Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

Zurück zur Liste

Sonderburg (Sønderborg)

Sonderburg (Sønderborg)

(1) S. liegt am westlichen Rand der Insel Alsen (dän. Als) an der Mündung des Alssunds in die Flensburger Förde. Durch die Tiefe des Sundes sowie die starke Strömung verfügte S. über gute Bedingungen für den Seehandel, da der Hafen im Winter weitgehend eisfrei war.

Die Entstehung des Ortes ist eng mit der Festungsanlage des frühen 13. Jahrhunderts verbunden, wobei bislang nicht geklärt werden konnte, ob diese älter oder jünger als der Ort ist. Ab dem 14. Jahrhundert diente die Burg als Sitz eines (meist aus Holstein stammenden) hzl.en Amtmanns, der von hier aus die gesamte Insel Alsen verwaltete (mit Ausnahme der Jahre 1517–1560); um 1564/71 war das Amt erloschen. Erstmals wurde die Stadt S. 1256 erwähnt, wechselte in der Folge mehrmals zwischen dem Besitz der Schleswiger Herzöge und den dänischen Kg.en, ehe es 1460 unter Christian I. in seiner Position als Herzog wieder in kgl.en Besitz kam, in dem es auch infolge der Landesteilungen von 1490 und 1544 verblieb. Kurz nach 1460 wurde S. jedoch zunächst an Johann von Ahlefeldt und 1469 an Königin Dorothea verpfändet, die es von 1490 bis 1495 als Witwensitz nutzte. Von 1532 bis 1549 wurde König Christian II. in S. gefangen gehalten. Seit 1559 diente S. neben Kolding als Leibgeding für die Kg.switwe Dorothea. 1564 erhielt Herzog Johann d. J. die Insel Alsen und Sundewitt, konnte die Herrschaft aber erst nach dem Tode Dorotheas in S. 1571 übernehmen. Bis 1667 blieb S. Hauptresidenz der Linie Schleswig-Holstein-S., ehe es durch den Konkurs der Linie erneut an die dänische Krone fiel. S. wurde mit Ausnahme der Zeit 1716–1733 von Angehörigen der Nebenlinie Schleswig-Holstein-S.-Augustenburg verwaltet, gelegentlich auch von S. aus, ohne jedoch den Status einer dauerhaften fsl.en Residenz zu erhalten.

(2) Die Stadt erstreckte sich nord-östlich der Festungsanlage entlang des Alsensunds, wobei besonders im 14. Jahrhundert eine Ausdehnung nach Norden erkennbar ist. Eine frühneuzeitliche Einteilung in Quartiere lässt sich zwar nachweisen, ist aber nicht zu rekonstruieren. Eine Stadtmauer oder befestigte Palisaden gab es offenbar nicht.

Für 1554 belegen Kirchenprotokolle 145 Hausbesitzer, was auf etwas über 600 Einwohner schließen lässt. Der Großteil der Bevölkerung entstammte wohl dem Umland und dürfte zum überwiegenden Teil handwerklich tätig gewesen sein. Eine Verleihung eines Stadtrechts ist nicht überliefert, wird aber mit Graf Heinrich IV. von Holstein (1404–1427) in Verbindung gebracht. 1461 erhielt die Stadt dieses durch König Christian I. bestätigt. S. verfügte 1397 über ein Stadtsiegel und wurde um 1400 zusammen mit anderen Städten des Hzm.s erwähnt. Mitglieder des Rates oder ein Bürgermeister sind erstmals 1487 zu belegen.

Der in S. befindliche Amtmann dürfte auch die Herrschaft über die Stadt ausgeübt haben. Als Herzog Johann d. J. 1564/1571 die Regierungsgewalt persönlich übernahm, gab es die Funktion eines Amtmanns nicht mehr. Ein vom Herzog eingesetzter Stadtvogt übte hinfort den Vorsitz des Stadtgerichts aus. Dieses verlor im 17. Jahrhundert an Bedeutung gegenüber dem Ratsstubengericht, das insbesondere nach 1668 eine dominierende Position einnahm. Vom älteren Rathaus sind keine Zeugnisse überliefert, da es nach einem Brand 1611 neu errichtet wurde. Als Obergericht der Stadt wurde 1590, als Herzog Johann der Stadt die Teilnahme an Landtagen untersagte, das Landgericht der Insel Alsen bestimmt. Johann klagte hier 1601 gegen falsche Gewichtsmaße der Stadt. Nach dem Konkurs der Fürsten 1667 wurde die Stadt unter das Gericht zu Glücksburg gelegt.

Während S.s Zeit als Hauptresidenz lassen sich soziale Verbindungen zwischen Hof und Rat erkennen, insbesondere Heiraten zwischen Kindern von Ratsherren mit Höflingen oder deren Angehörigen kamen vor. Zudem war ein Sekretär Johanns, Friedrich Clodius, Mitglied der S.er Schützengilde.

Eine erste Zunft entstand 1488 mit der Schuhmachergilde. 1571 entstand ein Zusammenschluss der Kaufleute, Schifffahrer und Fischer, dem 1614 eine weitere Schifffahrergilde folgte, zu der zunächst auch noch Kaufleute gehörten. Letztere gründeten jedoch um 1660 eine eigene Kaufmannsgilde. Weitere Gilden waren die der Schmiede (1604), Schneider (1615), Schreiner und Glasmacher (1624), Bäcker (1641) und Sattelmacher (1614). Daneben dürfte es jedoch weitere Zünfte gegeben haben. Die Gilderollen orientierten sich an denen der Stadt Flensburg. Es gab jedoch zu Gunsten des Landesherrn weniger Einflussmöglichkeiten des Rats. Die Steuerbelastung war sehr gering, stieg jedoch infolge der Erbteilungen und Besatzungen im 17. Jahrhundert an und umfasste ab 1621 auch adlige Besitzungen.

(3) In der frühurbanen Phase lassen sich zwei geistliche Einrichtungen erkennen: Die wohl im 13. Jahrhundert errichtete St. Nikolai-Kirche (um 1530 niedergelegt) und die 1307 erstmals erwähnte Kapelle des St. Jürgenhospitals, die wohl im frühen 16. Jahrhundert zur Hauptkirche wurde. In der Nikolaikirche sind vier Nebenaltäre nachweisbar, in der Kapelle des Hospitals lediglich ein der Jungfrau Maria geweihter Altar. 1529 ist ein Kaland an der Nikolaikirche erwähnt. 1595 bis 1600 ließ Herzog Johann die St. Jürgen-Kapelle zur heutigen Kirche St. Marien ausbauen. Sie war reich an Epitaphien, von denen jedoch viele zur Mitte des 19. Jahrhunderts verloren gingen. Zwischen 1568 und 1570 ließ Kg.switwe Dorothea eine Kapelle im Schloss erbauen, in der die Fürstengruft der Linie errichtet wurde. Eine vorreformatorische Grablege gab es vermutlich im Westflügel des Schlosses.

Ab 1538 dürfte ein lutherischer Priester tätig gewesen sein, der jedoch 1541 durch Herzog Christian III. abgesetzt wurde. 1550 beklagte sich der Stadtrat bei Christian über die unzureichende Unterhaltung des Priesters, woraufhin dieser ehemals geistliche Güter zur Verfügung stellte. Dorothea stiftete 1571 ein weiteres Legat.

S. unterstand die längste Zeit dem Bistum Odense. 1538–1540 wurde es dem Flensburger Visitator unterstellt. 1566 gelang es Dorothea, einen eigenen Propst für Alsen einzusetzen und somit dem direkten Zugriff des Odenser Bf.s zu entziehen. Nach ihrem Tod 1571 wurde die Propstei aufgehoben, Alsen fiel wieder an das Bistum zurück. Erst 1864 wurde die Insel dem Bistum Schleswig unterstellt. Eine erste Schule, die wohl zugleich Latein- und Bürgerschule war, entstand vermutlich im Zusammenhang mit der Kirchenordnung von 1542, wird aber erstmals 1550 erwähnt.

(4) Zentrales Element war die im 13. Jahrhundert auf einer Insel errichtete Festungsanlage, die 1550–1570 zu einem Renaissanceschloss umgebaut wurde. Erst mit dem Umbau wurde sie in das Stadtgebiet integriert. Zur Anlage gehörte ein Lustgarten im Osten der Stadt. Bedingt durch die finanzielle Krise verfiel das Schloss. 1722–1726 wurde es im Stil des Barock renoviert, um die Position des dänischen Kg.s im Herzogtum zu stärken. Ein von Herzog Ernst Günther von Schleswig-Holstein-S.-Augustenburg (1609–1689) errichtetes Palais mit Ziergarten lag in der Perlstraße. Es diente nach dem von ihm 1661 in Angriff genommenen Bau von Schloss Augustenburg zunächst als Witwensitz, ging später in adeligen Besitz über und wurde 1864 zerstört.

(5) Das Umland S.s umfasste die Insel Alsen sowie Teile der Halbinsel Sundewitt. Einen Marktzwang sah wohl bereits das erste Stadtrecht vor, überliefert ist es aber erstmals im Rahmen der Bestätigung König Christians I. Zwischen 1491 und 1589 verlor S. dieses Privileg an Flensburg. erhielt es jedoch unter Herzog Johann wieder. 1601 entzog Herzog Johann S. ihre Stadtfelder, ohne dass die Stadt hierfür kompensiert wurde. Ebenso war S. kein Mitglied von Stadtbünden und nur selten auf den Landtagen vertreten. Als Kreditgeber traten die Kaufleute vor allem gegenüber den Söhnen Herzog Johanns auf, die aufgrund der restriktiven Politik ihres Vaters über kein größeres Einkommen verfügten.

(6) S. lässt sich als kleinere Landstadt verstehen. Rückwirkungen auf das Verhältnis zwischen S. als Residenzstadt und den Hzg.en von Schleswig-Holstein-S. hatte der Umstand, dass die Herzöge nicht an der landesherrschaftlichen Gemeinschaftsregierung partizipieren konnten und nur über ein kleines Territorium verfügten. Ihr Machtbereich verdichtete sich somit auf die Stadt S. und das Umland. In dieser Zeit erlebte S. um 1600 eine wirtschaftliche Blüte, war aber stets dem Einfluss der Stadtherren unterworfen. S. lässt sich mit Blick auf diese Zeit eher als Stadt an einer Residenz als eine Residenzstadt bezeichnen. Dies zeigt sich auch durch die Grablege der S.er Fürsten, die nicht in der städtischen Pfarrkirche, sondern der schlosseigenen Kapelle eingerichtet wurde.

(7) Die Überlieferung zur Geschichte Sonderburgs verteilt sich fast überwiegend auf das Rigsarkivet zu Kopenhagen und des Landesarchiv Sønderjylland in Apenrade. Von Bedeutung sind dabei vor allem die Bestände zu Hans (dt. Johann) dem Jüngeren (Nr. 610), der Herzöge von Sonderburg (613) sowie dem älteren Sonderburg bis 1668 (675+S14) in Kopenhagen, und die Bestände zum Amt (AA05) und der Købstad Sonderburg (BA03) in Apenrade.

(8)Langendorf, Peter: Herzog Johann der Jüngere zu Schleswig-Holstein-Sonderburg, in: Nordelbingen 3 (1924) S. 341–410. – Hvidtfeldt, Johan: Alsiske Retsomraader og tingsteder, in: Sønderjydske Aarbøger (1942) S. 17–57. – Skovgaard, Johanne: Tiden indtil 1667, in: Sønderborg bys historie, Bd. 1, hg. von Holger Hjelholt, Sonderburg 1960, S. 9–94. – Maibøll, Christian: Sønderborgs Borgmestre gennem tiderne, in: Personalhistorisk Tiddsskrift 81 (1961) S. 1–60. – Jensen, Jørgen Steen: Hertug Hans den Yngre. En biografi, Katalog over mønter og fortegnelse over møntfund, Sonderburg 1971 (Fra Als og Sundeved, 50). – Sønderborg i 750 år – tværsnit og perspektiver, hg. von Inge Adriansen und Peter Dragsbo, Sonderburg 22005. – Adriansen, Inge: Herzog Hans der Jüngere, in: Fürsten des Landes (2008), S. 208–231. – Dies.: Die Herzöge von Sonderburg, in: Fürsten des Landes (2008), S. 232–245.

Stefan Magnussen