Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

Zurück zur Ergebnisliste Abfrage »Polheim« Treffer 3 von 15

POLHEIM

C. Parz

I./II.

Als Sigmund Ludwig von Polheim i.J. 1514 die kleine Wasserburg P. von Koloman Oberheimer erwarb, hatte er wohl schon den Ausbau dieses Rittersitzes zu einem Wohn- und Verwaltungssitz vor Augen. Sofort begann er gegenüber der alten Motte mit dem Neubau des Schlosses »Neu-Tegernbach«. Dazu ließ er nicht nur die uralte, schon zur Ruine verkommene Veste Tegernbach bei Schlüßlberg, ein Lehen vom Kl. Mondsee, die sein Urgroßvater Andreas von Polheim 1398 gekauft hatte, abreißen und die Abbruchsteine als Baumaterialien nach P. überführen, sondern er verlegte auch die mit Tegernbach erworbenen Gerichts-, Vogtei-, Lehen- und sonstigen Herrschaftsrechte (Fischerei, Jagdrecht) sowie auch Verwaltung und Gericht des Marktes Grieskirchen nach P. Das Landgericht Tegernbach war Schaunberger, das Gericht zu Grieskirchen landesfsl. Lehen. Offensichtlich wollte er hier nahe den Wurzeln seines Geschlechtes eine neue Res. für seine Familie schaffen. Verwalten ließ er die neuerworbene Herrschaft durch Pfleger. Die damals entstandenen Bauteile des neuen Schlosses sind durch ihren noch spätgotischen Charakter deutlich von den Ausbauten in der zweiten Hälfte des 16. Jh.s zu unterscheiden.

Sigmund Ludwig von Polheim ist in Wels geblieben, zumal er dort durch den Kauf der Anteile der beiden anderen Linien der Polheimer das ganze Schloß in seine Hand bringen konnte und noch zwei Jahre vor seinem Tod den Renaissancetrakt über der nördlichen Stadtmauer errichtete.

Eine neue Situation für P. ergab sich durch die Familiengründung seines jüngsten Sohnes Sigmund von Polheim, der 1531 in Schloß Polheim und Wels geb. worden war. Er heiratete 1557 im Schloß zu Wels die 19jährige Potentiana von Hohenfeld, die Tochter des Achaz Hohenfelder zu Aistersheim und Almegg. Zu diesem Fest überbrachte ihm der Landesjägermeister einen am Tag vor der Hochzeit extra gefangenen Hirschen, einen Achtender, vermutlich ein Geschenk der Stände. Das neuvermählte Paar nahm nun seine Wohnung auf Schloß P., das ihnen sein Bruder Andreas überließ, regelte die Finanzen und setzte bald den Ausbau des Landschlosses zur heutigen Renaissance-Dreiflügelanlage fort.

Als Bauführer betraute Sigmund von Polheim den bisher unbekannten »welschen« Maurer-Meister Mert (Martin) Capran (Khäpran), der mit seinem »Gesinde« in Rechnungen der Jahre 1572 und 1574 aufscheint. Die Malerarbeiten führte der Welser Bürger Jörg Pettenkhofer durch, mit Schlosser- und Schmiedearbeiten wurden Meister Moriz Grunling und Jörg Schmidt, beide in Grieskirchen, beauftragt. Das Bauholz wurde an der Fischermühle bei Tratteneck geschnitten, Baueisen bezog der Bauherr aus der Eisenstadt Steyr. Der Ankauf und die Setzung von Öfen sowie der Kauf diverser Einrichtungen wie Truhen, Kästen oder Leuchter folgten in den nächsten Jahren. An Räumen werden der Saal, Gänge, Vorhäuser und Stiegen, die große Stuben, ein Frauen-Zimmer, die Edleith Camer, Küchen mit Rauchfängen, Pradt und Mel Keller und auch ein Gefenkhnus gen. Weiters wurden noch kleinere Umbauten durchgeführt, auch im Wasserschloß wie der mit 1585 datierte Schlußstein des Sockelmauerwerks in der Südwestecke (heute am Eingangsbogen vor der Brücke über den Wassergraben) beweist. Zwei Wappen, aus rotem Adneter Kalk gemeißelt, erinnern an den Bauherrn (1590) und seine (verstorbene) Gattin. Auch das Einfahrtstor ist mit Wappen geschmückt. Weitläufige Wirtschaftsgebäude und die Hoftaverne ergänzen das Ensemble.

Wirtschafts- und religionspolitisch wichtig war der Ausbau seines nur 1 km vom Schloß entfernt an der Trattnach gelegenen Marktes Grieskichen, den er zu einem Zentrum des Protestantismus machte. Groß sind die Verdienste Sigmunds um die dortige Schule, die durch die Bestellung tüchtiger Lehrer weit über Grieskirchen hinaus einen hervorragenden Ruf genoß. Auch Söhne auswärtiger Adeliger und Familienangehörige brachte er in dieser unter, er förderte aber auch arme Schüler und Studenten. Als Musikliebhaber ließ er in der Pfarrkirche eine Orgel auf eigene Kosten errichten und führte bereits 1568 die Matrikenführung ein.

Als Repräsentant des obderennsischen Herrenstands und führender Vertreter des Protestantismus beauftragte Sigmund von Polheim um 1580 einen unbekannt gebliebenen Künstler, die Fassade des Landschlosses mit einem protestantischen Bildprogramm zu versehen. Die Auswahl und Schwerpunktsetzung der Kombination mythologischer und allegorischer Darstellungen mit biblischen Szenen sollten offensichtlich der religiösen Belehrung wie auch der politischen Propaganda dienen.

So ist die mit einer großzügigen scheinarchitektonischen Rahmung versehene Südfront von Einzelfiguren und Bildfeldern bestimmt. Über einer Reihe von antikisierenden Nischenfiguren (Planetengötter, Jahreszeiten, Elemente etc.) finden sich meist selten wiedergegebene biblische Szenen (Prophet Daniel bringt den Drachen zum Bersten; Tanz der Salome; Zug der Israeliten durch das Rote Meer und Untergang des Pharaos/Papstes). Die obere Figurenreihe zeigt christliche Tugendallegorien. In der Zeit der Gegenreformation durch Übertünchen zum Verschwinden gebracht, wurden sie 1986-1993 aufgedeckt und restauriert.

Da Sigmunds einziger Sohn geisteskrank war, adoptierte er seinen Neffen Gundaker und vererbte ihm seine Herrschaft P.

Gundaker von Polheim (1575-1644) war ebenfalls überzeugter Protestant, trotzdem diente er drei Ks.n in hohen Ämtern. Auf Gundakers Bitte erhob Ks. Matthias 1613 den Markt Grieskirchen zur Stadt. 1623 ersetzte Gundakar die alte Marktordnung, die 1564 Sigmund von Polheim erlassen hatte, durch eine den geänderten Verhältnissen angepaßte Stadtordnung. Spital und Schule wurden renoviert, die Schule als Gymnasium privilegiert. 1620 erhob Ks. Ferdinand II. das Dorf Kematen am Innbach zum Markt.

Gundakar bemühte sich vergebens, die polheimische Krida noch im letzten Moment abzufangen. Nach den Herrschaften Wels, Irnharting, Steinhaus und Lichtenegg mußte er auch die Stadt Grieskirchen und den Markt Kematen verkaufen. Die beiden letzteren erwarb um 1640 Gf. Paul Palffy. Aber auch P. konnten die Polheimer nicht halten. Die Erben Gundakers veräußerten diese ihre letzte Herrschaft im Land ob der Enns i.J. 1662 an David Ungnad Gf. von Weißenwolf.

Das Kaufurbar vom 29. Sept. 1662 führt das alte und das neue Schloß, den dabeiliegenden gemauerten Meierhof, die Schmiede und ein Mühlschlagsrecht, das Bräuhaus, einen Getreide- und Heustadel nächst dem Schloß sowie einen Ziegelstadel an. Auch der Burgstall der namensgebenden Stammburg der Polheimer auf dem Rambberg in der Pfarre Pollham sowie die schon damals nur mehr als ein mit Stauden verwachsener Burghügel samt Graben beschriebene ehem. Burgstelle der abgebrochenen Veste Tegernbach sind verzeichnet. Weiters werden die von der Herrschaft genutzten Gärten, Hoffelder, Teiche, Wiesen und Weiden, Forste und Hölzer kurz beschrieben. An Herrschaftsrechten sind Reisgejaid und Wildbann (niederes und hohes Jagdrecht), der Burgfrieden, das Ungeld auf etlichen Tavernen und die geistlichen Vogteien über das St.-Laurentius-Gotteshaus zu Pollham und die St.-Anna-Kapelle unweit des Schlosses P. gen. Die untertänigen Güter, Grundstücke und Zehente und ihre Besitzer sind in Ämtern (Hofamt, Amt Tegernbach, Amt Lichtenegg, Pöschen Ämtl, Zehentamt und Lehenszehentamt) grundherrschaftlich organisiert.

Über die Res. Wartenburg, die nach dem Abzug der Polheimer aufgegeben und abgebrochen wurde, ist wenig bekannt, ebenso über die Burg → Polheim zu Leibnitz, ein Salzburger Lehen, das südlich der Veste des Salzburger Ebf.s lag, wo das Geschlecht der Leibnitzer als Bgf.en diente. Durch Heirat kam 1369 Weikhard von → Polheim in den Besitz der Burg, die nun als Res. der steirischen Linie der Polheimer diente und heute als schlichter Zweiflügelbau der Spätrenaissance noch existiert.

Aspernig, Walter: Geschichte des Schlosses Parz bei Grieskirchen, in: Das Kulturerbe im Spannungsfeld zwischen privatem Engagement und öffentlichem Auftrag. Festschrift anlässlich des 30 jährigen Bestehens der Zeitschrift ARX – Burgen und Schlösser in Bayern, Österreich und Südtirol, Bozen 2009 (ARX Schriftenreihe, 2), S. 109-117. – Aspernig, Walter: Die Geschichte des Schlosses Parz bei Gieskirchen, in: Renaissance und Reformation. Katalog zur Oberösterreichischen Landesausstellung, Linz 2010, S. 23-30. – Aspernig, Walter/ Forster, Roland/Gruber, Elisabeth: Die Grabdenkmäler der Pfarre Grieskirchen, Grieskirchen 2010.