Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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Medaille

Medaillen spielten seit dem 15. Jh. an den ital., ab dem 16. Jh. auch an den übrigen Höfen und Res.en Alteuropas eine zum Teil bedeutende Rolle. Als in der Regel doppelseitige Kleinreliefs aus Metall, die dank ihrer Gußtechnik oft ein höheres Relief als Münzen aufwiesen, dienten sie nicht als Geld, sondern als fsl. Gunsterweise und Geschenke, zum Ruhm und Nachruhm des Fs.en. Oft in nur kleiner Auflage von Goldschmieden produziert und nicht von den Stempelschneidern der Münzstätten geprägt, meist in Bronze oder Blei und nur ausnahmsweise in Silber oder Gold, bildeten sie in der höf. Kunstproduktion eine eigene Gattung.

Schon Ende des 14. Jh.s entstanden in den Stadtgesellschaften von Padua und Venedig erste Personenmedaillen in Imitation antiker Münzen. Sammlungen antiker Münzen erregten an ital. Fürstenhöfen den Wunsch, Schaumünzen als unvergängl. Medium zur Verewigung fsl. Tugenden und fsl. Ruhmes zu nutzen. Der Maler Antonio Pisano gen. Pisanello schuf 1438 während des Konzils von Florenz den Prototyp der Medaille als maler. aufgefaßtes Kleinrelief; zahlreiche Künstler, v. a. Goldschmiede folgten ihm an den Höfen Italiens.

Nördl. der Alpen setzte sich die Medaille als Kunstform erst nach 1500 durch; in Dtl. seit dem Augsburger Reichstag 1518/19. Schwerpunkte waren Augsburg und Nürnberg, wo spezialisierte Medailleure (u. a. Hans Schwarz, Friedrich Hagenauer, Christoph Weiditz, Hans Daucher, Matthes Gebel, Ludwig Krug) für viele Höfe und auch für das reichsstädt. Patriziat Bildnismedaillen fertigten. Bis in das 18. Jh. waren beide Städte Hauptorte der Medaillenproduktion; nur an wenigen Höfen konnten sich vor 1650 Medailleure als Hofkünstler etablieren, so in Wien, Prag und Dresden. In Sachsen und im Erzgebirge war die Prägung religiöser Medaillen (als Gußmodelle für Goldschmiede) für einen breiten Markt eine Form der Vermarktung des dort gewonnenen Silbers.

In der Regel fertigten Hofgoldschmiede auch den Bedarf an fsl. Bildnismedaillen, die als sog. »Gnadenpfennige«, meist oval, aus Gold gegossen oder zumindest vergoldet und nicht selten in einem Schmuckrahmen als Medaillenkleinode an Goldketten getragen wurden. Sie bezeugten Prestige, Herrschernähe und damit Macht und wurden am Hof selbst und im Außenverkehr getragen, oft von bürgerl. Räten. Nach 1670 kamen sie außer Gebrauch und wurden an manchen Höfen von neugestifteten Ritterorden (so in Kurköln, Kurbrandenburg, Kurbayern u. a.) für Adelige ersetzt.

In den übrigen Staaten Europas waren dagegen die Hauptstädte mit den Höfen Zentren der Medaillenproduktion. Nur in den Niederlanden avancierte während des Aufstandes die – nun geprägte – Medaille zu einem Propagandainstrument gegen die span. Herrschaft und bezog sich nicht mehr auf Personen, sondern auf Ereignisse. Die geprägte Ereignismedaille bürgerte sich in Dtl. erst nach 1600 ein (Valentin Maler in Nürnberg, Sebastian Dadler in Danzig und Hamburg), verstärkt nach 1683 durch Nürnberger und Augsburger Medaillenverleger. In Frankreich wurde sie ab 1663 zu einem dem Kg. vorbehaltenen Propagandamedium, das Taten Ludwigs XIV. und seiner Nachfolger zu deuten und zu verewigen hatte.

Eine Sonderform höf. Kommunikation waren Schau- bzw. Gedenkmünzen, d. h. Medaillen im Gewicht von Umlaufmünzen, die zur Erinnerung an dynast. Ereignisse bei Hoffesten (Schützenfeste oder Ordensverleihungen) oder bei Trauerfeiern (als »Sterbemünzen«) an Gäste, Höflinge, Beamte – je nach Rang oft abgestuft in mehreren Nominalen – und gelegentl. sogar an Schulkinder verteilt wurden, so zum Abschluß des Westfälischen Friedens 1648/50 in Brandenburg-Ansbach, Sachsen-Weimar und Sachsen-Gotha. Damit diese nicht im Geldumlauf untergingen, prägten man sie zuweilen viereckig als »Klippen« aus.

→ vgl. auch Farbtafel 87