
Göttinger Akademie in der NS-Zeit
Die Göttinger Akademie der Wissenschaften vom Ersten Weltkrieg bis in die 1960er Jahre
Zwischen elitärer Selbstbeschreibung und politischer Positionierung.
Das Forschungsprojekt "Zwischen elitärer Selbstbeschreibung und politischer Positionierung. Die Göttinger Akademie der Wissenschaften vom Ersten Weltkrieg bis in die 1960er Jahre" widmet sich der Göttinger Akademie im angegebenen Zeitraum mit einem Schwerpunkt auf der NS-Zeit. Das Leitinteresse der Untersuchung besteht darin, die Kontinuitäten und Zäsuren im Selbstverständnis der Akademie zu rekonstruieren und in einen Zusammenhang mit ihrem wissenschaftlichen sowie politischen Umfeld zu setzen. Damit soll erstmals monographisch die Geschichte der einzigen Wissenschaftsakademie im heutigen Niedersachsen während der NS-Zeit einschließlich ihrer Voraussetzungen vor 1933 und des Umgangs mit ihr nach 1945 aufgearbeitet werden.
Die Studie versteht sich zudem als ein Beitrag zur neueren Wissenschaftsgeschichte, indem sie dem besonderen Selbstverständnis der Akademie bzw. ihrer Mitglieder als wissenschaftlicher Elite und dessen Kontinuität und Wandel zwischen dem Ersten Weltkrieg und der frühen Bundesrepublik nachgeht. In dieser Hinsicht wird die Göttinger Akademie als Fallbeispiel behandelt, ohne dass lokale Spezifika aus dem Blick geraten. Neben der eigentlichen Forschungstätigkeit der Akademie und ihrer Mitglieder sind deshalb diejenigen Diskurse und Praktiken von Interesse, die Wissenschaft organisierten. Dazu gehören im Zeitraum der Untersuchung auch Ausschlüsse aus rassistischen Gründen und politisch motivierte Zuwahlen sowie deren teilweise später erfolgten Zurücknahmen.
Das Forschungsprojekt soll die institutionellen und personalen Beziehungen der Akademie zu anderen wissenschaftlichen und politischen Akteuren ebenso untersuchen wie die sprachlichen und habituellen Repräsentationsformen, die im Raum der Akademie wirksam waren. Im Mittelpunkt stehen fünf Fragenkomplexe: die Konsequenzen der internationalen Isolation Deutschlands nach 1918 für das Selbstbild der Akademie und die diesbezüglichen Veränderungen nach 1945; die Reaktionen der Akademie auf den Aufstieg neuer wissenschaftlicher Einrichtungen wie der Kaiser-Wilhelm Gesellschaft; ihre Positionierung gegenüber den neuen Forschungserwartungen und -einrichtungen in der NS- und in der Nachkriegszeit; die politischen Diskurse in der Akademie sowie die Auswirkungen der lokalen Besonderheiten Göttingens auf ihr Selbstverständnis.
Neben den erwähnten akademieinternen Diskursen und Praktiken und den Interaktionen der Akademie mit anderen Akteuren auf internationaler, nationaler und lokaler Ebene sollen darüber hinaus Akademiemitglieder aus ausgewählten Gruppen (der rassistisch Verfolgten und aus der Akademie Gedrängten, der nach 1945 Entlassenen, der Akademie-Funktionäre sowie der Multifunktionsträger) exemplarisch untersucht werden.
Das Projekt wurde vom Land Niedersachsen im Rahmen des Programms "PRO*Niedersachsen 2016" gefördert.
Vorsitzender der Kommission "Die Akademie und die NS-Zeit"
Prof. Dr. Dirk Schumann
Professor für Neuere und Neueste Geschichte
Georg-August-Universität Göttingen
Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte
Heinrich-Düker-Weg 14
37073 Göttingen
Raum: KWZ 1.705
Sekretariat: Sandra Kirchner (KWZ 1.708; Tel.: 0551-39-24643)