Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Rudolstadt

Rudolstadt

(1) R. liegt im Tal der Saale am sog. Saaleknie, wo sich der Fluss in einer Biegung von Süd nach Nord zieht. Die östliche Ausdehnung der mittelalterlichen Stadt markierte der Bach Rinne, der in die Saale mündet. Eine Furt und eine im Spätmittelalter zu einem unbekannten Zeitpunkt erbaute Brücke ermöglichten eine Flussquerung. Die im Hochmittelalter entstandene Stadt liegt unterhalb eines Bergsporns, auf dem sich das heutige Schloss Heidecksburg erhebt. Dieser war seit dem Frühmittelalter besiedelt und mutmaßlich befestigt. Eine kleine Wallanlage befindet sich auf einer Anhöhe ca. 500 m nordwestlich des Schlosses. Für das Jahr 1222 wird eine Burg in R. erwähnt, die sich im Besitz der Graf von Weimar-Orlamünde befand, die auch Herren des Orts R. waren. 1264 werden urkundlich zwei Burgen genannt, die Graf Hermann III. von Weimar-Orlamünde dem Erzbistum Magdeburg zu Lehen auftrug. Diese wurden in den schriftlichen Quellen der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts als Niederes und Oberes Haus bezeichnet.

Um 1300 ging das Niedere Haus zunächst als Pfand, 1334 das Obere Haus und die Hälfte der Stadt R. ebenfalls als Pfand in den Besitz der Grafen von Schwarzburg über. Nach dem erbenlosen Tod der Grafen von Orlamünde 1340 gelangte R. per Erbvertrag endgültig in schwarzburgischen Besitz. Nach der weitgehenden Zerstörung R.s 1345 in der Grafenfehde (1342–1345) sorgten die Schwarzburger Grafen für einen grundständigen Neuaufbau der kleinen Stadt. Ob auch die beiden Burgen zerstört worden waren, ist unklar; 1346 ist letztmalig von zwei Herrschaftssitzen die Rede, viel spricht dafür, dass das Obere Haus als Vorgängerbau der Burg des späteren 14. Jahrhunderts anzusehen ist. Mehrmals diente die Burg im 15. und frühen 16. Jahrhundert zur Versorgung bzw. als Sitz für die in der Herrschaft nachfolgenden Söhne. Für die überlebende Frau Graf Heinrichs XXII. von Schwarzburg-R. († 1538), Katharina von Henneberg, war R. Witwensitz. Nach ihrem Tod 1567 wurden Burg und Stadt den Brüdern Albrecht VII. und Günther XLI., die zusammen die schwarzburgische Oberherrschaft regierten, gemeinsam zugesprochen. Durch die Erbteilung 1570 fiel R. 1574 an Graf Albrecht VII. Unter ihm wurde die Burg ab 1571 zu einer größeren, dreiflügeligen Schlossanlage umgebaut. Mit dem Tod der Brüder Graf Albrechts VII. gab es kurz hintereinander mehrere dynastische Teilungen, die 1599 zum Entstehen der eigenständigen Grafschaft Schwarzburg-R. führten, welche 1710 in den Fürstenstand erhoben wurde. R. blieb Haupt- und Residenzstadt bis 1918. Unter den Fürsten Johann Friedrich (reg. 1744–1767), Ludwig Günther II. (reg. 1767–1790), Friedrich Karl (1790–1793) und Ludwig Friedrich II. (reg. 1793–1807) erlebte R. eine kulturelle Blüte. Die Regenten beeinflussten nachhaltig das Kirchen- und Schulwesen, förderten Künste und Wissenschaften und reformierten Hof- sowie Landesverwaltung; die Stadt erweiterten sie schrittweise nach Westen.

(2) R. wird erstmals im 8. Jahrhundert erwähnt. Der als castrum bezeichnete, befestigte, auch von Slawen bewohnte Ort, war von fränkischen Adligen angelegt worden. Die frühmittelalterliche Talsiedlung dürfte im Umfeld der heutigen Stadtkirche St. Andreas und der Ludwigsburg gelegen haben, die sich nach Süden bis zur Saale ausdehnte. Damit lag diese Siedlung östlich der späteren, unterhalb des Bergsporns gegründeten Stadt R. Mit der Einbeziehung dieser alten Siedlungsstätte in die Stadt R. bezeichnete man noch im 19. Jahrhundert diesen östlichen Teil der Stadt deshalb als »Altstadt«. Auf Betreiben der Grafen von Weimar-Orlamünde wurde die eigentliche Stadt (auch im Rechtssinn) im späten 13. Jahrhundert direkt unterhalb des Bergsporns angelegt, deren sakrales Zentrum die heute nicht mehr bestehende Elisabethkapelle (1404 erstmals erwähnt) war. Weit bedeutender dagegen war die auf einer leichten Anhöhe stehende, dem Hl. Andreas geweihte Kirche, die offensichtlich im Zusammenhang mit der ersten Siedlung entstand. In diesem Bereich ist bis heute die ursprüngliche topographische Lage jener Befestigungen erkennbar, die möglicherweise im Zusammenhang mit dem im 13. Jahrhundert erwähnten Niederen Haus und Oberen Haus standen. Inwieweit das Niedere Haus in das 1735–1741 als Stadtschloss für Fürst Ludwig Günther II. von Schwarzburg-R. (1708–1790) erbaute Schloss Ludwigsburg, eingegangen ist, ist nicht mit letzter Sicherheit zu sagen. Doch legen hier der zum Jahr 1734 nachgewiesene Abbruch eines Turms und die Beseitigung von Mauerresten das Bestehen einer älteren Wehranlage nahe.

Die Grafen von Orlamünde förderten die Anlage einer (im Vergleich zur sog. Altstadt) jüngeren Bauern- und Handwerkersiedlung; von einem Vertreter des Stadtherrn in R. verlautet nichts. Die Erwähnung eines Pfarrers zu R. 1217 verweist auf die Existenz einer Pfarre und damit eines Kirchspiels. Als Stadt wird R. erstmals 1326 bezeichnet, doch kann die rechtliche Qualität älter sein; eine förmliche Stadtrechtsverleihung ist nicht bekannt. Händler und Kaufleute dürften hinzugezogen sein, denn der örtliche Warenaustausch und Marktverkehr konnten besteuert werden. Diese Stadt wurde durch eine Ummauerung mit Graben geschützt. Sie verlief vom nördlichen Burgberg, an den sie sich unmittelbar anlehnte, nach Osten etwa in Höhe der Kleinen Badergasse, weiter nach Süden im Bereich der Mangelgasse und längs der Vorwerksgasse nach Westen, wo sie sich wieder an den Burgberg anschloss; weiter nach Nordwesten bildete eine schluchtartige Senke, die den Burgberg von dem abfallenden Rücken das Hainberges trennte, eine natürliche Fortifikation. Zwei Tore, das bis 1345 existierende Kirchtor im Osten und das in dem von Vorwerksgasse und Stiftsgasse gebildete Winkel befindliche Alte Tor (bis 1797) ermöglichten einen Zugang in die Stadt. Altstadt und Pfarrkirche lagen östlich außerhalb der Mauer. Höchstwahrscheinlich verfügte bereits diese Gemeinde über ein Rathaus, das sich auf der Nordseite der Stiftsgasse befand (ungefähr an der Stelle der mittlerweile aufgegebenen Gaststätte Burgkeller) am Hang des Schlossbergs. Vor dem Rathaus lag ein kleiner, mit dem Gelände abfallender Markt, der bis zur Hauptstraße (Stiftsgasse) reichte. Der verbliebene Rest dieses Platzes war auch als Malzhof bekannt.

In der gegen die konkurrierenden Landgraf von Thüringen aus dem Hause Wettin geführten und von den Schwarzburgern verlorenen Grafenfehde (1342–1345) zerstörte ein ldgfl.es Heer 1345 die Altstadt, das Rathaus und weite Teile der Stadt, was einen tiefen Einschnitt in die Stadtentwicklung darstellt (eine Zerstörung der Burgen wird nicht erwähnt).

Der geplante Wiederaufbau durch die Schwarzburger Grafen drückt sich in der beinahe parallelen nord-südlichen Straßenführung von Kl. Badergasse, Gr. Badergasse, Ratsgasse, Töpfergasse und Vorwerksgasse vom Burgberg zur Saale aus, die zusammen mit der ost-westlich verlaufenden Stiftsgasse und der neuen Hauptstraße, der Marktstraße, ein leiter- bzw. gitterförmiges Wegenetz bildeten, das nicht unbedingt den älteren Zustand wiedergeben muss, zumal das bebaute Stadtareal zur Saale erweitert und gesichert wurde. Die neue Mauer verlief nunmehr nach einem entsprechenden Anschluss ihrer Ost- und Westflanken an den Burgberg weiter südlich entlang der jetzigen Mauerstraße und der Straße »Unter der Mauer«. Von ihr sind dort nur noch wenige Reste zu finden. Zu den bisherigen zwei Toren kamen drei weitere hinzu: das Obere Tor im Westen (im Bereich des Güntherbrunnens), das Untere Tor, genannt der Storch, im Osten und das Saaletor im Süden, etwa an der heutigen Kreuzung von Saalgasse und Mauerstraße. Für den Durchgangs- und Handelsverkehr waren das Obere Tor und das Untere Tor am wichtigsten. An die Stelle der Stiftsgasse trat nun als Hauptstraße die »Untere Straße« (Marktstraße), an deren Nordseite der zentral gelegene Markt geschaffen wurde.

In das Stadtgebiet einbezogen wurde der Ascherhof, einer alter, nach seinem ersten Besitzer benannter freier Siedelhof mit Brauhaus innerhalb der Mauer in der heutigen Strumpfgasse (bis 1786 Ascherhofgasse). Nach 1442 gehörte er der R.er Ratsherrenfamilie Strohmann und wurde von ihr 1487 an die Stadt verkauft. Außerhalb der Stadtmauer befanden sich nach wie vor die Pfarrkirche und die Altstadt, desgleichen die 1488 erstmals urkundlich belegten Mühlen (Untermühle, wohl schon im 14. Jahrhundert existierend, Hof und Stadt zugeordnet, und Obermühle im Norden der Altstadt [also außerhalb der eigentlichen Stadt] auf der anderen Seite der Rinne gelegen, ebenfalls deutlich älter, zur Versorgung der Pfarrkirche dienend) und der Eisenhammer bzw. die Hammerschmiede an der Pörze (einem Grundstück), erstmals zu 1518/19 in der R.er Amtschronik erwähnt (1676 stillgelegt, dann umgebaut zur sogenannten Neuen Mühle, ab 1708 Brauerei mit Gasthof Zum Wilden Mann).

Am Südende der Saalgasse befand sich das Saaletor, das einen Zugang zu einer Holzbrücke gewährte. Sie wurde abgebrochen, als 1540 eine neue Brücke an der vormaligen Fährstelle (in etwa heutige Stadtbrücke), die durch das Untere Tor bzw. Storch und die Brückengasse (Gottesackergasse) zu erreichen war.

Wirtschaftlich blieb R. weiterhin von Landwirtschaft und Handwerk geprägt. Hervorzuheben ist der Weinbau im Umland und die Beteiligung an Holzhandel und Flößerei auf Saale und Schwarza. 1496 zählte R. 95 Bürger mit und 14 Bürger ohne eigenen Hof, dazu kamen zehn in der Altstadt Ansässige, was auf etwa 600 Einwohner schließen lässt. Obwohl vermutlich nicht mehr als ein Nahmarkt, fanden vor 1404 zweimal, ab 1465 dreimal Jahrmärkte statt.

Einen Rat muss es bereits vor 1345 gegeben haben, da ein Rathaus erwähnt wird. Über seine Befugnisse ist nichts zu sagen. Deutlicher wird die Überlieferung erst für das ausgehende 14. Jahrhundert (bestehend aus jeweils vier Ratsherren, drei sich abwechselnde Mittel, 1378 Siegel). Erste Stadtrechtsstatuen stammen von 1404; sie gehen auf Saalfelder Recht zurück, berücksichtigen aber auch eigene ältere Rechtssätze. Die Statuten wurden 1488 ergänzt, 1533 nochmals bestätigt und 1594 umgearbeitet. Dem Rat oblag die niedere Gerichtsbarkeit. Ratsmeister werden erstmals gegen Ende des 15. Jahrhunderts erwähnt, als Bürgermeister 1495 bezeichnet, zugleich erscheinen zwei Kämmerer. Im 16. Jahrhundert kamen Viermänner als Vertretung der Gemeinde hinzu. Gegen Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Ratszusammensetzung geändert.

Die Rangerhöhung der Stadtherrn 1710 verstärkte die Aufwendungen für die repräsentative Hofhaltung, den Ausbau des Militärs und der Behörden (Regierung, Kammer, Geheimer Rat, Konsistorium). Neben den Räten, Schreibern usw. kamen Musiker, bildende Künstler, Kunsthandwerker nach R., so dass ungefähr 25 % der inzwischen 3000 Einwohner in irgendeiner Form für den Hof oder die Regierung tätig waren. Wirtschaftlich waren Landwirtschaft, Handwerk, Gewerbe und Kleinhandel immer noch bestimmend, erst allmählich entstanden Manufakturen und technisch anspruchsvollere, dennoch kleine Betriebe (1708 bzw. 1711 Pörzbrauerei, 1716 Glockengießerei, 1734 Fayencemanufaktur, 1762 Porzellanmanufaktur in Volkstedt, fürstliche Buchdruckerei). Gegen Ende des 18. Jahrhunderts betrug die Einwohnerzahl etwa 4200. Stadtmauer und Befestigungsanlagen wurden abgetragen, nur das Untere Tor, der »Storch«, blieb erhalten (1873 abgerissen).

(3) Kirchlich gehörte R. zum Erzbistum Mainz, Erzdiakonat Erfurt, Sedes Remda (Ende 15. Jahrhundert nach R. verlegt). Pfarrkirche war die St. Andreaskirche, die zwischen der Stadt und der Altstadt lag. Aus der Erwähnung des Pfarrers 1217 ist die Existenz der Kirche für diese Zeit zu erschließen, doch dürfte sie älter sein. Die Lage außerhalb der ummauerten Stadt sowie das Andreaspatrozinium weisen auf eine frühe Entstehungszeit hin. Ursprünglich lag das Patronat bei den Grafen von Orlamünde. Testamentarisch hatte der letzte Graf es dem Kloster Langheim geschenkt, wo es bis 1403 verblieb. Hinfort übten die Schwarzburger Grafen das Patronat aus. Die Anfänge des Baus dürften weit ins 14. Jahrhundert zurückreichen, 1463 bis 1475 erfolgte die Errichtung als dreischiffige Hallenkirche. 1508–1515 wurde der Turm nach Bauschäden erneuert (1765 barocke Haube und Laterne). Der Neubau des Langhauses, mit dem die Kirche ihre heutige Gestalt erhielt, erfolgte 1626–1636. Das dabei verwirklichte ikonographische Programm entspricht dem vom R.er Hof geförderten protestantischen Geist, der den damit verbundenen Anspruch einer Predigtkirche sinnfällig werden lässt. Als Dank für die Hilfe der Stadtgemeinde beim Bau der Kirche fand 1636 ein großer Festgottesdienst mit anschließendem Festmahl auf dem nahe gelegenen Schönfeldschen Anwesen statt, welches vom gfl.en Hof großzügig unterstützt wurde, u. a. wurden an Notleidende Geld verteilt. An der Nordseite der Kirche befindet sich die mit der Beisetzung Graf Albrechts VII. von Schwarzburg-R. († 1605) geschaffene Gruft der Schwarzburger Grafen, zudem befindet sich die Grabplatte der lokalgeschichtlich bedeutenden Gf.in Katharina von Schwarzburg († 1567), Ehefrau Heinrichs XXII. (1499–1538), im Chor. Als Baum ausgeführt ist die Ahnentafel Graf Albrechts VII. von Schwarzburg. 1326 wird eine Georgskapelle in der Oberen Burg erwähnt. Eine Schule erscheint 1417 in der Überlieferung, sie dürfte der Kirche angeschlossen gewesen sein.

An der Nordseite des Markts befand sich (ungefähr an der Stelle des Neuen Rathauses von 1912) die 1403 genannte Elisabethkapelle, die dem Kloster Langheim im Tausch gegen das Patronat über St. Andreas gegeben wurde. Im Zuge der Reformation wurde die Kapelle 1531 von der Stadt übernommen und einige Jahrzehnte später dem Gf.enhaus überlassen, das in dem Bauwerk die gräfliche Kanzlei unterbrachte. 1681–1683 kam die Garnisonskirche für die in R. befindlichen Verbände hinzu (1898 abgerissen).

Vor 1484 wurde ein Hospital mit Kapelle St. Lazari, 1485 ein weiteres für Pilger und Reisende gegründet. Über geistliche Bruderschaften ist nichts bekannt. Eine Wendung zum lutherischen Gedankengut ist 1522 nachweisbar, 1527 wurde Bonifacius Rempe als erster evangelischer Hofprediger von Graf Heinrich XXXII. eingesetzt. Seit 1538 wirkte der von Luther 1537 ordinierte Albert Drache (Draco) als Diakon, seit 1545 auch als Hofprediger. Mit der Hauptstadtbildung wurde 1609 eine Landesschule gegründet, 1664 zur Gelehrtenschule erhoben, 1764 zum Gymnasium. Ein Lehrerseminar gab es seit 1746.

Zu Mitte des 14. Jahrhunderts werden Juden erwähnt, eine Gemeinde bildete sich nicht heraus. 1496 und 1532 wurde in Teilungsverträgen der Grafen die Ausweisung der Juden aus ihren Territorien festgehalten, doch ist noch 1554 eine jüdische Familie in R. nachweisbar. 1784 wurden drei Juden als Händler zugelassen, die zehn Jahre später mit ihren Familien nach R. zogen. Fürst Ludwig Friedrich II. erkannte 1796 die jüdische Gemeinde als gleichberechtigte Religionsgemeinschaft an.

(4) Das Siedlungsensemble wird deutlich von dem auf dem Berg gelegenen Schloss geprägt. eine nach 1345 von den Schwarzburgern errichtete Burganlage befand sich an der Stelle des heutigen Schlosses auf der oberen Terrasse. Im Bereich des Nordflügels sind die Schlosskirche sowie das östlich davon gelegene Alte Schloss zu verorten. Um 1500 werden die im Norden und eine im Süden stehende Gebäudegruppe durch einen westlichen Flügel miteinander verbunden. Bis zur Niederlassung des Hoflagers durch Graf Albrecht VII. von Schwarzburg 1571 blieb die Burg weitgehend unverändert, danach setzte der Umbau zum Schloss ein; mit der Weihe der Schlosskirche 1576 war das Schloss in großen Teilen fertiggestellt, die Anlage jedoch noch nicht vollendet. 1662 wird anlässlich der Erbhuldigung Graf Albert Anton das Schloss erstmals als Schloss »Heydekk« bezeichnet. Nach einem Brand 1735 wurde der Westflügel neu aufgebaut, während die Gebäudegruppe im Norden als Brandruine stehen blieb und erst 1787–1819 durch den heutigen Nordflügel ersetzt wurde. Jetzt erstreckte sich die dreiflügelige Anlage über den ganzen Burgberg.

Im Zusammenhang mit dem Umbau der Burg zum Wohnschloss in den 1570er Jahren wurde die tiefe Schlucht zwischen dem Burgberg und dem nordöstlich gelegenen Hainberg u. a. mit Brandschutt aufgefüllt (daher der volkstümliche Name »Schutte« für diesen Geländeabschnitt), so dass nun die Zufahrt zum Schloss vom Westen her möglich war. Darüber hinaus waren weitere Wege von der Stadt hinauf zum Schloss angelegt worden, 1. vom »Haus am Brunnen« ausgehend, 2. in geschwungenem Bogen der Heckeweg, 3. direkt und steil ansteigend die Hühnertreppen, 4. die von der Lutherkirche kommende befahrbare Schlossstraße, 5. die von der im Rinnetal gelegenen Baumgartenseite aufsteigenden Fischtreppen und 6. die befahrbaren sogenannten Kutschenremisen. Insgesamt verbinden heute sechs Aufgänge den Stadtkern mit der Heidecksburg.

An kommunalen Bauten ist das Rathaus zu nennen. Ein erstes Rathaus dürfte R. bereits unter den Orlamündern gehabt haben, dessen Standort nicht mit letzter Sicherheit geklärt ist. Höchstwahrscheinlich befand es sich ungefähr an der Stelle der mittlerweile aufgelösten Gaststätte Burgkeller an der Nordseite der Stiftsgasse. 1345 wurde es zerstört. Anschließend muss es wieder aufgebaut worden sein, denn die älteste erhaltene Stadtrechnung von 1513 erwähnt gleich zwei Rathäuser, ein unteres und ein oberes Rathaus. Das untere Rathaus befand sich im Bereich der Saalgasse und wurde wohl nur kurzfristig genutzt, während das obere Rathaus eine kleine und eine große Ratsstube, eine Schankstube, ein Zimmer mit Erker und einen Tanzboden aufwies. Kurz nach der Erwähnung wurde es zum Abbruch verkauft und 1524 an seiner Stelle das »Alte Rathaus« (im Unterschied zum 1912 gebauten Neuen Rathaus) aufgeführt. 1603, im Rahmen des Ausbaus zur Residenzstadt, erhielt nach Billigung Graf Albrechts VII. das Rathaus einen kleinen Dachturm.

Besonders in sich geschlossen wirkt die bäuerlich-kleinbürgerliche Bebauung der direkt unterhalb des Schlosses liegenden Gassen, die nach der Zerstörung 1345 wiederaufgebaut wurden. Die Niederlassung des Hofs 1571 führte recht schnell, bereits 1574, zu einer Erweiterung der Stadt durch die Anlage einer Vorstadt im Osten zwischen der eigentlichen Stadt und der sog. Altstadt. Die Funktion einer Hauptstadt der Grafschaft ab 1599 verstärkte den Zuzug von Hofangehörigen, Amtsträgern, Räten und Militärs, für die adäquater Wohnraum geschaffen werden musste, weiter, die Vorstadt dehnte sich südwärts zur Saale hin aus. Der sich anbahnende wirtschaftliche und kulturelle Aufschwung wurde durch den Dreißigjährigen Krieg massiv gehemmt, R. hatte schwer unter Kämpfen zu leiden. Im Rahmen des Wiederaufbaus wurde 1653 westlich der Mauer um die Alte Straße und (spätere) Schillerstraße eine weitere Vorstadt angelegt.

1735 baute man zum Schutz vor Überschwemmungen den etwa einen Kilometer langen Saaldamm, der sich von der Mündung des Saalbaches im Westen bis zur Stadtbrücke im Osten erstreckte. 1755 bepflanzte man ihn mit Linden und Kastanien. Der Abriss der Stadtmauer ermöglichte 1794 im Süden der Stadt die Ersetzung der Scheunen durch Wohngebäude entlang der nun angelegten Anton-Sommer-Straße. Am westlichen Ende der Straße bilden mehrere zwei- und dreigeschossige Häuser des ausgehenden 18. Jahrhunderts eine geschlossene Zeile (Am Anger).

Vor dem im Nordflügel der Heidecksburg von Fürst Ludwig Friedrich II. 1796 eröffneten Hoftheater, hatte Fürst Friedrich Karl 1792 den Bau eines »Komödienhauses« genehmigt (1793 eröffnet), bei dem es sich um einen nur in den wärmeren Monaten genutzten Sommerbau handelte, der von den Schauspielern des nicht weit entfernten Weimarer Hoftheaters »Bretterbude« genannt wurde.

(5, 6) Als Stadt war R. zu unbedeutend, als dass der Ort Mitglied von Städtebünden geworden wäre oder auf Landtagen eine Rolle gespielt hätte. Überregionalen Bedeutungszuwachs erlebte R. erst durch die Niederlassung des Hofs ab 1571 und der Funktion einer Hauptstadt der Grafschaft bzw. ab 1710 des Fsm.s Schwarzburg-R. Dieses führte zu einer deutlichen Vergrößerung und überhaupt zu einer Belebung als städtischer Einheit. Für R. lässt sich sagen, dass der Ort ohne Residenz ein eher kleineres Landstädtchen geblieben wäre. Die Verflechtung von Hof und Stadtgemeinde bleibt noch genauer nachzuzeichnen. Allgemeinere Bedeutung für die Kultur- und Geistesgeschichte erlangte R. durch eine ganze Reihe bedeutender Räte und Hofkünstler, die als Schriftsteller, Musiker und Wissenschaftler wirksam waren. In R. lernte Friedrich Schiller 1788 seine Ehefrau kennen, die aus R. stammende Charlotte von Lengefeld, zudem traf er hier im selben Jahr Goethe das erste Mal.

(7) An einschlägigen Beständen sind zu nennen Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Rudolstadt (LAth – StAR): Archivum Commune (Geheimes Archiv 1242–1613) 5–11–1010; Documenta varia (1242–1822) 5–11–1040; Verschiedene Urkunden (1447–1909) 5–11–1050; Schatullrechnungen 5–1110; Rechnungen der Hofverwaltung 516–1120; Rechnungen der Kammerkasse und der Hauptlandeskasse 5–16–1140; Rechnungen des Amts (Rent- und Steueramt) 5–16–1440; Kanzlei (16. Jahrhundert–1712) 5–12–1050; Kammer (1354–1899) 5–12–1060; Geheimes Ratskollegium (1544–1880) 5–12–1070; Regierung (1419–1881) 5–12–1080; Amt R./Blankenburg (1571–1892) 5–12–1080; Hofmarschallamt (1560–1937) 5–12–1020; Schlossarchiv (1506–1952) 5–12–1030; Renterei (1567–1622) 5–12–1130; Konsistorium (17.–19. Jahrhundert) 5–12–1200. Stadtarchiv Rudolstadt: Stadt Rudolstadt I, Urkunden, Stadtbücher, Aktenbestände vor 1850.

(8)Trinkler, Hugo: Entstehungsgeschichte und Häuser Chronik von Alt-Rudolstadt, Rudolstadt 1939. – Kühnert, Herbert: Rudolstadt im Lichte urkundlicher Forschung, in: Rudolstadt, lebendige Tradition – zukunftsfrohe Gegenwart, Rudolstadt 1954. – Eberhardt, Hans: Geschichte und Kirchengeschichte der Städte Rudolstadt, Saalfeld und Arnstadt im Mittelalter, in: Mosaik Steine, Thüringer kirchliche Studien, Bd. 4, hg. von der Pressestelle der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, Berlin 1981, S.79–120. – Herz, Hans: Der Territorialstaat Schwarzburg-Rudolstadt in der Neuzeit, in: Rudolstadt, eine Residenz in Thüringen, hg. vom Thüringer Landesmuseum Heidecksburg Rudolstadt in Verbindung mit dem Freundeskreis Heidecksburg e. V., Leipzig 1993, S. 9–29. – Bähring, Gisela, Jahn, Ellen, Krohn, Maria-Luise: Rudolstädter Straßen gestern und heute, Rudolstadt 2006. – Thüringer Pfarrerhandbuch, Bd. 5: Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt, hg. von der Gesellschaft für Thüringische Kirchengeschichte, bearb. von Ortrun und Ernst von Einsiedel unter Mitarbeit von Christa Klingbeil, Stefan Michel und Annelise Zapf, Leipzig 2010. – Schloss Heidecksburg, die Residenz der Grafen und Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt von den Anfängen bis zur Gegenwart, hg. von Lutz Unbehaun, Rudolstadt 2016.

Lutz Unbehaun