Die letzte Lieferung des LfgrE ist vor zwei Monaten erschienen. Im Sinne von Bruno Snell wäre es nahe liegend, jetzt spätestens mit einem zweiten oder, rechnet man den Hippokrates-Index dazu, mit dem dritten der Spezialwörterbücher zu beginnen. Aber beide Institutionen, die mit dem Lexikon verbunden sind, haben sich anders entschieden. Der dritte Nachfolger Bruno Snells auf dem Hamburger Lehrstuhl hat seine Forschungsprioritäten vorgetragen, die Göttinger Akademie hat schon vor über zehn Jahren entschieden, dass mit dem LfgrE die Lexikographie in Hamburg ausläuft. 1998 wurde beschlossen, für die aus Altersgründen ausscheidenden Mitarbeiter keine neuen mehr einzustellen, und lieber die Fertigstellung des Lexikons nach einmal um ein paar Jahre zu verschieben. Also kein Tragiker-Lexikon, kein Lexikon der frühen und klassischen Lyrik, kein Wörterbuch der attischen Prosa, kein Lexikon der Fachschriftsteller. Stattdessen hat die Göttinger Akademie eine Editionsreihe spätantiker Schriften zu Religion und Ethik als neues geisteswissenschaftliches Langzeitvorhaben.

Natürlich ist es keine Werbung, dass das LfgrE über 50 Jahre gebraucht hat, um fertig zu werden. Aber man könnte aus dem Auf und Ab beim LfgrE lernen, dass eine Zeit von 20 bis 30 Jahren bei einem anspruchsvollen Projekt machbar und auch sinnvoll ist.

Wir sind hier auf einem internationalen Kongress. Deswegen soll Hermann Diels mit seiner Utopie das letzte Wort haben. Er spricht von den vielleicht zehn Einzellexika, die seiner Meinung nach den Griechischen Thesaurus bilden sollten. Diese Lexika „könnten dann die verschiedenen Nationen und Akademien unter sich verteilen und einen wissenschaftlichen Riesenagon veranstalten, wer sein Los am raschesten und besten erledigt. Aber das sind alles Zukunftsträume.“ Soweit Diels 1905.23 Dank Bruno Snell ist e i n Traum Wirklichkeit.

 


23 Neue Jahrbücher 8 (1905), 693.