu kamen 119 sonstige bzw. noch wüst liegende Baustellen sowie drei bewohnte und vier wüst liegende Häuser in der Vorstadt, was auf insgesamt über 1600 Einwohner schließen lässt. Die verfassungsmäßige Entwicklung S.s ist nicht in allen Einzelheiten bekannt, auch lässt sich nicht sagen, ab wann die Stadt eine Gerichtsbarkeit ausübte. Immerhin konnte der Stadtrat 1550/60 den Handwerksorganisationen Privilegien ausstellen, was für eine weitgehende Selbständigkeit der Stadt spricht, die eigentlich der Herrschaft bzw. ab 1680 dem Amt unterstand. Auch der in S. erhobene Zoll unterstand dem Amt. Salzhandelsgelder verweisen auf die Einfuhr dieses Würzmittels und damit auf die Einbindung in überörtliche Handelsstrukturen. In S. gab es die üblichen Gewerke der Nahrungsmittelbereitung und des Hausbaus bzw. -ausstattung. Bedeutend waren im 17. Jahrhundert die Tuchmacher, im 17. und 18. Jahrhundert die Töpfer.

(3) Hauptkirche S.s war die Kreuzkirche, die baugeschichtlich dem 13./14. Jahrhundert zugerechnet werden kann. Nur Teile des Fundaments haben Eingang gefunden in den 1509 fertiggestellten gotischen Kirchenbau, zu dem ein freistehender Turm gehörte. In der Matrikel des Meißner Bm.s von 1495 wird S. als Sitz eines Erzpriesters (Sedes) bezeichnet, dem elf Pfarreien im Umland zugeordnet waren, zudem werden fünf Altäre (die Herren von Kittlitz stifteten als Inhaber der Herrschaft 1660 den Hauptaltar) und in der ihr angeschlossenen Kapelle vier Altäre erwähnt. Als Patronatsherr sorgte Herzog Heinrich 1732 für den abschließenden Aufbau des Kirchturms nach einem Brand 1705. Vor der Stadt werden 1495 noch die Hospitalkapelle und eine Kapelle in der Nähe von Sellessen aufgeführt. Außerhalb der Stadt befand sich auf dem Georgenberg eine kleine St. Georg-Kapelle.

Über die ab etwa 1530 eingeführte Reformation und hierdurch ausgelöst Konflikte ist nicht viel bekannt. Für die wendische Bevölkerung gab es seit dem 16. Jahrhundert eine eigene Kirche, die jedoch den Stadtbränden von 1604 sowie 1705 zum Opfer fiel. Die heutige Wendische Kirche wurde 1835 eingeweiht.

(4) Im Südosten der Stadt, außerhalb der Spreeinsel, lag die im 13. Jahrhundert errichtete (eventuell ältere) Burg, die von drei Seiten von einem Schlossgraben umgeben war. Über weitere Ausbaustufen, die teilweise erhalten sind, hinweg hat Herzog Heinrich 1696 das Gebäude grundlegend umgestalten und eine größere Vierflügelanlage bauen lassen. Für Gäste des Hofs ließ Herzog Heinrich das Kavalierhaus in der Langen Straße bauen. Nach seinem Tod diente es als Gaststätte (heute Sparkasse). Ebenfalls in der Langen Straße befindet sich das einzig erhaltene der ursprünglich sieben Burglehnshäuser, welches Siegmund von Kittlitz 1607 seinem Amtmann Adam Leupoldt übertragen hatte. Durch den Stadtbrand von 1705 sowie dem barocken Neubau von 1706 wurden ältere Spuren des Rathauses und seinen möglichen Vorgängerbauten vernichtet. 1720 erhielt das Rathaus einen Turmanbau. Über eine Beteiligung des zu dieser Zeit wirkenden Herzog Heinrichs gibt es keine Aussagen. Einen Eindruck bürgerlichen Bauens vermittelt das etwa 1580 geschaffene, nach seiner letzten Besitzerin so benannte »Sonntagsche Haus«, dessen heutiger Zustand etwa dem von 1705 entspricht.

(5) Über die wirtschaftliche Verflechtung S.s mit seinem Umland ist nicht viel bekannt. Salz musste eingeführt werden, wohl auch andere Produkte des gehobenen und höheren Bedarfs. Die örtliche Handwerkerschaft konnten diesen nicht befriedigen, allein Tuche dürften von höherer Qualität gewesen sein, denn diese wurden im 17./18. Jahrhundert ausgeführt. Zum herrschaftlichen Haushalt auf dem Schloss gehörten größere Ländereien und Güter (u. a. Weinberge), deren Verwaltung auf S. bezogen war; dorthin waren landwirtschaftliche Produkte zu liefern und Dienste zu leisten (die herrschaftliche Ziegelei vor den Toren der Stadt musste bspw. von den Bauern mit Holz beliefert werden). Zentrale Funktion hatte S. durch das 1680 von Herzog Christian I. geschaffene Amt S., die vormals herrschaftlichen Dörfer wurden nun Amtsdörfer. Als Amt unterstand S. der ebenfalls von Christian neugeschaffenen Oberamtsregierung in Lübben, die die ältere Landvogtei ablöste. Allgemeinere Bedeutung hatte S., als 1554 hier ein Landtag für die Niederlausitz stattfand.

(6) Als Ort einer eigenständigen Hofhaltung kann S. unter den Herren von Kittlitz 1394/95–1497 (als Pfandherren) und 1567–1671 (als Eigentümer) gelten sowie für als Apanage der sächsischen Nebenlinie Sachsen-Merseburg-S. 1692–1731. Vor allem letztere sorgte für eine Belebung S.s. War S. vorher ein kleines, durch Handwerk geprägtes Städtchen, so erfuhr S. durch den Zuzug höfischen Personals, auch von Geistlichen, eine temporäre Prägung, zumal auch die wirtschaftliche Entwicklung gefördert wurde. In diese Zeit fiel der Stadtbrand von 1705, der Wiederaufbau ab 1706 wurde vom anwesenden Herzog maßgeblich gefördert, wie einige noch heute existierende Gebäude zeigen.

(7) Folgende Archive stehen für weitere Untersuchungen zur Verfügung: Sächsisches Staatsarchiv Dresden, Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Archiv der Stadt Spremberg, Archiv der Kreuzkirchengemeinde Spremberg, Archiv des Niederlausitzer Heidemuseums in Spremberg. – Hinzuweisen ist auf die Überlieferung der Kirchenbücher, beginnend mit den Taufnachrichten, wurden ab 1618 für das Diakonat geführt. Das Kirchenbuch der Hauptkirche beginnt 1664 (mit einem eingelegten Blatt von 1618/19). Einzelne Akten sind in den beiden Pfarrämtern aus dem 16. Jahrhundert vorhanden.

(8)Marten, Kurt: Gesamtgeschichte des Kreises Spremberg, Spremberg 1924. – Reinhold, Werner: Chronik der Stadt und des Kreises Spremberg, Spremberg 21933. – Festschrift. 700 Jahre Stadt Spremberg. – Aus der Geschichte der Stadt Spremberg, hg. von der Stadt Spremberg, Cottbus 2000. – Stadt Spremberg. Aus der Geschichte der Stadt Spremberg, 2. Tle., hg. von der Stadt Spremberg, Cottbus 2007.

Eckbert Kwast