Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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ARENBERG

A. Arenberg

I.

Namengebend ist die Burg, spätere Festung Aremberg (so die heutige amtliche Schreibweise) im Tal der Ahr, einem linken Nebenfluß des Rheins im Kr. Ahrweiler (Rheinland-Pfalz). Erster urkundlich belegter Namensträger: Henricus de Arberg, 1166 Vize-Bgf. von Köln. In Stadt und Erzstift Köln lagen die Besitzschwerpunkte der Familie.

II.

Die reichsrechtliche Stellung der Herren/Gf.en/Hzg.e von A. beruhte auf dem Besitz der im kurrheinischen Kr. gelegenen reichsunmittelbaren Herrschaft (1576 gefürsteten Gft.; 1644 Hzm.) A. Das Bgf.enamt wurde 1279 an den Ebf. verkauft, der nach dem Tod des Johann von A. (1281) auch den vergeblichen Versuch unternahm, A., Kommern und weitere Güter als heimgefallene Lehen einzuziehen. Burg und Herrschaft A. galten fortan als Eigengut. Lehnsherren waren die Ebf.e von Köln und von Trier (1395) sowie die Hzg.e von Jülich (1470). Die Herren von A. verfügten über einen kleinen Lehnshof aus niederadligen und bürgerlichen Lehnsleuten.

III.

Wappen: in Rot drei fünfblättrige, goldene Mispelblüten (2:1).

Die Burg auf dem A. (1281 erstmals erwähnt) ist wohl schon im 12. Jh. entstanden. Die erhaltenen Rechnungen belegen regelmäßige Ausgaben für Bauunterhalt und gelegentliche Erweiterungen, von 1555 bis 1567 größere Umbauten; 1617 im Schloß 43 Räume, deren Ausstattung für die seltenen Aufenthalte der Angehörigen des Hauses A. ausreichte. Nach einer 1642 mit Mühe abgewehrten Belagerung wurde die Anlage erneut den milit. Erfordernissen angepaßt; dabei entstanden die ältesten erhaltenen Pläne. 1682 wurde die Burg von einer abziehenden frz. Besatzung gesprengt. 1686-1688 Wiederaufbau; 1800 Versteigerung auf Abbruch; um 1850 Ruine. Im 19. Jh. haben die Hzg.e ihre Burgen und Schlösser bildlich festhalten lassen, darunter auch die Ruinen von Schloß A. Von den Mitgliedern des Hauses sind seit dem 16. Jh. in großer Zahl Porträts erhalten geblieben.

IV.

Das erste Haus Ar(en)berg erlosch 1281. Ehen mit Töchtern aus angesehenen Gf.enhäusern demonstrieren seinen sozialen Status. Die Erbtochter heiratete den Gf.en Engelbert II. von der Mark. Vom ältesten Sohn stammen die Gf.en von der Mark, 1368 Gf.en von Kleve (1417 Hzg.e von Kleve, 1511 Hzg.e von Jülich und Berg, Gf.en von Ravensberg, erloschen 1609). Der zweite Sohn Engelbert, 1345-1363 Bf. von Lüttich und 1363-1368 Ebf. von Köln, holte seinen Bruder Eberhard I. (gest. 1387) ins Hochstift Lüttich. Dieser, Stammvater des zweiten Hauses A., erwarb durch seine Ehe mit Maria von → Looz die Herrschaften Neufchâteau, Lummen und Aigremont. Ihm folgte der Sohn Eberhard II. (gest. 1440). Dessen Söhne teilten den Besitz: von Ludwig/Louis (gest. 1498) stammte die Linie Rochefort, erloschen mit dem gleichnamigen Enkel 1544 und beerbt von den Gf.en von → Stolberg. Der ältere, Johann (gest. 1470) wurde durch seine Söhne Stammvater der Linien A. (Eberhard, gest. 1496), Sedan (Robert, gest. 1487) und Lummen (Wilhelm, gest. 1485). Aus der Linie Sedan (erloschen 1652) stammten u. a. Eberhard (gest. 1538), Bf. von Lüttich (1505) und Kard. (1521) sowie Robert, Marschall von Frankreich und Hzg. von Bouillon (gest. 1556). Der Gründer der Linie Lummen ermordete im Aug. 1482 den Bf. von Lüttich und wurde dafür am 18. Juni 1485 in Maastricht enthauptet. Sein Urenkel Philipp, Gf. von der Mark, konnte aus dem Erbe der Gf.en von → Manderscheid 1593 die Herrschaft → Schleiden an sich bringen. Seine Nachkommen erloschen 1773, die Erbtochter heiratete den Hzg. von A.

Auf Eberhard III. (gest. 1496), den »Eber der Ardennen« (Sanglier d' Ardenne), folgten seine Söhne Eberhard IV. (gest. 1531) und Robert I. (gest. 1541), die 1501 das väterliche Erbe teilten. Eberhard, der später – wie seine Vorfahren – den Gf.entitel führte, erhielt die Herrschaft A., das Recht zur Auslösung der Burg Neufchâteau (Prov. Luxembourg, Belgien), die Vogtei über den Hasbengau (Hesbaye), die Herrschaft Aigremont (Prov. Liège, Belgien) und die Burg Heers (Prov. Limburg, Niederlande); Robert fielen die Herrschaften Mirwart, Lomprez und Villance sowie die Vogtei über das Kl. St. Hubert zu (alle Prov. Luxembourg, Belgien). Da Robert seinen Sohn Robert II. (gest. 1536) überlebte, folgte ihm der Enkel Robert III., mit dem die Linie im Sept. 1544 erlosch. Dessen Schwester Margarete heiratete im Okt. 1547 Jean de Ligne, der fortan den Titel eines Gf.en von A., Frh.n von Barbançon, Herrn zu Neufchâteau, Mirwart, Aigremont und Loenhout, Erbvogt im Hasbengau, zu Lüttich und St. Hubert führte. Von diesem Ehepaar stammt das dritte Haus A. ab, das daher gleichen Stammes mit den noch blühenden Fs.en von Ligne ist.

Johann von Ligne, Gf. von A., fiel im Mai 1568 in der Schlacht von Heiligerlee. Seine Wwe. erreichte am 5. März 1576 die Erhebung der Gft. A. zu einer gefürsteten Reichsgft. und erhielt am 11. Okt. 1576 Sitz und Stimme im Reichsfs.enkollegium. Dies war der Parteinahme zugunsten des Hauses Habsburg im Unabhängigkeitskrieg der Niederlande zu verdanken. Von den Söhnen des Ehepaars war der jüngste, Robert (gest. 1614), Prince de Barbançon, Gründer einer mit seinem Enkel 1693 erloschenen Nebenlinie. Der älteste, Karl (gest. 1616), erhielt 1612 durch seine Ehe mit Anna von Croy, Tochter des Hzg.s von Aerschot, etliche Herrschaften in Brabant, Flandern und dem Hennegau, den Titel eines Hzg.s von Aerschot und den Rang eines Granden von Spanien I. Klasse. Er kaufte 1606 von Kg. Heinrich IV. von Frankreich die Herrschaft Enghien und gründete dort 1615 ein Kapuzinerkl. mit einer bis in das 20. Jh. genutzten Grablege. Als Hzg. von Aerschot folgte ihm sein Sohn Philipp Karl (gest. 1640), der ab 1634 als Gefangener am Hof des Kg.s von Spanien in Madrid lebte. Von dessen Söhnen wurde Philipp Franz (gest. 1674) am 9. Juni 1644 durch den Ks. zum Hzg. von A. erhoben. Ihm folgte sein Halbbruder Karl Eugen (gest. 1681), dessen Sohn Philipp Karl (gest. 1691) und der beim Tod des Vaters noch kein Jahr alte Enkel Leopold Philipp (gest. 1754), den sein Sohn Karl Maria Raymund (gest. 1778) beerbte. Die Ehefrauen dieser Hzg.e stammten aus den führenden Familien der span., später österr. Niederlande und aus reichsfsl., dem Ks.haus nahe stehenden Häusern (Melun, Berlaymont, → Hohenzollern, Cusance, Alcaretto, Pignatelli). Hzg. Karl Maria Raymund heiratete 1748 Luise Margarete Gf.in von der Mark (aus einer jüngeren Linie des zweiten Hauses A.), die 1773 beim Tode ihres Vaters die Herrschaften → Schleiden und Saffenberg (Eifel) erbte. Der gemeinsame Sohn Ludwig Engelbert (gest. 1820) war der letzte Inhaber der Besitzungen auf dem linken Rheinufer. Als Entschädigung für deren Verlust erhielt er beim Reichsdeputationshauptschluß 1803 das früher kurkölnische Vest Recklinghausen und das vormals zum Niederstift Münster gehörige Amt Meppen. Diese Besitzungen trat der Hzg. an seinen Sohn Prosper Louis (gest. 1861) ab, der am 19. Juli 1806 dem Rheinbund beitrat und im Febr. 1808 Stéphanie Tascher de la Pagerie, eine Nichte der Ks.in Josephine (erste Ehefrau Napoleons I.) heiratete. Die Wiener Schlußakte vom 9. Juni 1815 beendete die Existenz des Rheinbundstaates Hzm. A.; Meppen kam unter die Oberhoheit des Kg.s von Hannover, Recklinghausen unter die des Kg.s von Preußen. Der Hzg. war nun Standesherr, die in seinem Besitz gebliebenen Rechte, insbes. das Bergregal mit den daraus seit dem Beginn der Kohleförderung im Vest Recklinghausen (1854) fließenden Abgaben, schufen für das Haus eine sichere wirtschaftliche Basis. Prosper Louis gehörte 1830 zu den Kandidaten für die Krone des neu gegr. Belgien. Die heute lebenden Namensträger sind Nachkommen von Prosper Louis und seinem Bruder Peter.

Quellen

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