Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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(Bad) Blankenburg

(Bad) Blankenburg

(1) B., gelegen am östlichen Zugang zum Thüringer Wald, breitete sich in einer Talebene einschließlich des etwa 170 Meter über dem Stadtniveau (250 Meter) gelegenen Kalksteinfelsens mit dem Schloss aus. Der einst hell erscheinende Berg gab Schloss und Ort den Namen. Das Stadtgebiet wird am Rand von der Schwarza berührt, die unweit östlich in die Saale mündet. Das in dieser Richtung offene Tal gab den Blick auf Saalfeld und das Orlaland frei, zu dem B. im Frühmittelalter gehörte. Nach dort sowie nach Westen boten sich Verkehrswege. Das Schwarzatal, das auf direktem Weg zur Schwarzburg führte, dem Stammsitz der B.er Stadtherren, war im Mittelalter kaum zugänglich. Die Burg in B., seit dem 17. Jahrhundert als Greifenstein bezeichnet, kam in den Besitz der Grafen von Schwarzburg, als Kaiser Friedrich II. ihnen 1212 das Reichsland Saalfeld, zu dem auch Pößneck, Ranis und Leutenberg gehörten, als Lehen übertrug. Bei der Landesteilung 1257 erhielt Graf Günther V. das Gebiet B. und begründete die Linie Schwarzburg-B, aus der Graf Günther XXI. hervorging, der 1349 als Gegenkönig zu Karl IV. gewählt wurde († 1349). B. fungierte zeitweise als Witwensitz. Nach mehrfachen Besitzerwechseln fiel das Land 1564 wieder an diese Linie zurück. Bis dahin blieben die in B. angesessenen Grafen zugleich Herren über die Stadt. Durch Brände und Verfall der Gebäude war die Burg um 1500 nur noch teilweise bewohnbar. Der schwarzburgische Gesamtbesitz befand sich seit Tod Graf Günthers XL. 1552 in der Hand von vier Brüdern, die mehrmals Landesteilungen durchführten, u. a. 1574, als Graf Albrecht VII. (1537–1605) Stadt und Amt B. zugesprochen bekam. Da dieser in Rudolstadt ansässig war, verlor B. seinen Status als Residenzstadt. Bereits 1650 war der Amtssitz von B. nach Rudolstadt verlegt worden. Die Burg wurde dem Verfall preisgegeben.

(2) Es ist davon auszugehen, dass es eine Siedlung zur Versorgung der Burg bereits bei deren Ersterwähnung 1185–1210 gegeben haben dürfte, als in einer auf diesen Zeitraum datierten Urkunde ein capellanus erwähnt wird, woraus auf eine Kapelle auf der Burg geschlossen wird. Das von den Schwarzburgern 1267 gegründete Nonnenkloster in Saalfeld wurde mit einem Weinberg in B. und mit Einnahmen aus der dortigen Flößerei ausgestattet; auf eine Ortskirche weist ein zugleich erwähnter plebanus hin. Als Stadt wird B. erstmals bezeichnet, als Kaiser Ludwig lV. 1323 und 1330 die frühere Belehnung erneuerte und dabei ausdrücklich von einem Oppidum (1323) sprach. B. dürfte spätestens 1323 aus dem Bezirk des Amts B. ausgeschieden sein; ein Amtmann wird allerdings erst 1423 erwähnt.

Die Stadt erstreckte sich – nach einem Grundriss von 1769 – als ein unterhalb der Burg gelegenes Rechteck von etwa 500 m in Ost-West und 200 m in Nord-Süd-Ausdehnung auf zehn Hektar Fläche. Eine Mauer mit fünf Türmen sowie je einem Tor an den Schmalseiten und einem dritten im Süden umgab die Stadt. Die gitterähnliche Straßenführung, der Marktplatz im Zentrum und die Kirche dahinter lassen eine planmäßige Anlage erkennen.

Nach erneuerten Statuten 1456 – die ersten sind bei einem Stadtbrand 1440 verlorengegangen – fielen in die Verantwortung der Stadt die Wahrung der Pflichten und Rechte der Bürger, die niedere Gerichtsbarkeit, die Wasser- und Holzgerechtsame, die Flößerei auf der Schwarza und die Einziehung von Zöllen. In den lückenhaften Statuten wird der Rat nicht erwähnt, doch ist die Existenz eines solchen implizit zu erschließen, zudem wurden bereits 1378 Ratsmeister erwähnt. Wenn auch unter Graf Albrecht Vll. (1537–1605), der in der Residenz Rudolstadt regierte, 1594 eine Neufassung der Statuten zustande kam, so wird doch die Ratsverfassung bereits seit Beginn des 16. Jahrhunderts genauer erkennbar.

Der Rat bestand aus zwölf Personen, von denen vier für ein Jahr die Geschäfte führten (regierender Rat), die verbleibenden acht (ruhender Rat) traten alternierend in die Amtsgeschäfte ein. Die ehrenamtlichen Mitglieder mussten als Vollbürger über Hausbesitz und ausreichendes Einkommen verfügen, um auf Lebenszeit im Rat verbleiben zu können. Die Hausgenossen besaßen kein Wahlrecht. Die Bürgermeister, seit 1528 nachweisbar, rekrutierten sich aus dem Rat, standen an dessen Spitze und regelten den Ablauf der Geschäfte. Kämmerern oblagen die finanziellen Belange. Im Ergebnis bildete sich eine elitäre Schicht heraus, die auf wenige Familien beschränkt blieb. Daneben existierte ein als die »Vier von der Gemeinde« bezeugter Bürgerausschuss. Bei der Kontrolle von Sicherheit und Sauberkeit war der Ausschuss auf die Mitwirkung der Einwohner angewiesen. Er konnte beratend im Rat mitwirken.

Die Ressourcen in Stadt und Umgebung waren gering. Die Flurnamen Goldberg und Silberberg täuschen eine gute Ausbeute vor, die es, auch auf geologische Seifen an der Schwarza zutreffend, so nicht gab. Der Erzbergbau blieb nach anfänglichen Versuchen stecken. Ein Eisenhammer (1411) ging ein. 1597 etablierte sich eine Papiermühle, die über Jahrhunderte bestand. Die Bewohner waren auf Landwirtschaft und Handwerk angewiesen. Hervorzuheben ist, dass in größerem Umfang Weinbau betrieben wurde.

Die Anzahl der Bewohner blieb gering. Für 1496 wurden 113, für 1533 immerhin 160 und für 1571 nochmals 160 Haushalte – ohne Hausgenossen – ermittelt, was auf eine Einwohnerzahl von 500 bis etwas über 700 schließen lässt; 1514 wurden 128 Wohnhäuser ermittelt, auch später, von 1550 bis 1610, ging deren Anzahl nicht über 150 hinaus.

(3) B. gehörte wie die gesamte schwarzburgische Landesherrschaft kirchlich zum Erzbistum Mainz, die Grafen waren im 12. und 13. Jahrhundert enge Vertraute der Erzbischöfe In B. bestand außer der um 1200 erwähnten Burgkapelle die Ortskirche Unser Lieben Frauen, an der 1267 ein Pleban erwähnt wird. Die Kirche fiel einschließlich des 1385 errichteten Turmes 1744 einem Stadtbrand zum Opfer. Nach späteren Berichten war sie u. a. mit einem künstlerisch bemerkenswerten Dreiflügelaltar Saalfelder Provenienz, gestiftet 1492, ausgestattet gewesen. Zwei Bildnisse Martin Luthers und Philipp Melanchthons zeigten den Einfluss der Reformation. Die Bürger B.s gehörten zu den ersten, die sich 1530, noch vor der Landesherrschaft, zur lutherischen Konfession bekannten.

(4) Durch die Lage im Tal am Burgberg war der bebaubare Platz beschränkt, das Stadtbild wurde von kleinen Häusern bäuerlich-handwerklichen Charakters geprägt. Relativ spät, 1434–1440, wurde das Rathaus erbaut. Ein Vorgängerbau ist nicht bekannt, der Rat dürfte vordem im Amtssitz auf der Burg oder in einem der Privathäuser der Bürgermeister bzw. Ratsherren getagt haben.

Die Stadt wurde vom Burgberg dominiert, und symbolhaft erscheint das dem Grafenhaus entlehnte Stadtwappen, das einen goldenen, nach rechts steigenden gekrönten Löwen mit roter Bewehrung und Zunge auf grünem Grund zeigt, (ohne Tinktur) erstmals sichtbar im naturfarbenen Wachssiegel vom Jahre 1362.

(5) B. lag nicht an einer großen Verkehrsstraße, die Handelswege verliefen über Arnstadt und Saalfeld. Das hatte zur Folge, dass sich die Funktion des Marktes auf den Austausch von agrarischen und handwerklichen Produkten zwischen Stadt und Dörfern in der Umgebung bezog. Die Erzeugnisse mussten auf den Bedarf des lokalen Marktes ausgerichtet sein. Diese Verhältnisse dürften verantwortlich sein für die Stagnation der Stadt. Immerhin nahm ein Bürgermeister B.s teil an den vom Landesherrn einberufenen Land – und Ausschusstagen von Ritterschaft und Städten (1561–1736). Mehrere Brände führten zu drastischen Rückschlägen (so 1511 und 1531 ca. ein Drittel der Häuser); die Pest raffte 1579 ein Viertel der Einwohner hin. Ein großer Teil der alten Bausubstanz fiel dem verheerenden Stadtbrand 1744 zum Opfer: 160 von 174 Wohnhäusern, auch Rathaus, Kirche und ein Schulgebäude wurden vernichtet.

(6) Die kleine und nur relativ selbständige Stadt war in vielerlei Hinsicht von der gfl.en Herrschaft abhängig, da diese die wesentlichen Rechte über die Stadt besaß: hohe Gerichtsbarkeit, Erlass der Statuten, Zustimmung zur personellen Zusammensetzung des Rates. Die Beziehungen zwischen Stadtherrn und Stadt verliefen, soweit bekannt, einvernehmlich mit der Ausnahme, dass Graf Günther XXXlX. wegen der Teilnahme der Bürger am Bauernkrieg die Selbstverwaltung der Stadt 1525–1528 außer Kraft setzte.

Durch Brände und Verfall der Gebäude war die Burg um 1500 nur noch teilweise bewohnbar. Die einstigen Impulse, die von der Herrschaft ausgingen und das Werden B.s begründeten, klangen im 16. Jahrhundert ab, 1560 ging der Sitz des Amts, 1574 endgültig auch der des Hofs an Rudolstadt über.

(7) Ungedruckte archivalische Quellen werden im Thüringischen Staatsarchiv Rudolstadt aufbewahrt, zum Mittelalter in den Urkundenbeständen Archivum commune sowie Sondershäuser Urkunden, zur Neuzeit in mehreren Aktenbeständen. – Das Stadtarchiv Bad Blankenburg verwahrt zur frühen Geschichte nur wenige Quellen.

Regesta Thuringiae, hg. Dobenecker (1896–1939). – Anemüller, Ernst: Urkundenbuch des Klosters Paulinzella, 1. Heft 1068–1314, 2. Heft 1314–1534, Jena 1889, 1905.

(8)Devrient, Ernst: Der Kampf der Schwarzburger um die Herrschaft im Saaletal, mit 61 Regesten, in: Forschungen zur schwarzburgischen Geschichte, hg. von Willy Flach, Jena 1935, S. 1–45. – Flach, Willy: Die Entstehungszeit der thüringischen Städte, in: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde, Neue Folge 36 (1942) S. 52–111. – Boehm, Roland: Beiträge zur Geschichte Blankenburgs. 2. Teil: Die Verfassungsgeschichte der Stadt, l. Die Privilegien im 15. und 16. Jahrhundert, in: Rudolstädter Heimathefte 5 (1959) S. 6–9. – Boehm, Roland: Beiträge zur Geschichte Blankenburgs, 2. Der Rat und die Gemeindevertretung, 1.–3. Teil, in: Rudolstädter Heimathefte 5 (1959) S. 221–226, 295–298, 341–342. – Eberhardt, Hans: Zur Bevölkerungsgeschichte schwarzburgischer Städte im 15. und 16. Jahrhundert, in: Rudolstädter Heimathefte 7 (1961) S. 227–235. – Pfeiffer, Heinz: Der Blankenburger Erzbergbau, in: Rudolstädter Heimathefte 22 (1978) S. 171–173, 211–217. – Schoenheid, Karlheinz: Die Blankenburger Papiermühle, in: Rudolstädter Heimathefte 41 (1995) S. 280–286. – 250 Jahre Stadtkirche Bad Blankenburg, hg. von der Evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde Bad Blankenburg, Bad Blankenburg 1997. – Herz, Hans: Die Grafen von Schwarzburg von den Anfängen bis zur Bildung der Grafschaft Schwarzburg-Rudolstadt 722–1599, in: Die Grafen von Schwarzburg-Rudolstadt, hg. vom Thüringer Landesmuseum Heidecksburg, Rudolstadt 2000, S. 9–36. – Herz, Hans: Die Ämter in der schwarzburgischen Oberherrschaft von den Anfängen bis zu den Landesteilungen 1571/1599, in: Rudolstädter Heimathefte 59 (2013) S. 21–31.

Hans Herz