Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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HEUNBURG

A. Heunburg

I.

Der Name der Gf.en von H. leitet sich von ihrem Stammsitz, der von Wilhelm I. errichteten H. (heute Haimburg im politischen Bezirk Völkermarkt/Kärnten) her. H. bedeutet im Ahd. »Hunnenburg« (1103 in einer Urk. Hzg. Heinrichs III. Huneburch), wobei mit »hunnen« die Awaren gemeint waren, wie die slowenische Form des Namens Vobre (ober = Aware) belegt. Die H. ist der Nachfolgebau eines älteren Turmes, der so gen. Rauterburg nordwestlich des heutigen Haimburg am Südosthang der Wandelitzen (Südhang der Saualpe).

Als erster des Geschlechtes wurde Gero I., der in Rasen bei Bruneck im Pustertal begütert war und zwischen 1050 und 1072 achtmal in Brixener und Freisinger Urk.n Erwähnung findet, identifiziert. Gero war ein naher Verwandter der sächsischen Gf.en von Seeburg. Viell. entstammte er sogar diesem altehrwürdigen Geschlecht. Darauf weisen auch die Leitnamen Gero, Wilhelm und Poppo der Gleiß-Seeburger (Hofmark Gleiß in Niederösterreich), enger Verwandter Geros, hin, die in den ersten Generationen der H.er (bis Anfang 13. Jh.) ebenfalls aufscheinen. Wilhelm I. von H. (1072-1107 urkundlich nachweisbar, bisweilen auch Wilhelm von Pozzuolo nach einem Lehen des Pariarchats Aquileja gen.) wird bei seiner ersten urkundlichen Erwähnung 1072 als Willihalm filius Ger angeführt.

II.

Die »Gft. H.« war eine jener »Titulargft.en«, deren bes. Beziehungen zum Reich kaum mehr nachweisbar sind. Seit 1072 sind die H.er in den Quellen belegt und werden seit 1103 von H. gen., wobei eine Erhebung zu Gf.en oder Vererbung des Gf.entitels auszuschließen sind. Gleichfalls ist – wie in der älteren Literatur mehrfach vermutet – ein Übergang der Ostkärntner Gft. Jaun, die zwischen 1000 und 1065 viermal urkundlich belegt ist, und die weite Teile der späteren Gft. H. umfaßte, in die Gft. H. nicht möglich, da Jaun schon vor dem ersten Auftreten der H.er zerfallen war. Die zeitgenössischen Quellen erwähnen stets eine Herrschaft, nie eine Gft. H. Die H.er waren bis ins 14. Jh. im Besitz der hohen Gerichtsbarkeit im Lavanttal, um Bleiburg und im Gebiet um Haimburg.

Als sich Geros I. Sohn Wilhelm dem Kärntner Erbe zuwandte, errichtete er im Zentrum des Raumes, wo er die hohe Gerichtsbarkeit ausübte, auf einem Kalkfelsen die H. und nannte sich danach. Damit wurde er zum Spitzenahn des Geschlechtes, das den Namen bis zum Aussterben im Mannesstamm 1322 weiter führte. Wer in dieser Zeit Macht ausübte, nahm häufig eigenmächtig einen Titel, der ursprgl. ein Herrschaftsamt bezeichnete, an. Mehr als die Hälfte des Besitzes der »Titulargf.en« von H. bestand aus kirchlichen Lehen und kam v.a. vom Patriarchat Aquileja und dem Ebm. Salzburg. Ein Teil war Lehen des Kärntner Hzg.s, rechtliche Bindungen an das Reich hingegen fehlen völlig. Die Gf.en scheinen in diesem Zusammenhang nirgendwo auf. Dennoch beherrschten sie weite Teile Ostkärntens und nahmen realpolitisch eine ähnliche Stellung wie die Gf.en von → Görz und jene von → Ortenburg in Oberkärnten ein.

1149 urkundet Pilgrim, der Sohn Wilhelms I, als Mundschenk des Patriarchen von Aquileja und nennt sich wie schon sein Vater (1107) nach der großen Lehensherrschaft des Patriarchats bei Udine »von Pozzuolo«, sein Sohn Gunther (gest. 1140) war der letzte Mgf. des Sanntales (marchio de Cylie). 1141 führt Gf. Poppo I. von H. den Titel »Graf von Krain« (comes Popo de Creine), seit 1202 nennen sich die H.er auch »Grafen von Malta« (comes de Malntin). Zu dieser Herrschaft samt Burg waren sie durch die Heirat Ulrichs I. von H. mit einer Schwester Walters von Malta gelangt. Albert von H. (gest. nach 1252) war Domherr zu Passau und nannte sich nach einem Familienbesitz bei Tamsweg (Salzburg) auch »Gf. von Lessach«, 1270 wird Ulrich III. von H. kurzzeitig erster Landeshauptmann von Kärnten und damit persönlicher Vertreter des Böhmenkg.s Přemysl Ottokar in Kärnten.

Gf.in Katharina von → Sternberg und ihre beiden Söhne aus der H.er Nebenlinie der »Titulargf.en« von → Sternberg tragen ihre Herrschaft 1311 Hzg. Heinrich von Kärnten auf und nehmen sie von ihm wieder zu Lehen. Gf. Walter, der letzte seines Geschlechts, soll die Herrschaft 1329 an die → Ortenburger verkauft haben.

III.

Im Wappen der Gf.en von H. waren drei achtstrahlige goldene Sterne (2:1) in blauem Feld dargestellt. Es wurde 1341 von ihren Haupterben, den Freien von Sannegg, bei deren Erhebung zu Gf.en von Cilli übernommen, die es ihrem Stammwappen (zwei rote Balken auf silbernem Grund) hinzufügten. Nach dem Aussterben der Cillier findet es sich als Stadtwappen von Cilli (Celje, Slowenien) wieder, und noch heute zieren die drei Sterne die slowenische Nationalflagge.

Die H.er Seitenlinie der Gf.en von → Sternberg verwendete mit drei achtstrahligen goldenen Sternen auf rotem Feld ein der Stammlinie ähnliches Wappen.

Altheunburg (Rauterburg) war ein viereckiger Turm mit vier verschieden großen Räumen, von denen keine architektonischen Details mehr erhalten sind. Von der Burg → H. im S der heutigen Ortschaft Haimburg, die bis 1228 Hauptsitz der Gf.en von H. war, sind noch der Torturm, Reste der Palasmauern sowie Reste der ehem. Kapelle St. Alexius im W der Anlage vorhanden. 1228 verlegten die H.er ihren Hauptwohnsitz auf die Bleiburg (Pliburch), die sie auf einem vorgeschobenen Hügel im O des aufstrebenden Marktes errichtet hatten. Davon sind noch einzelne Bauteile erhalten: im O der Anlage der Bergfried, im NW ein Turm und der im Westtrakt verbaute Palas. Der Gutteil der heutigen Anlage stammt vorwiegend aus dem 17. Jh.

Ganz ihrem gesellschaftlichen Rang entspr. traten die H.er gegenüber der Kirche immer wieder als Stifter auf. So gründeten sie 1241 in Cilli das Minoritenkl. und 1284 statteten Gf. Ulrich III. von H. und seine Gattin Agnes das 1236 gestiftete Prämonstratenserkl. Griffen großzügig aus und wurden dadurch zu den »zweiten Gründern« des Stifts. Die Gf.en von H. besaßen mehrere Eigenkirchen, hatten das Patronatsrecht über die Marienkirche in Haimburg (urk. 1272) und tätigten etliche Stiftungen zur Memoria des Geschlechtes.

Bei der Schilderung des (fiktiven) Friesacher Turniers von 1224 erwähnt der Autor Ulrich von Liechtenstein in seinem »Frauendienst« auch Gf. Wilhelm IV. von H., den er als ausgezeichneten Kämpfer preist, und dem er die Topoi Freigiebigkeit und prunkvolles Auftreten zuordnet. Zum Friesacher Turnier habe Wilhelm 32 Ritter mitgebracht, wohingegen der Gf. von → Ortenburg nur acht habe stellen können, heißt es. Auch Otacher ouz der Geul weiß in seiner Reimchronik ähnliches über Wilhelm IV. zu berichten.

Der Hauptwohnsitz der Gf.en von → Sternberg befand sich auf der gleichnamigen Stammburg (heute politischer Bezirk Villach Land). Von der romanischen, sechseckigen Anlage aus dem 12./13. Jh. sind teilw. bis zu 4 m hohe Mauerreste erhalten, ebenso im O des Burgkomplexes Teile des Bergfrieds und Reste des Burggrabens. Auf einer Anhöhe im O gegenüber der Burg liegt eine von den Sternbergern errichtete und dem Hl. Georg geweihte Kirche (urkundlich 1285). Vom ursprgl. romanischen Bau ist nichts mehr erhalten.

IV.

Das Geschlecht der H.er ist seit 1072 in den Quellen nachweisbar und führt von 1103 bis zum Erlöschen im Mannesstamm 1322 den Titel »Gf.en von H.«. Seine Vorfahren sind als Verwandte des Gf.en Otwin im Pustertal und dessen Frau Wichburg, einer Tochter des Pfgf.en Hartwig I. von Bayern, die nach dem Tod ihres Mannes das adelige Nonnenkl. St. Georgen am Längsee stiftete, seit der zweiten Hälfte des 11. Jh.s nachweisbar. Aus dieser Verwandtschaft resultierte reiches Erbe in der Steiermark und in Kärnten, aber auch der Besitz Geros I., des Vaters des ersten H.ers, zu Rasen im Pustertal. Umfangr. Ländereien befanden sich v.a. im Kärntner Jauntal um Bleiburg und im slowenischen Sanntal, wohl eine Erbschaft aus der ehelichen Verbindung Geros mit einer Tochter der Gf.in Hemma von Friesach-Zeltschach. Gero nannte sich jedoch nie »von H.«. Sein Sohn Wilhelm I. errichtete den neuen Wohnsitz auf der H. und führte fortan den Titel »Gf. von H.«. Mit der Herrschaft H. war ein Landgericht verbunden.

Der Gesamtbesitz der H.er setzte sich etwa zu gleichen Teilen aus Eigengütern und Lehen zusammen, wozu seit dem ausgehenden 13. Jh. noch etliche Pfandschaften kamen. Die Gf.en besaßen einige Städte, etliche Burgen und Märkte, Mauten und Zölle. Die größte Kärntner Herrschaft der H.er, ein Lehen des Patriarchats Aquileja, befand sich um Bleiburg mit dazu gehörigem Markt und Landgericht. Auch übten die H.er in St. Leonhard im Lavanttal die hohe Gerichtsbarkeit aus. Weiterer Besitz umfaßte in Kärnten u. a.: die Herrschaft Hohenwart, Sternberg, nach dieser Burg nannte sich seit 1237 eine Seitenlinie des Geschlechts, Malta bei Gmünd (ein Erbe der Hochfreien von Malta), Markt Eisenkappel (ein Lehen des Bm.s Brixen), Mittertrixen, das die H.er vom Bm. Gurk zu Lehen hatten, Güter am Diex und um Griffen sowie die Burgen Gutenstein bei Bleiburg (ein Lehen des Ebm.s Bamberg), Rabenstein, Stein im Jauntal mit Landgericht, (ursprgl. ein Pfand der Gf.en von → Görz), Kamering bei Paternion, Löschental, Lavamünd, Reisberg südwestlich von Wolfsberg und zeitweilig auch die große Veste Griffen. In Krain zählten die wichtige Herrschaft Laas (Lož, castrum et provincia) mit Markt und Landgericht (ein Lehen des Patriarchats Aquileja), die Veste Zauch (Sucha, ein hzgl. Lehen) und die Herrschaft Siebenegg bei Ratschach an der Save zum H.er Besitz, in der Untersteiermark u. a. die Herrschaften Cilli (Celje), Schmierenberg (Schmirnberg) mit Vogtei und Gericht sowie Schönstein (ein Allod der H.er mit Landgericht und etlichen Lehen), die wichtige Vogtei über das Kl. Obernburg, salzburgische Lehen im Murtal zwischen Leoben, Zeiring, Eppenstein und Unzmarkt und etliche weitere Güter. Seit dem 12. Jh. zählten die H.er auch zum steirischen Adel, als dessen politische Führer sie immer wieder in Erscheinung treten. Von Vorteil für den Aufstieg des Geschlechtes war, daß mit Ausnahme des Besitzes der Sternberger Nebenlinie die H.er Güter ungeteilt in der Hand der Hauptlinie blieben. Enge verwandtschaftliche Beziehungen zu wichtigen steirischen Geschlechtern, z. B. den Gf.en von Pfannberg und den wehrhaften Freien von Sannegg, erhöhten die Reputation der Gf.en von H. im SO des Reiches. Dies zeigt sich auch durch die Vermählung Ulrichs III. mit der Babenbergerin Agnes, der Wwe. Hzg. Ulrichs III. von Kärnten, die nicht nur bedeutenden Besitzzuwachs nach sich zog, und an der Ernennung Ulrichs zum ersten Landeshauptmann von Kärnten durch Přemysl Ottokar Anfang 1270, nachdem der H.er den Kärntner Adel beim erfolgreichen Kampf des Přemysliden gegen Philipp von Spanheim um die Kärntner Hzg.swürde angeführt hatte (1268-1270). Allerdings wurde er bereits Ende des Jahres wieder des Amtes enthoben und von Ottokars Schwiegersohn, dem Mährer Ulrich von Dürrnholz ersetzt, was die Feindschaft des H.ers nach sich zog. 1276 stand er an der Spitze des prohabsburgischen so gen. Reuner Bündnisses Kärntner und steirischer Adeliger gegen den i.J. zuvor auf dem Augsburger Reichstag aller Lehen entsetzten Böhmenkg., und in der Entscheidungsschlacht Rudolfs I. von Habsburg gegen Ottokar bei Dürnkrut und Jedenspeigen (1278) führte der H.er 200 Mann ins Feld. Das Geschlecht hatte den Höhepunkt seiner Machtentfaltung erreicht.

Als sich 1291 nach dem Tod Kg. Rudolfs I. von Habsburg der Kärntner, steirische und Krainer Adel mit dem Salzburger Ebf. im Landsberger Bund (Deutschlandsberg, Steiermark) gegen Albrecht I. von Österreich und Meinhard II. von → Görz-Tirol verbündete, stand Ulrich III. von H., damals einer der reichsten Landesherren im Südosten, der sich in Krain zurecht dominus terrae nannte, an der Spitze der Aufständischen, wohl mit dem Ziel, die Kärntner Hzg.swürde zu erlangen. Nach anfänglichen Erfolgen wurde die Allianz besiegt, Ulrich mußte sich ergeben und ging nach Wiener Neustadt in Gefangenschaft. Mit seinem Sohn Hermann, der 1322 auf mysteriöse Weise ermordet wurde (comes Hermannus de H. est interfectus, Nekrolog der St. Moritz-Kapelle in Schloß Straßburg), erlosch das Geschlecht im Mannesstamm.

Nach dem Tode des Gf.en Hermann 1322, der mit Elisabeth, einer Tochter Alberts III. von → Görz verehelicht war, wurde der H.er Besitz unter den Erbberechtigten aufgeteilt. Dabei wurden dem hochfreien steirischen Geschlecht der Gf.en von Pfannberg H., Bleiburg, Mittertrixen, Gutenstein, die Hälfte der Herrschaft Cilli und die Vogtei über das Kl. Obernburg zugesprochen, den Freien von Sannegg (später Gf.en von Cilli), die mit den H.ern wie die Pfannberger mehrfach verschwägert waren, u. a. Schönstein und v.a. die andere Hälfte der Herrschaft Cilli. Das Pfannberger Erbe in Cilli sicherten sie sich schon 1333 durch Kauf. Heinrich von → Hohenlohe erhielt Unterdrauburg, Schmierenberg und Gülten in der Obersteiermark als Aussteuer bei der Eheschließung mit Elisabeth von H.