Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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MARK, GF.EN VON DER

I.

Die westfäl. Gf.en von der M. enstammten dem rhein. Grafenhaus von Berg, das seine Hauptres. zunächst auf Burg Berg an der Dhünn (1133 umgewandelt in Kl. Altenberg) und seit 1133 auf → Burg an der Wupper im heutigen Bergischen Land hatte. Levold von Northof, Verf. der »Chronik der Grafen von der Mark« (»Chronicon comitum de Marka«, 1357-58), weist der Dynastie einen myth. Ursprung als Nachfahren zweier Brüder aus dem röm. Adelsgeschlecht Orsini zu, die um die Jahrtausendwende im Gefolge Ks. Ottos III. nach Dtl. kamen, in Westfalen ansässigwurden und die beiden Linien Berg und Altena begr. haben sollen.

Die späteren Gf.en von Altena-M. benannten sich und ihr Territorium nach der 1198 erworbenen Burg M. an der Lippe bei Hamm (Stadtgründung 1226), die seitdem als Hauptres. diente. Erster Namensträger als »Graf von der Mark« war Adolf I. (* 1194, † 1249), der 1202 erstmals als Adolfus puer comes de Marka urkundl. Erwähnung findet (Westfälisches Urkundenbuch 7a, 1908, Urk. 14 vom Sept. 1202). 1368 gelangten die Gf.en von der M. durch geschickte Heiratspolitik in den Besitz des im Mannesstamm erloschenen niederrhein. Grafenhauses Kleve, das am 28. April 1417 auf demKonzil von → Konstanz durch Kg. → Sigismund die Herzogswürde erlangte. Erster märk. Regent in der Reichsgft. Kleve war seit 1368 Gf. Adolf (* 1334, 1357-63 Bf. von → Münster, 1363/64 Ebf. von → Köln, † 1394), sein Bruder Engelbert III. von der M. (* 1333, † 1391) regierte die Gft. M. und rechtsrhein. Teile der Gft. Kleve.

II.

Unter Adolf I. konsolidierte sich die Landesherrschaft der Gf.en von der M. in Westfalen. Anfang des 13. Jh.s waren die Gf.en von der M. Lehnsleute der Ebf.e von → Köln. Als entscheidendes Ereignis erwies sich der Totschlag des Kölner Ebf.s und Reichsverwesers Engelbert II. von Berg am 7. Nov. 1225 bei Gevelsberg (Ennepe-Ruhr-Kreis) durch Gf. Friedrich II. von Altena-Isenberg, Regent der 1175 entstandenen, nach Burg Isenburg (bei Hattingen/Ruhr) benannten jüngeren Linie. Gf. Adolf I. von der M. konnte sich als enger Verbündeter der Kölner Ebf.e unmittelbarnach der Tat einen Großteil des Territorialbesitzes seines im Nov. 1226 in → Köln hingerichteten Verwandten sichern. Als Parteigänger des neuen Kölner Ebf.s Heinrich von Molenark profitierten die Gf.en vom Scheitern der westf. Adelsopposition: das ausgeübte Befestigungsrecht für Burgen und Städte sowie das erhebl. erweiterte Territorium stärkten die Machtstellung und polit. Bedeutung der märk. Dynastie. Der Friedensvertrag von 1243 zw. Adolf I. von der M. und Dietrich I. von Isenberg-Limburg, der als Sohn und Erbe des hingerichteten Friedrich II. nach jahrelangen Kämpfen mitUnterstützung Hzg. Heinrichs von Limburg aus der Dynastie Berg einen kleinen Teil des väterl. Besitztums zurückgewinnen konnte (Gft. Limburg, Hohenlimburg bei Hagen), dokumentierte erstmalig eine von → Köln losgelöste, eigenständige märk. Landespolitik. Nach dem Tod Gf. Ottos von Altena 1262 ohne Nachkommen übernahm Gf. Engelbert I. von der M. (* 1233, † 1277) den gesamten Familienbesitz (Kondominium 1249-62). Unter seinem Sohn Eberhard II. von der M. (* vor 1265, † 1308) verschärften sich die Konflikte mit dem Ebm. → Köln um das märk. Befestigungsrecht: nach dem köln.-märk. Friedenvom 15. Juni 1278 mußten die märk. Städte Kamen und Iserlohn entfestigt sowie Lüdenscheid zeitw. an das Ebm. → Köln verpfändet werden. Der Konflikt zw. dem Ebm. → Köln und den Gf.n von der M. wurde vor dem Hintergrund des Limburgischen Erbfolgekrieges durch die Niederlage des Kölner Ebf.s Siegfried von Westerburg in der Schlacht bei Worringen 1288 zum Vorteil der Gf.en von der M. entschieden. Nicht nur das landesherrl. Befestigungsrecht war jetzt unbestritten, auch wurde die Stellung der Gf.en von der M. als wichtigste weltl. Macht in Westfalen neben dem Ebm. → Kölngefestigt.

Zugl. stieg die reichspolit. Bedeutung des Hauses M. Bereits 1255 waren den Gf.en von der M. vom Kg. (übergangsweise) Einkünfte aus dem Reichsgut Westhofen übertragen worden. Offenbar im Zusammenhang mit der Ernennung Eberhards II. von der M. zum Landfriedenshauptmann in Westfalen durch Kg. → Rudolf (1282) kam es zur Übertragung der Pfandherrschaft über die Reichshöfe Brakel, Dortmund, Elmenhorst und Westhofen (erneute Bestätigungen 1298 und 1300, 1317 wohl kurzzeit. Rücknahme durch Kg. → Ludwig). 1284 erfolgte unter Leitung von Eberhard II. die Konstitution des kgl. WestfälischenStädtebundes, der sich aus dem 1253 entstandenen Bündnis der Städte Dortmund, → Münster, → Osnabrück, → Soest und Lippstadt entwickelte und das Vorbild für den 1288 geschaffenen rheinübergreifenden Landfriedensbund darstellte. 1365 verdrängte Engelbert III. von der M. den Gf.en Gottfried von Arnsberg (1369/70 Marschall von Westfalen, 1368 Verkauf der Gft. Arnsberg an Ebm. → Köln) aus dem westf. Marschallsamt der Ebf.e von → Köln. Das mit der Verwaltungsaufsicht über das Hzm. Westfalen und der Wahrung des Landfriedens verbundene Amt bekleideten die Gf.en von der M.mit Unterbrechungen offenbar bis Ende des 14. Jh.s.

Die Gf.en von der M. verfügten über mehrere Vogtei- und Patronatsrechte sowie über umfangr. Gutsbesitz, schwerpunktmäßig in Westfalen, am Niederrhein und im berg. Raum. Am 25. Okt. 1288 hatten sie von Kg. → Rudolf die wichtigen Vogteirechte über das Reichsstift → Essen erhalten. Zusätzl. verfügten sie über einen ansehnl. Besitz an Kl.n und Stiftungen innerhalb sowie im Umfeld ihres Territoriums (seit 1175 Kl. Cappenberg, seit 1225 Reichsabtei → Werden, seit 1230 Kl. Fröndenberg, seit 1276 Kl. Kentrup, seit 1288 Reichsstift → Essen, seit 1455 Kl. Hamm). Nicht unbedeutendwaren auch die Vogteirechte der Gf.en von Kleve, die 1368 an die Gf.en von der M. fielen (Stifte Brauweiler, Fürstenberg, Mariengrad, Monterberg, Rees, Wissel und Zyfflich) und das Gesamthaus Kleve-M. stärkten.

Seit dem 13. Jh. wurde durch den Ausbau von Burgen (1226 Burg Blankenstein bei Bochum, 1274 Burg Wetter an der Ruhr, 1297 Burg Hörde bei Dortmund, 1301 Burg Schwarzenberg bei Plettenberg, 1353 Burg Klusenstein an der Hönne und Burg Neustadt) und Offenhäuser sowie durch Stadtgründungen (Stadtrechte: 1226 Hamm, 1268 Lüdenscheid, 1278 Iserlohn und Kamen, 1290 Unna, 1301 Neustadt, 1321 Bochum, 1340 Hörde, 1341 Lünen, 1355 Neuenrade, 1396 Breckerfeld und Hattingen, 1397 Plettenberg und Schwerte; durch die Hzg.e von Kleve-M.: 1496 Schwelm, 1379 Pfandherrschaft in Lippstadt, seit 1445 alsKondominium mit den Gf.en von Lippe) und die Verleihung von Freiheitsprivilegien (z. B. 1342/47 Volmarstein, 1355 Blankenstein und Wetter, 1367 Altena) die märk. Landesherrschaft gefestigt und abgesichert. Nach Übergang der Gft. Kleve an die Gf.en von der M. war dort die Stadtgründungsphase bereits weitgehend abgeschlossen. Im klev. Territorium befanden sich Anfang des 15.Jh.s insgesamt 24 Städte (z. B. Kleve, Wesel, Kranenburg, Kalkar, Goch, Dinslaken, Emmerich, Sonsbeck, Uedem, sowie ab 1290 die Reichsstadt Duisburg aus der Verpfändung durch Kg. → Rudolf), von denen der Großteil bereits vor 1350 Stadtrechte und weitere Privilegien erhalten hatte. Zugl. waren in der Gft. Kleve neben der seit Anfang des 14. Jh.s als Hauptres. dienenden Burg Kleve (Schwanenburg) mehrere Burgen entstanden (z. B. Tomburg, Monterberg), auf die sich die Gf.en von der M. nach Inbesitznahme des Territoriums stützen konnten. Derreiche Güterbesitz der Gf.en von Kleve erstreckte sich nicht nur auf den Niederrhein, sondern reichte in den Raum zw. Ruhr, Emscher und Lippe bis in das Territorium der Gf.en von der M.

Takt. planvoll war nicht nur der territorialpol. und wirtschaftl. Ablösungsprozeß von → Köln, sondern auch die Übernahme hoher kirchl. Ämter durch Mitglieder des Hauses von der M. im Ebm. → Köln (Ebf.e: 1363/64 Adolf, 1364-68 Engelbert), im Bm. → Münster (Bf.e: 1261-72 Gerhard, 1357-63 Adolf), im Bm. → Lüttich (Bf.e: 1313-44 Adolf, 1345-64 Engelbert, 1389 Dietrich, 1506-38 Eberhard) sowie im Bm. → Osnabrück (Verweser: 1360-72 und 1373-76 Dietrich). Einflußreich waren auch die Gf.innen von der M., die nicht nur als Heiratspartnerinnen Bedeutung besaßen, sondern v. a.im 14. Jh. ebenfalls hohe Ämter bekleideten (Kl. Fröndenberg: seit 1314 Äbtissin Katharina; Reichsstift → Essen: 1337-60 Äbtissin Katharina; Kl. Überwasser in → Münster: um 1340-ca. 60 Äbtissin Margarete).

Die Gf.en von der M. übten eine Anzahl von Regalien aus, die ihnen als kgl. Herrschaftsrechte verliehen worden waren. Außer dem Befestigungsrecht und dem Geleitrecht, z. B. auf allen zur Reichsstadt Dortmund führenden Straßen, handelte es sich v. a. um das Marktrecht (Marktorte: Hamm, Iserlohn, Bochum, Bergneustadt, Kamen, Altena, Schwerte, Gummersbach, Hattingen, Unna), das Zollregal (z. B. Zollfreiheit für märk. Städte), das Münzrecht (belegte Münzstätten: Iserlohn, Hamm, Breckerfeld, Hattingen, Unna und Bochum) und das Judenregal (seit 1301 in Konkurrenz zum Kölner Ebf. Schutzherren derDortmunder Juden, 1349-51 sicherte sich Gf. Eberhard III. das wertvolle Eigentum der vertriebenen Dortmunder Juden). Hinzu kamen als wichtige Privilegien in der Gft. M. noch der »Wildbann« für die Jagd- und Fischereihoheit (einschließl. Forstgerichtshoheit) sowie das Bergregal, das für Bergbauaktivitäten wichtig war.

Im Territorium der Gft. M. entstanden bereits unter Gf. Engelbert II. (reg. 1308-28) erste Ansätze einer geordneten Landesverwaltung, wobei die lokalen Vasallen und Ministerialen selbständig neben ihrem Landesherrn auftraten. Örtl. Gogf.en und Richter stellten in diesem Teil der Gft. die Amtmänner. Die sich an die Bezirke der Gogerichte und Freigft.en orientierende territoriale Gebietseinteilung scheint im Hellwegraum um 1300 bereits fortgeschritten gewesen zu sein. Im Gebiet südl. der Ruhr sowie im Einzugsbereich der Burgen Wetter und Blankenstein sowie der Stadt Iserlohn erfolgte offenbarerst im Verlauf des 14. Jh.s die endgültige Festlegung der bis 1753 (Bildung von Kreisen und Landgerichten) bestehenden märk. Ämterorganisation. Ende des 14. Jh.s bestand die Gft. M. aus den Amtsbezirken Bochum, Hamm, Unna-Kamen und Hörde im Bereich des Hellwegs sowie Blankenstein, Wetter, Iserlohn, Breckerfeld, Lüdenscheid, Altena, Neuenrade, Plettenberg und Neustadt im südl. Teil des Territoriums. Parallel zur Entwicklung in der Gft. M. hatte sich auch in der Gft. Kleve eine Verwaltungsgliederung in Amtsbezirke herausgebildet, die 1368 beim Übergang von Kleve an die Gf.en von der M.weitgehend abgeschlossen war. Die Funktionen als Amtmänner wurde seit dem 14. Jh. einzelnen Familien und häufig sogar für mehrere Amtsbezirke gleichzeitig übertragen. Zunächst in Kleve und offenbar erst nach der Erbvereinigung auch in M. stand der Ämterorganisation ein Landdroste vor, der als Vertreter des Landesherrn in Verwaltungsangelegenheiten fungierte.

Neben den Ämtern als administratives Element der Landesherrschaft spielten seit dem 15. Jh. auch in den Territorien Kleve und M. die Landstände eine wichtige Rolle in Landesverfassung und -regierung. Zu den Landständen, die einen jährl. Landtag abhielten, zählten die Ritterschaft und die Hauptstädte der Territorien (Gft. M.: Hamm, Iserlohn, Kamen, Lünen, Schwerte und Unna; Gft. Kleve: Emmerich, Kalkar, Kleve, Rees, Wesel, Xanten und z. T. Duisburg). Die Landstände von Kleve und M. wurden z. B. seit 1413 mehrfach in die Streitigkeiten zw. Hzg. Adolf II. von Kleve-M. mit seinemBruder Gerhard von der M. hineingezogen. 1420/25 verschafften sie Gerhard die Gft. M. als »Apanage«. Der Einfluß der Landstände führte in der Gft. M. sogar zur Opposition gegen den Landesherrn (1419 und 1426). Im 15. Jh. hatte sich das Hzm. Kleve-M. zu einem Fürstenstaat entwickelt, der sich auf einen effizient arbeitenden Beamtenapparat, auf die zentral gesteuerte Ämterorganisation sowie auf die verfassungsrechtl. bedeutsamen Landstände stützen konnte.

Die Gf.en von der M. und Hzg.e von Kleve-M. waren in zahlr. Fehden und Kriege verwickelt. Die Fehdepolitik diente dem Machtzuwachs und der Durchsetzung polit. und territorialer Interessen, aber auch der Bündnispflege. Hauptgegner waren im 14. und 15. Jh. die Ebf.e von → Köln, die Bf.e von → Münster, die Gf.en von → Arnsberg sowie Ende des 14. Jh.s die Hzg.e von → Jülich-Berg. Während das Territorium der erloschenen Edelherren von Ardey an der mittleren Ruhr 1318 noch auf friedl. Weg erworben werden konnte, kam es 1324 zur Belagerung und Eroberung der Kölner BurgVolmarstein an der Ruhr, wobei auch die gleichnamige Freigft. und die Rechte an den Kölner Höfen in und um Hagen in den Besitz der Gf.en von der M. übergingen. Gegen die Reichsstadt Dortmund wurde 1388-89/90 von Engelbert III. von der M. unter Beteiligung u. a. des Kölner Ebf.s eine große Fehde geführt, die Dortmunds Position als führende Hansestadt beendete und sie in finanzielle Bedrängnis brachte. Von hoher polit. Bedeutung für das Haus Kleve-M. war die Fehde mit den Hzg.en von → Jülich-Berg, die im Juni 1397 in der Schlacht bei Kleverham zugunsten von Kleve-M. entschieden wurde. DieHzg.e von → Jülich-Berg verloren ihre führende Position am Niederrhein an Kleve-M., zugl. konnte Gf. Adolf II. von Kleve-M. für den gefangenen Hzg. Wilhelm I. von Jülich-Berg sowie für rd. 600 weitere gefangene Adelige außerordentl. hohe Lösegeldzahlungen bzw. wichtige Pfandübertragungen erzielen.

Infolge der Machtbestrebungen des Kölner Ebf.s Dietrich von Moers (reg. 1414-63) und der zeitgl. Einbeziehung der Hzg.e von Kleve-M. in die burgund. Politik kam es im 15. Jh. zu heftigen Konflikten. Auf Grund der Antragung der Landesherrschaft über die ursprgl. zum Ebm. → Köln gehörende Stadt → Soest 1444 durch den Stadtrat an Kleve-M. kam es unter Leitung des milit. gut gerüsteten Erbprinzen Johann I. von Kleve-M. zur Soester Fehde (1444-49; u. a. erster koordinierter Großeinsatz von Pulvergeschützen durch Johann I.), die trotz des umfangr. Belagerungsheeres und zahlr.Verbündeter zur Niederlage des Kölner Ebf.s und zur Übertragung der reichen Hansestadt an Kleve-M. durch den Ks. führte. Auch in der Münsterischen Stiftsfehde (1450-56) war Ebf. Dietrich von Moers erneut der unterlegene Gegner der Hzg.e von Kleve-M. In der Soester Fehde und bei den übrigen Aktionen konnten sich die Hzg.e von Kleve-M. auf den Hzg. von → Burgund als engen Verbündeten stützen. Auf der anderen Seite nahmen die Hzg.e von Kleve-M. an burgund. Militäroperationen teil. Hzg. Philipp von Burgund, gen. »der Gute«, und sein Nachfolger Karl sahen Kleve-M. als Teil ihrer europ.Großmachtpläne, die zur Zeit der Soester Fehde ein eigenes Kgr. → Burgund unter Einbeziehung der klev.-märk. und anderer rhein. Territorien konzipierten. Bis zum Tod Hzg. Karls von Burgund, gen. »der Kühne«, 1477 in der Schlacht bei → Nancy blieb das Hzm. Kleve-M. Bestandteil der burgund. Territorial- und Machtpolitik. Hzg. Johann II. (* 1458, † 1521) war in zahlr. Kriegszügen in Diensten → Habsburgs involviert, v. a. gegen → Geldern. Das milit. Engagement ruinierte die Landesfinanzen nachhaltig, so daß er 1501 auf Drängen der Landstände die Einsetzung eines Rates undeines Generalrentmeisters zur Kontrolle der Landesverwaltung vornehmen mußte. Hzg. Johann III. lehnte sich eng an Ks. → Karl V. und garantierte den Verbleib der vereinigten Hzm.er → Jülich-Kleve-Berg im habsburg. Staatenverbund. Nach außen ein Gegner der Reformation, suchte er in seinen Territorien den Ausgleich zw. den Konfessionen zu fördern. Die Niederschlagung der Täuferherrschaft in → Münster sowie die Verfolgung der Täufer wurden von Johann III.von Kleve-M. (* 1490, † 1539) mit unerbittl. Härte betrieben. Sein Hofrat und Statthalter in der Gft. Ravensberg (seit 1521), Gf. Wyrich von Daun-Falkenstein, leitete von Jan. bis Juni 1535 als Oberbefehlshaber die Belagerung und Einnahme → Münsters.

III.

Die 1357/58 verfaßte Chronik der Gf.en von der M. (»Chronicon comitum de Marka«) des in märk. Diensten stehenden Levold von Northof gilt als die erste annalist. Übersicht von den sagenhaften Anfängen der Dynastie M. um die Jahrtausendwende bis 1358. Darauf basierend erschienen eine anonyme Reimchronik über die Gf.en von der M. und die Gf.en bzw. Hzg.e von Kleve-M. bis 1420 (»Anonymi Chronicon«, zugeschrieben dem Klever Propst Henrick Nyenhuis, um 1452) sowie die »Clevische Chronik« des hzgl. Sekretärs Gerard van der Schuren, die um 1450 im AuftragHzg. Johanns I. verfaßt wurde. Anläßl. der Überreichung der Goldenen Rose als päpstl. Ehrengeschenk an Hzg. Johann II. von Kleve-M. i. J. 1489 fertigte der Xantener Dechant Arnold Heymerick den Bericht »De Rosa Romana anno 1489 duci Clivensi praesentata« als Lobgesang auf das Haus Kleve und seinen genealog. Ursprung an. 1607 begann der hzgl. Sekretär und Registrar Johannes Turck (* 1550, † 1624) eine Ergänzung zur Chronik van der Schurens, die die Zeitspanne 1452-1609 umfaßte.

Als Repräsentationsbauten galten nach der Erbvereinigung 1368 v. a. die Schwanenburg (erbaut im 11. Jh.) und die Stiftskirche in Kleve. Mit der zweiten Vermählung Adolfs II. von Kleve-M. (* 1373, † 1448, seit 1417 Hzg. von Kleve) mit Maria von Burgund (* 1393, † 1463) i. J. 1406 hielt der Einfluß burgund. Hofkunst Einzug in die Schwanenburg (u. a. Schloßanbauten, Ausstattung wie Mobiliar und Wandbespannung, Werke der Goldschmiede- und Buchmalkunst).

Die Begräbnisstätten der Häuser M. und Kleve nahmen die Funktion zentraler Gedenkorte für die Familie ein. Die Wahl der Familiengrablegen folgte der territorialen Expansion der Dynastie von Südwestfalen an den Niederhein. Das 1133 in ein Zisterzienserkl. umgewandelte Altenberg diente bis Ende des 12. Jh.s den Gf.en von Berg als Grablege. Nach der ersten Erbteilung 1160/61 wurden im 13. Jh. das Kl. Cappenberg und bis Ende des 14. Jh.s das Kl. Fröndenberg als Bestattungsorte gewählt. Bis zur Zusammenführung der beiden Territorien M. und Kleve 1368 blieb Fröndenberg die bevorzugteBegräbnisstätte. Von Ende des 14. bis Ende des 16. Jh.s wurden die Gf.en von der M. als Gf.en und Hzg.e von Kleve-M. in der Klever Stiftskirche beigesetzt. Die dortige monumentale Grabtumba für die Stammeltern der jüngeren Linie des Hauses Kleve, Gf. Adolf I. von Kleve-M. und Gf.in Margareta von Berg, ist künstler. von burgund. Einflüßen geprägt. Nach der Vereinigung der Territorien Kleve-M. mit → Jülich-Berg (1521) wurde die jül.-berg. Res. → Düsseldorf neben Kleve mitgenutzt. Zugl. diente die Düsseldorfer Stiftskirche St. Lambertus als Bestattungsort. Das dortige monumentaleGrabdenkmal Hzg. Wilhelms V. von Jülich-Kleve-Berg, gen. »der Reiche« (* 1516, reg. seit 1539, † 1592) und seiner Gemahlin Maria von Habsburg (* 1531, † 1581) kann in seiner Ausgestaltung als prägnantes Beispiel für die dynast. Gedenkkultur des Gesamthauses betrachtet werden.

IV.

Die vom märk. Chronisten Levold von Northof tradierte genealog. Abstammung der Häuser Berg und Altena von einem Bruderpaar aus dem röm. Adelsgeschlecht Orsini muß als Legende zurückgewiesen werden. Vielmehr kam es erst 1160/61 zur Erbteilung der berg. Herrschaft in die beiden Linien Berg und Altena (Stammsitz Burg Altena, Märk. Kreis). Die Dynastie Altena spaltete sich 1175 in die Linien Altena-Isenberg (Burg Isenburg bei Hattingen/Ruhr, zerstört 1225) und Altena-M. auf. Letztgenannte bezeichnete sich nach dem Totschlag des Kölner Ebf.s Engelbert von Berg 1225nahezu ausschließl. nach der neuen Res. M., wohl auch, um sich von der Tat, an der enge Verwandte beteiligt waren, polit. abzugrenzen.

Der ursprgl. für eine kirchl. Laufbahn vorgesehene Adolf (* 1334, 1357-63 Bf. von → Münster, 1363/64 Ebf. von → Köln, † 1394), Bruder des märk. Regenten Engelbert III. (* 1333, † 1391), regierte 1368-94 als Gf. Adolf I. von Kleve-M. die Gft. Kleve. Nach dem Anfall der Gft. Kleve an M. adaptierte er auch die Ursprungslegende der erloschenen Dynastie Kleve, wonach der aus Flandern emigrierte Ritter Rutger Flaming († ca. 1051) die Burg auf einem »Kliff« (Burg Kleve) über dem Rheintal errichtet und die klev. Dynastie begr. haben soll. Um dieser Genealogie zusätzl.Glanz zu verleihen, wurde sie myth. überhöht und auf den sonnenverwandten Ritter Helias rückgeführt, der sich an Höfen verschiedener frühma. Herrscher ausgezeichnet haben soll. Der auch als »Schwanenritter« bezeichnete Helias gelangte nach Kleve, vermählte sich mit der Erbin Beatrix von Kleve und begründete die gleichnamige Dynastie. Auf diesen mytholog. Ursprung der Gf.en und späteren Hzg.e von Kleve-M. verweist auch das klev. Karfunkel-Wappen sowie die Bezeichnung der Res. als »Schwanenburg«.

1418 führte der ein Jahr zuvor in den Herzogstand erhobene Adolf II. von Kleve-M. (* 1373, † 1448) die Primogenitur ein, die eine Abtretung des südl. Teils der Gft. M. (1425) an seinen Bruder Gerhard und einen langjährigen Erbkrieg um das übrige Gebiet (1423-37) nicht verhindern konnte. Erst nach Gerhards Tod 1461 konnte die Primogeniturregelung von Adolfs Nachfolger Hzg. Johann I. durchgesetzt und eine Vereinigung der Territorien Kleve und M. vollzogen werden.

Hzg. Johann I. von Kleve-M. (* 1419, † 1481), seit 1455 vermählt mit Elisabeth von Burgund, Gf.in von Estampes und Nevers (* 1439, † 1483), vereinigte beide Territorien in einer Hand. Der Erbe aus dieser Verbindung, Johann II. (* 1458, † 1521), heiratete 1489 Mathilde von Hessen (* 1473, † 1505). Sein Nachfolger Hzg. Johann III., gen. »der Friedfertige« (* 1490, † 1539), wurde 1510 mit Marie, der Erbin von → Jülich-Berg, vermählt und erbte 1511 das Hzm. → Jülich-Berg. 1521 folgte er seinem Vater im Hzm. Kleve-M. und vereinigte damit die Territorien → Jülich, Berg, Kleve,M. und Ravensberg zu einem Gesamtstaat. Johann III. setzte auch seine Töchter für seine Bündnispolitik ein. 1526 verheiratete er z. B. Sybilla mit Kfs. Johann Friedrich von Sachsen, um eine Annäherung an die luther. Reichsstände zu gewinnen.

Unter dem 1541/42 offen dem Luthertum zugeneigten Hzg. Wilhelm V., gen. »der Reiche« (* 1516, † 1592), setzten polit. Aktivitäten auf europ. Ebene ein. Die Verheiratung seiner Schwester Anna mit dem engl. Kg. Heinrich VIII. (1540) arrangierte er in Hinblick auf einen mögl. Bündnispartner gegen habsburg. Interessen. Sein Bündnis mit Kg. Franz von Frankreich bekräftigte er durch seine Vermählung mit der Königstochter von Navarra, Jeanne d'Albret (* 1528, † 1572). Dadurch wurde das vereinigte Hzm. 1542 in den milit. Konflikt zw. Ks. → Karl V. und Kg. Franz I. von Frankreichgezogen. Auch sein gescheitertes Bemühen, Anschluß an den Schmalkaldischen Bund zu finden, verweist auf den konfessionspolit. Hintergrund seiner Aktivitäten. Die reformator. Bestrebungen Hzg. Wilhelms V. scheiterten hingegen. Nach der Schlacht bei Venlo (1543) und im gleichnamigen Vertrag mit Ks. → Karl V. mußte er auf das Hzm. → Geldern und die Gft. Zutphen verzichten (Regierung in beiden Territorien seit 1538), das Bündnis mit Frankreich lösen, die Ehe mit Jeanne d'Albret wg. »Nichtvollzug« annullieren lassen, zum kathol. Glauben zurückkehren sowie seine Territorien in derkathol. Lehre belassen. Um die Integration in das habsburg. Bündnis zu festigen, erfolgte 1546 die Verheiratung mit der Nichte Ks. → Karls V., Maria von Habsburg (* 1531, † 1581).

Sowohl die westfäl. Gf. en von der M. als auch die späteren Hzg.e von Kleve-M. betrieben eine territorial expansive und sehr erfolgreiche Heiratspolitik. Für das 13. und 14. Jh. sind, neben westfäl.-rhein. Grafengeschlechtern (→ Berg, → Geldern, Lippe, Looz, Sayn, Schaumburg, Tecklenburg), bereits mehrfach Einheiratungen in die Häuser Kleve und → Jülich nachweisbar. Durch die Heirat Engelberts II. von der M. (* vor 1298, † 1328) mit Mechthild von Arenberg wurde die Nebenlinie der Gf.en von M.-Arenberg (1549 Reichsgf.en, 1576 Rfs.en, 1644 Hzg.e) begr., die vom drittgeborenenSohn Eberhard fortgeführt wurde. Der erstgeborene Adolf II. von der M. hatte durch seine Heirat mit Margarete von Kleve die Voraussetzungen für den Anfall der Gft. Kleve an M. (1368) geschaffen. Durch die Vermählung des Sohnes Adolf I. von Kleve-M. mit Margarethe von Jülich-Berg und Ravensberg war die Stoßrichtung der klev.-märk. Heiratspolitik im 15. Jh. vorgezeichnet. Der Festigung von Bündnissen dienten z. B. auch die Vermählungen der Schwestern Wilhelms des Reichen, Anna und Sybilla von Jü-lich-Kleve-Berg nach England und Sachsen. Seine Tochter Maria Eleonora vermählte er 1572 an Hzg. Albrecht Friedrich von Preußen, wodurch die späteren Ansprüche des Hauses → Brandenburg auf → Jülich im jül.-klev. Erbfolgekrieg (1609-14) begr. wurden. Der Sohn Hzg. Wilhelms V., der geisteskranke Johann Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg (* 1562, † 1609) wurde auf Betreiben Ks. → Rudolfs II. 1585 mit der kathol. Mgf.in Jakobe von Baden (* 1558, † 1597) vermählt, nicht nur um die Dynastie, sondern auch den Katholizismus in den Hzm.ernzu sichern. Den Intrigen und Machtkämpfen am Düsseldorfer Hof auf Dauer nicht gewachsen, wurde die Hzg.in wg. vorgebl. Ehebruchs gefangen gesetzt und in Haft offenbar ermordet. Auch die zweite Ehe Johann Wilhelms mit Antoinette, der Tochter Hzg. Karls II. von Lothringen (1599) blieb kinderlos. Mit dem Tode Hzg. Johann Wilhelms 1609 starb die Dynastie → Jülich-Kleve-Berg aus dem Hause M. aus. Die Vereinigten Hzm.er als polit. Staatsgebilde wurden im jül.-klev.Erbfolgestreit (1609-14) zw. → Brandenburg und → Pfalz-Neuburg aufgeteilt, die sich gegen weitere Anwärter (Ks.→ Rudolf II., → Kursachsen) durchgesetzt hatten.

Quellen

Northof, Levold von: Die Chronik der Grafen von der Mark, hg. von Fritz Zschaeck, Berlin 1929 (MGH SS rer. Germ. NS VI). - Goldene Rose, 1992. - Stam-Buch der hochgebornen und beruhmten Grafen und Durchleuchtigen Hertzogen von Cleve, Arnheim 1677. ND Kleve 1979. - Heisterbach, Caesarius von: Leben, Leiden und Wunder des heiligen Erzbischofs Engelbert von Köln, hg. von Karl Langosch, Münster 1955. - Westfälisches Urkundenbuch, 7a, 1908.

Glezerman/Harsgor 1985. - Flink, Klaus: Der klevische Hof und seine Chronisten. Verwaltungsschriftgut als Quelle und Mittel der territorialen Geschichtsschreibung, Kleve 1994. - Graevenitz, Christel Maria von: Die Grafen von der Mark im 13. Jahrhundert und ihr Verhältnis zum kölnischen Herzogtum Westfalen, in: Jahrbuch des Vereins für Orts- und Heimatkunde in der Grafschaft Mark 89 (1991) S. 7-138. - Janssen 2000. - Land imMittelpunkt der Mächte, 1984. - Marré, Wilhelm: Die Entwicklung der Landeshoheit in der Grafschaft Mark bis zum Ende des 13. Jahrhunderts, Rostock 1907. - Reimann, Norbert: Die Grafen von der Mark und die geistlichen Territorien der Kölner Kirchenprovinz (1313-1368), Dortmund 1973 (Monographien zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark, 4). - Ribhegge, Wilhelm: Die Grafen von der Mark und die Geschichte der Stadt Hamm im Mittelalter, Münster 2002. -Vahrenhold-Huland, Uta: Grundlagen und Entstehung des Territoriums der Grafschaft Mark, Dortmund 1968.