Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

Zurück zur Liste

WERDENBERG

B. Werdenberg

I.

Die Pfgf.en von → Tübingen hatten durch die Heirat Pfgf. Hugos II. von → Tübingen (gest. 1182, mit Elisabeth, der Erbtochter des Gf.en von → Bregenz erheblichen Besitz am Bodensee und in Churrätien erworben. Dieser Besitz gelangte an den zweiten Sohn des Pfgf.en, der als Hugo I. (gest. 1228) die Linie der Gf.en von → Montfort gründete. Die Söhne Hugos I. teilten den Besitz auf. Dabei erhielt Rudolf I. die südlichen Landesteile mit den Burgen und Herrschaften W., → Sargans und Bludenz, sein Bruder Hugo II. die nördlichen Gebiete mit → Feldkirch, → Bregenz und → Tettnang. Rudolf I. wurde zum Stammvater der Gf.en von W., Hugo II. zum Stammvater der Gf.en von → Montfort. Diese Teilung des Hauses wurde aber namensmäßig erst in der Generation der Söhne Rudolfs I. ab 1264 durch die Annahme des Titels der Gf.en von W. sichtbar. Sie hatten zu diesem Zeitpunkt nach Ansicht der Forschung aber bereits etwa um 1258 ihr Erbe geteilt. Hugo I. erhielt dabei als Stammvater der Linie W.-Heiligenberg die Gebiete um W., während sein Bruder Hartmann I. die Linie W.- → Sargans mit dem Hausbesitz um → Sargans begründete. Hugo I. konnte 1277 mit Unterstützung von Kg. Rudolf von Habsburg die Gft. Heiligenberg durch Kauf erwerben. Neben Schellenberg und Bludenz hatte Hugo I. auch die Landvogtei mit dem Amt des Landrichters in Oberschwaben inne und hat damit die damals bestehende Zusammengehörigkeit der heute auf vier Länder verteilten Besitzungen des Hauses gezeigt. Das Haus W.-Heiligenberg hat sich unter Hugo II. und seinen drei Söhnen Hugo III., Heinrich und Albrecht I. sowie Albrechts Sohn Albrecht II. bis in das letzte Viertel des 14. Jh.s weitgehend unv. nach außen dargestellt. Hugo III. hat über seine Heirat 1319 die Herrschaft Wildenberg erworben, die bereits 1408 an die Rink gefallen ist. Eine wichtige Stellung für die politische Bedeutung der Familie scheint dabei die Landvogtei in Oberschwaben mit dem Amt des Landrichters gespielt zu haben, das die Familie bis zum Tode Albrechts I. 1364 inne hatte. Der Güterbesitz der Familie blieb in diesen vier Generationen abgesehen von dem Erwerb der Herrschaft Wildenberg weitgehend unv., da die Familie trotz mehrerer Söhne in zwei oder drei Generationen diese weiteren Söhne entweder in geistliche Stellungen bringen konnte oder aber diese jung und unverheiratet starben. Nach einer Aufstellung des Besitzes um 1330 handelte es sich um die Herrschaften W., Heiligenberg, Schmalnegg, Bludenz mit Montafon, dazu kamen Güter im Rheintal und die aus der wildenbergschen Erbschaft stammenden Burgen Wartau, Freudenberg und Hohentrins. Teilungen des Familienbesitzes unterblieben daher. Erst unter den Söhnen Albrechts II. kam es zu einer erneuten Erbteilung des Hauses um 1377/78. Die vier Söhne hatten zuerst das Erbe gemeinsam verwaltet. Es bestand damals aus den Herrschaften W. mit Wartau und Freudenberg, Heiligenberg, → Rheineck mit Altstetten, Bludenz mit Montafon, Eglofs, Tamils und Hohentrins in Graubünden und die Kastvogtei über die Kl. Disentis uns St. Johann im Thurtal. Bei der Teilung erhielt Hugo IV. und Heinrich IV. W., → Rheineck und das Rheintal zu gemeinsamen Besitz. Sie teilten diese Güter nochmals 1387 unter sich auf, wobei Hugo IV. W., Heinrich IV. aber → Rheineck und das Rheintal erhielt. Albrecht III. und Albrecht IV. übernahmen bei der Teilung die Herrschaften Heiligenberg, Bludenz und den restlichen Besitz im Vorarlberg in gemeinsamer Verwaltung, doch teilten auch sie ihre Güter 1382 auf. Dabei erhielt Albrecht III. Bludenz und Albrecht IV. Heiligenberg. Damit hatte sich das Erbe der Familie auf insgesamt vier Linien verteilt: W.-Heiligenberg-W., W.-Heiligenberg- → Rheineck, W.-Heiligenberg-Bludenz und W.-Heiligenberg-Heiligenberg. Zwar konnte die Familie für Albrecht III. 1382 das Amt des ksl. Landvogts in Oberschwaben zurückgewinnen, doch hat die Erbteilung unter ihm und seinen Brüder zu einem solchen Rückgang in der wirtschaftlichen Bedeutung der Familie geführt, daß Albrecht III. selbst mit einem massiven Verkauf von Gütern beginnen mußte: 1394 wurde Bludenz und Montafon auf sein Ableben an Österreich verkauft, daß dieses dann auch 1418 übernahm. Ulrich von Ems kaufte 1395 die Burg Zwingenstein, den Hof Widnau und den Reichshof Lustenau. Darüber hinaus wurde 1416 Eglofs an Gf. Wilhelm von → Montfort-Tettnang; 1404 W. an die Gf.en von → Montfort-Tettnang verpfändet und Alt- und Neuschellenberg 1412 an Gf. Wilhelm V. von → Montfort-Tettnang verkauft. Nach dem Ableben von Hugos IV. Sohn Albrecht 1390 fiel dessen Erbe an das Haus zurück, ebenso auch das Erbe des kinderlos verstorbenen Albrecht IV. (gest. 1418) in Heiligenberg. Albrecht III. (gest. 1420) hatte fünf lehensunmündige Töchter, weshalb sich der Besitz wieder in der Hand der letzten Generation des Hauses vereinigte. Die drei Brüder Rudolf VIII., Hugo V. und Heinrich. X. blieben kinderlos. Sie besaßen 1392 gemeinsam die Herrschaften W., → Rheineck, Hohentrins und Tamins mit den Gütern in Graubünden und einen Anteil an → Maienfeld, ferner Zwingenstein, Wartau, Freudenberg und die Kl.vogtei über Disentis. Die Familie hat 1401 auf die Vogteirechte über das Kl. Disentis verzichtet. Rudolf VIII. hatte sich von der bisher habsburgtreuen Haltung seines Hauses abgewandt und stand auf Seiten der Eidgenossen. Doch haben seine Auseinandersetzungen mit Habsburg ihn in so hohem finanziellen Maße geschädigt, daß er seinen Besitz weitgehend verkaufen und verpfänden mußte. Zuletzt blieb ihm nur noch die Burg Hohentrins in Graubünden übrig, auf die er sich zurückgezogen hatte. Heinrich. X. war bereits 1401 als Mitinhaber des rheineckschen Erbes kinderlos verstorben. Seine Brüder teilten daraufhin den Besitz des Hauses. Hugo V. konnte den Besitz des Hauses, das er seit 1408 leitete, nochmals unter seiner Herrschaft vereinen. Er hatte zuvor in der Teilung mit seinem Bruder nach dem Tode Heinrichs. X. das Rheintal erhalten, während Rudolf die Herrschaften W. und Heiligenberg sowie den Anteil an Maifelden bekommen hatte. Er war 1410 Landvogt in Oberschwaben, wie seine Vorfahren, und erhielt 1420 alle Rechte, Privilegien und Handvesten über das Landgericht in der Herrschaft Heiligenberg bestätigt. Nach seinem kinderlosen Tod 1428 kam es um sein Erbe zu Auseinandersetzungen.

Ks. Sigmund hat nach dem Tode von Gf. von Gf. Hugo V. von W.-Heiligenberg, Herrn zu Hohentrins und Tamins in Graubünden, sowie Pfandherrn zu Scheidegg und Weiler bei Rothenfels im Allgäu die Herrschaft Heiligenberg als heimgefallenes Lehen an sich gezogen. Gf. Johann von W.-Sigmaringen aus der Linie → Sargans hatte in seinem und seiner Brüder Namen beim Ks. die Belehnung mit der Herrschaft Heiligenberg gefordert. Nachdem dieses abgelehnt worden war, nahm er 1429 die Herrschaft mit bewaffneter Hand in Beschlag. Daraus entwickelte sich ein mehrjähriger Rechtsstreit um das Erbe, an dessen Ende 1434 Heiligenberg den Gf.en von W.-Sigmaringen zugesprochen wurde, die daraufhin die Herrschaft erhielten und bis zu ihrem Erlöschen im Mannesstamm 1534 behalten konnten.

II.

Es ist überliefert, daß der Gf. von W. 1295 einen Schreiber hatte, was eine kleine, aber funktionierende Kanzlei voraussetzt. In der Burg W. wurde 1297 eine Urk. ausgefertigt, was eine beginnende Kanzlei- und Verwaltungsstruktur innerhalb der Gft. unterstreicht. Diese Entwicklung hat dabei einige Jahrzehnte später als im innerschwäbischen Raum begonnen. Aus der Ministerialität der Regionen des Hauses stammten aber die Vögte oder Ammänner, die die Geschäfte in Abwesenheit der Gf.en führten. Damit scheint sich eine übliche Hofstruktur mit den vier Hofämtern an der Sitze nicht entwickelt zu haben.