Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Arnheim (Arnhem)

Arnheim (Arnhem)

(1) A. entstand auf einem südlichen Ausläufer der Veluwe, einer eiszeitlichen Moränenlandschaft, am Ufer des Rheins. Über den Rhein gab es zwei Fährverbindungen, einmal südwestlich A.s bei Praest in die Betuwe, einer fruchtbaren Marschgegend südlich des Rheins, führend (1603 durch eine Schiffsbrücke ersetzt), die andere südlich A.s bei Malburgen für den Verkehr nach Kleve. Östlich A.s mündet die IJssel in den Rhein, über die die Westervoortse Fähre führte (wichtig für die Verbindung Utrecht-Emmerich). Durch A. fließt die Jansbeek. Nach Norden führte ein Landweg nach Deventer und Zutphen.

Die Veluwe bildete in karolingischer Zeit einen eigenen Gau (Pagus), zu dem A. gehörte, das selbst jedoch erst 893 das erste Mal erwähnt wird im Güterverzeichnis der Abtei Prüm. Der gesamte Landstrich gehörte seit dem Hochmittelalter zum Bestand der Grafen, ab 1339 Herzöge von Geldern. Wahrscheinlich schon im 13. Jahrhundert nutzten sie A. als Aufenthaltsort, sicher belegt ist dies 1310 für Reinald I. Seine Schwester Maria besaß bereits 1296 ein Wohnhaus in A. In dieser Zeit wurde etwa sechs Kilometer nordwestlich A.s die Burg Rosendael zum Herrschaftssitz ausgebaut (im heutigen Ort Rozendaal). 1389 kaufte Herzog Wilhelm I. am A.er Markt ein bebautes Grundstück, auf dem seine Nachfolger einen kleinen Stadthof errichteten. Während der ersten Zugehörigkeit zu den burgundischen Niederlanden 1473-1477 hatte der burgundische Statthalter sowie Rat und Rechenkammer ihren Amtssitz in A. Von ca. 1520 bis 1538 fungierte A. als feste Residenz Herzog Karls von Geldern. Nach der Eroberung Gelderns durch Kaiser Karl V. 1543 wurde A. Sitz von Regierungsbehörden wie 1544 dem Hof von Geldern und 1559 der Rechenkammer. Der Statthalter hatte wieder seinen Sitz im vormals hzl.en Hof. Während des Niederländischen Aufstands kam A. wie Geldern (bis auf das südlich gelegene »Overkwartier« um Roermond) zur Republik der Vereinigten Niederlande.

(2) Die Stadt entstand aus drei Siedlungskernen, dem Grundbesitz der Abtei Prüm, dem der Abtei Elten und dem des Grafen von Geldern. Graf Otto II. verlieh dem Oppidum 1233 Stadtrechte, wodurch die Bewohner seiner Grundherrschaft aus der Hörigkeit entlassen wurden. 1281 entließ der Prümer Abt seine Leute aus der Hörigkeit, ohne die Dienstpflichten aufzuheben. Die in der Stadtrechtsurkunde genannten zwölf Schöffen erscheinen erstmals 1254 in der schriftlichen Überlieferung. Ihnen stand ein gfl.er Richter vor, der auch zuständig war für das Veluwezoom (dem Landgebiet der Veluwe, das sich an A. anschloss). Die Schöffen ergänzten sich durch Kooptation, wobei bis zum Beginn des 16. Jahrhundert s die Familien Van Arnhem und Van den Gruuthuys gleichmäßig berücksichtigt wurden; beide Familien hatten ihre Wurzeln in den Fronhöfen der Grafen bzw. der Prümer Abtei. 1339 wurden erstmals zwei Bürgermeister erwähnt, auch ist die Rede von einem Stadtsekretär. Zu Mitte des 15. Jahrhunderts wird ein städtischer Rentmeister erwähnt. Landesherrliche Eingriffe in die Stadtverwaltung kamen gelegentlich vor, nach 1514 nahmen sie zu. Seitdem waren hzl.e Räte, später die des Hofs von Geldern regelmäßig an der Stadtverwaltung beteiligt.

Das Schöffenkollegium war als Gerichts- und Verwaltungsbehörde so gut wie unabhängig. Bis 1676 war eine Berufung gegen Urteile der Schöffen nicht möglich, auch wenn Zutphen als Oberhof galt. Während der zweiten Zugehörigkeit zu Burgund (1481-1492) verlieh Ehzg. Maximilian 1487 das Recht, sechs Zünfte (Gilden) zu gründen, deren Vorsteher (Meister) Mitsprache an städtischen Entscheidungen erhielten. Im 16./17. Jahrhundert gab es noch ein Gremium der »gemeenslieden«, ein Beratungsorgan, das aus Vertretern der Bürgerschaft bestand und das bei wichtigen Fragen um Rat gebeten werden konnte bzw. musste. Diese Verhältnisse änderten sich erst 1675, als das in Folge der Besetzung durch Frankreich 1672-1674 erlassene Regierungsreglement dem Statthalter Wilhelm III. das Recht gab, die Stadtregierung einzusetzen.

In finanzieller Hinsicht war A. ebenfalls bis ins 16. Jahrhundert selbständig. Grundlegend hierfür waren mehrere seit 1315 ausgegebene landesherrliche Grutprivilegien und das von Reinald III. 1354 verliehene Akziseprivileg. Während des Spätmittelalters vereinigte die Stadt auf sich die Rolle eines lokalen und regionalen Markts mit einer schwachen Einbindung in den Fernhandel auf dem Rhein. Ende des 13. Jahrhunderts gab es drei Jahrmärkte, womit A. eine wichtige Funktion in der Region erfüllte, hauptsächlich für den Tuchhandel, daneben für den Getreide- sowie den Vieh- und Pferdehandel. Der Vertrieb der heimischen Bierproduktion blieb vornehmlich auf A. und dessen engerer Umgebung konzentriert. Als ausgesprochen nachteilig wirkten sich der fast durchgehende Kriegszustand 1460-1524 und der Achtzigjährige Krieg aus. Die Verlandung des Rheins nach 1600 hatte ein Übriges dazu getan.

Um die Mitte des 14. Jahrhunderts hatte A. ca. 2000 Einwohner, 1500 etwas über 3000 und 1550 ca. 4000. 1795 gab es ungefähr 7500 Eingesessene.

(3) Bereits im 9. Jahrhundert dürfte es eine Kirche der Abtei Prüm gegeben haben, archäologisch ist ein Kirchenbau allerdings erst auf die Zeit um 1000 nachzuweisen. Kirchlich gehörte A. zum Bistum Utrecht. Die Pfarrkirche war dem Hl. Martin geweiht, zu Mitte des 15. Jahrhunderts ersetzt durch den Hl. Eusebius. Das Patronatsrecht stand dem Abt von Prüm zu, 1258 wurde die Pfarre der Abtei inkorporiert. Die erste Vikarie wurde von dem zu dieser Zeit als Regent wirkenden Graf Reinald II. 1320 gestiftet, 1487 gab es 18 Altäre, denen 28 von Bürgern gestiftete Vikarsstellen angeschlossen waren. Im 16. Jahrhundert besaß der Herzog eine der Hl. Anna geweihte »Ratskapelle«, in der nach 1543 die Mitglieder des landesherrlichen Rats dem Gottesdienst beiwohnten.

Nach vagen Hinweisen könnte der Landesherr auch an der Gründung der Kommende des Johanniterordens vor 1214 beteiligt gewesen sein. 1315 zog das St. Walburgis-Kapitel von Tiel um nach A., wo es in die von Graf Rainald I. 1310 gekaufte Hofstätte einzog; um 1369 war der Bau der Kapitelskirche vollendet, eventuell diente sie als Hofkapelle der hzl.en Familie, wofür es Indizien gibt (belegt sind mehrere Schenkungen an die Kirche, u.a. könnte Herzog Karl die Reliquien der Hl. Walburgis geschenkt haben). In einer Entsprechung zum Konkordat von Wien (1442) bekam im 16. Jahrhundert der Herzog das Recht zur Besetzung der Propststelle und weiterer Präbenden in den ungeraden Monaten des Jahres. Der Propst von St. Walburgis war zugleich Erzdiakon von Tiel und A. Einige der zum Kapitel gehörenden Geistlichen spielten eine bedeutende Rolle bei der Verwaltung des Landes, so der Propst Johan Moliart als wichtigster Ratgeber Graf Rainalds II. Karl von Geldern gründete nach 1530 ein Kapitel auf seinem Landgut Hulkestein westlich A.s, welches wenige Jahre nach seinem Tod (1538) aufgehoben wurde.

Daneben gab es vier »Gasthäuser« (karitative Einrichtungen), jedes hatte seine Kapelle. Hofamtsträger und Mitglieder der Stadtverwaltung waren gemeinsam in den geistlichen Bruderschaften vertreten, der Nikolai- und der Erasmusbruderschaft. In der Nikolaus-Senior-Bruderschaft waren sogar Karl von Geldern und dessen Ehefrau Mitglied. Im 17. Jahrhundert entstand noch die St. Lukas-Bruderschaft, eine Gesellschaft der Juristen, in der die in A. tätigen Amtsträger und Advokaten einen Großteil der Mitglieder stellten.

In und um A. gab es mehrere Klöster, die in Beziehung zur hzl.en Familie standen. Die erste landesherrliche Gründung eines Klarissenklosters zu einem unbekannten Zeitpunkt in den 1340er Jahren missglückte, dem 1342 von Graf Rainalds II. und seiner Mutter gegründeten Kartäuserkloster bei Monnikhuizen war jedoch Erfolg beschieden; 1375-1380 hielt sich Geert Groote hier auf und erlebte in dieser Zeit sein Erweckungserlebnis, das zur Frömmigkeitsbewegung der Devotio moderna führen sollte. Herzog Arnold (reg. 1423-1465 und 1471-†1473) besaß hier eine eigene Zelle. Auch die Frauenklöster St. Maria in Bethanien (1404) und der St. Agnes-Konvent (ca. 1420), beide wegen ihrer Buchproduktion bekannt, waren von der Devotio moderna geprägt. Im Augustinerkloster Mariënborn (1392) entstand 1415 das Gezeitenbuch der Herzogin Maria Harcourt. Auch dieses älteste Tochterkloster von Windesheim entstand durch hzl.e Beteiligung.

Der Funktion A.s als Residenzort entspricht es, dass bereits recht früh Mitglieder der gfl.en Familie hier beigesetzt wurden. 1315 wurde der zweite Sohn Graf Rainalds I. in der Pfarrkirche begraben. In Monnikhuizen wurde Herzog Wilhelm I., seine Ehefrau und sein Bruder Rainald IV., Herzogin Mechthild (†1384) in Mariënborn beigesetzt. Karl von Geldern erhielt 1538 als letzter selbständiger Landesherr ein aus schwarzem Marmor mit weißen Alabasterreliefs geschmücktes Prachtgrab in der Eusebiuskirche, seine Eingeweide wurden in Monnikhuizen und sein Herz in dem 1488 eröffneten Observantenkloster beigesetzt. In der Eusebiuskirche wurden desweiteren mehrere hochrangige Amtsträger beigesetzt, so zwei Kanzler Gelderns, Joost Sasbout (†1546) und Martin Goris (†1631), und Georg Ripperda, Rat beim Hof von Geldern und Kurator der Geldrischen »Hogeschool« (†1702). Herzog Arnold ließ seinen Sohn 1439 in der Eusebiuskirche taufen und organisierte 1460 ein höfisches Begräbnis für seinen verstorbenen Landrentmeister.

Erste Spuren reformatorisch-lutherischen Glaubens finden sich 1523 in Nimwegen, es dürfte sie vielleicht auch in A. gegeben haben. Karl von Geldern trat als Landesherr dem Luthertum scharf entgegen, doch gab es keine größeren Verfolgungsaktionen. Das Jahr des calvinistischen Bildersturms 1566 ging an A. spurlos vorbei, wohl, weil der Statthalter ein größeres Kontingent in der Stadt zusammengezogen hatte. Die Reformation wurde dann zwischen 1578 und 1581 von dem Statthalter Jan van Nassau umgesetzt, innerhalb dieser Zeit wurden die Kirchen gesäubert und die Klöster aufgehoben, der katholische Gottesdienst verboten. Aus weltlichen Einrichtungen wurden Katholiken entfernt, der kirchliche Güterbesitz wurde von der weltlichen Hand konfisziert und im 17. Jahrhundert als Sondervermögen von den »Gedeputeerde Staten van het Veluwse Kwartier« (der »Ständischen Abordnung des Landesviertels der Veluwe«) verwaltet. Zahlreiche Kirchengebäude wurden verweltlicht.

Von A. aus wurde die Reformation durch den »Hof von Geldern« und den Prediger Johannes Fontanus weiter vorangetrieben. A. sollte zu einem »kleinen Genf« werden, allein, es blieb bei Ansätzen. Obwohl Katholiken das Bürgerrecht verwehrt wurde, konnte sich eine kleine Gemeinschaft halten, die sich in mehreren Geheimkirchen traf. Andersgläubige wie Lutheraner und Wiedertäufer hatten größere Freiheiten.

(4) Stadtbildprägend war nach ihrer Fertigstellung die Eusebiuskirche, die vormalige St. Martinskirche, die ab 1452 spätgotisch umgebaut wurde mit finanzieller Unterstützung Herzog Arnolds. Dominierend ist der (um 1478) fertiggestellte Turm. Die Kirche liegt an der Nordseite des Markts, an dem sich auch das Rathaus befindet. Über dieses ältere Rathaus ist so gut wie nichts bekannt, angenommen wird eine Errichtung im 13. Jahrhundert (1830 abgebrochen). An der Südseite des Markts stand der landesherrliche Hof (später Stadhouder- oder Prinsenhof genannt). Unter Herzog Arnold wurde er 1442-1444 deutlich vergrößert, wohl ein Zeichen, dass er häufiger in A. anwesend sein wollte (seine Vorgänger bevorzugten u.a. Burg Rosendael außerhalb der Stadt); im 16. Jahrhundert gehörten zum Hof ein Wein- und ein Küchengarten. Im 19. Jahrhundert wurde er abgebrochen, doch gibt ein Stich Jan de Beijers von 1742 den älteren Zustand gut wieder. 1544 wurden am Markt der »Hof von Geldern« und etwas später auch die Rechenkammer niedergelassen. Dort befand sich auch die Fleischhalle (1309) und die Stadtwaage am Rathaus.

Jahrmärkte fanden auf dem Jansplaats, dem Grote Oord und dem Nieuwe Markt (Korenmarkt) statt. Auf letzterem ließ Herzog Rainald IV. eine Tuchhalle errichten (1416-1419).

Erster genauer Aufenthaltsort der Grafen in der Stadt lag im Gebiet des späteren Jansplaats. 1310 kaufte Graf Rainald I. eine Hofstätte am östlichen Ufer der Jansbeek, die 1315 an das St. Walburga-Stift weiterverschenkt wurde. Herzog Arnold nahm wiederholt an städtischen Festen teil (Maifeste, Turniere). Ferner schenkten verschiedene Mitglieder der hzl.en Familie Glasfenster an mehrere Kirchen und andere Einrichtungen. Dank der Vermittlung Arnolds konnte die Stadt auch eine Anzahl Reliquien des Hl. Eusebius erwerben. Ein Teil von dessen silbernen Reliquienschreins ist noch heute in A. zu bewundern.

Karl von Geldern besaß in der Umgebung A. mehrere Landsitze, Haus Hulkestein und den »Gulden en Zilveren spijker« (Goldenen und Silbernen Speicher). Seine Vertrauten besaßen in der Stadt auch Stadthöfe, von denen das »Duivelshuis« des Marschall Maarten van Rossem (ca. 1490-1555) das bekannteste ist (im 15. Jahrhundert Haus eines Bürgermeisters, 1828 als Rathaus genutzt).

Auf den ältesten Stadtplänen (van Deventer, 1560; van Geelkercken, 1639) sind die wichtigsten Gebäude gut zu erkennen, ebenso wie die Stadttore und die Befestigung. Letztere wurde seit dem 14. Jahrhundert immer wieder angepasst und ausgebaut. U.a. durch das Eingreifen Herzog Karl von Gelderns wurde der Verlauf des Rheins ca. 1528/30 näher an die Stadt gelegt, was den Hafenumschlag vereinfachte.

(5) Westlich und östlich erstreckte sich die Zuständigkeit der Stadt auf die »Schependom« genannte Stadtfreiheit. Zum städtischen Besitz gehörten in der frühen Neuzeit die nördlich der Stadt gelegenen Heidefelder und Sandflächen. Im 17. Jahrhundert begannen die Stadtregenten, eigene Landgüter zu errichten. Südlich der Stadt besaß A. zwischen den Rheinarmen das Niederungsland, das mit zum Schependom gehörte. Der im östlichen Teil des Schependoms gelegene Arnhemmerbroek wurde 1364 mit Zustimmung des Hzg.s an die Bürger verteilt, die in der Stadtfreiheit bereits über Grundbesitz verfügten. Weiteren Grundbesitz der Bürger und der städtischen Einrichtungen gab es in der Veluwezoom und in der Betuwe.

A. fungierte in erster Linie als Nah- und Regionalmarkt. Fisch und Vieh kamen aus dem Umland, A.er Brauer versuchten, ihr Bier auch in der Veluwe abzusetzen; im 15. Jahrhundert trachteten sie vergeblich danach, ein Biermonopol in diesem Raum durchzusetzen. Die A.er Jahrmärkte verloren ab Ende des 15. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung. 1441 wird eine Mitgliedschaft in der Hanse erwähnt.

A. galt seit Mitte des 14. Jahrhunderts als Hauptstadt des geldrischen Landesviertels (»Kwartier«) der Veluwe. Zusammen mit den Hauptstädten der drei anderen Landesviertel (in der Rangreihenfolge Nimwegen, Zutphen, Roermond), den kleinen Städten und der Ritterschaft bildeten sie die Landstände. Für die kleinen Städte der Veluwe war A. Primus inter pares, über den in Krisenzeiten politische Aktivitäten organisiert wurden. Ständische Unionen gegen den Landesherrn gab es u.a. 1343, 1418 und 1564. 1581 schwor Geldern dem spanischen König ab und trat der Republik bei, wodurch die drei nördlichen Landesviertel, die »Nederkwartieren«, zusammen mit den anderen Ländern die Souveränitätsgrundlage für das neue Staatswesen bildeten. Die Landesviertel versammelten sich seitdem mindestens zweimal jährlich der Reihe nach in einer der drei Kwartier-Hauptstädte (Nimwegen, Zutphen, A.) zum Landtag, auf dem die Abgeordneten für die Generalstände (Staten-Generaal) ernannt wurden. Neben dem Landtag versammelte sich das Kwartier der Veluwe ein paarmal pro Jahr in A. Vor allem der Hof und die Rechenkammer zogen gelehrte Juristen nach A. Zusammen mit den ständischen Amtsträgern verliehen sie der Stadt den Charakter einer Verwaltungsstadt.

Die geldrischen Städte konnten als Geldgeber und Bürgen zugunsten des Landesherrn eine gewisse Machtstellung erwerben. Ohne ihre Zustimmung konnten die Landesherren keine Steuern einziehen. Hierdurch konnte A. sich das Recht aneignen, selbst Steuern zu erheben und für eigene Zwecke zu verwenden wie z.B. für Befestigungsarbeiten. Dank dieser Stellung konnten die Städte im 16. Jahrhundert den Steuerdruck auf das flache Land abwälzen.

Als zentrale Funktion ist zu erwähnen, dass sich in A. ab dem 13. Jahrhundert die landesherrliche Münze befand; 1482 wurde sie nach Nimwegen verlegt.

(6) Obwohl A. nur für eine gewisse Zeit tatsächlich Residenzstadt war, ist die im Spätmittelalter entstandene und im 16. Jahrhundert weiter ausgebaute Position als Aufenthaltsort des Landesherrn und Verwaltungszentrum entscheidend für die städtische Entwicklung gewesen. Inwieweit A. direkt von der Anwesenheit des Landesherrn und der Behörden profitierte, ist schwerlich genau anzugeben. Als nachteilig dürfte sich die direkte Nähe des Herrn oder dessen Stellvertreter für den politischen Handlungsspielraum ausgewirkt haben, dies vor allem im Hinblick auf die anderen geldrischen Hauptstädte (Nimwegen, Zutphen, Roermond), was sich vor allem in der zweiten Hälfte der Regierungszeit Herzog Karl von Gelderns und in der habsburgischen Zeit ausdrückte. Wirtschaftlich hatte A. in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts seine Blüte überschritten, erst im 19. Jahrhundert gab es einen neuen Aufschwung. In der frühen Neuzeit war A. als Regenten- und Garnisonsstadt bedeutend sowie als Verwaltungszentrum, was A. eine eigene Identität verlieh, auch und gerade im Hinblick auf die anderen Viertelshauptstädte, wiewohl sie formell-rechtlich gleichwertig waren. Daraus erklärt sich, dass 1817 A. zur Hauptstadt der Provinz Geldern wurde.

(7) Die meisten Quellen finden sich in Arnheim, Gelders Archief, zu nennen sind an erster Stelle das Archiv der Stadtverwaltung (Bestand Nr. 2000) und das »Oud-rechterlijk archief« (Nr. 2003). Außerdem liegen hier die Archive der kirchlichen und weltlichen Einrichtungen und der Regentenfamilien. Hinzu kommen die Überlieferungen der Grafen bzw. Herzöge von Geldern (Nr. 0001), des »Kwartier van Veluwe« (0008), der Rechenkammer (0012) und des Hofs von Geldern (0124). Archivinventar und Regesten sind digitalisiert: www.geldersarchief.nl. In der dortigen Bilder-Datenbank sind Karten, Zeichnungen und Stadtansichten zu finden.

Arnhemsche oudheden, bearb. von Gerard van Hasselt, 4 Bde., Arnheim 1804-1805. - Stadrecht van Arnhem, bearb. von J. Wessels Boer, in: Verslagen en Mededeelingen der Vereeniging tot Uitgave der Bronnen van het Oude Vaderlandsche Recht 2 (1892) S. 475-508. - Regestenlijst van de schepenkist-oorkonden uit het rechterlijk archief van Arnhem, bearb. von R.A.D. Renting, ’s-Gravenhage 1952. - De stadsrekeningen van Arnhem, 1353-1432, 5 Bde., bearb. von Wybe Jappe Alberts, Groningen/Arnheim 1967-1985.

(8)Nijsten, Gerard: De ontwikkeling van residenties in het hertogdom Gelre ten tijde van de hertogen uit het huis van Gulik en Egmond, in: Territorium und Residenz am Niederrhein, hg. von Klaus Flink und Wilhelm Janssen, Kleve 1993, S. 119-149. - Nijsten, Gerard: In the shadow of Burgundy. The court of Guelders in the late Middle Ages, Cambridge 2004. - Arnhem tot 1700, hg. von Frank Keverling Buisman u.a., Utrecht 2008. - Arnhem van 1700 tot 1900, hg. von Frank Keverling Buisman u.a., Utrecht 2009. - Gubbels, Maarten: Bestuur en bestuurders aan de Markt, ca. 1300-1543, in: De Markt van Arnhem. 800 jaar wonen, werken, besturen en bezoeken, hg. von Onno Boonstra und Paul van Lunteren, Hilversum 2017, S. 67-93. - Bosch, Rudolf A.A.: Stedelijke macht tussen overvloed en stagnatie. Stadsfinanciën, sociaal-politieke structuren en economie in het hertogdom Gelre, Hilversum 2019.

Maarten Gubbels