Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Esens

Esens

(1) E. (erste urkundliche Erwähnung als Eselingis 1310, die Form E. um Mitte des 15. Jh.s) liegt am nördlichen Rand eines Geestrückens, nur wenige Kilometer von der Nordseeküste entfernt, deren Verlauf durch mehrere große Sturmfluten landeinwärts verlegt wurde. Die Stadt entwickelte sich im Spätmittelalter zu einem Umschlagplatz für die Küstenschifffahrt. Zu dieser Zeit führte das Margenser Tief von E. nach Holumersiel (in der Nähe des heutigen Groß-Holums). Bedingt durch Eindeichungsmaßnahmen an der Harlebucht entstand 1619 im Mündungsbereich des Benser Tiefs der Hafenort Bensersiel als neue Verbindung der Stadt zur Nordsee. Über den Holtriemer Weg war E. mit Norden und dem Norderland, südwärts über einen sich in Nobiskrug verzweigenden Weg mit Aurich und Wittmund verbunden.

E. war Hauptort des Harlingerlandes, einer seit dem 13. Jahrhundert selbständigen Landesgemeinde. Spätestens seit 1398 gehörte E. zum Machtbereich der aus dem Norderland stammenden Häuptlingsfamilie tom Brok, die sich in E. durch einen Vogt (Wibet von Stedesdorf) vertreten ließ. Dieser versuchte eine eigenständige Herrschaft aufzubauen, weswegen die tom Brok ihn absetzten und 1426 E. zerstörten. Nach deren politischem Ende 1426/27 errichtete Wibet von Stedesdorf erneut eine selbständige Herrschaft, deren Kennzeichen die von ihm errichtete Wasserburg zu E. war. Sein Schwiegersohn Ulrich Cirksena übernahm nach Wibets Tod 1447 die Herrschaft im Harlingerland, übergab sie aber 1454 seinem Neffen Sibo Attena. Dieser konnte auf dem Erbwege und durch Eroberung weitere Herrschaften übernehmen (Stedesdorf, Wittmund) und vereinigte diese 1461 zum Harlingerland. Nach seinem Tod 1473 lösten sich die E.er Häuptlinge aus dem Hause Attena (Hero Omken 1473-1522 und sein Enkel »Junker« Balthasar 1522-1540) aus der Abhängigkeit der Cirksena (diese seit 1464 Grafen von Ostfriesland) und bildeten eine eigenständige Herrschaft. Auch nach mehreren Belagerungen konnten die ostfriesischen Grafen E. nicht zurückgewinnen. Nach dem Tod Balthasars 1540 regierte dessen Schwester Onna, die Witwe Graf Ottos III. von Rietberg, in E. für ihren minderjährigen Sohn Johann (1555-1557 selbst Regent). 1560-1581 gab es eine Phase der Vormundschaftsregierungen durch landfremde, aber dynastisch verbundene, in der Regel nicht in E. anwesende Grafen, ehe 1581 das Harlingerland durch eine Eheschließung in die Hände der Grafen von Ostfriesland geriet. 1569 erhielt das Harlingerland eine eigene Kanzlei mit Sitz in E. Die Stadt war 1581-1599 Hauptsitz des noch nicht regierenden ostfriesischen Erbprinzen Enno. Als Graf Ostfrieslands (reg. 1599-1625) zog er sich während des Dreißigjährigen Kriegs vor feindlichen Truppen ab 1622 nach E. zurück. Seit 1600 war das Harlingerland mit der Grafschaft Ostfriesland in Personalunion verbunden. Nach dem Aussterben des Hauses Cirksena (1744) fiel Ostfriesland und damit auch das Harlingerland an das Königreich Preußen.

(2) Eine Stadtrechtsverleihung ist nicht genau belegt, sie dürfte durch Häuptling Balthasar in den Jahren 1537-1540 vorgenommen worden sein, denn im Dezember 1540 verwendeten die Bürgermeister ein Stadtsiegel mit dem Bären, dem Wappentier der Häuptlingsfamilie Attena. Den seit dem 8. Jahrhundert besiedelten Kern des Ortes mit einem künstlichen Kirchhügel im Zentrum umschloss zunächst ein heute noch zu erkennendes Straßenviereck, das sich im Süden zum Marktplatz erweiterte. Aus diesem Siedlungskern heraus entwickelten sich allmählich die Stadtquartiere (Markt-, Steinstraßen-, Jücherquartier, zuletzt das Neustädter Quartier). Da E. ab dem späten 15. Jahrhundert zur Festung ausgebaut wurde, konnte sich die Siedlung nicht erweitern, erst unter Gf.in Onna wurde ab 1547 die Bürgerweide vor dem Herdetor in die Befestigung einbezogen. Das Stadtgebiet innerhalb von Wall und Graben maß um 1740 von Nord nach Süd ca. 700 m, von Ost nach West etwa 600 m. Eine Musterungsrolle von 1637 zählt 270 Haushalte (entsprechend etwa 1350 Einwohner), für 1680 werden 350 Häuser erwähnt (in etwa 1630 Einwohner ausmachend). 1744, als E. keine Residenz mehr war, wurden 1475 Einwohner registriert.

Regentin Agnes von Bentheim-Steinfurt gewährte 1563 auf Bitten der Stadt Einnahmen (Akzise auf Hamburger Bier und die vom Landgericht E.er Bürgern auferlegten Strafgelder bis zu 10 Talern), hinzu kamen das Waagegeld auf Butter, Käse, Pferde und Rinder. 1570 legte sie die Kompetenzen der Bürgermeister genauer fest, die eine schwache Stellung gegenüber der Gemeinde hatten. Bis 1755 stand an der Spitze der Stadt das aus vier vom jeweiligen Stadtherrn berufenen Bürgermeistern bestehende Kollegium. Das 1605 vom Grafen Enno III. gegründete Stadtgericht, bestehend aus dem Drosten und den Bürgermeistern, durfte lediglich in Rechtsstreitigkeiten zwischen den Bürgern bis zu einem Streitwert von 50 (1690: 200) Gulden in erster Instanz entscheiden. Die strafrechtlichen Kompetenzen waren sehr schmal. Im Stadtgebiet durften Delinquenten nur ergriffen und befragt werden, Prozess und Verurteilung hatten vom Stadtherrn zu erfolgen. Die spätestens 1569 in E. gegründete Kanzlei des Harlingerlandes war allem Anschein nach Justiz- und Verwaltungsbehörde zugleich.

1572 erweiterte der vormundschaftlich regierende Graf Erich von Hoya die bislang bestehenden zwei Krämer- bzw. Pferdemärkte um einen weiteren Markttermin. 1610 richtete Graf Enno III. von Ostfriesland vier neue Märkte ein, die vor allem zum Viehhandel dienen sollten. Um 1690 gab es je eine Zunft der Schmiede, der Woll- und Leineweber, der Barbiere, der Bäcker, eine gemeinsame Zunft der Schnitger (Bildschnitzer), Küfer, Glaser und Zimmerleute, eine Krämer- und Wandschneiderzunft sowie je eine Zunft der Schuster und der Fuhrleute. 1704 ließ Graf Christian Eberhard auf dem Schloss eine Tabakfabrik einrichten, deren Betreiber als Einziger im Harlingerland Tabak verkaufen durfte. Kunstgewerblich ragte die Bildschnitzer-Familie Kröpelin hervor, die von E. aus das nahe gelegene nordöstliche Ostfriesland und das Wangerland mit zahlreichen, künstlerisch wertvollen Kanzeln und Altaraufsätzen versorgte.

Hinweise zum Aufstieg städtischer Familien im Fürstendienst gibt es aus dem späten 17. Jahrhundert, als E. keine Residenzstadt war. Aus E. stammt die Familie Brenneysen, aus der höhere Amtsträger in gfl.-ostfriesischen Dienste eintraten: Johann Philipp Brenneysen, ein Sohn des E.er Bürgermeisters Carl Johann Ludwig Brenneysen, wurde Bürgermeister der Stadt, später Amtmann des Amtes E. Sein älterer Bruder Enno Rudolph (1669-1734) stieg zum Geheimen Rat Fürst Georg Albrechts und zum Kanzler des Fsm.s Ostfriesland auf. 1738 setzte Fürst Carl Edzard seinen Münzmeister Johann Christian Gittermann in E. zum Bürgermeister ein. Zuweilen vermählten die Regenten ihre illegitimen Kinder mit E.er Bürgermeistern oder sie förderten deren Karrieren auf andere Weise. So wurde Annecke, eine natürliche Tochter Graf Ennos III. (reg. 1599-1625), mit dem Bürgermeister Diedrich Rohlfs verheiratet. Johann Friedrich Frese war ein illegitimer Sohn Graf Rudolf Christians (reg. 1625-1628). Er starb 1676 als hochrangiger Militär in ostfriesischen Diensten. Seine Schwester, Marie Elisabeth Frese, heiratete 1646 den E.er Bürgermeister Dr. Johann Ewald Sylvius.

(3) Die dem Hl. Magnus geweihte Kirche wurde im 13. Jahrhundert errichtet (1848-1854 durch Neubau ersetzt). Kirchlich gehörte E. zur Diözese Bremen. Bevor die St.-Magnus-Kirche in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Sendkirche wurde, war sie der Stedesdorfer Kirche unterstellt. Das Patronatsrecht für die E.er Kirche lag bei den Häuptlingen, später bei den jeweiligen Landesherrn, die aufgrund des von den Attena geschaffenen Patronatsrechts im gesamten Harlingerland die Pfarrstellen besetzten. 1574 erließ Graf Erich von Hoya als vormundschaftlicher Regent eine Kirchenordnung, die für alle Grafschaften und Herrschaften (neben E. auch Hoya, Rietberg, Bruchhausen, Stedesdorf und Wittmund) Geltung hatte. Im 17. Jahrhundert umfasste die E.er Kirchengemeinde 18 Ortschaften des Umlandes. Zur fsl.en Repräsentation gehört das prächtige Grabmal Sibo Attenas (†1473), in dem neben seiner Gattin auch Sibos Sohn Hero Omken (†1522) beigesetzt wurde. Die Cirksena besaßen hier einen großen Herrenstuhl, um als Landesherr präsent zu sein. Hero Omken stattete die Kirche bedeutsam aus (1483 St. Annen-Glocke, bronzener Taufkessel). Nach dem Tod Johanns von Rietberg 1562 ließ Gf.in Agnes von Bentheim-Steinfurt für ihren Gemahl ein großes Epitaph errichten. Mit einem prunkvollen Grabmal und einem Epitaph ehrte Graf Enno III. seine Gemahlin Walpurgis (†1586). Weitere Grabmäler und Erinnerungstafeln galten hohen Beamten und Militärs, zum Beispiel dem Kanzler Jost Wetter (†1581), dem Drosten Erdwien L. Nagel (†1610), und den Offizieren Johann Friedrich Frese (†nach 1665) und Georg Ludwig von Oldenburg (†1660). Die kleine Kapelle auf dem E.er Schloss war dem Landesherrn und seinem Hofstaat vorbehalten.

Unweit der Straße nach Norden lag das Benediktiner-, seit 1420 Augustiner-Chorherren-Kloster Ezinghervelde bzw. Marienkamp (1530 zerstört). Zum Kloster gehörten drei Besitzkomplexe: Pansath, Oldekloster, ein Klosterhof in E. sowie drei Vorwerke, u.a. in Margens (Schenkung von Wibet von Stedesdorf und Ulrich Cirksena 1438). 1534 wurden die Augustiner-Chorherrn von Junker Balthasar vertrieben.

Regentin Gf.in Agnes gründete 1568 ein Gasthaus (Armenhaus) für zwölf Personen. Später wurde es durch die landesherrliche Familie weiter gefördert. Die 1581 erfolgte Gründung (oder Neugründung?) der Lateinschule ging auf eine Initiative des Junggf.en Enno von Ostfriesland zurück. 1682 schenkte die Fs.in Christine Charlotte der Stadtschule das adelige Stempelsche Haus. Als Pastor Christian Wilhelm Schneider 1713/14 hier ein großes Waisenhaus mit Armenschule und Wirtschaftsbetrieben errichten wollte, unterstützte ihn Fürst Georg Albrecht mit Baumaterial.

Die Reformation konnte Balthasar von E. erst nach dem Tode seines Lehnsherrn Karl von Geldern in seinem Herrschaftsbereich einführen; 1538 setzte er den Lutherschüler Johannes Visbeck zum Superintendenten im Harlingerland ein. Die ab 1560 auftretenden Regenten beriefen gelegentlich auch Katholiken in hohe Ämter (beispielsweise die Kanzleiverwalter Dr. Johann Heckmann und Wibrandus von Schotanus). Es hielt sich eine kleine katholische Minderheit (1662 acht Katholiken, um 1680 soll es keine gegeben haben) in E. auf. Den wenigen Mennoniten und Reformierten war es allein aufgrund ihrer geringen Zahl nicht möglich, eine Gemeinde zu gründen. Um 1637 durften sich unter dem Schutz des Grafen erstmals drei Juden in E. niederlassen, 1690 lebten hier acht, 1711 17 jüdische Familien.

(4) Die im Süden der Stadt gelegene Burg entstand wahrscheinlich 1427, von ihrer Lage zeugen die Straßennamen Burgstraße, Graftegge und Herrenwall. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts waren Burg und Stadt mit Wällen und Gräben umgeben und zur Festung ausgebaut. Zur Zeit Junker Baltasars (1522-1540) muss E. mit seiner großen Kirche, der Burg, zwei Mühlen und insgesamt sechs Türmen einen imposanten Anblick geboten haben. Die um 1714 entstandene Zeichnung des Superintendenten Christian Wilhelm Schneider vermittelt noch einen Eindruck der Wehrhaftigkeit.

Kanzlei, Drostenhaus und weitere Amtsgebäude und Beamtenwohnungen lagen auf der Vorburg und auf dem Burggelände. Am Marktplatz befanden sich um 1680 die ansehnlichsten Häuser: das große Haus des Kanzleiverwalters Erich Friedrich Palme, das 1581 erbaute Rathaus, die Waage und das auf den Grundmauern einer Vorgängerburg errichtete Mettckersche Haus. Bauelemente des 16. Jahrhunderts enthält das Palais von Heespen, dem der Kanzleiverwalter Wilhelm von Heespen im zweiten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts seine heutige Gestalt gab (heute Rathaus).

Das über dem Eingang am Amtshaus auf der Vorburg angebrachte Wappen der Burgherren zeigte den Adler der Rietberger, den Jungfrauenadler der Cirksena, den E.er Bären, der auch auf dem Rathaus am Markt platziert war, und die Wittmunder Peitschen.

Anlässlich der Vermählung des Sohnes von Graf Edzard II. von Ostfriesland, Enno, mit Walpurgis von Rietberg, gab es 1581 in E. ein höfisches Fest. Graf Edzard II. weilte mit seinen Söhnen und Tochter Katharina bei dem Bürger Johann Pawels, der selbst Kindtaufe beging, zu Gast. E. war im 17./18. Jahrhundert Ort der Huldigung der ostfriesischen Grafen bzw. Fürsten als Landesherrn des Harlingerlandes. Als der Thronfolger Christian Eberhard 1688 nach langer Abwesenheit zurückkehrte, wurden er und seine Gemahlin in E. feierlich empfangen. 1727 traf Markgräfin Sophie Christiane von Brandenburg-Kulmbach, die Schwiegermutter Fürst Georg Albrechts, in E. ein, die Bürger bereiteten ihr einen ehrenden Empfang. Bei Hofjagden mussten die Einwohner des Amtes E. einschließlich der Stadt als Treiber mitwirken.

(5) Zur Versorgung der Stadt dienten die »Bürgerlande«; die 1563 zur Entschädigung des 1547 verlorenen Landes übereigneten Ländereien konnten 300 Schweine der E.er Haushalte tragen. Weiter südlich davon lagen die »Herrenlande« zur Versorgung des Hofs bzw. der Burg. Einen Hinweis zum Fernhandel bietet der Umstand, dass Häuptling Edzard Cirksena 1440 den geldrischen Städten Nimwegen, Arnheim und Zutphen Geleit zu seinen Märkten in Ostfriesland und in E. gewährte. Ferner war E. seit dem 14. Jahrhundert Ausstellungsort der Handels- und Friedensverträge, welche die Harlinger Landesgemeinde u.a. mit den Hansestädten Bremen und Hamburg schlossen.

Die Zentralität E.s äußert sich darin, dass E. seit dem 13. Jahrhundert Hauptort des Harlingerlandes war. Im 16. Jahrhundert wurden die obersten Verwaltungs- und Gerichtsbehörden hier angesiedelt. Der Drost als Vertreter des Landesherrn war in allen Verwaltungs-, Justiz- und Polizeisachen oberste Instanz. Dem Kanzleigericht unterstand das für das Amt E. zuständige Amtsgericht; zugleich waren Stadtbürger und Amtseingesessene dem Landgericht unterworfen. Zudem war E. Sitz eines Vizepropstes, des höchsten kirchlichen Würdenträgers im Lande. In Wahrnehmung des Münzregals verlegte Graf Enno III. (reg. 1599-1625) die ostfriesische Münzstätte von Emden nach E.

Zur Bildung von Landständen kam es nicht, auch ist nichts von einer Mitgliedschaft in Städtebünden bekannt. Nicht die Stadt, wohl aber vermögende Amtsträger waren in der Lage, gegenüber den Stadtherren als Kreditgeber aufzutreten. 1578 nahm Gf.in Agnes vom Kanzler Jost Wetter und dem Gerichtsschreiber Heinrich Stricker einen Kredit von 1800 Talern auf. Der Rentmeister Johann Heinrich Becker war um 1736 vermögend genug, um 1500 Taler an Angehörige des Herrscherhauses auszuleihen.

(6) Als Hauptort des Harlingerlandes fungierte E. vom 13. bis zum 18. Jahrhundert Ausdruck dessen war, dass E. zur Residenz der E.er Häuptlinge wurde, so unter Wibet von Stedesdorf 1426-1447, sodann ab 1454 unter der Familie Attena bis zum Tod Junker Balthasars 1540. Es folgten mehrere vormundschaftliche Regentschaften, E. wurde zur Nebenresidenz, die angelegentlich von Herrscheraufenthalten genutzt wurde. 1581-1599 war E. Residenz des apanagierten ostfriesischen Gf.ensohns Enno als Herr des Harlingerlandes und Ehemann der Rietberger Erbtochter Walpurgis. Als Landesherr zog sich Enno 1622 erneut kurzfristig nach E. zurück. Bemerkenswert ist jedoch, dass E. im 16. Jahrhundert zur Stadt wurde, eine Entwicklung, die noch unter Junker Balthasar einsetzte.

Ausdruck der Residenzfunktion waren mehrere politisch-höfische Ereignisse, die in E. stattfanden: So suchte 1531 König Christian II. von Dänemark Balthasar von E. auf, um einen Frieden zwischen Ostfriesland, dem Harlingerland und dem Jeverland zu vermitteln. 1579 konferierte die Vormundschaftsregentin Gf.in Agnes von Bentheim-Steinfurt in E. mit dem spanischen Statthalter in Groningen, Johann de Meschpe. Als Enno, Thronfolger als ostfriesischer Graf, 1581 Walpurgis von Rietberg heiratete, gab es ein höfisches Fest. 1606 konferierte der Landesherr, Graf Enno III. von Ostfriesland, mit Abgeordneten der Stadt Emden über die Störung des Seehandels durch spanische Piraten. Zudem lassen sich im 17. und 18. Jahrhundert engere personelle Beziehungen zwischen einzelnen E.er Bürgerfamilien und den ostfriesischen Grafen feststellen, allerdings zu einer Zeit, als E. keine Residenzstadt mehr war.

(7) Urkunden und Akten zur Geschichte der Stadt Esens verwahrt das Niedersächsische Landesarchiv, Abteilung Aurich (NLA AUR Rep. 1, Große Urkundensammlung, 3. Harlinger Archiv; Rep. 4, Fürstliches Archiv, B. IV. o. Stadt Esens; Rep. 46, Amt Esens; Dep. 14, Stadt Esens. Auch im Staatsarchiv Bremen liegen für die Esenser Stadtgeschichte bedeutende Urkunden: StAB 1 - Bo 1310 Aug. 5 (Bremisches Urkundenbuch, Bd. 2, Nr. 106); StAB 1 - P 1540 Dez. 1.

Balthasar Arend: Landesbeschreibung vom Harlingerland, bearb. von Heinrich Reimers, Wittmund 1930 (ND 1993). - Die Denkwürdigkeiten des Hieronimus von Grest und die Harlingische Geschichte, bearb. von Gerhard Ohling, Aurich 1960 (Quellen zur Geschichte Ostfrieslands, 3). - Johann Anthon Andrée: Geschichte und Beschreibung der Stadt Esens 1840, bearb. von Heinrich Pasternak, Esens 1998. - Balthasar Arend: Zeit-, Jahr- und Tagweiser des Harlingerlandes 1687, bearb. von Georg Murra-Regner, Aurich 2017 (Quellen zur Geschichte Ostfrieslands, 22).

(8)Reimers, Heinrich: Esens als Grafenresidenz, in: Friesen Almanach für das Jahr 1922, Wilhelmshaven (1921), S. 9-39. - Gröttrup, Hendrik: Die Verfassung und Verwaltung des Harlingerlandes 1581-1744, Aurich 1962 (Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte Ostfrieslands, 38). - Salomon, Almuth: Geschichte des Harlingerlandes bis 1600, Aurich 1965 (Abhandlungen und Vorträge zur Geschichte Ostfrieslands, 41). - Historisch-Landeskundliche Exkursionskarte von Niedersachsen, Blatt Esens, bearb. von Hajo van Lengen, Hildesheim 1978 (Veröffentlichungen des Instituts für historische Landesforschung der Universität Göttingen 2, Teil 7). - Meyer, Jörg Udo: Probleme der städtischen Entwicklung von Esens im 17. und 18. Jahrhundert im Rahmen der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse des Harlingerlandes, Hannover 1987. - Rokahr, Gerd: Eine Chronik der Stadt Esens. Daten und Fakten, Mutmaßungen und Legenden von den Anfängen bis zur Gegenwart, Esens 2010. - Schaper, Rudolf: Burg und Schloss zu Esens. Versuch einer Rekonstruktion, Esens 2015 (Kulturlandschaft Küste, 9). - Rokahr, Gerd: Art. »Esens«, in: Historische Ortsdatenbank der Ostfriesischen Landschaft. Im Internet unter https://www.ostfriesischelandschaft.de/fileadmin/user_upload/BIBLIOTHEK/HOO/HOO_Esens.pdf [Stand: 27. Sept. 2018].

Gerd Rokahr