Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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Feuerwerke und Illuminationen

Feuerwerck […] bedeutet alle Kunst-Feuer, so aus Pulver, Salpeter, Schwefel und Kohlen gemachet, und zur Lust oder Ernst gebrauchet werden.« So beginnt der Eintrag über Feuerwerk in Zedlers Universallexikon. Bereits hier wird deutlich, daß unter Feuerwerk nicht nur ein farbenprächtig erhellter Himmel verstanden wurde, sondern auch der milit. Einsatz von Schießpulver. Überhaupt beginnt die Geschichte des Feuerwerks mit dem milit. Einsatz und so verwundert es auch nicht, daß lange Zeit Angehörige des Militärs auch für Festfeuerwerke verantwortl. waren, die im Auftrag von Städten und Fs.en von Büchsenmeistern und Artillerieoffizieren erstellt wurden. Erst später, als der Anspruch an die Feuerwerke und ihre Inszenierung zunahm, kamen Architekten, Zimmerleute, Maler und andere Helfer hinzu. Die eigentl. Feuerwerkerei jedoch blieb weiterhin Kriegshandwerk.

1200-1450

Als Erfinder des Schießpulvers galt lange Zeit ein Berthold Schwarz, vermutl. ein Konstanzer Domherr, der in der ersten Hälfte des 14. Jh.s lebte. Es gilt jedoch heute als gesichert, daß er aller Wahrscheinlichkeit nach nur Veränderungen an der chem. Zusammensetzung (Schwarzpulver) vorgenommen hat. Die Kenntnis von Schießpulver und Raketen (»Pfeile von China«) wurde durch die Araber, die es wahrscheinl. seit dem 9. Jh. durch ihre Kontakte zu China kannten, nach Europa vermittelt. 1242 beschrieb Roger Bacon in De mirabili potestate artis et naturae die Herstellung von Schießpulver und dessen zerstörer. Wirkung. Die Treibkraft kannte er offensichtl. nicht, denn es findet sich bei ihm keine Beschreibung von Raketen. Marcus Graecus, der 1250 eine Abhandlung über Schießpulver (Liber ignium ad comburendos hostes) verfaßte, kannte die Treibkraft und beschrieb Kracher und Raketen, primär behandelte aber auch er die Kriegstechnik. 1265 schlug Albertus Magnus in Opus de mirabilibus mundi vor, Schießpulver in eine feste Hülle zu füllen, um einen lauten Knall zu erzeugen. Der wohl erste Beleg für Raketen und die friedl. Nutzung des Schießpulvers für Feuerwerke findet sich in Europa für das Jahr 1379. Es handelt sich hierbei um die Beschreibung eines Mysterienspieles mit Feuerwerk in Vicenza, das zur Feier der Versöhnung zweier Familien abgehalten wurde. 1402/05 erläuterte Konrad Kyeser die Funktionsweise von Raketen, die eine bes. Faszination auf die Menschen ausübten. Bereits 1420 im Feuerwerksbuch, das als Grundlage der pyrotechn. Literatur gilt, werden sog. »steigende« und »brennende Feuer«, die die Grundlage der späteren großen Festfeuerwerke bildeten, beschrieben.

Nicht wesentl. anders als heute füllte man die explosiven Gemische in Behälter aus Ton, Eisen oder Pappe. Man unterschied zw. langsam brennenden Feuern, die v. a. bei Leuchtkugeln Einsatz fanden und funkensprühenden Feuersätzen, die schneller verbrannten.

Das erste Lust-Feuerwerk soll 1438 in Wien veranstaltet worden sein. Allerdings blieben Feuerwerke auch weiterhin Kriegshandwerk. Im ausgehenden MA waren die Städte die Zentren der Feuerwerkerei. Zum Zentrum der dt. Feuerwerkerei wurde zu jener Zeit Nürnberg, wo beim sog. Schembartlauf zur Fastnacht regelmäßig Feuerwerke eingesetzt wurden. Trotzdem wurden Festfeuerwerke und Feuerwerksspiele, die sich in den Städten entwickelt hatten, nicht zur charakterist. Form bürgerl. Feste. Die Pyrotechnik diente ledigl. der städt. Repräsentation, die v. a. im Zusammenhang mit fsl. Besuchen zum Einsatz kam, wie die Feuerwerke zu Ehren verschiedener Ks. auf Reichstagen verdeutlichen.

1450-1550

Der erste Beleg für ein größeres Feuerwerk in Dtl. findet sich für das Jahr 1506. Aus Anlaß des Reichstages in Konstanz wurde auf drei, mit 350 Fässern pyrotechn. Materials beladenen, Booten ein Feuerwerk inszeniert. In Nürnberg wurde 1535 die Eroberung von Tunis durch Karl V. ebenfalls mit einem Feuerwerk gefeiert. Der hiervon erhaltene Holzschnitt, ist das älteste dt. Bilddokument eines Feuerwerks. Ähnl. Feuerwerke finden sich in der Folgezeit immer wieder in Reichsstädten. Diese Tradition kam nie ganz zum Erliegen, was das 1649 in Osnabrück zur Feier der Ratifikation des Westfälischen Friedens abgehaltene Feuerwerk verdeutlicht. Dieses Feuerwerk soll, so berichtet das Theatrum Ceremoniale von 19 bis 23 Uhr gedauert haben. Im Zentrum stand der Spruch Vivat Pax, auf den ein Drache zuflog. Außerdem war ein gekrönter Adler zu sehen, der im einen Greif ein Zepter und im anderen ein Schwert hielt.

Bereits diese städt. Bsp.e machen deutlich, daß Feuerwerke nicht allein der Unterhaltung dienten, sondern auch der Belehrung und der metaphor. Verdeutlichung polit. Aussagen. So entstanden in der städt. Kultur die Voraussetzungen für die barocken Feuerwerksfeste an den Höfen.

1550-1650

Zw. dem 16. und 18. Jh. war die Hochzeit der Feuerwerkskunst. Ihr Zentrum verschob sich aber nun von den Reichsstädten hin zu den Fürstenhöfen. Feuerwerke wurden zu festen Bestandteilen der Repräsentation der Fs.en, zu Zeichen der absolutist. Macht, des Reichtums ihrer Auftraggeber und zu unerläßl. Repräsentationsmitteln bei Festen. Die schauspielartige Gestaltung wurde immer wichtiger und ebenso die Kulissen. Ganze Schlösser und Burgen, myst. Gestalten und Theaterbühnen wurden errichtet, um den Hintergrund der Pyrotechnik abzugeben. Die Sucht nach Repräsentation ließ die Aufführungen immer aufwendiger ausfallen. Gerade die Verbindung von Technik mit großem szen. Aufwand und einer lehrenden Intention zeigt aber auch deutlich, daß Feuerwerke gerade im 17. Jh. keine Randerscheinung der Unterhaltung waren und zudem als Ausdruck der Weltanschauung und des sozialen Selbstverständnisses ihrer Veranstalter dienten. Somit sind Feuerwerke sicherl. zu den charakterist. Attributen des barocken Gesamtkunstwerkes »Hof« zu rechnen. Ihr Zweck war es, die absolutist. Ziele und Anschauungen bildl. und eindrucksvoll darzustellen.

1560 verfaßte Johann Schmidlap das erste Feuerwerksbuch, das ausschließl. festl.-friedl. Feuerwerke beschreibt. Bis zum Ende des 16. Jh.s hatten Feuerwerksbücher jedoch keine große Verbreitung, zum einen hatten Laien wenig Interesse an der Pyrotechnik und zum anderen wollte man Details geheimhalten. Aber die große Bedeutung und Mode der Feuerwerke ab dem 17. Jh. führten auch dazu, daß den Fs.en, nicht zuletzt durch die Autoren der einschlägigen Bücher beeinflußt, die Beschäftigung mit der Artilleriekunst nun standesgemäß erschien. So verfaßte z. B. Gf. Johann zu Nassau 1610 ein Feuerwerksbuch, welches die Begeisterung an der Dekoration und Aufführung solcher Spiele bes. deutlich macht.

Bes. Faszination übten Raketen auf die Menschen aus. Laut Johann Amos Comenius (Orbis Sensualium Pictus) hatten sie auch einen bes. hohen sinnbildl. Charakter, denn beim Aufstieg waren sie ein Zeichen des Hochmuts, der Scheitelpunkt war der Moment der inneren Umkehr und im Fall zeigte sich ihre Reue.

1585, aus Anlaß der Jülichschen Hochzeit in Düsseldorf, wird von den wohl ersten Feuerwerkspantomimen in Dtl. berichtet. Sie erstreckten sich über drei Abende und wurden vom Büchsenmeister des Hzg.s, Johann Hermanns, inszeniert. Beteiligt waren ebenso der Artilleriemeister, ein Schreiner, ein Maler und ein Korbmacher. Die Darstellungen hatten, wie für diese Zeit üblich, einen allegor. Hintergrund. Am ersten Abend wurde ein großes Schiff von mehreren kleineren angegriffen und besiegt. Dies sollte den Fall Adams und die Bedrängung der Menschen durch das Böse versinnbildlichen. Eine auf einem Floß erbaute Burg bildete die Kulisse des zweiten Abends, vor ihr besiegte Herkules Zerberus und Hydra. Diese waren ebenso wie Atlas mit der Erdkugel Attrappen, die dazw. kämpfenden Soldaten hingegen waren wirkl. Menschen und hatten teils Mühe, sich in Sicherheit zu bringen. Sinnbildl. wurde so die Erstürmung der Hölle und die Erlösung der Menschheit vom Bösen dargestellt. Am dritten Abend kämpften ein Wal und ein Drache gegeneinander. Beide waren auf Flößen verankerte Attrappen, die von Soldaten in Position gebracht wurden. Dieser Kampf sollte das Mißtrauen symbolisieren, das v. a. zw. den Konfessionen herrschte und dazu führte, daß diese einander verfolgen, verderben und endlich ausrotten, wie Graminäus, durch den sich eine detaillierte Beschreibung dieses Feuerwerkes erhalten hat, es beschrieb.

Schon hier wird deutlich mit welchem logist. Aufwand derartige Feuerwerke betrieben wurden. Oftmals glichen die Plätze, die für solche Festfeuerwerke vorgesehen waren, wochenlang einer Großbaustelle. Wie groß der Aufwand war, der betrieben wurde, wird durch folgendes Zitat von Julius Bernhard von Rohr deutlich: »Wenn ein Feuerwerck wohl ordinirt werden und aus verschiedenen Handlungen bestehen soll, so gehört eine ebenso geschickte Composition dazu als zu einer Opera oder Comedie […]« (Julius Bernhard von Rohr, 1733, S. 846f).

Feuerwerke stellten gerade für die Barockzeit einen unentbehrl. und bestimmenden Bestandteil des Gesamtkunstwerkes »Hof« dar. Das barocke Fest als solches hatte die Aufgabe, den absolutist. Anspruch und die Ziele des Fs.en in Bilder zu fassen, und Feuerwerke waren dabei mit die wirksamsten Helfer, denn sie stellten in erster Linie den Sieg des Lichts über die Dunkelheit plast. dar. Man setzte das Feuerwerk mit Blitz und Donner gleich, verstand es also als göttl. Gewalt. Mit der Nutzung des Feuerwerks durch den Fs.en erhielt auch er Anteil an dieser göttl. Gewalt. V. a. Raketen waren hier sehr wichtig, das sie quasi den Aufstieg des Fs.en, sein Streben gen Himmel ohne von außen kommende, helfende Kraft, verdeutlichten. Lt. Rohr bedeutete mehr Raffinesse im Feuerwerk mehr Pracht und daraus resultierend mehr Repräsentation für den Fs.en. Bestimmte Sinnbilder wurden aber auch genutzt, um die Zuschauer über eine aktuelle polit. Situation zu belehren, wie dies z. B. durch den dritten Abend beim Düsseldorfer Feuerwerk geschehen war. V. a. Wasserfeuerwerke, die in eindrücklichster Weise die Wechselbeziehungen zw. gegensätzl. Naturteilen darstellten, waren von bes. Bedeutung.

Zu solchen Veranstaltungen wurden aufwendige Programme, sog. Cartelle erstellt. Sie erläuterten zum einen den techn. Ablauf des Feuerwerks und stellten es in Bildern dar, zum anderen teilten sie aber auch die Intention mit, die hinter dem Feuerwerk und der Geschichte, die es erzählte, stand. Die antiken Helden, die meist im Mittelpunkt standen, sollten zu Vorbildern der Gesellschaft werden. Zudem dienten die Cartelle dazu, die Hofgesellschaft in das Spiel einzubeziehen.

Das vorherrschende Thema in den Feuerwerken war der Kampf, dies mag darauf hindeuten, daß sich derartige Schauspiele aus den ritterl. Turnieren entwickelt haben. Oft waren auch Burgen in den Spielen zu sehen. Feuerwerke hatten den Charakter von Lehrspielen, sie waren Tugendspiegel der Fs.en, wie Graminäus 1585 in seinem Buch über die Düsseldorfer Feuerwerke schrieb: Es werden die Fewrwerck ins gemein den hohen Potentaten / Fürsten vnd Herrn / nicht allein das Gesicht vnd sinnligkeit damit zuergetzen vnd zuerfrewen / sonder auch zu nützlicher lehr / geheimnuß vnd sonderer bedeutnuß zugericht / wie dann bey den Alten die Comedien / Tragedien / als kurzweilige Lehrspil den großen Herrn vnd gemeinen hauffen vorgetragen worden.

Die Sinnbildhaftigkeit der Feuerwerke entfaltete sich im Verlauf des 17. Jh.s immer weiter. Die Bilder wurden strukturierter und Menschen wurden in die pyrotechn. Vorführungen eingebaut, so daß das Feuerwerk zu einem Schauspiel wurde. Gegen Ende des 17. Jh.s wurden die sinnbildl. Darstellungen vereinfacht, der pyrotechn. Aufwand hingegen vervielfacht. Bis dann im 18. Jh. der sinnbildl. Gehalt der Feuerwerke fast völlig zurückgedrängt wurde und Feuerwerke entstanden, wie wir sie noch heute kennen. Das Hauptaugenmerk lag nun auf der rein pyrotechn. Vielfalt und Innovation. »Bißweilen ist ein Feuerwerck und eine Illumination miteinander vermischt. Man stellet einen prächtigen Tempel oder ein ander Gebäude vor mit trefflichen Colonnaden, Pfeilern und Statuen, die bey des Nachts durch die mit Papier umgebene Lichter gantz erleuchtet sind […].« (Julius Bernhard von Rohr, 1733, S. 847).

Die zu diesem Zeitpunkt v. a. in den Residenzstädten aufkommenden und rasch an Bedeutung gewinnenden Illuminationen hingegen griffen die Tradition der sinnbildl. und metaphor. Darstellungen auf und bewahrten sie. »Die Illuminationen sind gewisse nach den Regeln der Baukunst und Perspektive ausgesonnene Stellungen der Leuchter, Lampen und Fackeln, mit welchen nebst der Mahlerey und andern darzu kommenden Auszierungen bey nächtler Weile gantze Gebäude oder auch Plätze, Gärten usw. erleuchtet werden« (Julius Bernhard von Rohr, 1733, S. 838).

→ vgl. auch Abb.260

Quellen

Johann Amos Comenius, Orbis Sensualium Picti Pars II. Der sichtbaren Welt Anderer Theil, Nürnberg 1746. – Diederich Graminäus, Beschreibung derer Fürstlicher Güligscher etc. Hochzeit […], Köln 1587. – Johann Christian Lünig, Theatrum Ceremoniale Historico-Politicum, Leipzig 1719-1720. – Julius Bernhard von Rohr, Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft Der großen Herren, Berlin 1733 (ND Leipzig 1990). – Zedler, Johann Heinrich, Großes vollständiges Universal-Lexikon aller Wissenschafften und Künste, 64 Bde., Halle-Leipzig 1732-1754 (ND Graz 1961-1964). – Zu älteren Quellen, vor allem Handschriften siehe Fähler, mit Angaben der Standorte.

Alewyn, Richard: Das große Welttheater. Die Epoche der höfischen Feste, 2., erw. Aufl., München 1985. – Das Buch der Feuerwerkskunst, 1987. – Fähler, Eberhard: Feuerwerke des Barock. Studien zum öffentlichen Fest und seiner literarischen Deutung vom 16. bis 18. Jahrhundert, Stuttgart 1974. – Feste und Feiern im alten Europa, hg. von Heinz Biehn, München o. J. – Hassenstein, Wilhelm: Das Feuerwerksbuch von 1420, München 1941. – Konrad Kyeser, Bellifortis, hg. von Goetz Quarg, Düsseldorf 1967. – Die schöne Kunst der Verschwendung. Fest und Feuerwerk in der europäischen Geschichte, hg. von Georg Kohler, Zürich u. a. 1988. – Lotz, Arthur: Das Feuerwerk – seine Geschichte und Bibliographie, Leipzig 1941. – Rümmler, Else: Die Fürstlich Jülichsche Hochzeit zu Düsseldorf 1585. Das Fest und seine Vorgeschichte, Düsseldorf 1983. – Schlick, Johannes: Wasserfeste und Teichtheater des Barock, Kiel 1962. – Schoen, Erich: Geschichte des deutschen Feuerwerkswesens der Armee und Marine mit Einschluß des Zeugwesens, Berlin 1936. – Schöne, Günter: Barockes Feuerwerkstheater, in: Maske und Kothurn 6 (1960) S. 351-362. – Sieber, Siegried: Zur Geschichte des Feuerwerks und der Illumination, in: Deutsche Geschichtsblätter 13 (1912) S. 215-228.