Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Friesack

Friesack

(1, 2) Es ist unklar, ob der frühdeutschen Burg auf einer Talsandinsel von fünf Meter Höhe am Rhinübergang eine slawische Anlage vorausging. Der Name F., der für das ganze umgebende Ländchen galt, ist slawischen Ursprungs. Eine Dienstsiedlung (Kietz) fehlt, wie sie an zahlreichen anderen frühdeutschen Burgen in der Mark Brandenburg entstanden war. Die Burg schützte einen von Norden (Hamburg-Wittstock-Wusterhausen) in die Mittelmark (nach Nauen-Spandau-Berlin) führenden Handelsweg. Erste deutsche Burgherren dürften die wahrscheinlich schon im 12. Jahrhundert hier ansässigen, ursprünglich magdeburgischen Ministerialen Jerichow gewesen sein, die sich im 13. Jahrhundert von F. nannten. Sie hielten den Besitzkomplex bis zum Aussterben der Friesacker Linie am Ende des 13. Jahrhunderts. Er fiel dann an die brandenburgischen Landesherren. 1320–1333 war F. pfandweise an die Grafen von Lindow-Ruppin ausgetan. 1335 belehnte Markgraf Ludwig von Brandenburg die vier Gebrüder von Bredow zur gesamten Hand mit »Haus, Stadt und Land zu F.«. Dazu gehörten auch die hohe und niedere Gerichtsbarkeit über die Stadt. Die ritterbürtige Familie Bredow verfügte bereits über Besitzungen in der Nachbarschaft, der namengebende Stammsitz der Familie lag unfern des neuen Lehnsbesitzes.

Die neuen Herren bemühten sich um Erweiterung ihrer Rechte und unterstützten die wittelsbachischen Landesherren in der Markgrafschaft Brandenburg. Dies wurde belohnt, die Familie erfuhr von Markgraf Ludwig mehrmals Förderung. Als sich 1399 Hasso von Bredow gegen den brandenburgischen Markgrafen Jobst aus dem Hause Luxemburg stellte, ging er seines Lehnsbesitzes verlustig. 1409 wurde Ritter Dietrich von Quitzow neuer Herr von F., doch stellte er sich gegen den 1412 eingesetzten Landesverweser Friedrich aus dem Haus Hohenzollern. 1414 wurde die Machtstellung der Quitzows gebrochen. Als Parteigänger der Hohenzollern erhielten die Bredow F. zurück und begannen erneut mit dem Ausbau der Herrschaft.

1580 gehörten zum Rittersitz ein Vorwerk mit 14 Hufen sowie eine Wasser- und eine Windmühle. Die kurfürstliche Akzise musste auch in dem 1541 als adlige Mediatstadt mit 45 oder 50 Hufen bezeichneten F. seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erhoben werden. Im Städtlein wurden 1708 171 Giebel gezählt, was auf ca. 800 Einwohner verweist (1624 640, 1770 1119). Neben den üblichen Gewerken der Lebensmittelherstellung, des Bauhandwerks und der Tuchbearbeitung gab es einen Kürschner und einen Glaser. Es bestanden insgesamt 14 Braustellen.

Nach dem Stadtbrand von 1616 stellten die Bredow unter Mitwirkung kfl.er Räte Statuten für die Bürger auf. Neben Bestimmungen zur Kirche und Schule enthalten sie Regelungen über die von der Herrschaft eingesetzten Gerichte, Bürgermeister und Rat. Der Rat führte die Aufsicht über das städtische Handwerk, insbesondere Bäcker und Fleischer. Die Handwerkerlöhne sollten sich nach denen der umliegenden Städte richten.

In F. gab es vier Jahrmärkte. Die günstige Entwicklung war der Stellung im überörtlichen Verkehrsnetz geschuldet. Statt einer Brücke über den Rhin gab es eine Fähre.

In der frühen Neuzeit kam es zu mehreren Teilungen innerhalb der Familie Bredow, so u. a. 1587, bei der die erbenden Söhne nicht mehr in F. verblieben. Als 1620 die alte Burg F. abbrannte, gehörte sie drei verschiedenen Familienzweigen. Nur einer der Anteilseigner ließ an ihrer Stelle ein kleineres Haus wieder aufbauen. 1778 wurde dieses durch ein neues Fachwerkgebäude ersetzt. Kein Zweig der 1798 in den Grafenstand erhobenen Familie nahm während des 17./18. Jahrhunderts in F. dauerhaft ihren Wohnsitz, obwohl die herrschaftlichen Rechte bis zur Ablösung der feudalen Lasten fortbestanden. Die Niederlassung fremder Adliger blieb problematisch. Als sich Caspar Friedrich von Fahrenholtz 1716 nach seiner Militärzeit auf einer bürgerlichen Haus- und Braustelle in F. niederließ, entstand die Frage, ob er als Adliger Schutzgeld zahlen musste und dem herrschaftlichen Gericht unterstellt sei. Fahrenholtz lehnte dies ab und wandte sich an den König In einem Zwischenbescheid wurden die Stadtherren angewiesen, ihn weder zu kränken noch sich an ihm zu vergreifen.

(3) Die Pfarrkirche war bereits 1290 Mutterkirche und gehörte zur Sedes Rathenow. In der Stadt bestand 1455 eine Heiliggeistkapelle, ferner ein Gertrauden-, dann Georgshospital. Den Konfessionswechsel, der offiziell nach dem Tode Kurfürst Joachims I. 1535 vollzogen wurde, nutzten die Bredow als Inhaber vieler Kirchenpatronate für sich aus. Geistliche Stiftungen, sogar Kapellen wurden aufgegeben und deren Vermögen eingezogen. In F. gehört hierzu die Heiliggeistkapelle (Ort nicht mehr bekannt). Aufgegeben wurde auch das Georgshospital, das im Bereich des späteren Schulhofes lag. Anlässlich der 1541 vom Landesherrn angeordneten ersten evangelischen Kirchenvisitation wurden Mitglieder der Familie Bredow wiederholt aufgefordert, die der Kirche zustehenden Zehnten und Pachtzahlungen herauszugeben. Auch mussten sie sich wegen des an sich genommenen Kirchengutes in F. und weiterer Kirchengüter verantworten. Besonders war der Schulmeister, der zugleich das Stadtschreiberamt und das des Küsters versah, von den herrschaftlichen Eingriffen betroffen. Er hatte zuvor Einkünfte von sieben Gulden aus Altarstiftungen, die nun wegfielen, ebenso wie der Tisch bei der Herrschaft mit zwei Mahlzeiten alle Tage. Er behielt freies Quartier und ein gewisses Einkommen, musste aber bei den Bürgern reihum den Tisch aufsuchen. Die Schule blieb bestehen, wurde aber nur im Winter gehalten (so 1718).

(5) Der die Rhinfähre nutzende Handelsverkehr bot Einnahmemöglichkeiten, von Fuhrleuten und Waren wurde Zoll erhoben. Die Herrschaft hatte das Recht, Bürger mit der Einziehung zu beauftragen. Die Herrschaft behielt sich das Braurecht vor, der Bierausschank im herrschaftlichen Krug wie auch das Bierbrauen für Hausgebrauch waren mit Abgaben belegt. Der Salzhandel stand ebenfalls unter besonderer Aufsicht der Herrschaft. Wer das Recht zum (Gewand-)Schnitt ausüben wollte, musste für die Herrschaft kostenlos tätig sein, gleiches galt für die Kesselflicker.

(6) F. lässt sich als Residenzstadt der Familie von Bredow für die etwas über 170 Jahre zwischen 1414–1587 verstehen. Als Stadt bleibt F. undeutlich. Die Forschung beschrieb zumeist die Durchsetzung bzw. Nutzung der Herrenrechte. Doch gab es auch vergünstigende Verflechtungen zwischen Stadt und Hof, wie sie aus der Rolle des Schulmeisters deutlich wird, der an der städtischen Schule unterrichtete, zugleich Küster an der Pfarrkirche war und in der vorreformatorischen Zeit mit zwei Mahlzeiten zu Tisch bei der Herrschaft (gemeint ist vermutlich durch die Hofküche) verköstigt wurde.

(7) Potsdam, Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep. 8, Stadt Friesack, Rep. 37 (Gut Friesack) (nur 18./19. Jahrhundert). – Codex diplomaticus Brandenburgensis, Bd. A VII (1847), S. 41–79. – Heegewaldt/Harnisch, Herrschafts-, Guts- und Familienarchive (2010), S. 86 f.

(8)Bardey, Ernst Georg: Geschichte von Stadt und Ländchen Friesack mit einem Ausblick auf die Zeit der Quitzows, Nauen 1894. – Historisches Ortslexikon Brandenburg XI (1972), S. 116–119. – Anderlik, Heidemarie: Entstehung und frühe Entwicklung der havelländischen Kleinstädte, in: Das Havelland im Mittelalter. Untersuchungen zur Strukturgeschichte einer ostelbischen Landschaft in slawischer und deutscher Zeit, hg. von Wolfgang Ribbe, Berlin 1987 (Germania Slavica, 5), S. 383–402. – Göse, Frank: Zwischen adliger Herrschaft und städtischer Freiheit, in: Jahrbuch für brandenburgische Landesgeschichte 47 (1996) S. 55–85. – Schich, Winfried: Art. „Friesack“, in: Städtebuch Brandenburg und Berlin (2000), S. 188–192.

Felix Escher