Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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LEUCHTENBERG, LGF.EN VON

I.

Der erste bekannte Repräsentant des Geschlechts der L.er, Gebhard I., nannte sich 1118 de Lukenberge. Die Herkunft seiner Vorfahren ist unbekannt. Teilw. wird für diese ein Vasallitätsverhältnis gegenüber den Diepoldinger Mgf.en angenommen. Die Etymologie von Gebhards I. namengebendem Ansitz, der Stammburg L., ist umstritten: Der Name wurde aufgrund der ältesten, zu 1118 und nochmals ähnl. zu 1130 überlieferten Namensform (ohne -i- vor -u-) auf das unterhalb der Burg gelegene Flüßchen Luhe zurückgeführt(Kraus 1976), während andere Forscher einen Personennamen Liuko* als Bestimmungswort (Gründer der Burg?) annehmen (Wagner 1, 1940, S. 3; Reitzenstein 1986, S. 224; Bernd 1977, S. 21). Erst im 14. Jh. begegnet die Namensform mit -t- (Liuchtenberch o.ä.), seit Ende des 14. Jh.s erscheint der Name auch mit diphtongiertem Stammvokal als »Leuchtenberg«. Angehörige des Geschlechts nannten sich noch gegen Ende des 13. Jh.s anstatt nachL. auch nach den oberpfälz. Burgen Waldeck und Falkenberg.

Gebhard I. war bereits Mitte des 16. Jh.s als erster nachweisbarer Repräsentant des Geschlechts erkannt. Denn der gelehrte Dichter Kaspar Bruschius führte ihn in einem genealog. Dossier, das er dem Lgf.en Georg (1518-59) im März 1553 übersandte, als Spitzenahn der L.er (mit falscher Jahreszahl 1180). Dem Dossier lagen Recherchen Bruschius‹ in der Oberpfälzer und niederbayer. Klosterüberlieferung zugrunde. Im Zuge einer Reise durch die Oberpfalz, die auch zu weiteren Nachforschungen über die Geschichte der L.er dienen sollte, weilte Bruschius im Okt. 1554 in Pfreimd als Gast des Lgf.enGeorg. Wahrscheinl. bei diesem Aufenthalt verfaßte Bruschius auf dt. eine gereimte myth. Herkunfts- und Gründungsgeschichte der L.er: »Von ankunftt des loblichenn hauses Leuchtenberg ein warhafftige historia« (dat. 26. Okt., hier o. J.). Die Gründung der Dynastie wurde hier in die Zeit Ottos des Großen gelegt (als Jahreszahl wird 950 gen.). Die Mutter des Geschlechts, eine böhm. Herzogstochter, war danach wg. ihres christl. Glaubens aus → Böhmen vertrieben worden (Anklänge an die Ludmilla-Legende), traf im wilden Niemandsland einen Edelmann, bekehrte diesen zum Christentum undheiratete ihn. Beide erstiegen einen Berg im Urwald und beteten zu Gott. Der Edelmann errichtete auf diesem Berg ein neues Haus, das er unter Bezug auf seine göttl. Erleuchtung L. nannte. Eine Kurzfassung dieser Gründungsgeschichte fügte Bruschius auch in die lat. gedruckte Beschreibung seiner Reise von 1554, das »Hodoeporikon Pfreymbdense« ein. Die Abkunft von einer böhm. Herzogstochter als Stammutter legitimierte zusätzl. den späteren fsl. Rang der L.er.

II.

Seit dem Reichstag von Roncaglia 1158 führten die von Beginn an als Edelfreie auftretenden L.er den Grafentitel, ab 1196 den Landgrafentitel. Die Lgft., d. h. den Titel sowie entspr. weiträumige gerichtl. Kompetenzen im bayer. Nordgau, übernahmen die L.er als wittelsb. Lehen von den 1196 ausgestorbenen Lgf.en von Stefling-Riedenburg. Die lgfl. Gerichtsrechte, deren Ausübung durch die L.er zumindest sporad. nachweisbar ist, wurden 1283 an die → Wittelsbacher verkauft. Der Landgrafentitel verblieb den L.ern und wurde auf ihre engere allodiale Herrschaftübertragen. Innerhalb dieser wurde ihnen 1237 das Geleitsrecht durch Ks. → Friedrich II. bestätigt. Im 15. Jh. wurde die jüngere Lgft. L. regelmäßig als Reichslehen vergeben, ohne daß eine förml. Lehensauftragung an das Reich überliefert wäre. Den Ort Pfreimd erwarben die L.er zunächst 1322/32 von den → Wittelsbachern als Eigenbesitz, trugen ihn aber 1366 an die → Kurpfalz zu Lehen auf. Dazu nahmen die L.er u. a. Lehen vom Kgr. → Böhmen. Die von den Gf.en von Rieneck neu erworbene fränk. Herrschaft Grünsfeld wurde 1502 zur Sicherung gegenüber Ansprüchen Dritter an dasHochstift → Würzburg aufgetragen.

Den Fürstentitel usurpierten die L.er im Verlauf des 15. Jh.s, ohne daß es zu einem förml. Standeserhebungsakt kam. Dieser Usurpationsprozeß läßt sich anhand entspr. Zeugnisse auf mehreren, ineinandergreifenden Handlungsebenen nachvollziehen: in Zeugnissen der Selbst- und Fremdstilisierung, in rechtserhebl. Zeugnissen von Standesniedrigeren, anhand der Position in Zeugenlisten und in Reichsmatrikeln sowie in rechtsetzenden Urk.n Höherstehender, insbes. - letztl. entscheidend - der ksl. Kanzlei.

1424 wurde im Ehevertrag Leopolds über seine Hochzeit mit Elisabeth von Alb durch die urkundenden Bf.e von Agram und Fünfkirchen, Brüder Elisabeths, Leopold von L. († 1463) als »hochgeboren« bezeichnet (IV.). Bezeichnungen Leopolds als Fs. in einer Inschrift der Hauskapelle auf der Burg L. von 1440 und auf seinem Grabstein in der Stadtkirche von Pfreimd zeugen von seinem eigenen Anspruch. Von Höherrangigen wurden die L.er in rechtserhebl. Zeugnissen erst in der nächsten Generation als Fs.en anerkannt: In einer 1471 in → Regensburg ausgestellten ksl. Urk. fehlte derFürstentitel noch (Vidimus-Ausfertigungen von 1473 und 1474 betreffend Ludwig von L.), obwohl die L.er 1471 erstmals in der Regensburger Reichsmatrikel bei den Fs.en erscheinen. Dieses Einrücken unter die Fs.en könnte durch den L.er Landgrafentitel mit veranlaßt worden sein, da 1471 innerhalb der Fürstengruppe eine Ordnung nach Titulaturen angewandt wurde: Die L.er standen unmittelbar hinter den Lgf.en von → Hessen und vor den Mgf.en des Reiches. Lgf. Ludwig war 1471 auf dem Regensburger Reichstag persönl. anwesend und stand in der Zeugenreihe der Belehnungsurk. für den Lgf.en von→ Hessen vor dem gefürsteten Gf.en von → Henneberg und dem Gf.en von → Württemberg. 1474 wurde dann der hochgeporn fürst und herre, herr Ludwig lanndtgrave zum Leuchtenberg (Krieger 1986, S. 98, Anm. 37) von Ks. → Friedrich III. beauftragt, Pfgf. Friedrich den Siegreichen vor das ksl. Gericht zu laden. Eine solche Vorladung eines Fs.en mußte, im Gegensatz zur bloßen Teilnahme am Fürstengericht selbst, nach geltender Praxis durch einen Fs.en erfolgen. Die Titulierung des L.ers (»hochgeboren« und »Fürst«) stelltedies sicher. 1481 verwendete auch Kg. Wladislaw von → Böhmen in einer Belehnungsurk. gegenüber Friedrich von L. das Fürstenprädikat, allerdings ohne den entspr. Titel (hochgeborne vnnser lieber getrewer [...] lanntgrave zum Leuchtenberg vnnd Grave zw Hals, HSA München, Pfalz-Neuburg, Verträge 129). Ein in erster Überlieferung erhaltener detaillierter gleichzeitiger Bericht über die Begräbnisfeierlichkeiten für Friedrich von L. beim Nürnberger Reichstag von 1487 dokumentiert die Anerkennung des fsl. Ranges des L.ers durch seine Standesgenossenwährend der Trauerfeierlichkeiten, wohingegen die damals in Nürnberg aus-gestellte Belehungsurk. → Friedrichs III. den Nachfolger Johann IV. wiederum nur als wohlgeboren bezeichnet, HHStA Reichsregister X, fol. 1r. Tatsache ist, daß seit dem Nürnberger Reichstag von 1487 die L.er endgültig in den Reichsmatrikeln unter den Rfs.en geführt wurden. Nach Auflistung bei den Fs.en 1471 und 1480/81 hatten sie in einem weiteren Anschlag von 1481 bei den Fs.en gefehlt und standen 1486 sogar wieder bei den Gf.en und Herren. 1504 bezeichnete → Maximilian I. die Lgft. anläßl. ihrer vorübergehenden strafweisenEinziehung und Übertragung an Lienhard von Fraunberg im Zusammenhang des bayer. Erbfolgekrieges als Fsm., HSA München, Leuchtenberg Landgrafschaft, 1504 VIII 24. Spätestens seit Anfang des 16. Jh.s war damit die Stellung der Lgf.en von L. als Rfs.en vollständig anerkannt. Die erstmalige Akzeptanz der L.er als Rfs.en durch Ks. → Friedrich III. muß schließl. im Kontext einer takt. Förderung von Ambitionen weiterer Vertreter des bayer. Adels gegenüber dem wittelsb. Landesherren gesehen werden. Die von → Friedrich III. bestätigte Abtretung der niederbayer. Gft. Hals durch Ludwig von L.an das Geschlecht der Aichberger, die etwa zur selben Zeit den Herrentitel annahmen, wurde den L.ern schließl. erleichtert, indem auch ihre Ambitionen auf eine Standeserhöhung von der ksl. Kanzlei anerkannt wurden.

In der Stauferzeit agierten die L.er durchweg königsnah. Die Orientierung am Kg. tritt erneut unter den → Luxemburgern hervor. Hier waren die L.er wichtige Verbündete → Karls IV., der den Nordgau zum Objekt seiner kgl. Hausmachtpolitik machte. Mehrere Angehörige der Familie wurden von → Karl IV. zu Hauptleuten des Landfriedens in Franken sowie zu Landvögten in Ober- und Niederschwaben ernannt. Bes. häufig am Königshof → Sigismunds hielt sich im 15. Jh. Lgf. Leopold auf, mit dem damals die nachweisbaren Bestrebungen der L.er nach Aufnahme in den Fürstenstand einsetzten.Im 16. Jh. war Lgf. Georg († 1555) Rat und Kämmerer Ks. → Karls V. Ludwig Heinrich († 1567) war Reichshofratspräsident (Vorsitz im höchsten Reichsgericht) und Präsident des Geheimen Rats am ksl. Hof in → Prag.

III.

Das Wappen der L.er bestand aus einem waagerechten blauen Balken in weißem Feld. Reitersiegel der L.er sind seit 1244 erhalten. Ein Siegel von 1277 zeigt deutl. das L.er Wappen. In den L.er Münzprägungen des 16. Jh.s wurden teilw. die Wappen der drei Hauptorte der Lgf.en: Leuchtenberg, Pfreimd und Grünsfeld miteinander kombiniert. Nachdem noch im 13. und frühen 14. Jh. L.er Lgf.en ihr Begräbnis in Kl.n der Oberpfalz gefunden hatten (z. B. Ensdorf, Walderbach), dienten als Grablegen mit Memorialfunktion im 15. und 16. Jh. die Stadtpfarrkirche von Pfreimdsowie zw. 1503 und 1555 (1616) auch die Pfarrkirche in Grünsfeld. Eine Reihe repräsentativer Grabmäler sind dort noch erhalten. Das Grabmal Lgf. Leopolds († 1463) in Pfreimd bezeugt dessen Anspruch auf den Fürstentitel (II.). Es ist zugl. das älteste erhaltene Grabmonument der L.er. Eine Grabinschrift für Johann IV. († 1531) in der Grünsfelder Kirche formuliert in kurzen Versen ein Herrscherprogramm und hebt u. a. die fiskal. Disziplin Johanns IV. bei der Rücklösung von Pfandschaften hervor. Georg III. († 1555) begann mit systemat. Forschungen zur Genealogie seines Geschlechts. Noch eine biszu Johann IV. reichende, mit 1549 datierte Ahnenprobe ist vielfach phantast. und nicht nachvollziehbar. 1553/54 sammelte der Dichter-Gelehrte Kaspar Bruschius für Georg III. genealog. Material, das er jedoch nur in vorläufiger Form zusammenstellte. Ergebnis dieser Bemühungen sind zwei repräsentative jüngere Stammbäume in der leuchtenberg. Überlieferung, die bis Lgf. Ludwig Heinrich bzw. bis zu Lgf. Georg Ludwig reichen. Georg III. ließ zudem für seine 1552 verstorbene Gemahlin Barbara von Brandenburg, seit der Zeit um 1400 die erste Gemahlin eines L.ers aus fsl. Haus, ein ausführl. genealog.Erinnerungsgedicht durch Kaspar Bruschius anfertigen. Zwei schriftl. überlieferte kürzere Grabinschriften (dt. bzw. lat. Text) liegen von Bruschius auch für den 1555 verstorbenen Lgf. Georg selbst vor (dat. 20. Aug. 1555). Weiterhin entwarf Bruschius eine Ursprungslegende des Geschlechts (I.). Eine ins Auge gefaßte ausgearbeitete Dynastiechronik kam nicht zustande. Um 1550 begann jedoch der leuchtenberg. Rat Dr. Wilhelm Schrenk mit der Arbeit an einer fortlaufenden Hofchronik, die er nach rückwärts in annalist. Weise aus vorhandenem Archivmaterial ergänzte. Die Angaben diesesKanzlei-Werkes über die älteren L.er Lgf.en sind dürftig, Stammbäume setzen hier erst mit Ulrich I. († 1334) ein. Ab 1583/84 setzte nach der Entlassung von Schrenk der L.er Kanzler Dr. Johann Federl († 1626) diese Chronik bis 1620 fort.

IV.

In Übereinstimmung mit den Forschungen des Kaspar Bruschius aus der Mitte des 16. Jh.s ist der erste namentl. bekannte Vertreter des Geschlechts auch nach heutigem Forschungsstand der edelfreie Gebhard de Lukenberge (L.). Ein Anschluß von Bruschius' separat verfaßtem Ursprungsmythos an die reale Genealogie wurde nicht hergestellt, auch wenn dies viell. beabsichtigt war (I.). Aufgrund seiner Ehe mit Helwiga von Lengenfeld erhielt Gebhard I. neben dem Gf.en Otto von Wittelsbach Teile aus der Erbschaft der in männl. Linie ausgestorbenenLengenfelder, insbes. die Burg Waldeck. L. und Waldeck waren im 12. und 13. Jh. die Hauptburgen, nach denen sich die Lgf.en zumeist nannten und in deren Herrschaftsrechte sie sich teilten. Friedrich II. († 1284) besaß den Großteil der Herrschaft Waldeck, Gebhard IV. († 1279) kleinere Teile von Waldeck und L. Angehörige aus diesem jüngeren L.er Zweig nannten sich 1280/81 vorübergehend auch nach der Burg Falkenberg. Nach dem Verkauf von Waldeck 1283 an die → Wittelsbacher lebte nur die jüngere L.er Linie weiter. Im 13. und 14. Jh. dehnten die L.er ihren Machtbereich mit dem Erwerb zahlr.Burgen über die gesamte Oberpfalz aus. Ulrich I. und Johann I. teilten 1366 ihre oberpfälz. Besitzungen (L. bzw. Pleystein als Hauptburgen). Bei Fehlen von Erben war der Übergang des jeweiligen Besitzteils an die andere Linie vorgesehen. Johann I. orientierte sich mit dem Erwerb der Gft. Hals i. J. 1375 samt weiterer Burgen nördl. und südl. der Donau nach Niederbayern. Dort war er Statthalter im Hzm. Niederbayern-Straubing (1368-86) (→ Bayern). Schon 1381 gab Johann I. seine oberpfälz. Besitzanteile aus der Teilung von 1366 an seine Söhne weiter bzw. verpfändete sie an seinen L.er NeffenAlbrecht. Im 15. Jh. mußte die mit bis zu drei Regenten gleichzeitig vertretene Halser Linie zahlr. Besitz abstoßen und starb 1458 mit dem Enkel Johanns I., Johann III., aus. Lgf. Leopold († 1463) aus der Linie L.-Pfreimd vereinigte 1458-63 kurzzeitig den gesamten L.er Besitz. Seit Leopold werden Ambitionen der L.er auf einen Aufstieg in den Fürstenstand erkennbar, die unter seinen Söhnen schließl. zum Ziel führten (II.). Leopolds Sohn Ludwig († 1487), der ohne Nachkommen blieb, führte als Erbe der Gft. Hals deren Verkauf an das niederbayer. Geschlecht der Aichberger samt Schuldentilgungdurch. Damit war die Präsenz der L.er an der Donau beendet, auch wenn sie den Titel eines Gf.en von Hals weiter führten. Auch der unmittelbare Wirkungskreis der L.er in der Oberpfalz hatte sich nach zahlr. Veräußerungen mittlerweile stark reduziert und auf den Bereich der engeren Lgft. um die Zentren L. und Pfreimd konzentriert. Für Ludwigs Bruder Friedrich V. zu L.-Pfreimd († 1487) eröffnete sich zur selben Zeit, als die Gft. Hals endgültig verloren ging, aufgrund seiner Ehe mit der aus gfl. Hause stammenden Dorothea von Rieneck die Chance auf die ansehnl. fränk. Herrschaft Grünsfeld(südwestl. → Würzburg, heutiger Landkr. Main-Tauber), da Dorotheas Vater angesichts seines bevorstehenden Todes die Grünsfelder Untertanen an seinen Schwiegersohn überwies. Bereits der Ehevertrag für die Verbindung von Friedrich V. und Dorothea von Rieneck von 1467 hatte den Erbfall an das Haus L. vorgesehen, falls Philipp d. Ä. ohne Erben bliebe. Dafür wurde von Rienecker Seite vorerst keine Heimsteuer gezahlt. Diese Erbabsprache stand jedoch im Widerspruch zu den Rienecker Hausverträgen von 1454/60, die die Erbfolge von Töchtern ausschlossen. Da Lgf. Friedrich V. schon 1487 starb unddie Wwe. Dorothea 1489 eine neue Ehe mit Asmus von Wertheim einging, versuchten die Rienecker Verwandten zusammen mit Wertheim, entgegen dem Ehevertrag zw. Dorothea und dem Wertheimer und unter Hinweis auf ältere Rienecker Sukzessionsverträge die Herrschaft Grünsfeld für den Wertheimer bzw. für Rieneck zu retten und den jungen L.er Johann IV. von der Erbschaft auszuschließen. Dies mißlang nach jahrelangen Prozessen und Intrigen, da 1501 Asmus von Wertheim auf weitere Ansprüche verzichtete und die Herrschaft 1502 durch Dorothea und ih-ren Sohn Johann IV. gemeinsam an das Hochstift → Würzburg zu Lehen aufgetragen wurde. In der Oberpfalz verschlechterten sich die Beziehungen zur benachbarten → Kurpfalz, so daß Johann IV. seinen Statthalterposten in → Amberg 1518 aufgeben mußte. Vor seinem Tode 1531 erließ Johann IV. eine Primogeniturordnung. Die Lgft. sollte auf ewig ungeteilt bleiben. Die Regierung sollte der älteste Sohn Georg III. († 1555) antreten. Die nachgeborenen Söhne Hans und Christoph bzw. deren Nachkommen wurden mit jährl. Geldbeträgen vonje 550 Gulden abgefunden. Diese Söhne heirateten nicht, weitere Teilungen innerhalb der Dynastie blieben aus. Georg III. war in → Ingolstadt Rat und Kämmerer → Karls V. Zu finanziellen Verlusten führten die Dienste Lgf. Christophs, des Bruders Georgs III., für Mgf. Albrecht Alkibiades von Brandenburg bei dessen Kriegszügen zw. 1543-54. Der Verbleib beim kathol. Glauben brachte den L.ern einen gewissen Rückhalt bei den bayer. → Wittelsbachern gegenüber der → Kurpfalz. Lgf. Georg Ludwig († 1613) stieg in höchste Ämter am → Prager Kaiserhof auf (II.). Dessen Sohn Wilhelm(† 1634) erstach 1612 im Trunk einen Edelmann und wurde von seinem Vater daraufhin enterbt. Die Lgft. wurde zeitw. unter bayer. Verwaltung gestellt. Wilhelm wollte gleichwohl auf die Regierung nicht verzichten, wurde auf Veranlassung Maximilians von Bayern gefangengesetzt, starb schließl. im Kl. Die drei letzten L.er, vor 1612 geborene Söhne Lgf. Wilhelms, starben sämtl. im Dreißigjährigen Krieg als Offiziere auf ksl. Seite. Mit dem kinderlosen Tod des ältesten und einzig verheirateten unter diesen drei Söhnen, Maximilian Adam, starb 1646 die Dynastie aus. Die schließl. hoch verschuldete Lgft.L. fiel an → Bayern, die fränk. Herrschaft Grünsfeld an das Hochstift → Würzburg.

Um 1300 ist eine auffällige Konzentration der L.er Dynastie erkennbar: Mind. vier männl. Familienmitglieder gingen damals ins Kl., darunter auch Friedrich III., der an der Spitze der Waldecker Linie stand. 1366-1458 und nochmals 1463-87 bestanden zwei Linien nebeneinander. Der seit dem Erwerb der Gft. Hals 1375 weit gedehnte Besitz der Pleystein-Halser Linie lud zu Teilungen ein, führte damit zur Zersplitterung und letztl. zum Ruin dieser Linie. Wohl nicht zufällig blieben die letzten vier Vertreter der verschuldeten Halser Linie unverheiratet. 1415 wurde zur Lösung derRessourcenknappheit der Halser Linie vorgesehen, daß Lgf. Georg I. zehn Jahre lang auf die Regierung verzichten solle, mit Zahlungen von 200 fl. bzw. 300 fl. pro Jahr zu entschädigen sei und sich bei einem anderen Herrn verdingen solle. Doch wurde dieser Vertrag ebensowenig realisiert wie Georgs I. wenig später vollzogener Eintritt in ein Kl. von Dauer war. Konsequenter wurde von den Lgf.en eine Generation später verfahren: Eine Klausel im Ehevertrag Lgf. Friedrichs V. mit Dorothea von Rieneck von 1467 sah ausdrückl. den Verzicht von Friedrichs Bruder Ludwig auf alle Erbansprüche in der Lgft.L., seine Beschränkung auf die Gft. Hals und lebenslange Ehelosigkeit vor, außer im Falle, daß Friedrich V. und Dorothea kinderlos blieben. Da die Gft. Hals bereits hoch verschuldet war, sollte so zumindest ein Ausbluten der Stammherrschaft L. verhindert werden. Dieser Vertrag wurde umgesetzt. Anders als im 14. Jh. trat auch nach der Erbschaft der fränk. Herrschaft Grünsfeld keine neue Linienbildung mehr ein. Zumeist gab es nur einen männl. Erben. Als Johann IV. drei Söhne hinterließ, stellte er eine Primogeniturordnung auf. Nachgeborene Söhne fanden in dieser sowie in der letzten Generationdes Geschlechts ihr Auskommen als Offiziere.

Die L.er gingen bis 1528 fast ausschließl. Ehen mit Angehörigen aus dem Grafen- und Herrenstand ein, zumeist aus Familien aus dem fränk.-schwäb.-thüring. Raum, erst seit dem 16. Jh. auch an den Mittel- und Niederrhein ausgreifend. Die beiden Fürstenehen Ulrichs II. aus der L.er Linie († 1378) mit einer schles. Hzg.in von Falkenberg und Sigosts aus der Halser Linie († 1398) mit einer Tochter → Ruprechts II. von der Pfalz stehen vereinzelt. Die Mitgifthöhe in den überlieferten Eheverträgen bewegt sich im für Gf.en und Herren übl. Rahmen.

Bes. Beachtung verdient Lgf. Leopolds Ehe mit der Wwe. Elisabeth von Alb, vormals Suberin gen., i. J. 1424. Der Ehevertrag wurde von Elisabeths Brüdern, Bf. Johann zu Agram, Reichskanzler und ungar. Kanzler, sowie durch Bf. Heinrich zu Fünfkirchen ausgestellt. Die von Alb entstammten einem kleinadeligen Geschlecht im Bereich der Gft. Sulzbach-Veldenz. Der Aufstieg dieser Familie vollzog sich in Ungarn in Diensten Kg. → Sigismunds und durch den Erwerb kirchl. Pfründen in rasantem Tempo. Der Heiratsvertrag mit den L.ern sah eine im Rahmen derleuchtenberg. Eheverträge außerordentl. hohe Mitgift von insgesamt 8000 Gulden von seiten der Ehefrau vor, der numer. höchste Betrag vor der Fürstenheirat Georgs III. i. J. 1528. Die beiden Bf.e stockten einen Sockelbetrag von 6000 Gulden, die Elisabeth mitbringen sollte, jeweils um kurzfristig in bar fällige 1000 Gulden auf. Zusammen mit einer Widerlegung von 8000 Gulden von seiten Leopolds waren damit insgesamt 16 000 Gulden zugunsten Elisabeths auf Schloß und Stadt Pfreimd anzuweisen. Über den Zufluß der Geldbeträge ist nichts bekannt. Wahrscheinl. wurden die Summen künstl. hochgerechnet,um die Ehe nach außen als ein Projekt sozial arrivierter und ökonom. potenter Partner erscheinen zu lassen. Leopold wurde in der Ehevertragsurk. von den beiden ungar. Bf.en mit dem Fürstenprädikat »hochgeboren« tituliert. Damit fügte sich die Ehe in die Aufstiegsambitionen beider Seiten ein (zu Leopold siehe II.). Die Ehe intensivierte zudem Leopolds Kontakt zum Königshof, wo er sich häufig aufhielt. In leuchtenberg. Genealogien des 16. Jh.s wurde Elisabeth von Alb zu einer schles. Herzogstochter »von Oppeln« gemacht.

Die Ehe Friedrichs V. mit Dorothea von Rieneck brachte einen bedeutenden Gebiets- und Ressourcenzuwachs. Nur mit größten Anstrengungen gelang es schließl. jedoch, die Grünsfelder Erbschaft für die unmittelbaren leuchtenberg. Nachkommen des Gf.en Philipp d. Ä. von Rieneck gegen das agnat. Hausrecht der Rienecker durchzusetzen (siehe oben). Erst allmähl. ist das Hineinwachsen der L.er in den Fürstenstand am Konnubium abzulesen. Noch nicht mit Johann IV. (⚭ 1502), sondern erst seit der Ehe Georgs III. mit Barbara von Brandenburg (⚭ 1528) ist zumindest in knapp derHälfte der Fälle fsl. Konnubium zu beobachten.

Quellen

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