(1) Schloss und Kernstadt P. liegen zwölf Kilometer nördlich Mindens unmittelbar am linken Weserufer auf einer leichten Anhöhe über der sich nach Norden erstreckenden Flussmarsch. P. gehörte zum Bistum Minden und machte die herrschaftliche Zuordnung des Bm.s mit (1648 säkularisiert und als weltliches Fürstentum an Kurfürstentum Brandenburg-Preußen). In P. begünstigte die Schmalheit der Flussaue die Querung der Weser, eine Brücke war vielleicht schon zur Zeit Bischof Albrechts II. von Hoya (reg. 1437-1473) vorhanden, wohl eine kurzlebige Holzkonstruktion. Unter Georg von Braunschweig-Wolfenbüttel (reg. 1555-1566) wurde der (vielbestaunte) Neubau einer Sommerbrücke vorgenommen, der schon bald einem Eisgang zum Opfer fiel. Das letzte Bauwerk dieser Art ging vor 1652 unter und wurde zugunsten einer Flussfähre aufgegeben. Von Westen her kommend mündet die Ösper, ein kleinerer Nebenfluss, unmittelbar nördlich des Schlosses in die Weser. Südlich P.s liegt das wegen seiner nassen Böden siedlungsungünstige Waldgebiet des Heisterholzes als Riegel, so dass P. als eine geomorphologisch vorgegebene Siedlungsinsel betrachtet werden kann.
Vorgängersiedlung war das 784 erwähnte Huculbi (13. Jahrhundert Hokelve, 15. Jahrhundert Hockeleve). Mit der Gründung des Bm.s Minden um 803 kam die Region in den Machtbereich der Mindener Kirche. Eventuell gab es hier eine Besitzkonzentration der bfl.en Tafelgüter; Streubesitz ist im Umfeld der späteren Residenz belegt, welcher bald nach Gründung der Burg 1306 (1307 erwähnt als castrum) zur landesherrlichen Vogtei »Hofmeister« gehörte. Die zu dieser Vogtei zählenden Dorfschaften erstreckten sich westlich und südlich der Burg. Gründer der Burg war Bischof Gottfried von Waldeck (reg. 1304-1324), der mit der Wahl P.s auf Distanz zur Bf.sstadt Minden ging, gegen die schon sein Amtsvorgänger Ludolf von Rostorf (reg. 1295-1304) wichtige Komponenten der Stadtherrschaft eingebüßt hatte. Benannt wurde der neue Ort nach dem Hauptpatron der Mindener Bf.skirche. Eventuell bestimmte die strategisch günstige Lage P.s die Wahl dieses Orts, da von hier aus die mindischen Grenzburgen Reineberg (im Westen), Neuenhaus und Steyerberg (im Norden) sowie Stadt und Burg Wunstorf (im Osten) allesamt leicht zu erreichen waren, wobei der Bischof zudem durch eine neugeschaffene Kontrollmöglichkeit des Schiffsverkehrs ein Machtmittel gegenüber der Stadt Minden in die Hand bekam.
P. entwickelte sich jedoch nicht zur ausschließlichen Residenz der Bischöfe, ihr Hof in Minden diente bis ins frühe 17. Jahrhundert immer wieder als Aufenthaltsort für die Fürsten selbst und Mitglieder der Stiftsregierung. Ebenso fanden bedeutende Rechtsakte wie die Lehnstage in Minden statt, nur ausnahmsweise wie 1536 in P. (auf dem Kirchhof). Mit der Übernahme der Herrschaft zum Berge aus dem Besitz der ausgestorbenen Edelvögte des Hochstifts durch das Mindener Domkapitel 1397/98 kam deren Burg Hausberge (gelegen an der Porta Westfalica) hinzu, das zeitweilig als bischöfliche Nebenresidenz genutzt wurde, so bereits unter Bischof Wilhelm II. Büschen (reg. 1398-1402), aber auch unter Hermann von Schaumburg (reg. 1566-1582), dessen Konkubine und spätere Ehefrau dort auf einem eigenen Hof lebte. Die Wahlkapitulation für Franz I. von Braunschweig-Wolfenbüttel (reg. 1508-1529) spricht ausdrücklich von den beiden Residenzhäusern P. und Hausberge. Die bfl.-münstersche Hofordnung von 1536 sah für Franz II. von Waldeck (reg. in Minden 1530-1553) einen stetigen Aufenthaltswechsel zwischen Iburg, Horstmar und P. im viermonatigen Turnus vor. Bischof Georg von Braunschweig-Wolfenbüttel (reg. 1555-1566) nutzte das am Weg von P. zu seinen beiden weiteren Residenzen Rotenburg und Bremervörde gelegene Stiftshaus Schlüsselburg dazu, seine Lebensgefährtin Ottilie Loxima und ihre beider Söhne unterzubringen.
In P. wurde dank eines 1377 von Kaiser Karl IV. erteilten Privilegs ein Weserzoll erhoben, der für erhebliche Einnahmen sorgte. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts gab es zudem für eine kurze Zeit eine Münzstätte. Zerstörungen im Rahmen der Hildesheimer Stiftsfehde 1519 sowie während des Zweiten Markgrafenkrieges 1553 wirkten sich wie mehrere Stadtbrände nur mittelfristig aus, gravierender für die Ortsentwicklung war die Verlegung des Regierungssitzes 1669 nach Minden, die unter den seit 1648 auch das Fbm. Minden beherrschenden Kurfürsten von Brandenburg erfolgte. Unter zunehmendem Steuerdruck der neuen brandenburgischen Landesherrschaft konnte der nun formal als Amtsflecken geltende Ort nicht prosperieren.
(2) Unter Nutzung des Ösper-Laufs konnte im frühen 14. Jahrhundert eine erste Burg mit Graben und Wall angelegt werden, damit einhergehend scheint es zu einer Siedlungsverdichtung in der vormaligen Dorfschaft Hokelve südlich der Burg (der späteren »Altstadt«) gekommen zu sein, geschützt durch eine Einhegung (bescheidene Wall- und Grabenanlage). Bald darauf wurde eine Siedlung westlich der Burg angelegt (die spätere »Neustadt«). Für beide Siedlungsteile legt der regelmäßige Grundriss eine geplante Gründung nahe. Die Altstadt gliedert sich längs der von Südosten nach Nordwesten ausgerichteten Hauptstraße in seinem Ostteil in drei kleinteilig bebaute Quartiere, während der gleichgroße Westteil nicht erschlossen wirkt. Die Neustadt wurde der Burg westlich vorgelagert in der Form eines nordsüdlich liegenden Rechtecks. Sie stieß mit ihrer östlichen Breitseite vor die Burganlage. Die Quartiere beiderseits der zentralen Hauptstraße erschließen sich über ein beinahe symmetrisches System schmaler Nebenstraßen, wobei die vor dem Schlossareal rechtwinklig abknickende Verlängerung der Hauptstraße zur südlich der (umgeleiteten) Ösper anstoßenden Altstadt führt.
Eine durch weiträumige Umleitung der Ösper geschaffene neue bzw. äußere Grabenanlage umschloss seit der Zeit Bischof Gerhards II. von Schaumburg (reg. 1361-1366) auch die Neustadt inkl. der südlich der Burg angelegten Vorburg, die von Süden her über die »Unterste Brücke« erschlossen wurde, während die »Oberste Brücke« den Hauptgraben der Kernburg überspannte. Im Gegensatz zur offenbar stagnierenden Altstadtbebauung verlängerte man im 16. Jahrhundert die Hauptstraße der Neustadt über die Ösperbrücke hinaus nach Westen, wohin Wohnbauten verlegt wurden, welche bis 1553 in unmittelbarer Nähe des Schlosses gelegen hatten und aus fortifikatorischen Gründen dort nicht wiedererrichtet wurden. Die administrative Trennung P.s in Alt- und Neustadt wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Faktum, ausgedrückt durch die Existenz zweier Rathäuser sowie durch das Vorhandensein zweier Magistrate.
Beide Ortsteile wurden während der Regierungszeit Bischof Gerhards II. von Schaumburg (reg. 1361-1366) mit minderstädtischen Rechten versehen, eine reduzierte Variante des Lübbecker Stadtrechts. Wenngleich sich zeitgenössische Schriftquellen für P. nicht erhalten haben, so kann aus der zum Jahre 1400 beschriebenen Fleckensprivilegierung für Schlüsselburg auf einige Elemente des P.er Rechts geschlossen werden, zumal die jüngere Rechtsverleihung sich, so die Mindener Chronistik, auf die P.er Ordnung bezog. Das Privileg für P. umfasste demnach (mutmaßlich) das Recht der freien Ratswahl sowie (sicher) das Marktrecht und den Anspruch auf Einsetzung eines städtischen Richters (erstmals ausdrücklich genannt 1385) durch den Landesherrn. Nach den Brandverlusten des 16. Jhs. orientierte man sich bei der Neuformulierung städtischer Rechtsnormen an Lübbecke; die Zuständigkeit des Magistrats erschöpfte sich allerdings in Fragen des Zivilrechts und der Ordnungspolizei sowie der Eigenverwaltung geringer städtischer Abgaben. Die Strafgewalt der städtischen Obrigkeit wurde mit dem Übergang an Brandenburg zunehmend in Frage gestellt und ging schließlich auf das landesherrliche Amt über. Das einzige unmittelbar an P. gerichtete Fleckensprivileg wurde durch Franz I. von Braunschweig-Wolfenbüttel 1525 erteilt. Frühe Abdrücke eines Stadtsiegels sind für 1424 und 1464 überliefert, eine Variante für 1538. Beide zeigen unter einem architektonischen Aufbau die gekreuzten Mindener Schlüssel und darüber das Nesselblatt der Grafen von Schaumburg als Hinweis auf den Stadtgründer. Aus dem Jahr 1408 ist der Abdruck eines richterlichen Amtssiegels mit gekreuztem Mindener Schlüssel und Schwert überliefert.
Für die Neustadt, deren Magistrat aus dem jährlich gewählten Bürgermeister, einem (dem Rat angehörigen) Richter sowie vier Ratsmitgliedern bestand, sind die Verfahrensformen der Bürgeraufnahme seit etwa 1570 und die mit dem Bürgerrecht verbundene Pflicht des Wachdienstes und des Bollwerkens (Arbeitseinsatz bei Bau- und Reparaturprojekten) belegt. Die Erteilung des Bürgerrechts war abhängig von persönlicher Freiheit und ehelicher Geburt und erfolgte nach Zahlung des Bürgergeldes und Eidesleistung. Sie wurde erleichtert, wenn etwa der fbl.e Kanzler den Kandidaten bzw. die Kandidatin empfahl.
Burgmannshöfe und Freihäuser befanden sich im bürgerlichen Siedlungsareal, nachdem die Vorburg für landesherrliche Bauprojekte in Anspruch genommen wurde. Dabei fällt ihre Lage am Rand der Fleckenssiedlungen auf (von Barckhausenscher Hof in der Altstadt), wenn sie nicht völlig aufgegeben wurden (von Münchhausen, von Olden, von Holte gen. Kemener). Neugründungen wie der auf eine landesherrliche Schenkung von 1563 zurückgehende Besselsche Hof mieden den Kernbereich - und damit den Rechtsraum - der Fleckensgemeinden. Dienstsitze hoher Beamter - wie der Kanzlerhof am südlichen Zugang zur Vorburg und der deutlich jüngere Freihof des Superintendenten - erlangten erst im Laufe der Zeit ihren Status als Burgmannshöfe. Einen korporativen Zusammenschluss scheint es nicht gegeben zu haben; die freien Burgmannen der 1640er und 1660er Jahre bildeten eine temporäre Interessengemeinschaft zur Wahrung ihrer Steuerprivilegien.
Alt- und Neustadt verfügten über Schützengesellschaften, deren Aufwendungen durch den auf kleineren Gartenparzellen ruhenden schutten tins oder Pulvergeld bestritten wurden. Das alljährliche Vogelschießen ist ab der Mitte des 16. Jahrhunderts überliefert; hierbei kam den Fbf.en die Ehre des ersten Schusses zu. Berührungspunkte zwischen dem Hof und den Untertanen ergaben sich zudem beim Maigrafenfest der städtischen Jugend, dem alljährlichen Umzug des Kinderbischofs am 27. Dezember sowie auch bei der Ratsdiener-Speisung auf dem Schloss.
Zur wirtschaftlichen Situation sind verbindliche Aussagen kaum möglich. Berufsständische Korporationen fehlten. Acker-, Garten- und Hopfenbau wurde auf teilweise winzigen Parzellen betrieben, Kleingewerbe und ein schwaches Brauwesen bestimmten das Bild. Die landesherrliche Konzessionierung zweier Jahrmärkte 1617 kann als gutgemeinter Versuch einer Belebung gedeutet werden; die damals etablierten Jahrmärkte zweier zum Amt gehöriger Kirchorte (Windheim und Hille) blieben aber erfolgreich. Gleichwohl gibt das Stadtbuch der Neustadt bei Bürgeraufnahmen vereinzelte Hinweise auf Berufe, die den Charakter P.s als Residenzort zwischen 1570 und 1650 erkennen lassen (Pelzer, Weißbäcker, Weinschenk, Goldschmied, Apotheker, [fsl.er] Gärtner, fsl.er Trompeter, Büchsenschütze und ein Posamentierer [Schnurmacher]).
Einen Hinweis auf die Einwohnerzahl gewährt die Angabe, dass bei dem Stadtbrand 1569 160 Häuser zerstört wurden, was auf mindestens 720 Einwohner schließen lässt, tendenziell dürften es deutlich mehr gewesen sein, denn im Zusammenhang mit dem Brand des Fleckens 1519 ist von 300 »burgeren« (Haushaltsvorständen) die Rede.
(3) Für 1243 wird in Hokelve eine Hl.-Kreuz-Kapelle erwähnt, die offenbar über keine Pfarrrechte verfügte; ihre kirchliche Zugehörigkeit wie auch ihr genauer Standort sind unklar. Nach Gründung der Burg 1306 erscheint im Jahr 1313 ein Priester in Hokelve in der Überlieferung. Bischof Gerhard II. von Schaumburg gründete in der Neustadt die Pfarrkirche St. Petri, die Altstädter Pfarrei St. Johannis dürfte hingegen älter sein. 1419 hatte die vor dem südlichen Stadttor gelegene Altstädter Kirche ihr Pfarrrecht an die der Neustadt verloren, St. Johannis bestand als Friedhofskapelle unter dem Namen »Alte Kirche« fort bis zu ihrem Abriss 1819. Als weitere Sakralbauten sind eine Kapelle in der Masch (1548) und eine kleine Klause in der P.er Feldmark (1564) bezeugt. Bei den wiederholten Kriegszerstörungen des 16. Jahrhunderts gingen auch die spätmittelalterlichen Kirchen und ihre hölzernen Ersatzbauten verloren, erst zwischen 1615 und 1618 wurde die Petrikirche als massive Hallenkirche errichtet. Sie lehnt sich stilistisch eng an die Stadtkirche in Bückeburg an, wobei jedoch in P. auf eine reiche Schaufassade verzichtet wurde.
An der Petrikirche bestanden zwei Bruderschaften, die des Hl. Leichnams (erstmals genannt 1385) sowie die Liebfrauen- bzw. Dreikönigsbruderschaft (erstmals genannt 1419). Beide bestanden nach der Reformation noch eine Zeitlang als Frühformen von Sterbekassen fort, verloren dann aber jede Bedeutung.
Ein landesherrliches Konsistorium mit Sitz im Schloss P. ist seit Bischof Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel (reg. als Administrator 1582-1585) anzunehmen, dem der auch als Hofprediger fungierende Pastor primarius der Petrikirche angehörte. Seit Bischof Christian von Braunschweig-Lüneburg (reg. als Administrator 1599-1630) war üblicherweise die erste der zwei Pfarrstellen an St. Petri mit dem Amt des Superintendenten für das Fürstentum Minden verknüpft, eine Regelung, die bis in das 18. Jahrhundert hinein Bestand hatte.
Innerhalb des Schlosses befand sich eine dem Mindener Stiftspatron St. Petrus geweihte Kapelle, die 1582 außer Gebrauch gesetzt war. In den 1608 begonnenen Neubau des Nordflügels wurde ein Gottesdienstraum eingefügt, der nach dem Übergang an Kurbrandenburg in eine reformierte Kapelle umgewidmet wurde (im 18. Jahrhundert aufgegeben). Ihr künstlerisch bedeutender Altar aus der Zeit Bischof Christians von Braunschweig-Lüneburg ging später an die Hauptkirche St. Petri über, wo er im 19. Jahrhundert entfernt wurde.
Ab 1548/49 sind jüdische Händler in P. nachweisbar, die wohl als Versorger der Residenz mit spezifischen Konsumgütern und Finanzdienstleistungen anzusehen sind. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts war P. für etwa drei Jahrzehnte als Sitz der jeweiligen Judenschaftsvorsteher organisatorischer Zentralort.
(4) Geprägt war der kleine Ort durch die Burg bzw. das Schloss, die beiden Kirchen standen in ihrer raumbildenden Wirkung zurück. Die in die Weser hineingebaute Befestigung ermöglichte es, von der Burg aus den Schiffsverkehr zu kontrollieren. Teile der spätmittelalterlichen Burg dürften sich in der starken Schildmauer zur Weser und im Fundament des Ostflügels erhalten haben. Für gut eineinhalb Jahrhunderte prägend war der das Torhaus nach Westen hin flankierende wuchtige Geschützturm, der Dwinger (mnd. für Zwinger) aus der Zeit Bischof Heinrichs III. von Schaumburg (1473-1508), den dieser wohl nach 1496 errichten ließ. Zusammen mit dem vorgelagerten, im 16. Jahrhundert genannten Bärengehege wurde er mit den übrigen Festungsanlagen zur Zeit des letzten brandenburgischen Statthalters Johann Moritz von Nassau-Siegen 1658/59 abgerissen. Teils durch gezielte Abbrüche, teils aus Vernachlässigung wurde das Schloss zunehmend kleiner. Ein angebliches »Amtsstubenhaus« des späten 16. Jahrhunderts in der Neustadt - also außerhalb des Schlossgeländes - kann als Fiktion gelten.
Als es nach der kriegerischen Einäscherung 1553 an den Wiederaufbau ging, drang der Landesherr auf einen größeren Abstand zwischen Schloss und Bürgersiedlung, so dass die Hauptstraße der Neustadt auf etwa das Doppelte ihrer ursprünglichen Länge ausgedehnt wurde. Bei der Ausweitung wurde das Gebiet der Dorfschaft Hiddessen überlagert; ein dort liegender Adelssitz blieb einstweilen bestehen. Die Altstadt hingegen wuchs nicht über ihre ältere Bebauung hinaus.
Jeder Stadtteil hatte sein eigenes Rathaus, beide angelegt als Torbauten über den Zugängen zu Alt- bzw. Neustadt, über deren Aussehen nichts weiter bekannt ist bis auf den Umstand, dass sie jeweils mit Keller versehen waren.
In Merians Topographia Westfaliae (1647) gibt es einen Kupferstich, der insbesondere die Brücke und die Lage der Burg direkt am Wasser hervorhebt.
(5) P. verfügte über eine Landwehr, innerhalb derer sich die Feldmark des Ortes befand, deren Bewirtschaftung eine entscheidende Größe für den weitgehend landwirtschaftlich geprägten Ort darstellte. Einzelne Betriebsstätten mit Bezug zur Residenz lagen in der näheren Umgebung. So gab es im Heisterholz für längere Zeit einen Ziegelofen zur Baustoffgewinnung, und nordwestlich des Fleckens ist eine - wohl landesherrliche - Pulvermühle für die 1590er Jahre nachweisbar. Eine Beteiligung P.er Kaufleute am Fernhandel über die Weser ist nicht bekannt.
P. gehörte zu den Ständen des Hochstifts bzw. Fsm.s Minden, wie sich an fünf landesherrlichen Ständeprivilegien zwischen 1483 und 1583 erkennen lässt. 1408 unterzeichneten Vertreter des P.er Stadtrats einen regionalen Landfrieden. Der brandenburgische Homagialrezess von 1650 negierte zwar die Landstandschaft der Städte und Flecken nicht, verzichtete aber auf eine namentliche Nennung. Um 1720 verloren schließlich die bürgerlichen Gemeinwesen ihre landständische Qualität. 1417 zählten Bürgermeister und Rat von P. neben zahlreichen Fürsten und Städten zu den Adressaten eines Rundschreibens der Grafen von Spiegelberg und Wunstorf.
(6) P. lässt sich als Residenzstadt für die Zeit von etwa 1306 bis 1648 begreifen, auch wenn die Mindener Bischöfe sich nicht durchgehend hier aufhielten. Trotz seiner Kleinheit (mit seinen höchstwahrscheinlich unter 1000 Einwohnern) und seiner minderstädtischen Qualität nahm P. an Ständeversammlungen teil und gehörte somit zum Land. Immerhin erlebte der Flecken ein gewisses Wachstum. Die Beachtung des Respektabstands zum Schloss beim Wiederaufbau nach der Zerstörung 1553 ist Ausdruck der baulichen Prägung, wie sie für Residenzstädte kennzeichnend ist. Über die Verflechtung von Stadtgemeinde und Hofgesellschaft lassen sich keine näheren Aussagen treffen.
(7) Als einschlägige Archivbestände sind zu nennen: Münster, Landesarchiv NRW (LAV NRW), Abteilung Westfalen: Fürstentum und Domkapitel Minden, Urkunden. - Ebd., Domkapitel Minden, Lehen, Urkunden. - Ebd., Manuskriptensammlung VII. - Ebd., Domkapitel Minden, Akten. - Ebd., Minden-Ravensberg, Regierung. - Ebd., Kriegs- und Domänenkammer Minden. - Ebd., Grafschaft Schaumburg Akten. Ferner sind Bestände heranzuziehen in: Hannover, Niedersächsisches Landesarchiv (NLA), Abt. Hannover, Celle Br. 27, sowie in NLA, Abt. Bückeburg, L1, Schaumburger Samtarchiv.
Die Bischofschroniken des Mittelalters. Hermanns von Lerbeck Catalogus episcoporum Mindensium und seine Ableitungen, […] hg. von Klemens Löffler, Münster 1917 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen XIII: Mindener Geschichtsquellen, 1). - Des Domherrn Heinrich Tribbe Beschreibung von Stadt und Stift Minden (um 1460), hg. von Klemens Löffler, Münster 1932 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen XIII: Mindener Geschichtsquellen, 2). - Das Chronicon Domesticum et Gentile des Heinrich Piel, hg. von Martin Krieg (†), Münster 1981 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen XIII: Geschichtsquellen des Fürstentums Minden, 4).
Westfälisches Urkundenbuch VI: Die Urkunden des Bisthums Minden 1201-1300, bearb. von Hermann Hoogeweg, Münster 1898. - Die Lehnregister der Bischöfe von Minden bis 1324, bearb. von Hugo Kemkes (†) und Manfred Wolf, Münster 2010 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen XXVIII: Westfälische Lehnbücher, 4). - Urkundenbuch des Klosters Loccum, bearb. von Ursula-Barbara Dittrich, 2 Tl.e, Göttingen 2019 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen, 292). - Westfälisches Urkundenbuch, Tl. 10: Die Urkunden des Bistums Minden 1301-1325, bearb. von Robert Krumbholtz, besorgt von Joseph Prinz, Münster 21977. - Die Kirchenvisitationsprotokolle des Fürstentums Minden von 1650. Mit einer Untersuchung zur Entstehung der mittelalterlichen Pfarrkirchen und zur Entwicklung der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Minden, bearb. von Hans Nordsiek (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen, N.F., 7), Münster 2013.
(8)Grossmann, Karl: Die Burgmannshöfe und Freien Häuser in Petershagen, in: Mindener Jahrbuch 9 (1938) S. 161-182. - Soenke, Jürgen: Schloss Petershagen an der Weser 1305-1955, Minden 1954. - Grossmann, Karl: Auf dem Schloss zu Petershagen zu Bischof Hermanns Zeit (um 1570), in: Mindener Heimatblätter 35 (1963) H. 3/4, S. 49-54. - Grossmann, Karl: Wo lag die Pulvermühle von Petershagen? in: Mindener Heimatblätter 36 (1964) H. 5/6, S. 238. - Scriverius, Dieter: Die weltliche Regierung des Mindener Stiftes von 1140 bis 1397, Bd. 1, Marburg 1966; Bd. 2: Die Lage und Geschichte des bischöflichen Lehngutes, Marburg 1974. - Nordsiek, Hans: Glaube und Politik. Beiträge zur Geschichte der Reformation im Fürstbistum Minden, Minden 1985 (Mindener Beiträge, 22). - Grossmann, G. Ulrich: Renaissance entlang der Weser. Kunst und Kultur in Nordwestdeutschland zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg, Köln 21990, S. 156f. - Linnemeier, Bernd-Wilhelm: Die landesherrliche Domänenwirtschaft und die Amtshäuser des Fürstentums Minden, in: Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins 64 (1992) S. 49-80. - Nordsiek, Marianne: »Bedde, Banck und Schapp«. Das Inventar der fürstbischöflich-mindischen Residenz Petershagen im Jahre 1582, in: Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins 67 (1995) S. 43-56. - Linnemeier, Bernd-Wilhelm: Der bischöfliche Hof zu Minden. Anmerkungen zur historischen Topographie des Mindener Dombezirks zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert, in: Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins 67 (1995) S. 9-42. - Linnemeier, Bernd-Wilhelm, Kosche, Rosemarie: »Darum, meine lieben Söhne, gedenkt, daß es Gott der Allmächtige so mit uns haben will, daß wir so zerstreut sind«. Jüdische Privatkorrespondenzen des mittleren 16. Jahrhunderts aus dem nordöstlichen Westfalen. In: Aschkenas. Zeitschrift für Geschichte und Kultur der Juden 8 (1998) H. 2, S. 275-324. - Kuck, Matthias Christian: Burg und bischöfliche Herrschaft im Stift Minden, Phil. Diss. Münster 2000 (im Internet abrufbar unter https://repositorium.uni-muenster.de/document/miami/260d9ee7-515e-49fe-b099-ebc3f180cc62/diss_kuck.pdf). - Linnemeier, Bernd-Wilhelm: Jüdisches Leben im Alten Reich. Stadt und Fürstentum Minden in der frühen Neuzeit. Bielefeld 2002 (Studien zur Regionalgeschichte, 15). - Spohn, Thomas: Petershagen, Münster 2002 (Westfälische Kunststätten, 95). - Linnemeier, Bernd-Wilhelm: Art. „Petershagen“, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Bd. 3: Nordrhein-Westfalen, hg. von Manfred Groten, Stuttgart 2006, S. 855f. - Nordsiek, Hans: Die Entstehung der Pfarrei Hokeleve/Petershagen, in: Ratskirche S. Martini Minden. Ein Jahrtausend Kollegiatstift, Pfarrei, Gemeinde, hg. von Heinrich Winter im Auftrag des Presbyteriums, Minden 2009, S. 172-175.