Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

Zurück zur Liste

HÖFISCHE DICHTUNG

Einen Begriff wie »Dichtung« als Oberbegriff verschiedener literarischer Formen mittelalterlicher Schriftlichkeit zu profilieren, die pragmatischen Texttypen gegenübergestellt werden, könnte leicht den Vorwurf nach sich ziehen, sich anachronistisch an einem komplexen Literatursystem der Moderne zu orientieren. Aufgrund der von der literaturwissenschaftlichen Forschung unterstellten starken Bindung sowohl pragmatischer als auch literarischer Texte an Institutionen und Interessen, ihres gemeinsamen rhetorischen Hintergrundes sowie der im Mittelalter noch nicht existierenden Ausdifferenzierung des Literatur- und Wissenschaftssystems arbeitete die germanistische Mediävistik nämlich stets mit einem erweiterten Literaturbegriff, der neben der genuinen Dichtung auch das weite Feld der Sach- und Gebrauchsliteratur (Medizinische Texte, Rechtstexte, Kräuter- sowie Naturkundebücher, historiographische, religiöse sowie kultische Texte) einschloß. Dennoch läßt sich eine dichotomische Aufspannung des literarischen Feldes und damit einhergehend der Begriff »Dichtung« forschungsgeschichtlich rechtfertigen, da die Altgermanistik nämlich trotz der expliziten Verwendung eines erweiterten Literaturbegriffs implizit durchaus das genuin literarische Erzählen von den Gebrauchstexten abtrennt, ohne jedoch die Kategorien ihrer Differenzierung erzähltheoretisch, funktionsgeschichtlich oder mit Blick auf einen zeitgenössischen Erwartungshorizont zu fundieren.

Ähnlich problematisch erscheint die Kategorisierung literarischer Formen als »höfisch«, assoziiert man mit diesem Begriff in der Forschung doch nicht nur die Bindung an die Institution des Hofes, sondern vor allem die Idee des Höfischen, die sich als neues Gesellschaftsideal der adligen Elite des 12. Jahrhunderts in verschiedensten Bereichen der Laienkultur manifestiert und die Verhaltensdispositionen ihrer Träger entscheidend geprägt haben soll. Diese Fixierung des Begriffs auf neu erworbene Umgangsformen des Adels, die sich durch materiellen Glanz, edle Gesinnung und feines Benehmen auszeichnen und sich im gewaltfreien Auskommen intrageschlechtlich sowie im Frauendienst intergeschlechtlich ausdrücken sollen, ist nicht nur in ihrem allzu ungeniert postulierten Gesellschaftsbezug ein Konstrukt, sondern bleibt auch in der Form eines unterstellten idealen literarischen Konzepts fragwürdig. Die so genannte höfische Literatur entwirft nämlich keineswegs ein fest umrissenes Programm courtoisen Verhaltens im Sinne einer spezifischen Laienethik, sondern differenzierte und z. T. auch divergierende Handlungscodes, die das Faszinosum der ritterlichen Gewalttat wie ihre Problematisierung, die Degradation von Frauen wie ihre Protektion, die alle Protagonisten auszeichnende Tugendhaftigkeit wie deren Affinität zu Betrugs-, List- und Gewalthandlungen einschließen.

Auch wenn man den Begriff der »höfischen Dichtung« abseits aller ideologischen Fixierung als Sammelbezeichnung für die Formen literarischer Texte einführt, die maßgeblich an den großen Höfen gefördert, geschrieben und rezipiert wurden, ergeben sich Probleme mit diesem institutionenbezogenen Abgrenzungskriterium, da es implizit einen abgeschlossenen Raum des Literaturbetriebs behauptet, den es im Mittelalter so nicht gegeben hat. Die Vorstellung, der Hof könne als Ort der Protektion (fürstlicher Mäzen), Produktion (laikaler Autor), Distribution (Kanzlei) und Rezeption (adliges Hofpublikum) volkssprachiger Literatur einen autochtonen Texttyp hervorgebracht haben, der die politischen, repräsentativen oder kulturellen Interessen des Laienadels unmittelbar ausdrückte, läßt sich kaum mit unserem gesicherten Wissen in Deckung bringen und verdankt sich eher der ideologischen Konstruktion eines gegen die Dominanz der lateinisch gegründeten geistlichen Kultur gerichteten emanzipatorischen Kulturanspruchs des weltlichen Hochadels. Einige wenige Punkte, die die überragende Bedeutung des Hofs als (alleiniges) literarisches Zentrum relativieren, seien hier erwähnt: Zum einen ist der Fürstenhof eingebunden in ein Beziehungsgeflecht verschiedenster Institutionen und ihrer Repräsentanten, die an der Ausbildung einer volkssprachigen Literatur ebenso maßgeblich beteiligt waren. So hatten bis zumindest gegen Ende des 13. Jahrhunderts geistliche Institutionen wie Hausklöster und Stifte wohl wesentlichen Anteil an der Produktion und Distribution narrativer Texte, standen spätestens im 15. Jahrhundert die großen Höfe in enger Verbindung zum städtischen Patriziat, zu universitären Gelehrten und kommunalen Schreibwerkstätten. Zum anderen besitzen wir keinerlei Zeugnis, daß volkssprachige Handschriften in den Kanzleien der Fürstenhöfe entstanden sind, und fehlen gesicherte außerliterarische Belege dafür, daß sich die Autoren der großen Epen an den Fürstenhöfen aufgehalten haben. Prosopographische Untersuchungen, die Autorschaft und Fürstenhof in Verbindung bringen könnten, helfen hier nicht weiter: Die Autoren der großen volkssprachigen Epen tauchen in den Zeugenlisten der Urkunden erst gar nicht auf, adlige Minnesänger finden nur in (rechts-)politischen Zusammenhängen Erwähnung, nicht jedoch in ihrer Eigenschaft als Lyriker, von den frühen Berufssängern ist in keinem Fall bekannt, ob sie an einem Hof gesungen haben. Schließlich ist auch der Zusammenhang von Erzählregister und Institution keineswegs manifest: Am laienadligen Hof dominierten anscheinend nicht etwa weltliche Texte in Form der Artus-, Liebes- sowie Abenteuerromane, der Heldenepik und der Geschichtswissen tradierenden Antikenliteratur, sondern – wenn man den verschiedenen Formen der seit dem 14. Jahrhundert handschriftlich überlieferten Bücherverzeichnisse Repräsentativität für die Rezeption schriftliterarischer Texttypen beimessen darf – volkssprachige religiöse Literatur in Form von Evangelien, Psalterien, Legenden und Heiligenviten, die bezogen auf eine institutionengeschichtliche Perspektive ebenso als »höfische Literatur« im Sinne einer Literatur (auch) für den Hof angesehen werden müßte, gleichwohl aber auch an anderen Institutionen (geistliche Fürstenhöfe, Klöster) rezipiert wurde. Um jedweden ideologischen Konstruktionen zu entgehen, scheint es sinnvoller statt von »höfischer Dichtung« mit Jan-Dirk Müller von »hoforientiertem Schrifttum« zu sprechen, das dann auch fiktionale Erzähltexte, Lyrik und Panegyrik einschließen kann.

Das Mäzenatentum hochmittelalterlicher Fürsten und Könige wird für uns weder in Chroniken und Annalen noch in Rechnungsbüchern faßbar. Für das 12. und 13. Jahrhundert basiert unser Wissen um die Bedeutung der Fürstenhöfe für die Ausbildung eines volkssprachigen Literaturbetriebs allein auf der durch die Namen und Miniaturen in den großen Minnesanghandschriften bezeugten Autorschaft von Mitgliedern des Hochadels, auf der Erwähnung hochadliger Personen in der Spruchdichtung Walthers von der Vogelweide und seiner Nachfolger (vgl. dazu unten das Stichwort »Lied«) sowie vor allem auf den zahlreichen Gönnernennungen in den Epen und Romanen. Auch wenn diesen Dedikationen und Berichten über die Vorlagenbeschaffung oder Einflußnahme auf das Werk oftmals nicht zu unterschätzende textfunktionale Bedeutung beigemessen werden muß und sie vor allem der Aufwertung des Textes und des Autors dienen, besitzt die von Joachim Bumke für das Hochmittelalter umfassend dokumentierte Selbstzuweisung der Texte an die jeweils namentlich erwähnten hochadeligen Herren oder Damen Signifikanz, zwar nicht im Sinne einer engen, institutionellen Verbindung von Autor und Mäzen, aber doch für eine (z. T. nur entworfene oder erwünschte, zumeist jedoch wohl direkte) Beziehbarkeit der Dichtung auf eine literaturinteressierte Öffentlichkeit im Umkreis der großen (auch geistlichen) Höfe, ab dem 13. Jahrhundert zudem in Kreisen des niederen Adels sowie im städtischen Patriziat. Zwar hat die sozialgeschichtliche Forschung die auf den Hof bezogene und von diesem her zu verstehende Dichtung im Rahmen der Ausprägung einer neuen Adelskultur im 12. Jahrhundert als gesellschaftskonstitutiven Faktor im Prozeß der Stabilisierung fürstlicher Territorialherrschaften verstanden und damit ihre Existenz wie ihre Entwicklung auf die lebenspraktischen Bedürfnisse des Hochadels und der Institution Hof zurückgeführt, doch scheint eine solche auf die Entstehung von Landesherrschaften zielende gesellschaftspolitische Einbindung der höfischen Literatur höchst problematisch. Denn völlig ungesichert ist, welche Funktion die Dichtung erfüllte und was das Faszinosum der Kulturelite hervorrief. Wäre es um Funktionen wie Herrschaftslegitimation, Statusdarstellung, soziale Distinktion oder kulturelle Exklusivität gegangen, hätten sachkulturelle Fetische wie Kleider, Pferde, Schmuck sowie ritualisierte Praktiken wie Turnier (→ Turnierbücher) und Fest (→ Höfische Feste und ihr Schrifttum) diese Funktionen weitaus besser erfüllen können. Es scheint doch sehr fraglich, ob die in der Forschung nahezu durchgängig unterstellte situationelle Einbindung in kulturelle Praxen zeremonieller, ritueller oder ritualnaher Vollzugsformen von Herrschaft das Spezifikum volkssprachiger Literalität zu fassen vermag. Möglicherweise war die Ausdifferenzierung und Institutionalisierung des Literatursystems als soziale oder symbolische Ordnung simultan mit der Etablierung desselben bereits so weit fortgeschritten, daß gerade für die höfische Dichtung direkte Formen der Funktionalisierung wie Repräsentanz, soziale Distinguierung oder Legitimierung gekappt waren und sie den jahrhundertelangen Erfolg ihren spezifisch poetischen Ausprägungen zentraler Lebensbereiche und imaginärer Ordnungen verdankte.

Für das 14. und 15. Jahrhundert fehlt eine weit ausgreifende Untersuchung wie die Bumkes für das Hochmittelalter, die die breite Förderung volkssprachiger Literatur an den Fürstenhöfen systematisch ausleuchtet. Statt dessen widmet die Forschung in Monographien und Sammelbänden paradigmatisch einzelnen Fürstenhöfen ihre Aufmerksamkeit, ohne damit jedoch auch nur annähernd den spätmittelalterlichen Literaturbetrieb institutionell und personell zu erfassen. In Handbüchern und Fachbeiträgen wird stets auf den Kaiserhof Maximilians I., auf die Höfe in München, Heidelberg und Innsbruck, eventuell auf die brandenburgischen und sächsischen, schließlich auch auf die kleineren Höfe der Erzherzogin Mechthild in Rottenburg oder Eberhards von Württemberg verwiesen, wobei die Quellenlage und die daraus gezogenen Schlüsse doch deutlich differieren. Tatsächlich scheinen die Höfe im 14. und 15. Jahrhundert nicht nur politisch-soziale, sondern auch kulturelle Zentren gewesen zu sein, die literar- und bildungsgeschichtliche Traditionen vermittelten. In ihrem Umkreis etablierte sich eine insgesamt funktional unterschiedlich differenzierte literarische Öffentlichkeit, die sich nicht nur aus Mitgliedern der fürstlichen Entourage speiste, sondern sich aus bürgerlichen Autoren, klösterlichen Schreibern, (land- und stadt)adeligen Auftraggebern sowie einem Pu-blikum zusammensetzte, das weniger durch ständische Exklusivität als vielmehr durch finanzielles Potential charakterisiert war und das städtische Patriziat, den Landadel und auch Universitätsgelehrte einschließen konnte. Dabei scheint die Bindung der Texturheber an den Fürsten unterschiedlich eng zu sein: Landadelige Autoren standen neben Prälaten aus dem städtischen Patriziat, Hofkleriker und Amtsleute aus dem landesfürstlichen Regiment neben städtischen Beamten und Universitätslehrern sowie ad hoc in den Dienst genommenen Poeten und Sprechern. Obwohl eine Reihe von Fürstenhöfen Kristallisationspunkte literarischen Lebens waren, prägten sie im 14. und 15. Jahrhundert nicht wie möglicherweise in den beiden Jahrhunderten zuvor neue literarische Formen und Themen aus. Sie bewahrten vielmehr in geringem Maße die volkssprachige Tradition höfischer Dichtung, führten die Fokussierung der hochmittelalterlichen Höfe auf theologisches Schrifttum fort, banden in Form von Übersetzungsliteratur und einer Vielzahl lateinischer Texttypen (Oden, Elogen, Epen, orationes usw.) die gelehrten Bestrebungen der Humanisten ein und partizipierten vor allem aber am Aufschwung der auf pragmatische Orientierungsleistung zielenden Wissensliteratur.

Zumeist sind wir auch noch im 15. Jahrhundert auf literarische Zeugnisse angewiesen, um Literaturzentren als solche zu identifizieren. So wissen wir allein aus dem Ehrenbrief des Jakob Püterich von Reichertshausen, daß Mechthild von Rottenburg über große Bestände volkssprachiger Epik verfügt haben soll (vgl. dazu unten das Stichwort »Roman«). Die Problematik, von Widmungsadressen auf ein persönliches Interesse des namentlich erwähnten Hochadeligen an dem Werk oder gar auf ein Auftragsverhältnis von Autor und Mäzen zu schließen, macht das Beispiel des frühhumanistischen Literaten und Ulmer Stadtarztes Heinrich Steinhöwel deutlich, der dem Tiroler Fürstenpaar, Sigmund dem Münzreichen (1427-96) und Eleonore von Schottland (1433-80), drei Übersetzungen lateinischer Texte widmete. Anscheinend waren diese Texte weder Auftragsarbeiten noch standen sie im Fokus des fürstlichen Interesses, wenn man die Nachricht aus den Tiroler Rechnungsbüchern (→ Rechnungen), daß ein Docktor Heinrich von ains puechs wegen, so er sein gnaden von latein zu teutsch pracht hat, mit einem Faß Traminer entlohnt worden sei, auf Steinhöwel beziehen darf: Der ausgegebene Wein dürfte wohl kaum mehr als eine Aufwandsentschädigung für die verwendete Zeit und das Schreibmaterial darstellen. Peter Strohschneider faßt terminologisch mit dem Begriff der Ligatur den Mangel an institutionalisierten Bindungen sowie kontraktuellen Garantien zwischen Textproduzent und seinem (potentiellen) Financier und verweist dabei auf die für jeden Text neu und anders zu bestimmende Konstitution der Verbindungen und Verbindlichkeiten zwischen den Akteuren im Literaturbetrieb.

Wenn man den historischen Quellen – vor allem den Rechnungsbüchern – folgt, erscheint die Verbindung von fürstlichem Mäzen und volkssprachigem Autor in der Tat häufig als eine okkasionell geprägte: So entstand das ›Buch der Abenteuer‹ Ulrich Fuetrers, das nicht zum Indikator einer nostalgisch die glorreiche Vergangenheit beschwörenden »Ritterrenaissance« des späteren 15. Jahrhunderts taugt, sondern als Beispiel für die ungebrochene Faszination einer kulturellen Elite an einem jahrhundertealten literarischen Wissen gelten kann, im Umkreis des Münchner Hofes der Herzöge von Oberbayern (vgl. dazu unten das Stichwort »Roman«). Allerdings ist Fuetrer in den historischen Quellen ausschließlich in seinem eigentlichen Beruf als Maler und als einer der vier Vorstände der Münchner Malerzunft faßbar. Die Rechnungsbücher Albrechts IV. (1465/67-1508) (→ Rechnungen) verzeichnen in erster Linie Entlohnungen für Malerarbeiten (Wappen und Bemalung von Alltagsgegenständen), sehr viel seltener auch geringe Aufwandsentschädigungen für Papier und Tinte, deren Höhe mehr an eine Unkostenerstattung als an ein Honorar denken läßt. Als erfolgreichen Autor, der für seine literarische Tätigkeit angemessen entlohnt wurde und entsprechende Anerkennung erfuhr, zeichnen die Quellen den in der Nähe des Herzogsitzes Albrechts wohnenden maler Fuetrer gerade nicht aus. Die gelungenen Malerarbeiten scheinen den Aufenthalt am Hof begründet und rechtfertigt zu haben und die Lebensgrundlage des Ulrich Fuetrer gewesen zu sein. Ebenso verhält es sich bei Johannes Hartlieb, der als Leibarzt von 1440 bis 1468 in den Diensten der Herzöge Albrecht III. (1437-60) und Sigmund (1463-1501) stand, und einen Alexanderroman, die Brandanlegende, das ›Buch aller verbotenen Kunst‹, den ›Dialogus miracolorum‹, die ›Secreta mulierum‹ und ›De amore‹ (dt.) verfaßt hat: Seine Autorschaft war indes nicht aktenwürdig, sondern allein seine Tätigkeit als Arzt oder Diplomat im fürstlichen Dienst. Diese durch die Abstinenz der Quellen verbürgte Randständigkeit schriftstellerischer Tätigkeiten im Umkreis des Fürstenhofs steht quer zu seiner vermuteten überragenden Bedeutung als literarisches Zentrum. Zu dieser Diskrepanz paßt, daß trotz des in literarischen Texten vielfach bezeugten Mäzenatentums der Münchner Herzöge sich eine große Hofbibliothek, wie sie die pfälzischen Wittelsbacher besaßen, nicht in den Quellen fassen läßt und 1582 in der herzoglichen Bibliothek keine volkssprachige Dichtung vorhanden war: Neben chronistischen, juristischen, naturkundlichen, theologischen Schriften und Reiseliteratur (→ Feste zu besonderen Anlässen – Reise; → Gesandtschafts- und Reiseberichte) begegnen noch in einer Sammelhandschrift ausschließlich historiographisch orientierte Texte über den Trojanischen Krieg, das Leben Alexanders des Großen sowie eine Karlslegende. Ausgesprochene bibliophile Büchersammler wie Jakob Püterich von Reichertshausen waren die Münchner Herzöge des 15. Jahrhunderts augenscheinlich nicht, auch wenn durch Selbstzuschreibungen in Schrifttexten Lyrik, Sangspruchdichtung, historiographische Texte, Reiseliteratur (→ Feste zu besonderen Anlässen – Reise; → Gesandtschafts- und Reiseberichte), religiöse und vor allem pragmatische Schriften am Hof verortet werden können (zum volkssprachigen Liedrepertoire am Münchner Hof des 16. Jahrhunderts vgl. unten das Stichwort »Lied«).

Anders als der Münchner bot der pfalzgräfliche Hof in Heidelberg nicht zuletzt bedingt durch die räumliche Nähe zur Universität die materiellen Lebensgrundlagen für eine neue Funktionselite humanistisch geschulter Gelehrter (wie z. B. Jakob Wimpfeling, Adam Werner von Themar, den literarischen Kreis um Kanzler Johann von Dalberg), die zu Hofdiensten, vor allem in Form von Berater- und Diplomatentätigkeiten, herangezogen wurde, um die Gunst des Fürsten oder einflußreicher Personen in seiner Umgebung konkurrierte und eine Vielzahl lateinisch-humanistischer Texte hervorbrachte. Neben religiösen Schriften dominierten ansonsten in Heidelberg im Sinne einer starken Praxisorientierung bzw. Verfügbarmachung von Wissen vor allem pragmatische Texttypen für die Regierungspraxis (juristische Texte, Kanzleischriften, Historiographie), zur politischen Theorie (→ Fürstenspiegel), zur Verhaltenslehre (→ Tischzuchten), zur Kriegskunst (Vegetius-Rezeption), zur Jagd (Traktate über Pferde, Falken und Hunde), zur Prognostik (Astrologische Traktate, → Astrologische Textsorten) usw., deren Geltungsbereich sich allerdings keineswegs auf den Hof beschränkt. Eine analoge Gebrauchsfunktion kam auch neu entstehenden literarischen Texten zu: So übertrug um 1480 Johann von Soest, der Leiter der Hofkantorei, nach eigenen Angaben für Kurfürst Philipp (1476-1508) den um 1300 entstandenen mittelniederländischen Minne- und Abenteuerroman ›Die Kinder von Limburg‹, doch retextualiserte er diesen fiktionalen Text im Sinne einer Exempelerzählung: Zahlreiche didaktisierende Exkurse, mit denen er seine Vorlage umgestaltete und die durch rote Randstriche oder kleine Zeigehändchen besonders hervorgehoben wurden, dienten der lebenspraktischen Orientierung. Anscheinend machte Dichtung jedoch den weitaus geringsten Teil der rezipierten Literatur aus: Zum einen ist die Zahl neuer Abschriften höfischer Dichtung in der pfälzischen Region im 15. Jahrhundert überaus gering (woraus sich mit aller Vorsicht auf ein Desinteresse des Heidelberger Hofes schließen läßt), zum anderen bleibt die Zuweisung des Großteils der in Heidelberg überlieferten Texte an den kurfürstlichen Hof aufgrund der mangelnden Quellenlage oft prekär. So war zwar anscheinend Michel Beheim am Hof als Berufsdichter literarisch tätig, da er zum einen eine pfälzische Reimchronik verfaßt hat, die das politisch-militärisch Geschick Friedrichs I. (1449-76) feiert und dessen Namen sowie Titel in einem Akrostichon festhält, und zum anderen sich in der von ihm selbst geschriebenen Heidelberger Handschrift cpg 375, die eine Sammlung religiöser Gedichte überliefert, dem Pfalzgrafen als Dichter zuordnet: Meines genedigen hern her Fridrichs pfalcz graven pei Rein teutscher paet und tichter (zu Beheim und seinen häufigen Hofwechseln vgl. unten das Stichwort »Lied«). Überdies sind die militärischen Erfolge Friedrichs nicht nur in lateinischen Lobgedichten (→ Lobreden) frühhumanistischer Poeten und in zwei Chroniken (Michel Beheim, Matthias von Kemnat) verherrlicht, sondern darüber hinaus auch in diversen volkssprachigen Liedern und Sprüchen. Allerdings erwarb gerade dieser Kurfürst nachweislich nur ein kostbares Schachbuch (cpl 961). Keines der Werke, die ihm gewidmet sind, taucht in seinem Bücherverzeichnis auf. Zweifel an herausgehobenen literarischen Interessen der Heidelberger Kurfürsten selbst wecken auch die wenigen Zeugnisse von Büchersammlungen im pfalzgräflichen Besitz. Erstaunlicherweise geben die überlieferten fürstlichen → Testamente kaum Auskunft über die Vererbung von Handschriften. Erst für Pfalzgraf Ludwig III. (1410-36) ist eine eigene Bücherei mit 155 Werken in 162 Bänden auf dem Schloß belegt, die neben naturkundlichen, medizinischen, juristischen, historiographischen sowie astronomisch-astrologischen Schriften (→ Astrologische Textsorten) vor allem theologische Texte umfaßte und testamentarisch der Universität vermacht wurde, also nicht am Hof blieb. Die wenigen historischen Zeugnisse über Bücherbesitz sparen die höfische Dichtung nahezu komplett aus: So umfaßten die 118 Bände, die Friedrich seinem Sohn Ludwig vermachte, in erster Linie Werke, die für den gelehrten Unterricht geeignet waren: lateinische antike Klassiker, juristische Texte, Wörterbücher, Grammatiken, naturkundliche und astronomische Schriften, schließlich aber auch eine Sammlung deutscher Lyrik (zur Liedkultur am Heidelberger Hof im 16. Jahrhundert vgl. unten das Stichwort »Lied«). Die Inventarliste, die 1623 bei der Überführung der Bibliotheca Palatina nach Rom angefertigt wurde, weist dann aber zahlreiche volkssprachige Erzähltexte auf, von denen einige möglicherweise doch bereits im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts der Bibliothek angehört haben könnten.

Am kaiserlichen Hof Maximilians in Wien schließlich standen sowohl die durch die Sammlung älterer Romane, Heldenepen und Versnovellen im ›Ambraser Heldenbuch‹ repräsentierten hochmittelalterlichen Texttypen im Fokus der Aufmerksamkeit als auch die an diese »Blütezeit« anschließenden, vom Kaiser mitverantworteten ›Weißkunig‹ und ›Theuerdank‹, die auf die panegyrische Huldigung des Kaisers selbst abzielen (→ Feste zu besonderen Anlässen – Eid und Huldigung), indem sie als Ruhmeswerk dessen eigene Geschichte verschlüsselt erzählen (vgl. dazu unten das Stichwort »Roman«). In der Tat ist auffällig, daß die Huldigung Maximilians in Schrifttexten eine Besonderheit in der Hofliteratur des Mittelalters darstellt (→ Feste zu besonderen Anlässen – Eid und Huldigung): Lobgedichte statt höfischer Lyrik (→ Lobreden), panegyrische Geschichtsfiktionen statt fiktionaler Erzählwelten. Doch dominierte wie auch schon am hochmittelalterlichen Kaiserhof in Wien das umfangreiche lateinische Schrifttum, das hier in seiner humanistisch-neulateinischen Ausprägung vor allem der Feier Maximilians diente (zum volkssprachigen »Gesellschaftslied« am Kaiserhof vgl. unten das Stichwort »Lied«).

Die spärliche Quellenlage hat zuweilen in der Forschung dazu geführt, die Hypothese vom Fürstenhof als literarisches Zentrum unzulässig zu generalisieren und (mehr oder weniger) plausiblen Überlegungen Faktizität zu verleihen. Gerhard Hahn hat dem entgegen den Widerspruch zwischen gesichertem Wissen und Mythenbildung am Beispiel des herzoglichen Hofes in Innsbruck unter dem Tiroler Landesfürst Sigmund dem Münzreichen dezidiert herausgearbeitet und gezeigt, daß sich dessen literarische Interessen doch in sehr bescheidenen Grenzen hielten. Die Quellen über Bucherwerb und -besitz am Innsbrucker Hof sind außerordentlich spärlich, so daß gerade einmal ein Bestand von 30 Titeln nachweisbar ist, der den Ruf eines literarischen Zentrums wohl kaum rechtfertigen dürfte. Überdies handelt es sich dabei wie auch an vielen anderen Adelshöfen zumeist um geistliche Texte sowie Gebrauchsschrifttum. Nur eine einzige Nachricht weist über diesen engen Kreis pragmatischer Literatur hinaus: 1478 erhielt Eleonore von Schottland von Albrecht IV. von Bayern ein buch des lancilot als Geschenk. Ein Bibliotheksverzeichnis Sigmunds ist, im Unterschied zum anscheinend mit wesentlich größerer Bedeutung versehenen detaillierten Inventar des Hauskammeramts, nicht überliefert. Fürstenhöfe waren folglich nicht per se literarische Zentren; am Innsbrucker Hof gab es Texte unterschiedlicher Gattungen, aber keinen Literaturbetrieb wie in München, Wien oder Heidelberg. Auch dem Hof Mechthilds von der Pfalz (1419-82) in Rottenburg widmete die Forschung große Aufmerksamkeit als einem bedeutenden literarischen Zentrum des 15. Jahrhunderts. Christine Wand-Wittkowski hat dieses Bild kürzlich nachhaltig in Frage gestellt und gezeigt, daß der Ruf des Rottenburger Hofs auf Widmungen in Werken verschiedener Autoren und vor allem auf den Angaben Püterichs von Reichertshausen zur Büchersammlung Mechthilds gründet, die wenigstens 94 Titel – in der Hauptsache volkssprachige Romane und Übersetzungsliteratur – umfaßt haben soll. Merkmale eines literarischen Zentrums wie kontinuierliche Förderung der Literaturproduktion oder -distribution sind für den Hof in Rottenburg jedoch nicht überzeugend nachweisbar.

Die Bindung der mit Mechthild als Förderin in Zusammenhang gebrachten Literatur an eine auf administrative und politische Aufgaben ausgerichtete Residenz erscheint ebenso zweifelhaft wie eine stets implizit unterstellte funktionsgeschichtliche Wirkung dieser Literatur, die sich an gesellschaftspolitischen Interessen des fürstlichen Laienadels orientiert haben soll. Der Fürstenhof läßt sich nämlich nur sehr indirekt als institutionelle Voraussetzung der Genese und Tradierung höfischer Dichtung verstehen: Dort kamen vermehrt gebildete und literarisch interessierte Männer zusammen und erhielten im Dienst des Fürsten die nötigen ökonomischen Mittel, die sie in die Lage versetzten, sich ihren jeweiligen literarischen Neigungen zu widmen und mit Gleichgesinnten in regen Austausch zu treten. Jedenfalls scheinen weniger der Fürst und seine Familie als vielmehr die im Rahmen ihrer politischen, diplomatischen und administrativen Tätigkeiten für den Fürstenhof in den Quellen erfaßten litterati, die alte Schriften sammelten, Literatur förderten und anscheinend nebenher schriftstellerisch tätig waren, den Literaturbetrieb im Umkreis des Hofs konstituiert zu haben.

Abschließend sollen kurz die außerliterarischen Quellen (Bücherverzeichnisse, Handschriftenprovenienzen und Rechnungsbücher) vorgestellt werden, die einen jeweils differenten Eindruck von der Förderung höfischer Dichtung an den Fürstenhöfen hinterlassen. Auf breiter Basis liefern Bücherverzeichnisse (in → Testamenten, → Inventaren oder Bibliothekskatalogen) durch das in ihnen dokumentierte Interesse der Besitzer einen Einblick in den Literaturbetrieb ihrer Zeit, da wir durch diese Quellenart erfahren, wie lange und in welchen sozialen Kreisen die deutschsprachige Literatur des Mittelalters weiterlebte. Leider ist eine systematische Studie zu spätmittelalterlichen Privatbibliotheken ein Forschungsdesiderat, so daß wir nur unzureichend darüber informiert sind, wo (in welchen Regionen und Adelsfamilien) was gelesen wurde. Aus den bislang vorliegenden und ausgewerteten Bücherlisten läßt sich jedoch bereits ablesen, daß weniger die großen landesfürstlichen Dynastien wie die bayerischen oder die pfälzischen Wittelsbacher zur Tradierung höfischer Dichtung beitrugen, sondern in erster Linie der höhere und in geringerem Maße auch der niedere Adel, dem es jedoch oft an den für Buchbesitz nötigen ökonomischen Mitteln mangelte, und das Patriziat, das adlige Lebensformen und Schriftkultur übernahm (vgl. dazu unten auch das Stichwort »Lied«). Zum Grundstock der Bibliotheken des österreichischen Landadels gehörten im 15.-17. Jahrhundert weniger episch-fiktionale Literatur als vielmehr religiöse Texte (Bibel, Psalter, deutsche Predigten u. a.), pragmatische Wissensliteratur (juristische Texte, Arznei-, Pferde- und Jagdbücher) und in geringerem Umfang auch Chronistik. Ähnliches gilt für Adelsbibliotheken in anderen deutschsprachigen Regionen, wie z. B. eine Bücherliste bezeugt, die in einem Protokoll Wilhelms von Egmont (1451-83) überliefert ist: Die 31 Bücher umfassende Liste verzeichnet außer einem boek van Duytschen liedern ausschließlich praxisbezogene Texte aus der artes-Literatur, Theologie, Historiographie (→ Hofgeschichtsschreibung), Medizin, Astronomie, Hippologie und Falknerei. Weitgehend werden die laienadligen Büchersammlungen also durch ihre religiösen, natur-, heil- und rechtskundlichen Verwertungsmöglichkeiten strukturiert. Sehr viel seltener dokumentieren → Inventare ein spezielles Interesse auch an höfischer Dichtung: So besaß um die Mitte des 15. Jahrhunderts eine Elisabeth von Volkenstorff, deren Identität sich nicht zweifelsfrei klären läßt, da gleich vier Frauen dieses Namens in spätmittelalterlichen Quellen belegt sind, fast 50 Handschriften, von denen immerhin acht höfische Romane enthielten. Bei den niedersächsischen Grafen von Hoya und Bruchhausen begegnen der ›Eneasroman‹ Heinrichs von Veldeke, der ›Parzival‹ und der ›Willehalm‹ Wolframs von Eschenbach, der ›Jüngere Titurel‹ Albrechts, Strickers ›Karl‹ und mehrere Minnesanghandschriften im Verzeichnis der 31 Codices, die die Brüder Otto VII. (1434-84) und Friedrich II. (1434-1503), Domherr und Propst in Bremen, teils erbten und teils neu erwarben. In der Bibliothek der Grafen von Ortenburg gab es eine ›Willehalm‹-Trilogie, einen ›Jüngeren Titurel‹ und einen ›Erec‹ Hartmanns von Aue. Auch die Grafen von Oettingen sammelten im 15. Jahrhundert deutschsprachige Bücher, wie aus zwei → Inventaren des Grafen Ludwig XII., der 1440 verstorbene Hofmeister Kaiser Sigismunds (1433-37), sowie seines Nachfolgers, Graf Wilhelm von Öttingen (1429-67), hervorgeht. Während die 13 Bände des ersten Bücherverzeichnisses noch ausschließlich theologische, juristische, historiographische und pragmatische Literatur versammelten, umfaßte die vom Bücherfreund Wilhelm maßgeblich erweiterte Bibliothek dann 80 Bände, die nun auch die höfische Dichtung einschlossen (Lyrik Wolframs, Neidharts, Konrads von Würzburg u. a.; Ein buoch […] von dem brakensail; den ›Rosengarten‹, ›Herzog Ernst‹, ›Ortnit‹, ›Wolfdietrich‹, ›Hugdietrich‹, ›Laurin‹). Der Bibliothekskatalog des Grafen Philipp von Katzenelnbogen (1444-79) verzeichnet an höfischer Dichtung vor allem Kleinepik (Minnereden, Schwänke und Mären). Die wohl größte schwäbische Adelsbibliothek des 16. Jahrhunderts war die der Herren von Frundsberg auf der Mindelburg. Die Nachlaßverzeichnisse des 1586 mit dem Tod von Georg II. von Frundsberg erloschenen Geschlechts offenbaren einen auf allen Gebieten überwältigenden Bücherreichtum, der deutsche Chroniken, Prosaromane, Übersetzungsliteratur und höfische Dichtung einschließt. Daneben finden sich Bibliotheken bibliophiler Adliger im Umkreis der Fürstenhöfe, die eine Vielzahl deutschsprachiger Dichtung versammelten. So sind im Bibliothekskatalog des Freiherrn Job Hartmann zu Enenkel (1576-1627), der Kämmerer, kaiserlicher Rat und Regent der niederösterreichischen Lande war, 8000 Bände verzeichnet, die auf dem ländlichen Wohnsitz Enenkels aufbewahrt wurden. Bei den deutschsprachigen Texten finden sich nicht nur Wissensliteratur und religiöse Texte, sondern vor allem das ganze Spektrum volkssprachiger Dichtung in Form von Artus-, Liebes- und Abenteuerroman, Prosaroman, Heldenepik, Schwankdichtung, sog. Spielmannsepik und Lyrik. Erinnert sei auch an den Grafen Wilhelm Werner von Zimmern (1485-1575), der Rektor der Freiburger Universität war, später als Richter am Hofgericht in Rottweil fungierte und in unterschiedlichen Funktionen am Reichskammergericht in Speyer arbeitete. Er baute die von seinem Vater ererbte Bibliothek durch Neueinkäufe und eigene Abschreibetätigkeiten so weit aus, daß sie auch schon zu seiner Zeit Berühmtheit erlangte, und schenkte dabei insbesondere der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters seine Aufmerksamkeit.

Handschriftenprovenienzen eröffnen ebenfalls einen Weg zu den Rezipienten höfischer Dichtung. Leider überwiegen jedoch die anonymen Provenienzen; selten erfahren wir, wer der Auftraggeber des Codex war, ihn zuerst erwarb oder zum Eigengebrauch selbst abschrieb. Weniger als die Hälfte der überlieferten deutschsprachigen Handschriften enthält Hinweise auf den Erstbesitzer – zu zwei Drittel haben wir es mit Klosterbesitz, nur zu einem Drittel mit Privatbesitz zu tun. Dabei schweigen sich vor allem die Codices des 12. und 13. Jahrhunderts fast zur Gänze über solche literatursoziologisch grundlegenden Größen wie Entstehungsdatum, Schreibernamen, Auftraggeber und Anfertigungsort aus. Ab dem 14. Jahrhundert gibt es dann wenige auswertbare Provenienzen: Manche Auftraggeber wurden vom Schreiber im Kolophon erwähnt, andere Eigentümer wiederum trugen einen Besitzvermerk in die Handschrift ein oder klebten ein Exlibris ein. Nicht selten wurde das Wappen des Auftraggebers in eine oder mehrere Initialen eingesetzt oder auf dem Vorsatzblatt angebracht. Die sehr wenigen die höfische Dichtung betreffenden Handschriftenprovenienzen weisen wie auch schon die Bibliotheksvermerke zumeist nicht direkt an den Fürstenhof, sondern zu adligen Einzelpersonen in dessen Umkreis oder zu landsässigem Adel, wenn sie über die für den Buchbesitz notwendigen ökonomischen Mittel verfügten: Rudolf von Stadegge, der an den Höfen des Herzogs von Steier und der Erzbischöfe von Salzburg nachweisbar ist und aus einem Ministerialengeschlecht stammt, war z. B. Besitzer des Cgm 57, der Veledekes ›Eneasroman‹, Ottes ›Eraclius‹ und ›Mai und Beaflor‹ versammelt, Prätzel, der Rentmeister der Wittelsbacher Herzöge im 15. Jahrhundert, besaß eine Handschrift vom Frauendienst Ulrichs von Liechtenstein. Andere Codices waren im Besitz mächtiger österreichischer Ministerialenfamilien wie der Hakenberg, Kuenring und Tursen von Rauheneck. Doch gibt es auch Handschriften, die im fürstlichen Auftrag entstanden sind: Sowohl Landgraf Heinrich II. von Hessen (1328-77) als auch Kaiser Wenzel (1361-1419) ließen eine ›Willehalm‹-Trilogie anfertigen. Die Mehrzahl der überlieferten Codices weist also auf den hohen Adel, auf Herren und Grafen als vornehmliche Träger des Literaturbetriebs. Sie, die im späteren Mittelalter zu landesherrschaftlicher Stellung aufsteigen konnten, besaßen im Gegensatz zum niederen Adel die nötigen Mittel, ein Buch zu kaufen oder schreiben zu lassen. Aufgrund der Autopsie von Besitzereinträgen in überlieferten Handschriften scheint der niedere Adel genau wie das städtische Patriziat einen geringeren Anteil an der Distribution und Rezeption höfischer Dichtung gehabt zu haben; gleichwohl hatten sie ihn. Als Auftraggeber deutscher Melusinehandschriften tritt der Hochadel z. B. nicht in Erscheinung. Einzige gesicherte Ausnahme ist die mit Graf Engelbert II. von Nassau (1475-1504) verheiratete Markgräfin Zimburg von Baden (1450-1501); ansonsten gehören die Besitzer der Handschriften dem einfachen Landadel an oder sind als städtische Patrizier bezeugt. Wie auch schon im Hochmittelalter scheinen die fürstlichen Kanzleien bei der Reproduktion von Codices keine führende Rolle gespielt zu haben. So blieben die meisten Schreiber anonym und sind, wenn sie sich namentlich nannten, nur selten mit Kanzleipersonal identifizierbar: So gehörte z. B. der nicht identifizierte Schreiber Johann von Speyer, der vermerkte, er habe die Weltchronik Rudolfs von Ems sowie ein Elisabeth-Leben (Ms. 79 der Fürstl. Fürstenbergischen Hofbibl. zu Donaueschingen) 1365 auf Veranlassung des Heidelberger Kurfürsten Ruprecht I. abgeschrieben, nicht zur pfalzgräflichen Kanzlei. Neben die Klöster traten im 15. Jahrhundert verstärkt städtische Kanzleien und Werkstätten (Diebold Lauber) als Orte der Buchproduktion.

Auch wenn die spezifische Funktion von Rechnungsbüchern (→ Rechnungen) dem kulturgeschichtlich interessierten Literarhistoriker viele wesentliche Informationen vorenthält, läßt sich aus den Einträgen durchaus ein farbiges Bild von den spezifischen Formen der Geselligkeit an den Fürstenhöfen des 14. und 15. Jahrhunderts herauslesen, verzeichnen sie doch unter den unregelmäßigen Ausgaben Zahlungen und Geschenke an bedienstete und fahrende Unterhaltungskünstler in Form von Gauklern, Musikern (→ Musik[er], Oper), Rezitatoren (Sprechern), Sängern und Herolden. Die Terminologie in den (vor allem im 14. Jahrhundert nur sehr spärlich überlieferten) Rechnungsbüchern ist indes uneinheitlich und vielfältig (→ Rechnungen). Hinter lateinischen Bezeichnungen wie ioculatores, histriones, cantores, vagus, mimus, scolarius, loderpfaffus, singarius, sagerius, garciones und volkssprachigen wie hoffierer, spileutte, senger, piper, vedelaere, trompener, floyterer, spreker, heraute usw. konnten sich jeweils sehr unterschiedliche Typen von Kunstschaffenden verbergen. Auch finden sich Hinweise auf lokale geistliche oder weltliche Spielgruppen, die unter Bezeichnungen wie gesellen van dem spele firmieren können, für Maskeraden-Umzüge, Passions- sowie Puppenspiele und möglicherweise auch für eyn spoil van Tristram verantwortlich waren, daß 1459 vor der Herzogin Katharina in Venlo aufgeführt wurde; der einzig mir bekannte Hinweis auf einen Stoff der höfischen Dichtung. In der Regel erfahren wir aus den Reiserechnungen wenig über die vorgetragenen Texttypen: Nur in Ausnahmefällen wurden ihre Titel festgehalten. Sehr selten treten uns in den → Rechnungen durch ihre schriftlich überlieferten Werke bekannte Autoren entgegen; meist finden sich nur allgemeine Einträge wie eyme sprecher sowie enen fremden sprecher oder sind Namen überliefert, denen wir keine bekannten Schrifttexte zuordnen können. Das gilt für Werner von Alzey, der in einer Urkunde des kurpfälzischen Herzogs Ruprecht II. am 5. August 1393 zum König aller Fahrenden erhoben wurde, genauso wie für Monickedam den spreker, der zwischen 1396 und 1401 sechsmal am holländischen Grafenhof auftrat. Anders verhält es sich hingegen bei den Redendichtern Willem van Hildegaersberch und Augustijnken van Dordt, die an den Höfen von Geldern, Blois und Holland dokumentiert sind und eine Vielzahl von sproken (Exempla, Minnereden, Tierfabeln, politische Lieder, Totenklagen, Preis- und Spottgedichte u. a.m.) hinterlassen haben, die der lokalen Tradition eines literarischen Interesses an verschiedensten Typen moralisch-didaktischer Rede entspringen dürften. Willem lebte von etwa 1350 bis 1408 und gilt als der bedeutendste mittelniederländische »Sprecher«. Von ihm sind nicht weniger als 120 Reimreden erhalten geblieben. Aus den → Rechnungen des holländischen Hofs geht hervor, daß Willem zwischen 1383 und 1408 mindestens 32mal, oft an hohen Festtagen, gegen eine Entlohnung vor dem Grafen Albrecht von Bayern (1358-1404) und Wilhelm VI. von Holland (1404-17) auftrat. Daß er nicht nur hochadlige Zuhörer fand, zeigen seine Auftritte vor den Stadträten von Middelburg und Utrecht. Etwa die Hälfte von Willems Texten beschäftigt sich (vorwiegend) mit religiösen Themen, während die andere Hälfte der weltlichen Kurzepik zugerechnet werden kann. Laut Eintrag in den Rechnungsbüchern des Haager Hofes wurde im Auftrag Wilhelms VI. von Holland am 12. April 1409 in Utrecht bezahlt für enen boec dat mijn lieve here dede copen dair in stonden veel schoonre sproken die Willem van Hillegairtsberge gemaict hadde (ein Buch mit vielen schönen, von Willem van Hildegaersberch gedichteten sproken, das mein lieber Herr kaufen ließ) (→ Rechnungen). Der Haager Hof unter Albrecht von Bayern und Wilhelm VI. war in den Jahrzehnten um 1400 anscheinend ein imposantes kulturelles Zentrum, wo unter anderen wirkten: Herold Beyern, der gelehrte Theologe Dirc van Delft, Verfasser der ›Tafel van den kersten gelove‹ (Handbuch des christlichen Glaubens), und der Beamte Dirc Potter, der Dichter von ›Der minnen loep‹ (Werdegang der Liebe), ›Blome der doechden‹ (Blüte der Tugenden) und ›Mellibeus‹. Michel Beheim wird in verschiedenen städtischen Rechnungsbüchern als Herzog Albrechts singer oder des kaisers dichter tituliert. Wie aus den Rechnungsbüchern zu ersehen ist, haben seit dem Ende des 13. Jahrhunderts bestimmte Typen panegyrischer Gelegenheitsgedichte (Totenklagen, Preis- und Wappenreden) an den deutschen und niederländischen Höfen großen Anklang gefunden (vgl. dazu unten das Stichwort »Gelegenheitsdichtung«).

Aufgabe der Forschung in den nächsten Jahren muß es sein, für das Spätmittelalter das zu leisten, was Joachim Bumke mit seinem Mäzenebuch für das 12. und 13. Jahrhundert erarbeitet hat: alle verfügbaren Informationen zusammenzutragen, die uns Aufschluß über den (wahrscheinlich längst institutionell diffundierten) Literaturbetrieb zu vermitteln in der Lage sind. Eine solcherart übergreifende Untersuchung müßte beides im Blick haben: das durchaus vorhandene je spezifische literarische Profil des einzelnen Hofes sowie zugleich die generelle institutionelle Verantwortlichkeit der Adelssitze für die Ausbildung und Bewahrung höfischer Dichtung. Anders als für das Hochmittelalter kann sich eine Zuweisung volkssprachiger Texte an Institutionen jedoch nicht allein aus den Angaben in den literarischen Texten selbst ergeben, sondern muß die historischen Quellenarten (vor allem Handschriftenprovenienzen, Bücherlisten und Rechnungsbücher) – gerade weil sie ein überaus heterogenes und differentes Tableau an Informationen bieten – umfassend und vergleichend einbeziehen, nicht zuletzt, um diese als eine Art Lackmustest für Gönnernachrichten und Dedikationen zu funktionalisieren. Dabei dürften die z. T. sehr unterschiedlichen Befunde, die die Quellenarten liefern – so sind z. B. viele im Umkreis der großen Höfe entstandenen und nach eigenen Angaben für den Fürsten geschriebenen Texte nicht in dessen Bücherverzeichnissen nachweisbar –, nicht, wie bislang häufig, homogenisiert werden, sondern müssen als Ausgangspunkt einer kritischen Revision bislang sicher geglaubter Grundannahmen dienen. Möglicherweise ist für die Frage nach den sozialen Trägerschichten höfischer Dichtung nämlich die starke Fixierung auf die großen Territorialhöfe des Spätmittelalters, die sich aus den hochmittelalterlichen Verhältnissen ableitet, zu einseitig: Bücherverzeichnisse und Handschriftenprovenienzen weisen den Weg nicht nur zu den hochadeligen Dynastien, sondern auch zu bibliophilen Kleinadligen und Patriziern.

SPRUCH

A.

Der Spruch (mhd. spruch, das, was gesprochen wird; nicht gesungenes, kleineres Gedicht, Sinnspruch; Sentenz) ist in seiner Bedeutungsvarianz sehr breit angelegt. Allgemein ist er für die höfische Dichtung als Singspruch relevant. Die ältere Forschung nahm den Singspruch als eigene Gattung an. Dabei behalf sie sich mit dem Ausdruck des Spruchs, der kein Quellenbegriff ist und in der, dem mittelhochdeutschen nachfolgenden sprachlichen Schicht eher eine rechtlich relevante Äußerung bezeichnete. V.a. Walther (ca. 1170-1228) wurde von der älteren Forschung als »Beginn, Höhepunkt und Abschluß« (Teervoren, Sangspruchdichtung, S. 110) benannt. Als differentia specifica gegenüber der Minnelyrik werden v. a. immer wieder genannt: Einstrophigkeit, knappe Form, eine einheitliche Aussage und Eintonigkeit (im Sinne von »in einer Melodie geschrieben«). Man nahm an, daß die Sprüche singend vorgetragen wurden oder zumindest parlando.

In der neueren Forschung behält man die Gattung des Sangspruchs bei und betrachtet ihn als ein nicht gesungenes Lied mit politischen oder religiösen Inhalten, der eine appellative Funktion besitzt. Daher wird der Sangspruchdichtung auch gnomischer Charakter zugesprochen. Allerdings änderte sich das Blickfeld der Forschung, die bis dahin stets auf Walther eingeengt war. Die Entwicklung des Sangspruchs gilt seither nicht mehr als im Hochmittelalter schon abgeschlossen. Vielmehr wird nun eine fortlaufende Entwicklung der Gattung angenommen, die in direkter Linie zu der nicht mehr im höfischen Umfeld, sondern von Handwerkern gepflegten Reimsprechkunst führt. Als Traditionshintergrund sind auch hier noch die großen Corpora der mittelhochdeutschen Lieddichtung zu erkennen. Des weiteren wurde vorgeschlagen, den appelativ-zeitbezüglichen Charakter der Spruchdichtung hervorzuheben, indem die Gattung als politische Lyrik bezeichnet wird (Müller, Untersuchungen, S. 1-9).

Die Zeitschicht des hohen und späten Mittelalters ist die zentrale Epoche der Spruchdichtung. In ihr entstehen die von vielen Spruchdichtern später benutzten Vorlagen von Walther und es werden die großen Handschriften (Handschriften C und J) gesammelt, die das grundlegende Textcorpus für die höfische Dichtung des hohen und beginnenden späten Mittelalters bilden.

Neben dem immer wieder in der Literatur als Hauptautor dieser Gattung genannte Walther läßt sich auch Herger (Ende 12./Beginn 13. Jahrhundert) anführen. Dieser fahrende Berufsdichter ist nicht nur hinsichtlich der formalen Ausgestaltung seiner Dichtungen, sondern auch wegen seines Publikums von Bedeutung. Er steht im Dienst wechselnder Herren und hat sie im Auftrag dieser Herren verfaßt. Schon hier wird ein Kriterium der Sangspruchdichtung deutlich: Es ist eine Kategorie der Hofdichtung. Darüber hinaus findet man bei Herger eher die moralisch-didaktisch angelegten Sangsprüche als die auf das aktuelle politische Geschehen bezogenen Walthers. Tatsächlich ist die Ausformung der Gattung durch Walther etwa in seinem Reichston eben nicht paradigmatisch für den Sangspruch zu sehen, sondern nur die Entwicklung einer Nebenlinie. Die eigentliche Sangspruchdichtung hat sich vielmehr an der geistlichen Exempla-Literatur orientiert und diskutiert richtige und falsche Verhaltensweisen anhand semantischer Überlegungen zu zentralen höfischen Begrifflichkeiten wie etwa shame, triuwe, milte usw.

Dabei benutzten die Spruchdichter schon das Bücherwissen der theologischen Wissenschaft wie auch die Berufung auf Autoritäten. Strikte Systematik und eigene Ideen allerdings sucht man dabei vergeblich. Deshalb ist das Verfahren auch eher mit dem eines bispels, das im frühen 13. Jahrhundert als neue volkssprachliche Gattung auftauchte, zu vergleichen.

Die Überlieferungslage dieser Zeit läßt deutlich zwei geographische Schwerpunkte erkennen. Zum einen sind als Entstehungsorte die Höfe und Städte des südwestdeutschen Raums zu nennen. Zum anderen bildete sich um die Mitte des 13. Jahrhunderts ein Zentrum im Norden und Osten aus. Mit diesen geographischen Räumen ist auch die Entstehung der wichtigsten Handschriften verbunden, namentlich die Handschhrift C (Große Heidelberger Liederhandschrift oder ›Codex Manesse‹) mit dem oberdeutsch-südwestdeutschen Raum sowie die Handschrift J (Jenaer Liederhandschrift) mit dem niederdeutsch-nordostdeutschen. Aus dieser Epoche der Sangspruchdichtung sind einige Namen überliefert wie etwa Reinmar von Zweter, der Meissner und Rumelant von Sachsen. Abgesehen von den überlieferten Texten ist zu ihrer Biographie und auch zu ihrer Bedeutung innerhalb der Entwicklungsgeschichte des Sangspruchs noch zu wenig bekannt.

Die ältere germanistische Forschung hat mit den Sterbedaten der Dichter Frauenlob, d. h. Heinrich von Meissen (gest. 1318) und Regenbogen (gest. 1318), die als die letzten großen Sangspruchdichter galten, ein Ausklingen der Gattung angenommen. Allerdings hat es sich inzwischen durchgesetzt, ein Fortbestehen der Gattung anzunehmen.

Dabei läßt sich ein Einschnitt um 1330-50 konstatieren, der das Ende der produktiven Phase der Sangspruchdichtung markiert. Dieser folgt eine diese Tradition rezipierende reproduktive Phase, in der sich allerdings v. a. die sozialen Bedingungsfaktoren verschieben. Aus der oft im fürstlichen Auftrag entstandenen Hofdichtung wird eine von funktionalen Eliten – vornehmlich Handwerksmeistern – getragene städtische Dichtung, die sich in einer Traditionsreihe mit der ihnen vorangegangenen höfischen Sangspruchdichtung verortet. Beispiele für diesen neuen Typus des Spruchdichters, der schon um den Beginn des 15. Jahrhunderts erscheint, ist etwa der Nürnberger Büchsenmeister Hans Rosenplüt (ca. 1400-ca. 1460).

Rosenplüt ist in seiner Lebensführung und auch in den formalen Besonderheiten seines vielseitigen Werkes als Vorläufer von Hans Folz (ca. 1435-ca. 1513) oder Hans Sachs (ca. 1494-ca. 1576) zu sehen, die in der Literatur immer wieder als Meistersänger bezeichnet werden. Ob Rosenplüt schon als Meistersänger zu sehen ist, hängt von den definitorischen Kategorien dieses Begriffs ab. Die herrschende Meinung, die etwa Ingeborg Glier vertritt, verneint dies. Differenzierter argumentiert etwa Tervooren, der die sonst für den Begriff des Meistersingertums unabdingbare Bindung an eine Sängerschule für weniger zentral hält, sondern v. a. die städtische Entstehungsumgebung und den traditionsorientierten Zugriff auf Inhalte und Formen der großen Corpora in den Mittelpunkt stellt. Beide genannten Merkmale gelten auch für Rosenplüt. Eine alternative Position zu dieser Frage nimmt Schanze ein, der die Sangspruchdichtung zwischen Heinrich von Mügeln (gest. nach 1369) und Hans Sachs als »meisterliche Liedkunst« beschreibt und damit eigentlich eine eigene Gattung schafft, die den v. a. soziohistorischen Veränderungen der Sangspruchdichtung Rechnung trägt. Als ein konkretes Beispiel dieser Übergangsphase von höfischer Dichtkunst zur Ausformung des städtisch-zünftisch organisierten Meistersangs sei hier Michael Beheim (ca. 1416-ca. 1474/75) angeführt, der als dichtender Handwerker (Weber) mit seinem literarischen Schaffen begann und dadurch den Weg an diverse Höfe fand, an denen er Auftragsdichtung fertigte.

Im ausgehenden 15. Jahrhundert ist der Wandel vom fahrenden Berufssänger zu dem in den Städten sitzenden und tätigen Handwerkerdichtern abgeschlossen.

B.

I. Walther von der Vogelweide, Gegen Heuchler

a) Mittelhochdeutsche Fassung

Gót weiz wol, mîn lop waere iemer hovestaete,

dâ man éteswenne lobelîche taete

mît gebaerde mit gewisser rede únd mit raete

mir gruelet sô mich lachent an die lechelaere,

dén diu zunge honeget und daz herze gallen hât.

friundes lachen sol sîn âne missetât,

süéze áls der abentrôt, der kündet lûter maere.

nû tuo mir lachelîche oder láche aber ánderswá.

swes munt mich triegen wil, der hábe sin lachen dâ,

von dém naeme îch ein wârez nein für zwei gelogeniu jâ.

b) Neuhochdeutsche Fassung

Gott weiß wohl, mein Lob wäre immer hofgerecht

Dort, wo man zuweilen lobenswert handelte –

im Gebaren, durch verläßliche Rede und mit

Ratschlägen.

Mir graut, wenn mich die Lächler anlachen,

denen die Zunge voll Honig ist und das Herz voll Galle.

Freundeslachen soll ohne böse Absicht sein,

angenehm wie das Abdendrot, das Gutes ankündigt.

Nun begegne man mir aufrichtig, oder aber lache anderswo.

Wessen Mund mich betrügen will, der behalte sein Lachen für sich,

von dem nähme ich ein wahres Nein für zwei gelogene Ja.

Die Gedichte Walthers von der Vogelweide, 26,3.

In diesem Spruch, der dem König – Friedrichs –Ton zugeordnet wird, behandelt Walther das allgemein beliebte, aber gerade in seinem Werk immer wiederkehrende Motiv der Falschheit. Hier erhält die abstrakte Kategorie der Unwahrheit und der damit verbundenen Hinterhältigkeit die Ausprägung der Heuchler am Hof. Eng verwandt mit diesem Motiv ist auch die bei Walther vorkommende Klage über schlechte Ratgeber der Fürsten. Denn genauso wie diese durch ihre Unfähigkeit das Handeln des Fürsten negativ beeinflussen, wird hier durch die »Lächler«, wie Walther die Unaufrichtigen bei Hofe nennt, das eigentlich höfische Verhalten zutiefst verletzt. Die scheinbar höfische Verhaltensweise dieser Personen wird durch die kontrastiv gegeneinander gestellten Metaphern von der »Zunge voller Honig« und dem »Herzen voller Galle« veranschaulicht. Diese Wendung findet sich nicht nur an dieser Stelle in Walthers Schaffen. Er setzt sie auch in weiteren Strophen mit ähnlicher Thematik ein. Offenbar spiegelt diese Strophe seine ganz persönliche Erfahrung mit der Realität des höfischen Ideals. Dieses Ideal erhebt er durch die in dem Spruch vorgetragene Schelte der Abweichung zur selbstverständlichen Verhaltensnorm.

Mit dieser Strophe Walthers ist die frühe Phase des Sangspruchs beispielhaft illustriert, da der soziale Rahmen noch ganz durch den Hof und die dort gültigen Normen gegeben ist.

Der hier wiedergegebene Text steht beispielhaft für die erste Phase der deutschen Sangspruchdichtung, da er die oben angesprochenen idealtypischen Merkmale eines Sangspruchs enthält.

II. Michael Beheim,

a) Mittelhochdeutsche Fassung

Ein mensch der wart gejaget

Von einem aingehürn auf herten tam

Der mensch was verczaget,

Durch ein gepirg viel er zcu teich.

In disen nider springen

Pehing der selbig mensch in einem pam

Ob einer tiefen clingen

Da lag ein trak, was grausamleich.

Auf iglich seiten in dem paum stelt sich ein maus,

Die an den wurczeln nuge,

Die ain was weiss, die ander swarcz. Do er die mäus wart spürn,

Do cham sein herz in graus,

Do er die augen nider sluge

Und sach den traken liegen in der laus;

Als er sein haupt auf truge

Und ob im sach das aingehürn

Da wart sein leben piter

In grosser vorcht was er auf disem paum

In angsticleichem cziter.

Do er ein weil dar auf gestunt,

Zwuschen des paumes zweigen

Sach er ein waben clain von honigsam;

Darczu pegund er zu steigen

Und nam das hong in seinen mund.

Da er enphant der sussen miltgung, die da was

An dem clainen und snoden,

Des trakens und des aingehurns, aller seiner not

Er genecziglich vergas.

Sein hercz pegund in nymer ploden,

An vorcht und angst er an dem pame sas;

Im daucht, er swebt in freüden,

Wie wol im nahent was der tot.

Hie solt ir merken eben:

Der tot ist der ainhorn ungeslacht,

Der paum bedeüt das leben,

Da wir gar torlich hangen an.

Merkent, ich wil euch sagen,

Die mäus weiss und swarcz das ist tag und nacht,

Die unser leben nagen,

Pis es nit lenger mag peston.

Der teufel ist der trak, der nach dem menschen stot;

Wie dik in got ermanet,

So sterkt er sich mit dem hung, das ist weltlich lust,

Pis er vergist seinr not,

Damit er seiner sel nit schonet.

Auch mensch, pedenk dein swachait und den tot,

Wie nach es pey dir wonet.

Pedenk, wo du zu kumen must!

b) Neuhochdeutsche Fassung

Ein Mensch, der von einem Einhorn

auf einem harten Damm gejagt worden war

wurde dadurch so verzweifelt, daß er in einem Gebirge

einfach zu einem See hinuntersprang und sich dabei

aber in einem Baum verfing.

Der Baum stand oberhalb einer tiefen Schlucht,

in der ein furchterregender Drache lag.

Auf beiden Seiten des Baums war jeweils eine Maus, die an

den Wurzeln nagte,

die eine war schwarz, die andere weiß.

Als er die Tätigkeit der Mäuse spürte

Da ergriff ihn eine Furcht,

so dass er die Augen niederschlug

Und den Drachen in der Schlucht liegen sah;

Als er sein Haupt nach oben reckte

Sah er das Einhorn noch immer über sich.

Da wurde das Leben ihm sehr bitter

Und in großer Furcht zitterte er eine

Weile lang auf dem Baum um sein Leben.

Zwischen den Zweigen entdeckte er aber dann

Eine kleine Honigwabe, zu der er hinaufkletterte

Um von dem Honig zu naschen.

Er empfand durch diese Kleinigkeit eine solche süße Freude, daß

Er darüber vollkommen das Einhorn und den Drachen vergaß.

Sein Herz verzagte nicht mehr vor Angst,

Ihm erschien der Baum nun als Stätte der Freude,

obgleich der Tot ihm nahe war.

Anhand dieses Beispiels sollt ihr Euch merken:

Das Einhorn ist der Tod,

Der Baum bedeutet das Leben,

an dem wir so töricht hängen.

Die weiße und die schwarze Maus sind jeweils Tag und Nacht,

die unser Leben benagen

Bis es nicht mehr länger andauert.

Der Drache ist der Teufel, der den Menschen nahekommen möchte;

Wie sehr in Gott auch ermahnt.

Der Mensch stärkt sich aber einfach mit dem Honig,

das ist die weltliche Lust,

bis er darüber die Gefahren des Lebens vergißt.

Bedenke aber, Mensch, immer Deine Schwäche und den Tod,

Wie nahe er bei Dir wohnt.

Bedenke, daß Du sterben wirst!

Meistersang, S 55-57.

Dieser Text, der der Übergangsperiode von höfischem zum städtischen Sangspruch zuzuordnen ist, weist eine für diese Zeitschicht typische Mehrstrophigkeit auf. Die dargebotenen Metaphern, die in der conclusio des »Exempels« aufgelöst werden, gehen über den Rahmen einfacher Metaphern hinaus und bilden in ihrem Arrangement eine Allegorie auf das menschliche Leben. Die in dieser didaktisch-exemplarischen Allegorie zum Ausdruck kommende Mahnung, sich immer des Todes sicher zu sein, nimmt das für das 14. Jahrhundert in der deutschen Literatur häufig vorkommende Motiv des memento mori auf, verbunden mit einer gewissen Ablehnung der weltlichen Freuden. Diese Haltung gegenüber dem Tod findet sich etwa auch in dem berühmteren Prosawerk ›Der Ackermann aus Böhmen‹ von Johannes Tepl, das der gleichen Zeitschicht entstammt.

III. Hans Rosenplüt, Dichterklage

a) Mittelhochdeutsche Fassung

Nu clag ich tichter auch mein clag:

Was guts ich geticht hab mein tag,

So hort man das pose gleich als gern

Recht samt den allerpesten kern,

Den ich mit kunst hab awßgekirnt.

Und hett ich eitel seiden gezwirnt

Und hub ein grobes werk an zu spinnen,

So wurd ich mer zuhorer gewinnen,

Dann saget ich die ganzen bibel

Und exponiret des himels tribel,

Der umbhin treibt alles firmament

Von osten biß gein occident.

Dorumb muß ich der werlt nachleben

Und muß pose kupferein munz awßgeben

Und feiern laßen guts geticht,

Damit man got sein lob awßspricht,

Und muß versweigen sein vetterlich gut.

Die clag furet Hans Rosenplut.

b) Neuhochdeutsche Fassung

Nun führe auch ich Dichter meine Klage,

So gute Gedichte ich auch bisher geschrieben haben mag,

hört das Publikum doch vor allem die Sensation gern und

übersieht dabei den lehrhaften Kern,

den ich mit Kunst herausgearbeitet habe.

Hätte ich seidenen Zwirn und würde damit

grobe Gewänder spinnen, würde ich mehr Zuhörer

gewinnen als wenn ich die gesamte Bibel aufsagen würde und

noch dazu erklären könnte, was die Welt vom Orient zum

Okzident erhält und vorantreibt.

Deshalb muss ich mich dem Willen der Welt beugen

Muss die Gier nach Sensation Rechnung tragen

Und dies als gute Dichtung, mit der Gott gepriesen wird,

feiern lassen. Dabei muss ich die edle Absicht des Ganzen verbergen.

Diese Klage führt Hans Rosenplüt.

Hans Rosenplüt, Reimpaarsprüche, S. 157f.

Diese Dichterklage ist eine von fünfzehn Klagen aus der Sicht diverser fiktiver Personen. Überliefert ist die Reihe der Klagen in zwei Handschriften, A und B. Hier wurde die vollständig erhaltene Handschrift A zitiert. In der Handschrift B finden sich v. a. Kürzungen zum Schluß der Dichterklage. So verzichtet Rosenplüt in B auf das Beispiel des himels tribels und nennt auch in der letzten Zeile seinen Namen nicht mehr. Damit anonymisert er die Klage und verleiht ihr auch einen stärkeren paradigmatischen Charakter, der sich in die Reihe der anderen Beispiele besser einfügt. Die Dichterklage nimmt dabei die letzte Stelle ein und ist die einzige nicht fiktive Klage. Sie läßt einen seltenen Einblick in die Gemütslage eines Spruchdichters zu, der sich explizit nicht mehr auf die höfische Welt bezieht, sondern eine allgemeine Unfähigkeit, das Edle und Wahrhafte zu erkennen. Zur Illustration der wahrhaftigen Einsicht, die aber kaum noch als solche geschätzt wird, nennt er die Rezitation der Bibel und die Erklärung des Erdumlaufs. Diese Beispiele weisen auf die Orientierung Rosenplüts an geistlicher Literatur sowie ein mögliches Interesse an empirischen Erkenntnissen hin.

C.

LIED

A.

1. Begriff und Form

Das althochdeutsche liod bezeichnete ein Preislied zum Lob von Göttern und Herrschern, mittelhochdeutsch liet meist die einzelne Strophe eines zum Gesangsvortrag bestimmten Gedichts, das aus einer variablen Reihe von derartigen Strophen im gleichen metrischen Schema mit analog verteilten Reimklängen besteht. Die Melodie wurde als wîse bezeichnet. Die heutige Bedeutung der sprachlich-musikalischen Einheit eines lyrischen Textes entstand erst im 16. Jahrhundert.

2. Historischer Abriß

Die frühesten erhaltenen Lieder in diesem Sinn sind geistliche Gemeindelieder (›Petruslied‹, ›Galluslied‹ im 9. Jahrhundert) und wohl auch Zauberlieder (sog. ›Merseburger Zaubersprüche‹). Der ›Modus Ottinc‹ aus der Cambridger Liederhandschrift (11. Jahrhundert) ist ein lateinisches sangbares Gedicht in unregelmäßigen Strophen auf Kaiser Otto III. und seine beiden Vorgänger. Mit der Melodie soll Otto I. bei einem Palastbrand geweckt worden sein. Das 881/882 entstandene ›Ludwigslied‹ auf den Karolinger Ludwig III. ist in 59 Kurzpaarversen gehalten. Über die Melodie wissen wir nichts.

In der Mitte des 12. Jahrhunderts entstand an kleineren Höfen des deutschen Südostens in der Nachahmung der adligen Praxis Okzitaniens (»Troubadourlyrik«) eine sangbare Liebeslyrik adliger Dilettanten, der sich Kaiser Heinrich VI. anschloß. Der Stauferhof war dann unter Friedrich II. im volgare, der sizilianischen Dichtersprache, ein Zentrum des Liebesliedes, wie unter Heinrich (VII.) in deutscher. König Wenzel II. von Böhmen verfaßte Liebeslieder ebenso wie Hochadlige des Nordostens und -westens. Eine wichtigere Rolle spielten jedoch Berufsdichter wie v. a. Walther von der Vogelweide, der außer an den Höfen König Philipps (siehe unten B.I.) und Friedrichs II. auch bei Otto IV. war und zeitweise ein Wanderleben zwischen verschiedenen weltlichen und geistlichen Höfen führte. Mit ihm erreichte die alte Übung des ethisch-moralischen und sog. »politischen« Sangspruchs (die z. T. an die Preisliedtradition anknüpfte) das sprachlich-formale Niveau des Minnesangs (→ Spruch). Er schrieb politische Lieder im Auftrag verschiedener weltlicher und geistlicher Höfe. Die Sangspruchdichtung der Folgezeit war ebenfalls an verschiedenen Höfen vertreten, so Bruder Wernher, ein fahrender Berufsdichter, am österreichischen und bayerischen Hof (→ Spruch). Daneben war der Prager Hof Ottokars II. und Wenzels II. ein Zentrum mit Sigeher, Friedrich von Sonnenburg und Heinrich von Meißen (Frauenlob). Dem Hof Rudolfs von Habsburg dienten Rumelant von Sachsen und Friedrich von Sonnenburg. Solche Parteiwechsel waren bei Berufsdichtern nichts Ungewöhnliches.

Häufige Hofwechsel waren typisch für den letzten bedeutenden Vertreter des politischen Lieds, Michel Beheim (1416 oder 1421-74/78): Er dichtete unter anderem für den Reichserbkämmerer Konrad von Weinsberg (gest. 1448), Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg-Ansbach, die Wittelsbacher Herzöge, die Habsburger und Eberhard von Württemberg. Die Mehrzahl seiner 452 Lieder behandeln religiöse Themen. Bei den politischen handelt es sich um Erzähl-, Mahn- und Scheltlieder (siehe unten B.II.). Mit Liebesliedern dürfte Beheim ebenfalls die Bedürfnisse nach höfischer Repräsentation bedient haben. Die Überlieferung der Lieder in drei großen Sammelhandschriften geht auf Beheim selbst und nicht auf die Auftraggeber zurück.

Anscheinend gab es bis über die Mitte des 15. Jahrhunderts hinaus an den Höfen die Tradition des Sängerauftritts im Rahmen höfischer Feste (→ Höfische Feste und ihr Schrifttum) und Versammlungen. Derartige Vorträge waren jedoch eher okkasionell und anscheinend kein fester Bestandteil höfischer Unterhaltung und Wissensvermittlung oder politischer Propaganda. Für eine eher marginale Position spricht das Fehlen festangestellter Hofsänger. Deutsche Liedkunst hatte bis ins 17. Jahrhundert einen geringen Grad an Institutionalität an den Höfen.

Die erste Aufzeichnung deutschsprachiger Liebeslieder erfolgte um 1230 an einem geistlichen Hof im deutschen Südosten (Seckau?) in der vorwiegend lateinischen Sammlung der ›Carmina burana‹ (z. T. mit linienlosen Neumen). Die großen Liederhandschriften mit Minnesang und Sangspruch (→ Spruch) entstanden seit dem Ende des 13. Jahrhunderts: die Heidelberger Liederhandschrift A im Elsaß, vielleicht am Straßburger Bischofshof, die Heidelberger Liederhandschrift C zwischen 1300 und 1330 für Züricher Stadtadlige und die Weingartner Liederhandschrift vielleicht am Konstanzer Bischofshof. Zur Zeit der Niederschrift war der Minnesang von der Vortrags- zur Leselyrik geworden. Die Jenaer Liederhandschrift (mit Noten, Mitte 14. Jahrhundert) ist wohl für Rudolf I., Herzog von Sachsen-Wittenberg hergestellt worden; 1437 befand sie sich vermutlich in der Wittenberger Schloßbibliothek.

Nach dem Ende des Minnesangs entstand am Hof des Salzburger Erzbischofs Pilgrim II. von Puchheim (1365-95) eine gesungene geistliche und weltliche Liedkunst, die bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts überliefert wurde und in Einzelfällen in die städtischen Liedersammlungen eingegangen ist.

Ein Zeugnis über okkasionellen Liedvortrag überliefert für das Jahr 1347 die Limburger Chronik: Auf einem Ritt singt Reinhard von Westerburg Kaiser Ludwig IV., dem Bayer, ein misogynes Lied vor, das er dann nach entsprechender Kritik »höfisch« korrigiert (siehe unten B.III.). Hier zeigt sich die Vertrautheit des Adels mit den »Registern« des Liebeslieds wie auch der geringe Institutionalisierungsgrad.

Oswald von Wolkenstein (1376-1445) ist ein Sonderfall. Seine ca. 130 Gedichte sind fast alle mit Noten überliefert. Er bietet eine Mischung aus der Adaption zeitgenössischer italienischer und französischer mehrstimmiger Liedkunst und deutscher Tradition, einstimmig oder in usueller Mehrstimmigkeit. Er könnte Lieder an den Höfen König Sigismunds und Herzog Friedrichs IV. von Österreich und am Brixener Bischofshof vorgetragen haben. Seine Dichtung diente vorwiegend dem Entwurf eines Selbstbildes, das er in den beiden Prachthandschriften seinen Nachkommen überliefern wollte.

Die Haager Liederhandschrift (bald nach 1400) reflektiert wahrscheinlich das Repertoire am Hof der Wittelsbacher Seitenlinie Straubing-Holland (1346-1425). In ihr werden höfische Minnelieder (Reinmar, Walther und andere) im Verbund mit jüngeren Liebesliedern und Sangsprüchen in deutscher, niederländischer und französischer Sprache überliefert. Im Vergleich mit oberdeutschen Quellen wirkt das Repertoire traditionsverhaftet. Vielleicht sollte seine Pflege kulturell legitimierend wirken.

Die Rolle der großen Höfe als Zentren der Liedkunst trat im Laufe des 15. Jahrhunderts in der Überlieferung zurück, es waren städtische und universitäre Kreise, die das ein- und mehrstimmige Lied pflegten, wie das ›Lochamer-Liederbuch‹ (Nürnberg um 1450) und das des Hartmann Schedel (um 1460) bezeugen. Weder die Höfe in Wien und München, noch die in Heidelberg oder der der Mechthild von der Pfalz in Rottenburg pflegten anscheinend – oft im Unterschied zur Epik – das deutschsprachige Lied. Das mag damit zusammenhängen, daß die gesellige Form des Liedersingens dem Repräsentationsbedürfnis der großen Höfe nicht entsprach. Wir finden daher eher kleinere Herrschaften wie die Grafen von Eppenstein-Königstein (Taunus) mit dem ›Königsteiner Liederbuch‹ (1471/72), das vermutlich aus Einzelblättern und kleinen Heftchen, die als Liebesgrüße oder Freundschaftsgeschenke dienten, zusammengeschrieben wurde. Die adlige Trägerschicht griff damit auf städtische Traditionen zurück. Die bei vier Liedern überlieferten einstimmigen Melodien stehen im Gegensatz zur gleichzeitigen »städtischen« Mehrstimmigkeit. Allerdings sei darauf hingewiesen, daß aus der Umgebung des bourbonischen Königshauses in den sog. Loiretalliederbüchern eine einstimmige höfische Liedkultur gleichzeitig überliefert ist.

Auch im 16. Jahrhundert gab es eine entsprechende Mode der adligen Liederstammbücher, d. h. Sammlungen von Liedern, die von Familienangehörigen, Freunden und Besuchern eingetragen wurden. Beispiele sind die (verschollene) Sammlung Hans-Gerhard von Manderscheids, das Liederbuch der Katharina von Hatzfeld (fälschlich der Herzogin Amalia von Cleve beigelegt), des Freiherrn Friedrich von Reiffenberg und die der Katharina von Bronckhorst und Battenburg (›Darfelder Liederhandschrift‹ 1546-65). Die 106 Liedtexte erlauben einen Einblick in die Vorlieben der niederrheinischen und westfälischen Adelsgeschlechter: Es sind Liebeslieder im Liederbuch-Stil, geistliche und wenige historisch-politische. Die Handschrift zeigt einmal mehr, daß es zwischen adligem und städtisch-bürgerlichem Repertoire keine Grenzen gab. Auch das durch ›Langebeks Quarthandschrift‹ (seit 1570) bekannte Repertoire am dänischen Königshof Friedrichs II. weist bei 70 deutschen Liedern viele Berührungen mit adligen, studentischen und bürgerlichen Sammlungen auf.

Das einstimmige Lied wurde im Lauf des 15. Jahrhunderts vom mehrstimmigen abgelöst, ob an den großen Höfen auch einstimmige Lieder gesungen wurden, ist den Quellen nicht zu entnehmen, die nur mehrstimmige überliefern, denkbar ist es jedoch, daß nur die letzteren aufgezeichnet wurden. Die seit etwa 1460 vorherrschende Form ist das sog. Tenorlied (Melodie im Tenor) in Abgrenzung von den komplexeren französischen Gattungen. Der musikalische Satz wurde gegenüber dem Text immer wichtiger, v. a. seitdem die Einzelstimmen sich nicht mehr der Melodiestimme unterordneten, sondern gesanglich geführt wurden. An dieser Entwicklung hatten die Höfe und stadtbürgerliche Kreise gleichermaßen Teil, denn die höfischen Repertoires fanden durch den Druck (in Stimmbüchern zumeist) ihren Weg in das Musizieren des Bürgertums.

Für den Kaiserhof in Wien fassen wir das Repertoire des 15. Jahrhunderts in den sog. Trientiner Codices (1431-77). Sie überliefern vielleicht einen Teil des mehrstimmigen Wiener Repertoires, wurden jedoch für Studium und Gebrauch am Dom von Trient aufgezeichnet, die späteren wohl für Bischof Johannes Hinderbach, der zum Hof Kaiser Friedrichs III. gehörte. Neben viel geistlicher Musik, Werken der Franko-Flamen und Engländer finden sich auch deutsche Liebeslieder, denn Friedrich III. unterhielt wahrscheinlich neben einer französischen auch eine deutsche Kantorei. Unter Maximilian I. leitete Heinrich Isaac seit 1494 die oberdeutsche Kantorei, seit 1498 war er Hofkapellmeister. Sein Nachfolger wurde Ludwig Senfl. Beide pflegten das sog. »Gesellschaftslied« (»Liederbuchlied«), wie auch die Hofkapellmeister Ferdinands I., Heinrich Finck und Arnold von Bruck. Einen Einblick in das entsprechende Liedrepertoire des Kaiserhofs vermittelt das bei Erhart Oeglin 1512 in Augsburg gedruckte Liederbuch. Im Dienst Rudolfs II. schuf Jacob Regnart deutsche Villanellen (gedruckt zwischen 1576 und 1579).

In München wirkte seit 1450 als Hoforganist Conrad Paumann aus Nürnberg, der möglicherweise städtisches Liedrepertoire (›Lochamer-Liederbuch‹) mitbrachte. 1523 wurde Ludwig Senfl aus der 1520 aufgelösten Kapelle Maximilians I. verpflichtet, er pflegte unter anderem das mehrstimmige Liederbuchlied. 1563 wurde mit Orlando di Lasso (gest. 1594) einer der bedeutendsten Musiker der Zeit Hofkapellmeister (→ Musik[er], Oper). Mit ihm orientiert sich die deutsche Liedkomposition an italienischen Modellen. Zwar vertonte er weiterhin traditionelle Texte, gab aber die Gliederung der Vertonung nach Zeilen- und Strophengliederung zugunsten einer Orientierung an Textdetails im Stil des italienischen Madrigals auf, so daß man nicht mehr von »Lied« sprechen kann. Der als Hoforganist tätige Ivo de Vento veröffentlichte seit 1569 mehrere Sammlungen deutscher Lieder.

Am württembergischen Hof in Stuttgart scheint es gegen Ende des 15. Jahrhunderts eine Liedtradition gegeben zu haben. Herzog Ulrich (reg. 1503-50) hatte eine musikalische Ausbildung, sang mehrstimmige Werke und komponierte selbst. Er soll das Lied ›Ich schell mein Horn‹ (Liederbuch des Arnt von Aich, Köln 1519) geschaffen haben. Anscheinend war (wie im hohen Mittelalter) Liedautorschaft und -vortrag durch den Herrscher ein Zeichen kulturellen Protagonistentums. Tenorlieder wurden von Kapellmitgliedern (Sebastian Virdung, Benedikt Ducis und andere) komponiert, sie sind v. a. in Peter Schöffers Sammlung (Mainz 1513) erhalten. Das spätere Repertoire an deutschen Liedern dokumentieren die Ausgaben des Hofkapellmeisters Leonhard Lechner (Nürnberg 1576 u. ö.). Die Hofkapelle blieb bis 1634 mit einigen Unterbrechungen erhalten; das Lied trat gegenüber madrigalischen Werken, ähnlich wie in München, zurück.

In Heidelberg bestimmten der Hof und die Universität (seit 1386) die Musik und damit auch die Liedkultur (→ Musik[er], Oper). Über die Repertoires unter Ruprecht III. und Friedrich I. wissen wir nichts, Ludwig V. (1508-44) hat anscheinend das Liederbuchlied gefördert, wie die Vorreden Georg Forsters zu seinen ›Frischen teutschen Liedlein‹ (4 Tle., Nürnberg 1539-56) ausweisen (siehe unten B.V.). Unter den dort vertretenen Komponisten ist neben den Heydelbergischen tisch und schulgesellen der kurfürstliche Sängermeister Lorenz Lemlin vertreten. Der Austausch von höfischen und städtischen Repertoires ist darin besonders gut faßbar. Bei der Hochzeit (→ Feste im Lebenslauf – Hochzeit) des Bruders, Friedrichs II. (1544-56), im Jahre 1535 erklang mehrstimmige, instrumental begleitete Musik (→ Musik[er], Oper), die den Rahmen des Liedes vermutlich überschritt.

Auch an geistlichen Höfen wurde das deutsche mehrstimmige Lied gepflegt, wie das Repertoire des Liederbuchs des Arnt von Aich (Köln 1510) zeigt, das dem Augsburger Bischof Friedrich II., Graf von Zollern (1486-1505) beigelegt werden kann. Hier finden sich Lieder unter anderem von Paul Hofhaimer, Adam von Fulda und Heinrich Isaac. Friedrich selbst wird das Lied ›Fried gib mir Herr, auf Erden‹ zugeschrieben. In der Folgezeit dominierte die geistliche Musik.

Das Repertoire der großen Höfe war also mehrstimmig, Lieder gab es in verschiedenen Sprachen (italienisch, französisch, deutsch). Altes und neues Repertoire mischte sich anscheinend; seit dem zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts gab es nebeneinander das alte Tenorlied und die neuen Formen wie Madrigal und Villanella.

Kennzeichnend für die Entwicklung des 16. Jahrhunderts ist die Dominanz der Musik (→ Musik[er], Oper). Die Texte der sog. Liederbuchlieder sind zumeist stereotyp, was bei ihrer Wiederentdeckung zu Beginn des 19. Jahrhunderts als »volkstümliche« Innigkeit geschätzt wurde. Tatsächlich stehen im Unterschied zur »angespannten«, leidgeprüften Liebeskonzeption des Minnesangs Zeitlosigkeit, Einfachheit und ruhige Zuversicht im Mittelpunkt. Die Eigenart des »mittleren« Systems der Liebeslyrik zwischen erotischem Minnesang und Petrarkismus ist erst ansatzweise erschlossen. Offensichtlich hat sich die sprachlich-inhaltliche Komplexität auf andere Gattungen verlagert und das Musikalische bestimmt den Anspruch auf Exklusivität. Eine adäquate Erschließung müßte daher von Literatur- und Musikwissenschaftlern gemeinsam erfolgen. Eine Entsprechung von Text und Musik (→ Musik[er], Oper), von literarischem und musikalischem Niveau wird mehr und mehr aufgegeben. Es kommt zur Spaltung von musikalischer und textlicher Entwicklung und Differenzierung. Kennzeichen dafür ist die Neugeburt des Liedes als Literatur zu Beginn des 17. Jahrhunderts.

Das Vorbild Italien sorgte dann zu Beginn des 17. Jahrhunderts für eine Institutionalisierung deutscher Literatur in den nach der Florentiner »Academia della Crusca« (1582) gegründeten Sprachgesellschaften, deren erste die 1607 gestiftete »Fruchtbringende Gesellschaft« war. Den Vorsitz übernahm Ludwig, Fürst von Anhalt-Köthen (1579-1650), Mitglieder waren vornehmlich Adlige, aber auch Dichter wie Andreas Gryphius, Friedrich Logau und Martin Opitz. Mit ihm erhält dann das deutsche Lied die sprachliche Differenziertheit, die es den italienischen, französischen und holländischen Vorbildern ebenbürtig machte (Acht Bücher teutscher Poematum 1625). Kaiser Ferdinand II. krönt ihn im gleichen Jahr zum Poeta laureatus. Damit hatte ein neues Kapitel deutscher Dichtung begonnen.

B.

I. Walther von der Vogelweide, Magdeburger Weihnacht

Ez gienc eins tages als unser herre wart geborn

von einer maget dier im ze muoter hâte erkorn,

ze Megdeburc der künec Philippes schône.

Dâ gienc eins keisers bruoder und eins keisers kint

in einer wât, swie doch die namen drîge sint:

er truoc des rîches zepter und die krône.

Er trat vil lîse, im was niht gâch:

im sleich ein hôhgeborniu künneginne nâch,

rôs ane dorn, ein tûbe sunder gallen.

diu zuht was niener anderswâ:

die Düringe und die Sahsen dienden also dâ,

daz ez den wîsen muoste wol gevallen.

Die Gedichte Walthers von der Vogelweide, 19,5.

II. Michel Beheim

alz der kaiser die speis ab schuff

Perat mich, miltes kindelein.

herr gat, ich main die kinthait dein.

gen disen weihen nachten

Ruff ich dich an umb hilff und steuer

in disem newen jar nach heür.

wann mein trast und auch trachten

Stet nur ain zu dir unde

deiner muter der rainen magt,

wann ich sust nahen pin verzagt

an all der welt grunde.

Wann ich vor armut doch niht wal

mer waiss, wes ich mich halten sal.

wann mir doch schir sein laider

Dy milten herren alle tat,

der hant mir gnediglichen pat

iren solt, speiss und claider.

Und Osterlant, darinnen

ich mich genert han manchen tag,

mich auch nit mer ertragen mag.

ai, was sol ich pegynnen?

Ann kaiser Frideriches hoff

het ich mich mut zu halten off

und an mein end ze pleiben.

Der hot mir lassen schreiben ab

mein kast und solt, den er mir gab.

daz maht mich wal vertreiben

Auss dem land Österreiche.

dy ordenung müss sein geschant

durch dy ich rumen muss das lant,

daz ich mir ewengleiche

Pis an mein end het auss erkorn.

vor allen landen dy ye warn,

waz ich ir waz durch wandern,

Hat mir kains paz gevallen ny.

von dem muss ich mich schaiden hy

und mein wesen verandern,

Mich wert dann nach pehalten

ain edler tugend reicher man.

zu dem ich alz getrawen han,

er lass mich nit verschalten

Und red das pest zu meinem ding,

daz ich so leichtiglich und ring

nit hin vall durch die reitern.

Daz ist von Marsperg her Cristaff.

hilfft er mir, als ich traw und haff,

sein lob wil ich hie weitern.

Dy weil ich han daz leben

wil ich im dienen williglich.

in trewen ich im daz versprich,

mein zung im lob muss geben.

Die Gedichte des Mich(a)el Beheim, Lied 93.

III. Reinhart von Westerburg

Item da man schreib taüsent dreihündert und sieben

und vierzig jahr, da worden die von Coublenczt jä-

merlich erschlagen und niedergeworfen bei Grenzauw

und blieben ir dreihundert man und zwen und siebenczig

man und worden ir auch darzu viel gefangen. Und das

thet Reinhart Herr zu Westerburg, und derselbe Reinhart

war gar ein kluger Ritter von leib und sinne und von

gestalt, und reit keiser Ludwig sehr noch und sang und

macht het dieß liedt:

Ob ich durch sie den halß zerbreche,

wer reche mir den schaden dan?

so enhette ich niemanden, der mich reche,

ich bin ein zungefreünter man.

Darumb so muß ich selber warten,

wie es mir gelegen sei,

ich enhan nit trostes von der zarten,

sie ist irs gemüdes fri.

Weel si min nit, die werde reine,

so muß ich wol urloub hain,

uf ir gnade achte ich kleine,

siech, das lassen ich sie verstane.

Da der vorgenant keiser Ludwig das liht gehört, darumb

so straft her den herrn von Westerburg und saidt, her

wolte es den frauen gebessert haben.

Da nam der herr von Westerburg eine kurze zeit und saidt,

her wolte den frauen besseren und sang das lieht:

In jamers nöten ich gar verdrente [?] bin durch ein

wif so minenklichen […]

Da sprach keiser Ludwig: »Westerburg, du hast uns nu wol

gebessert.«

Die kleineren Liederdichter, hier Bd. 3, S. 139.

IV. Georg Forster

Dem Erbarn und Achtbarn

Stephano Zierlero, Churfuͤrstlichen zu

Heydelberg Secretario, meinem guͤnstigen Herren vnnd freundt.

Mein willig dienst, vund freundtlichen gruß all-

zeyt zuuor guͤnstiger Herr Secretari. Alß ich

verschiener jar meiner geschefften halben zu

Amberg gewesen, hat mir der E. und V. Diethrich Schwartz,

vnser guter goͤnner, etlich Teutsche Liedlein (zum theil ihm

zu lieb von euch, zu theil von dem E. vnd Ern. I. V.

B. vnd von andren gesetzet) zugestellet, mit dem anhang,

Dieweil ich sonsten Liedlein in truck zu geben im fuͤrhaben,

das ich solche Liedlein, so serr sie duͤglich, auch lasse mit-

lauffen. Dieweyl sie lieblich vnd schlecht, hab ich für

billich geacht, das sie auch in den truck den andern gleich

gebracht, doch nicht wie bißher in vilen gesengen geschehen,

vnd noch teglich geschicht, durch einander gemischt wuͤrden,

Darumb ich sie also in zwen teil (ein mit vier, den

andern mit fuͤnff stimmen) verordnet, vnd getheilt hab

Damit aber vnser alte hergebrachte kundschafft vnd gesell-

schafft, Alß wir zu Heydelberg bey einander gewonet,

vnd mit dem E. und Ern. I. V. B. vnd auch M. T.

Othmayr, vnd anderen Musicis lange zeit her gehabt,

dester vester und lenger blibe, hab ich euch gegenwertigen

vierten theyl woͤllen dediciren, vnd zuschreyben, mit bit,

damit auff diß mal vergut zu nemen. Und dieweil wir

bißher mit Teutschen Liedlein den gemeinen Singern, vnd

gemeiner geselschafft gnug gedienet, woͤllen wir ein mal

auß dem schlafftrunck in die Kirchen gehen, vnd mit der

zeyt hernach ein schoͤnen theyl geystlicher Liedlein (welche

wie ir gut wissen traget, wir vor vilen jaren zu Heydel-

berg mit einander angefangen, vnnd bißher, vnd noch zu-

sammen tragen) in truck gehen lassen, Damit der Kirchen

auch gedienet, vnd die Musica auß dem schlafftrunck wider

in die Kirchen an ir recht gebuͤrend ort, darin̄ sie an-

fencklich gewesen, gefuͤret, un̄ dadurch der allmechtige Gott

gelobt, vnd gepreyset wuͤrde, Demnach dann an euch mein

fleyssig freundlich bitt, in solchen Liedlein zusetzen, Darzu denn

gleichergestalt der E. vnd Ern. I. V. B. sich auch zu

brauchen lassen, freuntlich vnd willig erbotten, vnd bereyt

im werck ist, Damit alle zeyt E. W.

Datum Nuͤrnberg G. Forster D.

Georg Forster, Frische teutsche Liedlein, Vorrede zu Tl. IV.

C.

ROMAN

A.

Im gesamten Mittelalter und in der Frühen Neuzeit war der Begriff »Roman« als Gattungsbezeichnung im deutschen Sprachraum ungebräuchlich. Mit dem Adjektiv romanz kennzeichnete man im romanischen Sprachraum ursprünglich Erzählungen, die in der (romanischen) Volkssprache abgefaßt waren. Wenn man mittelalterliche und frühneuzeitliche Erzählungen großepischen Charakters heute gleichwohl als Romane bezeichnet, findet dies seine Berechtigung darin, daß jene fiktionalen Texte mit ihrer Konzentration auf das oft wechselhafte Schicksal eines einzelnen Protagonisten oder Protagonistenpaares sowie mit ihrer Thematisierung von Liebe und Abenteuern einige wichtige Kriterien späterer Romandefinitionen erfüllen. Zugleich unterscheiden sie sich damit von einem anderen wichtigen großepischen Erzähltypus der Epoche, der Heldenepik, die andere Akzente setzt. Während heldenepische Texte wie etwa das ›Nibelungenlied‹ auf für uns nur schwer zu rekonstruierenden mündlichen Vorstufen beruhen und diese Mündlichkeit, wenn auch als künstliche oder fingierte, die Narrativik heldenepischer Texte selbst in ihrer verschriftlichten Form noch bestimmt, gehorchen die Romane anderen poetischen und rhetorischen Kategorien. Die sich selbst meist in Prologen oder Epilogen als Verfasser der jeweiligen Romane nennenden Autoren – schon das ein kategorialer Unterschied zur anonym überlieferten Heldenepik – berufen sich häufig auf schriftliche Quellen und konzipieren ihre Werke nach den Regeln der lateinischen Poetiken und Rhetoriken, sie stellen somit ihre literarischen Kenntnisse und ihre Bildung aus.

Die Figuren und die gesellschaftlichen Hintergründe der mittelalterlichen Romane werden konsequent modernisiert, d. h. nach den historischen, sozialen und politischen Verhältnissen der Entstehungszeit gestaltet. Auch wenn die Protagonisten antike oder britanische Helden sind, erscheinen sie in den Texten stets als idealisierte Herrscher, Ritter oder Damen einer hochfeudalen Gesellschaft. Ausführlich beschrieben werden die luxuriösen materiellen und kulturellen Grundlagen und Lebensbedingungen jener fiktiven Gesellschaft, wie bspw. Waffen, Rüstungen, Pferde und deren Sattelzeug, Kleidung, Burgen und andere Adelssitze, Feste (→ Höfische Feste und ihr Schrifttum), Turniere (→ Turnierbücher), Kriege. Die in die Romane eingegangenen Detailrealismen dürfen allerdings nicht ohne Weiteres als Wiedergaben der historischen Realität und der zeitgenössischen Kultur interpretiert werden. Denn es handelt sich bei diesen Texten immer um fiktionale Entwürfe, in die lebensweltliche Faktoren, Diskurse und symbolische Ordnungen fraglos eingegangen sind; die Romane besitzen, wie alle literarischen Texte, jedoch ihre eigenen Logiken, denen sie gehorchen. Gerade das hebt sie von faktualen Textsorten ab und ermöglicht zugleich ein Durchspielen und Vorführen eines unendlichen Spektrums von Möglichkeiten, von dem die Romanautoren auch reichlich Gebrauch machen.

Es fehlen gesicherte außerliterarische Belege dafür, daß der (hohe) Adel, dem die Protagonisten und Protagonistinnen der Romane fast durchweg angehören, an deren Zustandekommen direkt beteiligt war. Wir sind daher auf diejenigen Informationen angewiesen, die die literarischen Texte selbst uns bieten. In einigen von ihnen finden sich Verweise darauf, daß jeweils namentlich erwähnte hochadelige Herren oder Damen den Auftrag zu einem Roman gegeben hätten. Wenn auch die genaue Rolle der, sicherlich nicht in jedem Fall literarisch hoch gebildeten, Mäzene und Mäzenatinnen am Zustandekommen der Romane unklar bleiben muß, läßt sich aus den Gönnernennungen doch immerhin herauslesen, daß der (höhere) Adel über die für die Niederschrift der Romane notwendigen materiellen und logistischen Ressourcen verfügt haben muß, die von der Beschaffung der Vorlage und des Materials über die Möglichkeit zum Zugriff auf ein Schreibzentrum bis zur Verpflichtung der Autoren reichten. Zugleich wird deutlich, daß das Interesse an moderner Romanliteratur, in der die adelig-ritterliche Gesellschaft idealisierend überhöht und das damit verbundene Wertesystem enthusiastisch gefeiert wird, einen Teil der vielfältigen Repräsentationsbestrebungen des höfischen Adels ausmacht. Dazu trägt auch die aufwendige Ausstattung mancher Romanhandschriften bei, die durch ihr großzügiges Format und/oder durch Illustrationen zuweilen eher den Eindruck wertvoller Schauobjekte als funktionaler (Vor)Lesemanuskripte vermitteln (vgl. etwa die Berliner Handschrift des ›Eneasromans‹); daneben existieren aber auch einfacher gestaltete Handschriften ohne jeglichen Schmuck. Früher ging man davon aus, daß das ab der Mitte des 12. Jahrhunderts im französischen und anglonormannischen Herrschaftsgebiet, ab etwa 1170 im deutschsprachigen Raum zu beobachtende Auftreten der höfischen Romane mit einer um diese Zeit an den Königshöfen und an großen Territorialhöfen einsetzenden Tendenz zur Ortsfestigkeit und einem damit einhergehenden Verwaltungs- und Schriftlichkeitsschub zusammenhänge, der es erlaubt habe, Literatur nun auch außerhalb geistlicher Institutionen, nämlich in den sich entwickelnden Kanzleien an weltlichen Höfen zu produzieren (Bumke, Roman). Neuere Untersuchungen bestätigen diese Annahme indes nicht, sie legen vielmehr nahe, daß mindestens bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts noch immer geistliche Institutionen wie Hausklöster und Stifte, die mit den Höfen in enger Verbindung standen, wesentlichen Anteil an der Produktion und Niederschrift der Romane gehabt haben dürften (Reuvekamp-Felber, Volkssprache). Für spätere Zeiträume fehlen entsprechende Untersuchungen.

Das Publikum der Romane vermutet man, insbesondere auf Grund der Gönnernennungen, zunächst im Umkreis bedeutender weltlicher Fürstenhöfe (Bumke, Mäzene), seit dem 13. Jahrhundert zunehmend auch in Kreisen des niederen Adels sowie des städtischen Patriziats, das sich an adeligen Wertvorstellungen orientierte. Allerdings dürften durchaus auch geistliche Höfe Interesse an weltlicher Literatur gehabt haben. Der Hof Wolfgers von Erla, des Bischofs von Passau und späteren Patriarchen von Aquilea, in dem man mit guten Gründen den Mäzen des Nibelungenlieds sieht und in dessen Reiserechnungen sich eine Nachricht über die Bezahlung Walthers von der Vogelweide findet, ist nur ein, freilich besonders bekanntes, Beispiel. Ganz unsicher ist, wie der Rezeptionsvorgang an diesen Höfen vor sich gegangen sein mag. Vereinzelt berichten die höfischen Romane selbst, so etwa der ›Iwein‹ Hartmanns von Aue, von großen Festlichkeiten, bei denen Literatur hörend rezipiert worden sei. Daraus hat man geschlossen, daß bei solchen höfischen Festen (→ Höfische Feste und ihr Schrifttum) ebenfalls Romane vorgelesen worden seien. Allerdings liegt hier die Gefahr des Zirkelschlusses nahe, denn außerliterarische Zeugnisse für solche Literaturvorträge haben sich nicht beibringen lassen. In Anbetracht der Zeitspanne, die der Vortrag eines längeren Romans in Anspruch nimmt – den gesamten ›Parzival‹ vorzulesen würde etwa 24 Stunden dauern – und angesichts der übrigen, offenbar meist mit einiger Unruhe und Lärm verbundenen Vergnügungen, die auf höfischen Festen (→ Höfische Feste und ihr Schrifttum) herrschten, erhebt sich die Frage, ob die öffentliche Lesung die wahrscheinlichste, zumindest aber die einzige Rezeptionsform für ambitionierte, oft kompliziert strukturierte Literatur gewesen sein kann. Mit Vorträgen vor kleineren Kreisen literarisch bewanderter Kenner – auch für diese Rezeptionsform finden sich Hinweise in den Romanen selbst, so wiederum im ›Iwein‹ – und vereinzelt, im späteren Mittelalter dann stärker, mit Einzellektüre muss daher wohl ebenfalls gerechnet werden.

Die frühesten volkssprachigen Romane behandeln antike Erzählstoffe, die bereits aus der lateinischen Literatur vertraut waren (z. B. den trojanischen Krieg, Eneas oder Alexander), sehr bald dann aber auch die aus der Historiographie des 12. Jahrhunderts sowie aus dem keltischen Sagenkreis bekannten Erzählungen um den britanischen König Artus und die Ritter seiner Tafelrunde; eng damit verwandt sind der Tristan-Stoff und die Erzählungen um den Gral. Ein zentrales Thema all dieser Romane bildet – neben ritterlichen Kämpfen und Waffentaten – die Liebe zwischen den Geschlechtern, die inszeniert wird auf der Basis einer, für die zeitgenössische Heiratspraxis des Adels ganz ungewöhnlichen, gegenseitigen Zuneigung der Partner, die in eine Ehe mündet. Manchmal wird die Liebe eines Paares aber auch, und dies thematisieren einige der wenig später entstandenen Artusromane, gegen eine bereits bestehende Ehe ausgespielt (›Tristan‹, ›Lancelot‹). Der bedeutendste französische Romanautor dieser frühen Phase, die zugleich einen Höhepunkt der Gattung markiert, ist Chrétien de Troyes, der als erster die britannischen Erzählstoffe um König Artus zu hochartifizieller Literatur verarbeitete. Erhalten haben sich von seinen zwischen etwa 1170 und 1190 geschriebenen Romanen ›Erec et Enide‹, ›Yvain‹, ›Lancelot‹, ›Cligés‹ und ›Perceval‹. Als Auftraggeberin des ›Lancelot‹ gibt Chrétien die Gräfin von Champagne, als Mäzen des ›Perceval‹ den Grafen von Flandern an. Die neue Gattung, die eine literarische Sensation gewesen sein muß, wurde im Gefolge des großen Interesses an den kulturellen Bestrebungen der französischsprachigen Höfe sehr schnell in Deutschland rezipiert. Beim Übertragungsvorgang sind der »Plot« und die dahinter stehenden Wertvorstellungen meist recht genau übernommen worden, in vielen deutschen Bearbeitungen französischer Romane macht sich allerdings die Tendenz zu einer (noch) stärkeren Gewichtung höfisch-vorbildlicher Verhaltensweisen bemerkbar.

Deutlich wird dies etwa in einer der ersten deutschen Bearbeitungen eines französischen Romans, die zudem für die Entwicklung des gesamten Genres in Deutschland höchst bedeutsam ist: dem um 1170/80 entstandenen ›Eneasroman‹ Heinrichs von Veldeke. Veldeke scheint seine Adaptation des französischen ›Roman d'Eneas‹ zwar in der Umgebung des thüringischen Landgrafenhofes vollendet zu haben, begonnen hatte er sie aber möglicherweise schon in seiner maasländischen Heimat, die als Grenzregion besonders geeignet war, die als vorbildlich empfundene höfische Kultur und Literatur Frankreichs nach Deutschland zu vermitteln. Von den späteren Romanautoren wurde Veldeke v. a. wegen seines Stils, seiner Sprache und seiner innovativen Reimtechnik gefeiert, die eine überregionale Verständlichkeit seines Romans ermöglichten. Die bedeutendsten Romanautoren in den Jahrzehnten um die Wende des 12. zum 13. Jahrhunderts, Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach und Gottfried von Straßburg, haben Veldeke als Vorbild gefeiert. Jeder von ihnen entwickelte freilich einen eigenen unverwechselbaren Stil und keiner bearbeitete einen antiken Stoff wie Veldeke, sondern alle wandten sich dem Genre des Artusromans zu, als dessen deutscher Begründer Hartmann von Aue mit den nach Chrétiens Vorlagen gestalteten Romanen ›Erec‹ (um 1180) und ›Iwein‹ (um 1200) gelten kann. Dominiert in Hartmanns Romanen noch weitestgehend eine ideale höfische Welt, erweitert Wolfram in seinem ebenfalls nach einer Vorlage Chrétiens verfassten ›Parzival‹ (um 1210), in dem er allerdings recht frei mit seiner Vorlage umgeht, dieses Ideal um eine Diskussion des Verhältnisses zwischen höfisch-weltlichen und christlichen Werten. In seinem unvollendet gebliebenen ›Tristan‹ (um 1220), der auf eine nur noch fragmentarisch erhaltene französische Quelle zurückgeht, hinterfragt Gottfried die höfische Idealität von einer anderen Seite, indem er die Utopie einer absoluten, von gesellschaftlichen Zwängen befreiten Liebe entwirft und dies zugleich mit hofkritischen Überlegungen verbindet. Für welche Höfe diese Romane geschrieben wurden, ist nicht bekannt. Für einige Partien des ›Parzival‹ deuten Indizien unter anderem auf den thüringischen Landgrafenhof; für Hartmann, den man aus sprachlichen Gründen im alemannischen Raum verortet, werden die Herzöge von Zähringen und/oder die Altdorfer Welfen als Mäzene genannt; für Gottfrieds ›Tristan‹ vermutet man einen Auftraggeber aus der politischen Führungsschicht Straßburgs.

Ungefähr ab 1220/30 ließ das Interesse an französischen Vorbildern für deutsche Romane offenbar nach. Gleichwohl entstanden auch im 13. Jahrhundert noch deutschsprachige Artusromane in erheblicher Zahl, die sich aber nicht mit bestimmten Höfen in Verbindung bringen lassen (z. B. Wirnt von Grafenberg, ›Wigalois‹, um 1220; Der Stricker, ›Daniel vom blühenden Tal‹, um 1230; Heinrich von dem Türlin, ›Die Krone‹, um 1230). Deren Autoren griffen nun verstärkt auf die bereits existierenden deutschen Texte zurück und arbeiteten sich daran ab, etwa in Form vielfältiger intertextueller Bezüge. Neben den Artusromanen entstanden in dieser Epoche gleichfalls neue Umsetzungen antiker Stoffe (z. B. Rudolf von Ems, ›Alexander‹, um 1250, Ulrich von Etzenbach, ›Alexander‹, um 1280, König Wenzel II. von Böhmen gewidmet; Konrad von Würzburg, ›Trojanerkrieg‹, um 1285, dem Basler Domkantor Dietrich am Orte gewidmet); v. a. trat aber der Minne- und Aventiureroman, der um das Verlieben, Verlieren und Wiederfinden eines Paares und die dabei zu bestehenden Proben und Gefahren kreist, stärker hervor (z. B. Konrad Fleck, ›Flore und Blancheflur‹, um 1220/30; Rudolf von Ems, ›Wilhelm von Orlens‹, um 1240, dem Reichsministerialen Konrad von Winterstetten gewidmet; Konrad von Würzburg, ›Partonopier und Meliur‹, um 1275; als Auftraggeber genannt werden Mitglieder der politischen Führungsschicht Basels). Im 14. Jahrhundert kann man dann eine gewisse Ermüdung in der Romanproduktion beobachten. Neu verfaßt wurden, sämtlich im ersten Drittel des Jahrhunderts, nur noch drei Romane (Johann von Würzburg, ›Wilhelm von Österreich‹, 1314, als Mäzene genannt werden die Herzöge von Österreich und die Grafen von Hohenberg-Haigerloch; der anonym überlieferte ›Friedrich von Schwaben‹, um 1320, sowie der um 1330/35 im Auftrag Ulrichs von Rappoltstein entstandene ›Rappoltsteiner Parzifal‹, eine Ergänzung von Wolframs ›Parzival‹). Ein gleichwohl fortdauerndes Interesse an den bereits bestehenden Romanen bezeugt indes die handschriftliche Überlieferung, die sich bis in das 15. Jahrhundert hinein erstreckt.

Die auch im ausgehenden Mittelalter noch anhaltende Rezeption überkommener Romanliteratur demonstriert ebenfalls der ›Ehrenbrief‹ des Jakob Püterich von Reichertshausen (ca. 1400-69). In seinem stilisierten Brief an die Erzherzogin Mechthild von Rottenburg, die offenbar weit gespannte literarische Interessen verfolgte, nennt der bairische Adelige, der in engstem Kontakt zum Herzogshof Albrechts III. in München stand, eine stattliche Anzahl geistlicher und weltlicher Texte unterschiedlicher Gattungen, die er besitzt – oder die er nicht kennt, die jedoch Mechthild in ihrem Besitz hat. Obschon er auch »moderne« Literatur des 14. und 15. Jahrhunderts anführt, liegt der Schwerpunkt von Püterichs Bibliothek eindeutig auf den klassischen höfischen Artusromanen des 13. Jahrhunderts. Die wichtigsten dieser klassischen Romane verarbeitete der wie Püterich gleichfalls am Hof der Herzöge von Oberbayern in München wirkende, dort allerdings nur in seinem Beruf als Malermeister in den Quellen faßbare Ulrich Fuetrer zu einer voluminösen Summe des deutschen Artusromans, dem um 1480/90 entstandenen ›Buch der Abenteuer‹. In ihm stellt Fuetrer viele der bekanntesten sowie einige sonst nicht bezeugte Artusromane, in allerdings gekürzter und durch ihn redigierter Form, zu einer umfassenden Geschichte der Artus- und Gralgesellschaft von den in Troja vermuteten dynastischen Anfängen über Artus' Geburt und die Gründung der Tafelrunde bis zu Artus' Tod und dem damit verbundenen endgültigen Untergang seines Reiches zusammen. Das an der Wende zur Neuzeit geschriebene Werk diente dem Primärpublikum am Hof Albrechts IV., der ebenso wie wichtige Funktionsträger seines Hofes im Text namentlich wiederholt erwähnt wird, wohl weniger als nostalgisch-eskapistische Erinnerung an längst vergangene Zeiten des höfischen Rittertums, sondern fungierte weit eher als Ausweis einer nach wie vor qua Literatur herzustellenden kulturellen Überlegenheit gegenüber jenen Gruppen, die den exklusiven literarischen Code nicht beherrschten. Die höfische Romanliteratur, zu deren Rezipienten im Umfeld des Münchener Hofes auch die städtische Führungsschicht, noch kaum jedoch die humanistisch gebildete Verwaltungselite zählte, hatte damit auch im ausgehenden Mittelalter noch eine ähnlich affirmative Funktion wie in den Jahrhunderten zuvor.

Für andere literarisch produktive und an Romanliteratur interessierte Höfe an der Wende zur Neuzeit gelten vergleichbare Bedingungen, selbst wenn sie anders strukturiert waren. So interessierte am pfalzgräflichen Hof in der Universitätsstadt Heidelberg mit dem höchst ambitionierten ›Prosa-Lancelot‹ (anonym, um 1470/75) oder mit dem nach niederländischer Vorlage durch Johann von Soest ins Deutsche übertragenen Minne- und Aventiureroman ›Die Kinder von Limburg‹ (um 1480) einerseits anspruchsvolle Romanliteratur traditioneller Art. Andererseits las man im weiteren Umkreis des Hofes, zweifellos begründet durch die Nähe zur Universität und die akademisch gebildeten Räte und Prinzenerzieher, auch humanistische Texte. Vielleicht noch weiter auseinander gingen die Interessen am kaiserlichen Hof Maximilians, an dem als politisch-administrativem Zentrum Vertreter unterschiedlicher, sich jeweils als elitär verstehender, Gruppen für kürzere oder längere Zeiträume zusammenkamen. Die Romanliteratur, die – außer der vom Maximilian initiierten Sammlung älterer Romane, Epen und Versnovellen im ›Ambraser Heldenbuch‹ – in seinem Auftrag neu entstand und in ›Weißkunig‹ (ab 1514) und ›Theuerdank‹ (1508-17) einen Protagonisten im Gewand eines klassischen literarischen Helden präsentiert, der freilich nur noch oberflächlich und äußerlich die Aventiuren und Liebesverstrickungen der älteren Romanfiguren durchlebt, konzentriert sich dann auch völlig auf jene Figur, die trotz aller internen Unterschiede für jede Gruppierung am Hof gleichermaßen zentral ist: den Kaiser selbst. Denn niemand sonst verbirgt sich hinter den Pseudonymen Theuerdanck und Weißkunig. Eine der wesentlichen Intentionen jener höfischen Roman-Neuschöpfungen des 16. Jahrhunderts dürfte in der Möglichkeit begründet liegen, auf Grund vorhandener »Insider«-Kenntnisse die verschlüsselten Aussagen über das literarisch verfremdete Leben Maximilians dechiffrieren zu können. Zwar erfüllt auch ein solches Verfahren weiterhin die traditionelle affirmative Funktion höfischer Romanliteratur seit dem 12./13. Jahrhundert, nämlich »im Medium literarischer Texte einen exklusiven Zirkel zu schaffen, der ständisch gleichermaßen wie durch sein Wissen […] aus dem ›Pöbel‹ herausgehoben ist.« (Müller, Gedechtnus, S. 280). Zugleich deuten sich in der Ausrichtung des literarischen Ruhmeswerks auf den Fürsten und dessen gedechtnus jedoch bereits Potentiale des frühneuzeitlichen Hofes und seiner Literatur an.

Insgesamt schaffte die höfische Romanliteratur des Mittelalters den Sprung in die Neuzeit allerdings nur mit Mühe. Nach 1500 gerieten viele Texte rasch in Vergessenheit, in den Druck gelangten, noch im 15. Jahrhundert, lediglich der ›Parzival‹ und der ›Jüngere Titurel‹, großer Erfolg war ihnen allerdings nicht beschieden. Nicht zum geringsten Teil dürfte das an der zunehmend unverständlicher werdenden Sprachstufe des Mittelhochdeutschen und an der Form gelegen haben. Denn alle bisher erwähnten Romane sind in der seit dem 16. Jahrhundert für diese Textsorte als obsolet geltenden Versform verfasst – eine Ausnahme bildet lediglich der ›Prosa-Lancelot‹, von dem einzelne Teile zwar schon im 13. Jahrhundert geschrieben worden waren, der bezeichnenderweise in seiner umfangreichen, vollständigen Gestalt aber erst im späteren 15. Jahrhundert abgeschlossen worden zu sein scheint. Nur als Prosabearbeitung, die einige der höfischen Versromane im 15. Jahrhundert erfuhren (z. B. ›Tristan‹ und ›Wigalois‹), gelangten sie in den Druck und wurden dann teilweise bis ins 17. Jahrhundert hinein aufgelegt. Sie traten damit in Konkurrenz zu gleichfalls gedruckten Großerzählungen in Prosaform, die in städtischen (›Melusine‹, 1456; ›Fortunatus‹, um 1470/80) oder nach wie vor in höfischen Zusammenhängen entstanden, wie die 1527 am kursächsischen Hof von Veit Warbeck nach französischer Quelle verfaßte ›Magelone‹ oder die durch Pfalzgraf Johann II. von Simmern (1492-1557) nach Vorlagen aus dem riesigen Stoffreservoir der französischen Heldenepik (die ersten deutschen Prosaromane überhaupt gingen um 1430/40 ebenfalls aus diesem Stoffbereich am Hof der Gräfin Elisabeth von Nassau-Saarbrücken hervor) gestalteten Erzählungen ›Fierrabras‹ (1533) und ›Die Haymonskinder‹ (1535). Einige der aus den höfischen Romanen bekannten Motive gingen in den riesenhaften, schließlich auf über 20 Bänden angewachsenen ›Amadis‹-Roman ein, der neben vielen anderen Handlungsfäden v. a. die komplizierte Liebe von Amadis, des besten aller Ritter, zu Oriana schildert, und der von Spanien ausgehend in ganz Europa rasch zu einem ungeheuren Erfolg wurde. Die nach französischen Vorlagen von unterschiedlichen Verfassern stammenden deutschen Übersetzungen des ›Amadis‹ erschienen zwischen 1569 und 1595. Gelesen wurde der Roman v. a. von Mitgliedern der adeligen und der gelehrten Führungsschichten. Der ›Amadis‹ kann als Bindeglied zwischen dem höfischen Roman des Mittelalters und dem Barockroman des 17. Jahrhunderts verstanden werden.

B.

Zu Beginn seines um 1200 entstandenen ›Iwein‹ präsentiert sich Hartmann von Aue als Autor des Romans. Zugleich wird die konzeptive Schriftlichkeit des Werks aufgerufen, wenn die Bildung und Lesefähigkeit des Verfassers herausgestellt wird. Bildung kann um diese Zeit allerdings nur klerikale sein, d. h. in einer klerikalen Institution erworben worden sein. Für einen Romanautor wäre das nicht ungewöhnlich, für einen Ritter jedoch schon. Es wird deshalb diskutiert, ob hier möglicherweise nicht eine Erzählerfigur entworfen wird, die ihre besondere Legitimation und Fähigkeit zum Erzählen eines Ritterromans aus dem Umstand bezieht, daß sie selbst ebenfalls als Angehöriger dieser elitären Gruppe erscheint. Ob dies hingegen auch für den Autor Hartmann zutrifft, ist die Frage.

Ein rîter, der gelêrt was unde ez an den buochen las, swenner sîne stunde niht baz bewenden kunde: daz er ouch tihtens pflac. daz man gerne hœren mac, dâ kêrt er sînen vlîz an: er was genant Hartman und was ein Ouwære, der tihte diz mære. Ein Ritter hatte Schulbildung genossen und las in Büchern. Wenn er mit seiner Zeit nichts Besseres anzufangen wußte, kümmerte er sich um Dichtung. Auf das, was man gerne hört, verwandte er seine Bemühungen. Er hieß Hartmann und war von Aue. Der hat diese Erzählung geschaffen. Iwein, V. 21-30.

Im Epilog des um 1170/80 entstandenen Eneasromans Heinrichs von Veldeke wird behauptet, daß das noch nicht ganz fertig gestellte Werk seinem Autor (durch Diebstahl?) abhanden gekommen sei. Neun Jahre später habe er es aber durch den damaligen Pfalzgraf von Sachsen Hermann I., den nachmaligen Landgrafen von Thüringen, wiedererlangt. Er habe ihm zugleich den Auftrag zur Fertigstellung des unvollendeten Romans erteilt. Die Geschichte um das verlorene und wieder gefundene Manuskript läßt sich im Einzelnen kaum aufklären. Sehr viel wichtiger erscheint allerdings, daß im Epilog Hermann von Thüringen als Mäzen des Romans und zusammen mit ihm die gesamte Landgrafenfamilie als interessiert an Literatur beschrieben wird.

seit was daz buch nivn iar maister Hainreich benomen, daz er der nach niht mohte chomen, vncz er den phalnzgrauen vant, do er chom ze Duringin in daz lant von Sahsen, der im daz bůch lies vnd es in uol machen hies. wan er ins bat vnd im es riet, er enhetes uol machet niet. er mustes auch tun dorch lantgraues Ludwiges sun. vol machen erz och began durch den phalzgrauen Herman von der niwen burch bi der Vnstrůt, wan div rede daucht in gůt und daz getichte maisterleich. do uolbrachtes Hainreich durch sein gebot vnd durch sein bet, wan er im allen dienst tet, den er erdenchen chunde, vnd es im wol gunde, seit daz er sein chunde gewan. daz was der phalzgraue Herman, des lantgrauen Ludewiges brůder von vater und von muͤter, vnd der graue Fridereich, dem diente gerne Hainreich. Danach blieb das Buch neun Jahre lang Meister Heinrich entzogen, so daß er nicht herankommen konnte, bis er nach Thüringen in das Land Sachsen kam, wo er den Pfalzgrafen traf, der ihm das Buch überließ und ihm auftrug, es zu vollenden. Hätte er ihn nicht gebeten und unterstützt, er hätte es nicht vollendet. Er mußte es aber auch für den Sohn des Landgrafen Ludwig tun. Er stellte es auch fertig für den Pfalzgrafen Hermann von der Neuenburg an der Unstrut weil dem die Erzählung vortrefflich und das Gedichtete meisterhaft erschien. Da vollendete es Heinrich auf seinen Befehl und seine Bitte hin, denn ihm erwies er jeden Dienst, den er sich ausdenken konnte, und gönnte ihm alles Gute, seit er ihn kennen gelernt hatte. Das war der Pfalzgraf Hermann, Bruder des Landgrafen Ludwig von Vater- und Mutterseite, und Graf Friedrich, dem Heinrich gerne diente. Eneasroman, V. 13464-13490.

Bei der Schilderung eines höfischen Festes zu Pfingsten werden im ›Iwein‹ Hartmanns von Aue verschiedene höfische Vergnügungen aufgezählt. Das Erzählen von schmerzlicher Liebe und von Heldentaten hat man als Vortrag von Minneromanen und Heldenepen gedeutet.

dô man des pfingestages enbeiz, männeclîch im die vreude nam der in dô aller beste gezam. dise sprâchen wider diu wîp, dise banecten den lîp, dise tanzten, dise sungen, dise liefen, dise sprungen, dise hôrten seitspil, dise schuzzen zuo dem zil, dise redten von seneder arbeit, dise von manheit. Als man am Pfingsttag gegessen hatte, suchte sich jeder das Vergnügen, das ihm da am besten gefiel. Die einen unterhielten sich mit den Frauen, andere gingen spazieren einige tanzten, andere sangen, manche liefen, andere sprangen, einige hörten Saitenspiel, wieder andere schossen auf die Scheibe, diese erzählten von quälendem Liebesschmerz, jene von Heldentaten. Iwein, V. 62-72.

Beschrieben wird im ›Iwein‹ gleichfalls eine beinahe idyllisch anmutende Szenerie, in der eine Tochter ihren Eltern als modern geltende französische Literatur vorliest. Dieser Literaturvortrag findet offenkundig in kleinstem Kreis statt.

und vor in beiden saz ein magt, diu vil wol, ist mir gesagt, wälsch lesen kunde: diu kurzte in die stunde. ouch mohte si ein lachen lîhte an in gemachen: ez dûhte si guot swaz si las, wande si ir beider tohter was. Und vor ihnen beiden saß ein Mädchen, das, wie ich gehört habe, sehr gut französisch lesen konnte: Sie verschaffte ihnen gute Unterhaltung. Auch konnte sie sie leicht zum Lächeln bringen. Es schien ihnen vortrefflich, was immer sie las, denn sie war ihrer beider Tochter. Iwein, V. 6455.6462.

Durch ein ausführliches, jeweils aus den Anfangswörtern der Str. 10-29 bestehendes, Akrostichon widmet Fuetrer sein ›Buch der Abenteuer‹ Herzog Albrecht IV. von Oberbayern (A). In mehreren Passagen des Romanzyklus werden zudem in Erzählereinschüben, außer Herzog Albrecht IV. selbst, historisch verifizierbare Personen aus dem engeren Umkreis des Münchner Hofs erwähnt, so etwa Matthäus Prätzel, der Albrecht IV. als Kammerschreiber und Rentmeister diente, oder Thomas Pipperl, der unter anderem als Forstmeister für Teile der herzoglichen Waldbestände zuständig war. Diese Erwähnungen deuten darauf hin, daß Fuetrer von einer Rezeption seines Werks am Münchner Hof ausging, wo man die komplizierten Verschränkungen von literarischer Inszenierung und lebensweltlicher Funktion entschlüsseln konnte. So wird z. B. Pipperl mit Flordimar, einem der waldverschwendenden, d. h. im Turnier eine Unzahl an Lanzen verstechenden literarischen Helden verglichen (→ Turnierbücher). Der Vergleich bezieht seinen Reiz aus dem insbesondere – oder gar nur – in unmittelbarer Umgebung des Herzogshofs bekannten Umstand, daß Pipperls reale Aufgabe im genauen Gegenteil bestand, nämlich die Waldbestände zu schützen (B). Der Rentmeister Prätzel wird von Frau Minne apostrophiert als jemand, der – im Unterschied zum Erzähler – der minne stets Ehre erwiesen habe. Das muß nicht (nur) auf dessen reales Leben gemünzt sein, Mitglieder des Hofkreises könnten vielmehr gewußt haben, daß der hier als Kenner des Minnesystems erscheinende Prätzel großes Interesse an Texten zeigte, in denen eben dieses literarische Phänomen im Vordergrund steht. So besaß Prätzel nachweislich ein um 1300 geschriebenes Exemplar des ›Frauendienst‹ von Ulrich von Liechtenstein, das noch heute mit dem Besitzeintrag ist mein Matheus Bratzl in der Bayerischen Staatsbibliothek liegt (C).

(A)

Dem Durchleuchtigenn Hochgebornen Fürstenn Unnd Herren Herren Albrecht Pfalltz Graf Bey Rein Hertzog Inn Obernn Unnd Nideren Bayrenn Ett Zettera Ulrich Füetrer, Buch der Abenteuer, Str. 10-29.

(B)

Und das der Piperel hette sper prechens söllichen muet alls Flordimar pflag stete, ich sprich: mein herren, es wär nicht all zu guet, der forst zu im vil übel wär gewenndet; lützel pawen dörfft man da von, er hiet in ain mit thiost schier verschwenndet! Und wenn der Pipperl solch eine Gesinnung zum Speere verstechen hätte, wie Flordimar sie stets zeigte, sagt ich: ›Meine Herren, es wäre nicht gut, um den Wald sähe es übel aus, damit bauen könnte man kaum, er hätte ihn völlig mit Tjosten verbraucht! Ulrich Füetrer, Buch der Abenteuer, Str. 5355.

(C)

Du möchst doch fuege leren, von Pretzel, deim cumpan, der ye die mynn tet eren, darumb mynn mit mynne im das lonen kann. er ward er mynne kempf noch ye gefunden! Du kannst richtiges Verhalten lernen von deinem Freund Prätzel, der der Minne immer Ehre erwies. Darum belohnt ihn die Minne mit Minne, er hat sich stets für sie eingesetzt! Ulrich Füetrer, Buch der Abenteuer, Str. 883.

C.

GELEGENHEITSDICHTUNG

A.

Der Begriff »Gelegenheitsdichtung« wird zur Bezeichnung kleinerer, zumeist auf persönliche oder öffentliche Anlässe rekurrierender literarischer Werke verwendet und fungiert in ähnlich allgemeinem Sinne in Editionen oder Literaturgeschichten zuweilen als »Restkategorie«, um Nebenwerke zusammenzufassen (z. B. bei Manitius, Geschichte, S. 868ff.). Schärfere Konturen besitzt die in der neueren deutschen Literaturwissenschaft bevorzugte Definition von »Gelegenheitsdichtung« als »in gebundener Rede auf herausgehobene Gelegenheiten (casus) des menschlichen Lebens« (Hochzeiten, Todesfälle und anderes; → Feste im Lebenslauf) »von öffentlicher Relevanz bezogene, adressatenorientierte Carmina (Kasualpoesie)« (Segebrecht, Gelegenheitsgedicht, S. 688, mit weiteren Begriffsdefinitionen).

Dieses im folgenden zugrunde gelegte Verständnis von »Gelegenheitsdichtung« ist auch auf die Zeit um 1500 und das Mittelalter übertragbar, sofern beachtet wird, daß unter den Begriff der Gelegenheit neben ein dem jeweiligen persönlichen Anlaß auch dessen Begehen fällt; denn selbst als Brief übersandte oder gedruckte Gelegenheitsgedichte nehmen in der Regel nicht nur auf einen Anlaß aus dem Leben eines Menschen Bezug, sondern sind oft Beiträge zu dessen Feier. Gelegenheitsdichtungen richten sich in Mittelalter und früher Neuzeit über den einzelnen Adressaten hinaus zumeist an eine zugehörige Gruppe und bringen zeitliche, räumliche oder atmosphärische Nähe zu einem von der Gruppe erlebten Geschehnis zum Ausdruck. Entsprechend ist Segebrechts Bemerkung, Gelegenheitsdichtung beziehe sich auf Ereignisse »von öffentlicher Relevanz« (siehe oben), in einem weiten Sinne, d. h. im Hinblick auf die Interessenlagen unterschiedlicher Adressatenkreise (Salongesellschaften, humanistische Freundeskreise usw.), aufzufassen.

Eine andere Begriffsverwendung von »Gelegenheitsdichtung«, die davon ausgeht, daß sich bestimmte poetische Werke »einmaligen individuellen Lebensaugenblicken des Dichters selbst verdanken« (Segebrecht, Gelegenheitsgedicht, S. 688), rückt, sobald sie (wie z. B. in: Geschichte der deutschen Literatur, Bd. 1, S. 194f.) auf ältere Literatur angewendet wird, die vorneuzeitliche Dichtung in eine unzulässige Nähe zum Konzept der Erlebnislyrik.

Die Gelegenheitsdichtung des Mittelalters und der Neuzeit verfügt über bedeutende antike Vorläufer (vgl. z. B. Pindars Siegesgesänge): V.a. der römische Autor Statius, der mit dem Titel seiner »Silvae« einen Sammelbegriff für Gelegenheitsdichtungen verschiedenster Inhalte bereit stellte, hat nachhaltig auf die Gelegenheitsdichtung späterer Zeit gewirkt (vgl. Adam, Wälder). Zur Geschichte der Gelegenheitsdichtung im deutschen Raum liegen bislang nur Teildarstellungen vor, die sich, ausgehend von den antiken Vorstufen und Vorbildern, zumeist mit dem massenhaften Aufblühen der Gelegenheitsdichtung im 17. Jahrhundert beschäftigen (z. B. Enders, Gelegenheitsdichtung; Segebrecht, Gelegenheitsgedicht; Adam, Wälder). Doch ist die Tradition des Verfassens von Gelegenheitsdichtung während des gesamten Mittelalters nicht abgerissen: Wann immer mittelalterlichen Autoren die Funktion eines Sprachrohrs am Hof zukam, waren Bedingungen für Gelegenheitsdichtung gegeben, auch wenn deren Aufzeichnung vor dem Aufkommen des Papiers und des Buchdrucks selten erfolgte.

Bereits die frühmittelalterliche klösterliche Überlieferung läßt einen beachtlichen Formenreichtum des Dichtens »bei Gelegenheit« in mittellateinischer Sprache erkennen (Begrüßungsgedichte bei Herrscherbesuchen, Begleitverse zu übersandten Gegenständen und anderes mehr, vgl. Winterfeldt, Dichterschule). Insgesamt gesehen stellen Totenklagen die häufigste Form des mittellateinischen Gelegenheitsgedichts dar (vgl. z. B. Hengstl, Totenklage; siehe auch ebd., S. 39-53 z. B. zur klösterlichen Tradition der Rotelverse), die neben anderen Typen der Gelegenheitsdichtung, wie z. B. Krönungsgedichten, auch an frühmittelalterlichen Herrscherhöfen in mittellateinischer Sprache verfaßt wurden (z. B. Wipos Totenklage auf Kaiser Konrad II., siehe: Die Werke Wipos, S. 60-62; vgl. auch: Carmina Burana, 122).

Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts, als der Minnesänger Reinmar am Wiener Hof die Gelegenheit erhielt, den Tod Herzog Leopolds V. in Form einer mittelhochdeutschen Witwenklage (Des Minnesangs Frühling, 167, 31) zu betrauern, verfügt auch die volkssprachliche Dichterrolle in Deutschland über kasualpoetische Profilelemente; zeitgleich gehört das auf romanische Traditionen zurückgehende »Formular« der Witwenklage zum Liedrepertoire des Lyrikers Hartmann von Aue (Des Minnesangs Frühling, 217, 14).

Von dieser Zeit an bleibt die Totenklage für mehrere Jahrhunderte die dominierende Form der volkssprachlichen Gelegenheitsdichtung in Deutschland: Im 13. Jahrhundert übernehmen Sangspruchdichter das Verfassen mittelhochdeutscher poetischer Totenklagen an deutschen Höfen (vgl. z. B. Bruder Wernhers Klagestrophe auf Ludwig I. von Bayern, Schönbach, Beiträge, S. 100f.; des von Buchein Klage auf den Grafen von Calw, Rumelants von Sachsen Klage auf Albrecht von Braunschweig, Hagen, Minnesinger, Bd. 2, S. 97f., Bd. 3, S. 65), bevor diese Aufgabe seit dem ausgehenden 13. Jahrhundert (vgl. die anonyme Totenklage auf Herzog Johann I. von Limburg und Brabant, Nolte, Ehrenreden, S. 201ff.) in die Hände von Autoren gereimter Ehrenreden übergeht, deren wichtigste Vertreter im 14. Jahrhundert der flämische Herold Gelre und der v. a. für den Habsburger Hof tätige Peter Suchenwirt sind (vgl. Nolte, Ehrenreden) (→ Spruch). Die stets in begrenztem Umfang und gebundener Rede abgefaßten Ehrenreden, die vereinzelt noch bis ins 16. Jahrhundert (Hans Sachs) nachwirken (vgl. Nolte, Ehrenreden, S. 75-79), verfügen über eine starke Affinität zum Phänomen der Gelegenheitsdichtung.

Wenngleich über den Einsatz literarischer Totenklagen in der mittelalterlichen Lebenswelt wenig bekannt ist, besitzen die genannten Beispiele genügend Merkmale, die für einen Einsatz im Umfeld von Trauerfeierlichkeiten bzw. im Rahmen eines Trauerjahres oder bei einem Jahresgedenken sprechen. Dies unterscheidet sie von solchen Nachrufen, die aus intellektueller Distanz (vgl. die Nachrufstrophen Walthers von der Vogelweide auf Reinmar, Walther von der Vogelweide, Leich, Lieder, Sangsprüche, 55,2-3 = Die Gedichte Walthers von der Vogelweide, 82,24, 83,1) oder mit verallgemeinernder Absicht (z. B. durch Verknüpfung mehrerer Todesfälle in einem Text wie bei Herger, Des Minnesangs Frühling, 125,20) Abstand zur konkreten Trauersituation halten und demzufolge nicht als Gelegenheitsdichtungen im engeren Sinne zu bezeichnen sind. Siehe auch die poetologischen Überlegungen zu den Leichencarmina des 17. und 18. Jahrhunderts bei Segebrecht (Segebrecht, Prolegomena), zum Begriff des Nachrufs vgl. ferner Bogner, Nachruf, S 18ff.

Als Folge der medialen Umwälzungen im ausgehenden 15. Jahrhundert sowie der Bildungsoffensive der Humanisten und deren poetologischer Neuorientierung an antiken Vorgaben erfuhr das Gelegenheitsgedicht v. a. seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zuerst in neulateinischer, später in deutscher Sprache einen sprunghaften Aufschwung und Formenzuwachs. So differenziert z. B. der Humanist Julius Caesar Scaliger in seiner einflußreichen Anweisungspoetik (Julius Caesar Scaliger, Poetices Libri, S. 150ff.), anknüpfend an das antike Silven-Konzept, zwischen vielfältigen Typen bzw. Funktionen der Gelegenheitsdichtung und erörtert unter anderem das Epithalamium (Hochzeitsgedicht), Genethliacum (Geburtstagsgedicht), die Soteria (Gedicht zur Genesung), das Propempticon (Reisegeleitgedicht), Apopempticon (Empfangsgedicht), Epibaterion (Bewillkommnungsgedicht), Apobaterion (Verabschiedungsgedicht), Protrepticon (Ermahnungsgedicht), Panegyricon (Lobgedicht), Epitaphium (Grabschrift), Epicedium (Leichbegängnisgedicht). Der Jesuit Jacobus Pontanus unterscheidet in seiner Poetik (Jacobus Pontanus, Poeticarum Institutionum Libri, S. 212-250) mehrere Untertypen der Totenklage nach sozialer Gruppenzugehörigkeit, Verwandtschaftsbeziehungen u. ä. (vgl. Wiegand, Epicedium).

Auf solchen Differenzierungen aufbauend skizziert Martin Opitz (Martin Opitz, Poeterei, S. 25) einen Katalog der Gelegenheitsdichtung in deutscher Sprache: allerley geistliche vnnd weltliche getichte, als da sind Hochzeit- vnd Geburtlieder, Glückwündtschungen nach außgestandener Kranckheit, item auff reisen, oder auff die zuerückkunft von denselben vnd dergleichen. Damit wird die Gelegenheitsdichtung in der Poetik und Dichtung des Barock – weitere deutsche Gelegenheitsdichter des Barock waren neben vielen anderen Simon Dach, Paul Fleming und Andreas Gryphius – in einer bis dahin unbekannten Breite verankert, standardisiert und bis in die Zeit der Aufklärung wertgeschätzt, so z. B. bei Johann Christoph Gottsched, der in einer Phase einsetzender Kritik an der Gelegenheitsdichtung als Erfinder des deutschen Begriffs »Gelegenheitsgedicht« gilt (vgl. Segebrecht, Gelegenheitsgedicht; Adam, Wälder). Seit der Zeit des Barock sind zahllose deutsche und lateinische Gelegenheitsgedichte verfaßt worden, von denen sich Tausende wissenschaftlich noch unbearbeitet in Archiven vieler Bibliotheken befinden (vgl. Segebrecht, Produktion).

Für das massenhafte Aufkommen der Gelegenheitsdichtung im Späthumanismus und Barock spielt auch die Entstehung fester Residenzen mit ihren umfangreichen Festprogrammen (→ Höfische Feste und ihr Schrifttum) seit dem 16. Jahrhundert eine Rolle. Nicht zuletzt ist es aber darauf zurückzuführen, daß seit dieser Zeit – in eingeschränkter Form gilt dies bis heute – von kultivierten Menschen die Fähigkeit erwartet wird, zu einer besonderen Gelegenheit ein Stück Poesie beizusteuern. Im 16. und 17. Jahrhundert stellen unter anderem die Gattung des → Stammbuchs sowie die Institution des adeligen Salons, deren Vorläufer bis ins (Spät-)Mittelalter zurückreichen, neue Formen gemeinschaftlicher und geselliger Kultur dar, die dem Vor- und Eintrag von Gelegenheitsdichtungen Raum bieten (vgl. z. B. Becker-Cantarino, Stammbucheintragungen).

C.

Quellen

Die Gedichte des Mich(a)el Beheim. Nach der Heidelberger Handschrift Cpg 334 unter Heranziehung der Heidelberger Handschrift cpg 312 und der Münchner Handschrift cgm 291 sowie sämtl. Teilhandschriften, hg. von Hans Cille und Ingeborg Spriewald, 3 Bde., Berlin 1968-72 (Deutsche Texte des Mittelalters, 60, 64, 65). – Die Gedichte Walthers von der Vogelweide, hg. von Karl Lachmann, 13., aufgrund der 10., von Carl von Kraus bearb. Ausg. neu hg. von Hugo Kuhn, Berlin 1965. – Hans Rosenplüt, Reimpaarsprüche und Lieder, hg. von Jörn Reichel, Tübingen 1990 (Altdeutsche Textbibliothek, 105). – Meistersang. Meisterlieder und Singschulzeugnisse, Auswahl und Einführung von Bert Nagel, Stuttgart 1965. – Des Minnesangs Frühling. Unter Benutzung der Ausgaben von Karl Lachmann, Moritz Haupt, Friedrich Vogt und Carl von Kraus, 38. Aufl., Stuttgart 1988. – Politische Lyrik des deutschen Mittelalters, hg. von Ulrich Müller, Texte I. von Friedrich II. bis Ludwig dem Bayern, Göppingen 1972 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik, 68). – Walther von der Vogelweide, Werke, Bd. 1: Spruchlyrik, hg., übers. und komm. von Günther Schweikle, Stuttgart 1994.

Bruder Wernher, Faksimile und Transkription von Franz Viktor Spechtler, Göppingen 1982/1983. – Die Darfelder Liederhandschrift 1546-1565, unter Verwendung der Vorarbeiten von Arthur Hübner und Ada-Elise Beckmann hg. von Rolf Wilhelm Brednich, Münster 1976 (Schriften der Volkskundlichen Kommission für Westfalen, 23). – Erhart Oeglin's Liederbuch zu vier Stimmen. Augsburg 1512. Text und Musik nach den Quellen hergestellt von Robert Eitner und Julius Joseph Meier, Berlin 1880. – Die Gedichte des Mich(a)el Beheim. Nach der Heidelberger Handschrift Cpg 334 unter Heranziehung der Heidelberger Handschrift cpg 312 und der Münchner Handschrift cgm 291 sowie sämtl. Teilhandschriften, hg. von Hans Cille und Ingeborg Spriewald, 3 Bde., Berlin 1968-72 (Deutsche Texte des Mittelalters, 60, 64, 65). – Die Gedichte Walthers von der Vogelweide, hg. von Karl Lachmann, 13., aufgrund der 10., von Carl von Kraus bearb. Ausg. neu hg. von Hugo Kuhn, Berlin 1965. – Georg Forster, Frische teutsche Liedlein, hg. von Kurt Gudewill, Texte von Wilhelm Heinske (Bd. 1), Hinrich Siuts (Bd. 2), Horst Brunner (Bd. 3-5), Wolfenbüttel 1942, 1969, 1976, 1987, 1997. – Die Haager Liederhandschrift, Faksimile des Originals mit Einleitung und Transkription von Ernst Ferdinand Kossmann, 2 Bde., Den Haag 1940. – Die kleineren Liederdichter des 14. und 15. Jahrhunderts, hg. von Thomas Cramer, 4 Bde., München 1977-85. – Das Königsteiner Liederbuch. Ms. germ. qu. 719 Berlin, hg. von Paul Sappler, München 1970. – Das Liederbuch des Arnt von Aich (Köln um 1510), hg. von Eduard Bernoulli und Hans Joachim Moser, Kassel 1930. – Lochamer Liederbuch, hg. von Christoph Petzsch und Walter Salmer, Wiesbaden 1972. – Martini Opicii, Teutsche Poemata […], Straßburg 1624, hg. von Wilhelm Braune, Halle an der Saale 1879. – Oswald von Wolkenstein, Die Lieder, hg. von Karl Kurt Klein, 3. Aufl. von Hans Moser u. a., Tübingen 1987. – Peter Schöffers Liederbuch, hg. von der Gesellschaft Münchner Bibliophilen, München 1909. – Tileman Elhen von Wolfhagen, Die Limburger Chronik, hg. von Arthur Wyss, Hannover 1883 (MGH Dt. Chron. IV,1). – Walther von der Vogelweide, Der Spruchdichter, 11. Aufl. auf der Grundlage der Ausg. von Hermann Paul hg. von Silvia Ranawake. Mit einem Melodieanhang von Horst Brunner (Gedichte. Walther von der Vogelweide, Tl. 1. – Altdeutsche Textbibliothek, 1). – Die weltlichen Lieder des Mönchs von Salzburg. Texte und Melodien, hg. von Christoph März, Tübingen 1999.

Amadis. Nachdruck der Bücher 1-6 (1569-1572), Frankfurt am Main u. a. 1988. – Gottfried von Straßburg, Tristan. Nach dem Text von Friedrich Ranke neu hg., ins Neuhochdeutsche übers., mit einem Stellenkommentar und einem Nachwort von Rüdiger Krohn, 3 Bde., Stuttgart 1981. – Hartmann von Aue, Iwein, hg. und übers. von Volker Mertens, Frankfurt am Main 2004 (Bibliothek des Mittelalters, 6). – Hartmann von Aue. Erec, hg. von Manfred Günter Scholz, übers. von Susanne Held, Frankfurt am Main 2004 (Bibliothek des Mittelalters, 5). – Heinrich von Veldeke, Eneasroman. Die Berliner Bilderhandschrift mit Übersetzung und Kommentar, hg. von Hans Fromm, Frankfurt am Main 1992 (Bibliothek des Mittelalters, 4). – Jakob Püterich von Reichertshausen, Der Ehrenbrief. Faksimile, Bayerische Staatsbibliothek 1999 (Patrimonia, 154). – Johann II. von Simmern, Die Haymonskinder, hg. und mit einem Nachwort versehen von Werner Wunderlich, Tübingen 1997 (Frühe Neuzeit, 35). – Johann II. von Simmern, Fierrabras, hg. und mit einem Nachwort versehen von Werner Wunderlich, Tübingen 1992 (Frühe Neuzeit, 8). – Johann von Soest, Die Kinder von Limburg, hg. nach Cod. Pal. Germ. 87 von Manfred Klett, Wien 1975 (Wiener Arbeiten zur germanischen Altertumskunde und Philologie, 4). – Kaiser Maximilian I., Der Theuerdanck von 1517. Faksimile mit einer kulturhistorischen Einführung von Stephan Füssel. Köln 2003. – Kaiser Maximilians I. »Weisskunig«, hg. von Heinrich Theodor Musper u. a., 2 Bde., Stuttgart 1956. – Melusine, Fortunatus, Magelone in: Romane des 15. und 16. Jahrhunderts. Nach den Erstdrucken mit sämtlichen Holzschnitten hg. von Jan-Dirk Müller. Frankfurt am Main 1990 (Bibliothek der Frühen Neuzeit, 1). – Prosalancelot, Bd. 1–5. Übers., kommentiert und hg. von Hans-Hugo Steinhoff, Frankfurt am Main 1995-2004 (Bibliothek des Mittelalters, 14-18). – Ulrich Füetrer, Das Buch der Abenteuer. Nach der Handschrift A in Zusammenarbeit mit Bernd Bastert hg. von Heinz Thoelen, 2 Bde., Göppingen 1997 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik, 638). – Ulrich Fuetrer, Lannzilet aus dem »Buch der Abenteuer« Str. 1-1122, hg. von Karl-Eckhard Lenk, Tübingen 1989 (Altdeutsche Textbibliothek, 102). – Ulrich Füetrer, Lannzilet aus dem »Buch der Abenteuer« Str. 1123-6009, hg. von Rudolf Voss, Paderborn u. a. 1996 (Schönings Mediävistische Editionen, 3). – Wolfram von Eschenbach, Parzival. Nach der Ausg. Karl Lachmanns revidiert und kommentiert von Eberhard Nellmann. Übertragen von Dieter Kühn, 2 Bde., Frankfurt am Main 1994 (Bibliothek des Mittelalters, 8,1-2).

Carmina Burana. Die Lieder der Benediktbeurer Handschrift. Zweisprachige Ausgabe, Zürich u. a. 1974. – Die Gedichte Walthers von der Vogelweide, hg. von Karl Lachmann, 13., aufgrund der 10., von Carl von Kraus bearb. Ausg. neu hg. von Hugo Kuhn, Berlin 1965. – Hagen, Friedrich Heinrich von der: Minnesinger. Deutsche Liederdichter des 12., 13. und 14. Jahrhunderts aus allen bekannten Handschriften und früheren Drucken gesammelt […], Bde. 1-4, Leipzig 1838, unveränd. ND Aalen 1963. – Jacobi Pontani De Societate Iesu Poeticarum Institutionum Libri Tres, Ingolstadt 1594. – Julius Caesar Scaliger, Poetices Libri Septem. Faksimile-Neudruck der Ausgabe Leipzig von Lyon 1561 mit einer Einleitung von August Buck, Stuttgart 1987. – Martin Opitz, Buch von der deutschen Poeterei. Abdruck der ersten Ausgabe (1624), 4. Aufl., Halle an der Saale 1913. – Des Minnesangs Frühling. Unter Benutzung der Ausgaben von Karl Lachmann und Moriz Haupt, Friedrich Vogt und Carl von Kraus bearb. von Hugo Moser und Helmut Tervooren, Bd. 1: Texte, 36., neugest. und erw. Aufl., Stuttgart 1977. – Schönbach, Anton E.: Beiträge zur Erklärung altdeutscher Dichtwerke. Die Sprüche des Bruder Wernher, Bd. 2, Wien 1904 (Beiträge zur Erklärung altdeutscher Dichtwerke, 4; Sitzungsberichte. Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien. Philosophisch-historische Classe, 150,1). – Walther von der Vogelweide, Leich, Lieder, Sangsprüche. 14., völlig neu bearb. Aufl. der Ausg. Karl Lachmanns, hg. von Christoph Cormeau, Berlin u. a. 1996. – Die Werke Wipos, hg. von Harry Bresslau, 3. Aufl., Hannover 1915, unveränd. ND Hannover 1993 (Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum ex Monumentis Germaniae historicis separatim editi, 61).

Achnitz, Wolfgang: Die poeten und alten historien hat er gewist. Die Bibliothek des Johann Werner von Zimmern als Paradigma der Literaturgeschichtsschreibung, in: Literatur – Geschichte – Literaturgeschichte. Beiträge zur mediävistischen Literaturwissenschaft. Festschrift Volker Honemann zum 60. Geburtstag, hg. von Nine Miedema und Rudolf Suntrup, Frankfurt am Main u. a. 2003, S. 315-333. – Alltag bei Hofe, hg. von Werner Paravicini, Sigmaringen 1995 (Residenzenforschung, 5). – Backes, Martina: Das literarische Leben am kurpfälzischen Hof zu Heidelberg im 15. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Gönnerforschung des Spätmittelalters, Tübingen 1992 (Hermaea, 68). – Bastert, Bernd: Der Münchner Hof und Fuetrers »Buch der Abenteuer«. Literarische Kontinuität im Spätmittelalter, Frankfurt am Main u. a. 1993 (Mikrokosmos, 33). – Besamusca, Bart: in corten wort. Die mittelniederländische Kurzepik (sproken), in: Mittelalterliche Novellistik im europäischen Kontext. Kulturwissenschaftliche Perspektiven, hg. von Marc Chinca, Timo Reuvekamp-Felber und Christopher Young, Berlin 2006 (Beiheft zur Zeitschrift für deutsche Philologie, 13), S. 347-372. – Bumke, Joachim: Mäzene im Mittelalter. Die Gönner und Auftraggeber der höfischen Literatur in Deutschland 1150-1300, München 1979. – Fechter, Werner: Das Publikum der mittelhochdeutschen Dichtung, Frankfurt am Main 1935, ND Darmstadt 1966. – Grubmüller, Klaus: Der Hof als städtisches Literaturzentrum. Hinweise zur Rolle des Bürgertums am Beispiel der Literaturgesellschaft Münchens im 15. Jahrhundert, in: Befund und Deutung. Zum Verhältnis von Empirie und Interpretation in Sprach- und Literaturwissenschaft. Hans Fromm zum 26. Mai 1979 von seinen Schülern, Tübingen 1979, S. 405-427. – Hahn, Reinhard: Hof und höfische Literatur in Innsbruck zur Zeit Herzog Sigmunds des Münzreichen (1427-1496), in: Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 18,70 (1988) S. 95-110. – Klein, Andrea: Der Literaturbetrieb am Münchner Hof im 15. Jahrhundert, Göppingen 1998 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik, 652). – Müller, Christl: Altdeutsche Handschriften und Drucke in der Bibliothek des Job Hartmann von Enenkel (1576-1627), in: Würzburger Prosastudien II. Untersuchungen zur Literatur und Sprache des Mittelalters. Kurt Ruh zum 60. Geburtstag, hg. von Peter Kesting, München 1975 (Medium Aevum, 31), S. 237-254. – Müller, Jan-Dirk: Gedechtnus. Literatur und Hofgesellschaft um Maximilian I., München 1982 (Forschungen zur Geschichte der älteren deutschen Literatur, 2). – Müller, Jan-Dirk: Zu einigen Problemen des Konzepts ›Literarische Interessensbildung‹, in: Literarische Interessenbildung im Mittelalter. DFG-Symposion 1991, hg. von Joachim Heinzle, Stuttgart, Weimar 1993 (Germanistische-Symposien-Berichtsbände, 14), S. 365-384. – Paravicini, Werner: Die ritterlich-höfische Kultur des Mittelalters, München 1994 (Enzyklopädie deutscher Geschichte, 32). – Peters, Ursula: Fürstenhof und höfische Dichtung. Der Hof Hermanns von Thüringen als literarisches Zentrum, Konstanz 1981 (Konstanzer Universitätsreden, 113). – Peters, Ursula: Literatur in der Stadt. Studien zu den sozialen Voraussetzungen und kulturellen Organisationsformen städtischer Literatur im 13. und 14. Jahrhundert, Tübingen 1983 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, 7). – Strohschneider, Peter: Literarische Ligaturen. Philipp Colin über Paradoxien höfischer Kunstaufträge im Mittelalter, in: Kunst, Macht und Institution. Studien zur Philosophischen Anthropologie, soziologischen Theorie und Kultursoziologie der Moderne. Fs. Karl-Siegbert Rehberg, hg. von Joachim Fischer und Hans Joas, Frankfurt u. a. 2003, S. 537-556. – Tervooren, Helmut: Van der Masen tot op den Rijn. Ein Handbuch zur Geschichte der mittelalterlichen volkssprachlichen Literatur im Raum von Rhein und Maas, Geldern 2005. – Wand-Wittkowski, Christine: Pfalzgräfin Mechthild und ihr literarischer Zirkel. Ein Irrtum der Mediävistik, in: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 30 (2005) S. 1-27. – Wissen für den Hof. Der spätmittelalterliche Verschriftlichungsprozess am Beispiel Heidelberg im 15. Jahrhundert, hg. von Jan-Dirk Müller, München 1994 (Münstersche Mittelalter-Schriften, 67).

Moser, Hugo: »Lied« und »Spruch« in der hochmittelalterlichen deutschen Dichtung, in: Mittelhochdeutsche Spruchdichtung, hg. von Hugo Moser, Darmstadt 1972, S. 180-204. – Müller, Ulrich: Untersuchungen zur politischen Lyrik des deutschen Mittelalters, Göppingen 1974 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik, 55/56). – Müller, Ulrich: Sangspruchdichtung, in: Aus der Mündlichkeit in die Schriftlichkeit. Höfische und andere Literatur. 750-1320, hg. von Ursula Liebertz-Grün, Reinbek 1988, S. 185-192. – Reichel, Jörn: Der Spruchdichter Hans Rosenplüt. Literatur und Leben im spätmittelalterlichen Nürnberg, Stuttgart 1985. – Repertorium der Sangsprüche und Meisterlieder des 12. bis 18. Jahrhunderts, hg. von Horst Brunner und Burghart Wachinger, 16 Bde., Tübingen 1980-96. – Simrock, Karl: Lied und Spruch, in: Deutsche Vierteljahresschrift für Sprache und Literatur 42 (1962) S. 309-324. – Ruh, Kurt: Mittelhochdeutsche Spruchdichtung als gattungsgeschichtliches Problem, in: Mittelhochdeutsche Spruchdichtung, hg. von Hugo Moser, Darmstadt 1972 (Wege der Forschung, 154), S. 205-226. – Teervoren, Helmut: Sangspruchdichtung, 2., durchges. Aufl., Stuttgart u. a. 2001 (Sammlung Metzler, 293). – Teervoren, Helmut: Spruch und Lied. Ein Forschungsbericht, in: Mittelhochdeutsche Spruchdichtung, hg. von Hugo Moser, Darmstadt 1972 (Wege der Forschung, 154), S. 1-25.

(in Auswahl) Böker-Heil, Norbert: Das Tenorlied. Mehrstimmige Lieder in deutschen Quellen 1450-1580, 3 Bde., Kassel 1979-86. – Brunner, Horst: Das deutsche Lied im 16. Jahrhundert, in: Fragen der Liedinterpretation, hg. von Hedda Ragotzky u. a., Stuttgart 2001, S. 118-134. – Caspari, Rolf: Liedtradition im Stilwandel um 1600, München 1971. – Deutsche Liebeslyrik im 15. und 16. Jahrhundert, hg. von Gert Hübner, Amsterdam u. a. 2005 (Chloe, 37). – Eitner, Robert: Das deutsche Lied im mehrstimmigen Tonsatz des 16. Jahrhunderts im Druck und Manuskript, in: Monatshefte für Musikgeschichte 37 (1905) S. 1-7, 17-19, 34-42, 49-60, 73-88, 107-134. – Gudewill, Kurt: Deutsche Volkslieder in mehrstimmigen Kompositionen von ca. 1450 bis ca. 1630, in: Handbuch des Volksliedes, hg. von Rolf Wilhelm Brednich u. a., 2 Bde., München 1973-75 (Motive, 1, 2), hier Bd. 2: Historisches und Systematisches. Interethnische Beziehungen. Musikethnologie, S. 439-490. – Hempfer, Klaus W.: Die Pluralisierung des erotischen Diskurses in der europäischen Lyrik des 16. und 17. Jahrhunderts (Ariost, Ronsard, Shakespeare, Opitz), in: Germanisch-Romanische Monatsschrift 69. NF 38 (1988) S. 251-264. – Hübner, Gert: Christoph von Schallenberg und die deutsche Liebeslyrik am Ende des 16. Jahrhunderts, in: Daphnis 31 (2002) S. 127-186. – Kraus, Erwin: Die weltlichen gedruckten Notenliederbücher von Erhart Öglin (1512) bis zu Georg Forsters fünftem Liederbuch (1566), Frankfurt am Main 1980. – Kretzschmar, Hermann: Geschichte des Neuen deutschen Liedes, Tl. 1: Von Albert bis Zelter, Leipzig 1911. – Kross, Siegfried: Geschichte des deutschen Liedes, Darmstadt 1989. – Leuchtmann, Horst u. a.: Orlando di Lasso. Musik der Renaissance am Münchner Fürstenhof, Wiesbaden 1982. – Mancal, Josef: Art. »Augsburg B. I.«, in: Musik in Geschichte und Gegenwart. Sachteil I, 1994, Sp. 1000-1002. – Morche, Gunther: Art. »Heidelberg I, II«, in: Musik in Geschichte und Gegenwart. Sachteil IV, 1996, Sp. 234-238. – Moser, Hans-Joachim: Das deutsche monodische Kunstlied um 1500, in: Festschrift für Peter Wagner zum 60., hg. von Karl Weinmann, Leipzig 1926, S. 146-169. – Müller, Günther: Geschichte des deutschen Liedes vom Zeitalter des Barock bis zur Gegenwart, München 1925. – Müller, Ulrich: Untersuchungen zur politischen Lyrik des deutschen Mittelalters, Göppingen 1974 (Göppinger Arbeiten zur Germanistik, 55/56). – Petzsch, Christoph: Hofweisen. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Liederjahrhunderts, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 35 (1954) S. 414-445. – Pietzsch, Gerhard: Quellen und Forschungen zur Geschichte der Musik am kurpfälzischen Hof zu Heidelberg bis 1622, Wiesbaden 1963. – Schmid, Bernhold: Art. »München I, II«, in: Musik in Geschichte und Gegenwart. Sachteil VI, 1997, Sp. 582-586. – Schweikle, Günter: Minnesang, Stuttgart 1989. – Sittig, Doris: ›Vyl wonders machet minne‹. Das deutsche Liebeslied der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, Göppingen 1987. – Stiefel, Eberhard: Art. »Stuttgart III«, in: Musik in Geschichte und Gegenwart. Sachteil VIII, 1998, Sp. 2024-2026. – Strohschneider, Peter: Institutionalität. Zum Verhältnis von literarischer Kommunikation und sozialer Interaktion in mittelalterlicher Literatur, in: Literarische Kommunikation und soziale Interaktion, hg. von Beate Kellner u. a., Frankfurt am Main u. a. 2001, S. 1-26. – Suppan, Wolfgang: Deutsches Liedleben zwischen Renaissance und Barock, Tübingen 1973. – Tervooren, Helmut: Sangspruchdichtung, 2. Aufl., Stuttgart u. a. 2001. – Wachinger, Burghart: Liebeslieder vom späten 12. bis zum frühen 16. Jahrhundert, in: Mittelalter und frühe Neuzeit, hg. von Walter Haug, Tübingen 1999, S. 1-29.

Backes, Martina: Das literarische Leben am kurpfälzischen Hof zu Heidelberg im 15. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Gönnerforschung des Spätmittelalters, Tübingen 1992 (Hermaea, 68). – Bastert, Bernd: Der Münchner Hof und Fuetrers »Buch der Abenteuer«. Literarische Kontinuität im Spätmittelalter, Frankfurt am Main u. a. 1993 (Mikrokosmos, 33). – Braun, Manuel: Ehe, Liebe, Freundschaft. Semantik der Vergesellschaftung im frühneuhochdeutschen Prosaroman, Tübingen 2001 (Frühe Neuzeit, 60). – Braun, Manuel: Historie und Historien, in: Die Literatur im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, hg. von Werner Röcke und Marina Münkler, München u. a. 2004 (Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart, 1), S. 317-361. – Bumke, Joachim: Mäzene im Mittelalter. Die Gönner und Auftraggeber der höfischen Literatur in Deutschland 1150-1300, München 1979. – Bumke, Joachim: Art. »Höfischer Roman«, in: Literatur Lexikon XIII, 1992, S. 404-410. – Bumke, Joachim: Wolfram von Eschenbach, Stuttgart, 8. Aufl., Weimar 2004 (Sammlung Metzler, 36). – Bumke, Joachim: Der »Erec« Hartmanns von Aue. Eine Einführung, Berlin u. a. 2006. – Cormeau, Christoph, Störmer, Wilhelm: Hartmann von Aue. Epoche – Werk – Wirkung, 2. Aufl., München 1993. – Ertzdorff, Xenia von: Romane und Novellen des 15. und 16. Jahrhunderts in Deutschland, Darmstadt 1989. – Green, Dennis Howard: Medieval Listening and Reading. The primary Reception of German Literature 800-1300, Cambridge 1996. – Grubmüller, Klaus: Der Hof als städtisches Literaturzentrum. Hinweise zur Rolle des Bürgertums am Beispiel der Literaturgesellschaft Münchens im 15. Jahrhundert, in: Befund und Deutung. Zum Verhältnis von Empirie und Interpretation in Sprach- und Literaturwissenschaft. Festschrift für Hans Fromm, hg. von Klaus Grubmüller, Tübingen 1979, S. 405-427. – Huber, Christoph: Gottfried von Straßburg: Tristan, 2. Aufl., Berlin 2001 (Klassiker Lektüren, 3). – Lancelot. Der mittelhochdeutsche Roman im europäischen Kontext, hg. von Christoph Huber und Klaus Ridder, Tübingen 2006. – Lienert, Elisabeth: Deutsche Antikenromane des Mittelalters, Berlin 2001 (Grundlagen der Germanistik, 39). – Mertens, Volker: Der deutsche Artusroman, Stuttgart 1998. – Müller, Jan-Dirk: Gedechtnus. Literatur und Hofgesellschaft um Maximilian I., München 1982 (Forschungen zur Geschichte der Älteren Deutschen Literatur, 2). – Müller, Jan-Dirk: Volksbuch/Prosaroman im 15./16. Jahrhundert – Perspektiven der Forschung, in: Internat. Archiv für Sozialgeschichte der Deutschen Literatur. Sonderheft 1 (1985) S. 1-128. – Orality and Literacy in the Middle Ages. Essays on a Conjunction and its Consequences in Honour of D. H. Green, hg. von Mark Chinca und Christopher Young, Turnhout 2005 (Utrecht studies in medieval literacy, 12). – Reuvekamp-Felber, Timo: Volkssprache zwischen Stift und Hof. Hofgeistliche in Literatur und Gesellschaft des 12. und 13. Jahrhunderts, Köln u. a. 2003. – Ridder, Klaus: Mittelhochdeutsche Minne- und Aventiureromane. Fiktion, Geschichte und literarische Tradition im späthöfischen Roman: »Reinfried von Braunschweig«, »Wilhelm von Österreich«, »Friedrich von Schwaben«, Berlin 1998 (Quellen und Forschungen zur Literatur- und Kulturgeschichte, 12). – Schmid, Elisabeth: Art. »Höfischer Roman«, in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft II, 2000, S. 69-74. – Schmolke-Hasselmann, Beate: Der arthurische Versroman von Chrestien bis Froissart. Zur Geschichte einer Gattung, Tübingen 1980 (Beihefte zur Zeitschrift für romanische Philologie, 177). – Scholz, Manfred Günther: Hören und Lesen, Studien zur primären Rezeption der Literatur im 12. und 13. Jahrhundert, Wiesbaden 1980. – Scholz, Manfred Günther: Zum Verhältnis von Mäzen, Autor und Publikum im 14. und 15. Jahrhundert. »Wilhelm von Österreich« – »Rappoltsteiner Parzifal« – Michel Beheim, Darmstadt 1987. – Schulz, Armin: Poetik des Hybriden. Schema, Variation und intertextuelle Kombinatorik in der Minne- und Aventiureepik: Willehalm von Orlens – Partonopier und Meliur – Wilhelm von Österreich – Die schöne Magelone, Berlin 2000 (Philologische Studien und Quellen, 161). – Strohschneider, Peter: Ritterromantische Versepik im ausgehenden Mittelalter. Studien zu einer funktionsgeschichtlichen Textinterpretation der »Mörin« Hermanns von Sachsenheim sowie zu Ulrich Fuetrers »Persibein« und Maximilians I. »Theuerdank«, Frankfurt am Main u. a. 1986 (Mikrokosmos, 14). – Tomasek, Tomas: Gottfried von Straßburg, Stuttgart 2007. – Wand-Wittkowski, Christine: Pfalzgräfin Mechthild und ihr literarischer Zirkel, in: Internat. Archiv für Sozialgeschichte der Deutschen Literatur (2005) S. 1-27. – Weddige, Hilkert: Die »Historien von Amadis auss Franckreich«. Dokumentarische Grundlegung zur Entstehung und Rezeption, Wiesbaden 1975 (Beiträge zur Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts, 2).

Adam, Wolfgang: Poetische und Kritische Wälder. Untersuchungen zu Geschichte und Formen des Schreibens »bei Gelegenheit«, Heidelberg 1988 (Beihefte zum Euphorion, 22). – Becker-Cantarino, Barbara: Die Stammbucheintragungen des Daniel Heinsius, in: Stammbücher als kulturhistorische Quellen, hg. von Jörg-Ulrich Fechner, München 1981 (Wolfenbütteler Forschungen, 11), S. 137-164. – Bogner, Ralf Georg: Der Autor im Nachruf. Formen und Funktionen der literarischen Memorialkultur von der Reformation bis zum Vormärz, Tübingen 2006 (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur, 111). – Enders, Carl: Deutsche Gelegenheitsdichtung bis zu Goethe, in: Germanisch-Romanische Monatszeitschrift 1 (1909) S. 292-307. – Geschichte der deutschen Literatur, Bd. 1: Vom Mittelalter bis zum Barock, hg. von Ehrhard Bahr, Tübingen 1987. – Hengstl, Maria Hereswitha: Totenklage und Nachruf in der mittellateinischen Literatur seit dem Ausgang der Antike, Würzburg 1936. – Manitius, Max: Geschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters, Bd. 3, München 1931 (Handbuch der Altertumswissenschaft, 9, 2,3). – Nolte, Theodor: Lauda post mortem. Die deutschen und niederländischen Ehrenreden des Mittelalters, Frankfurt am Main 1983 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur, 562). – Segebrecht, Wulf: Das Gelegenheitsgedicht. Ein Beitrag zur Geschichte und Poetik der deutschen Lyrik, Stuttgart 1977. – Segebrecht, Wulf: Zur Produktion und Distribution von Casualcarmina, in: Stadt – Schule – Universität – Buchwesen und die deutsche Literatur im 17. Jahrhundert. Vorlagen und Diskussionen eines Barock-Symposions der Deutschen Forschungsgemeinschaft 1974 in Wolfenbüttel, hg. von Albrecht Schöne, München 1976, S. 523-535. – Segebrecht, Wulf: Steh, Leser, still! Prolegomena zu einer situationsbezogenen Poetik der Lyrik entwickelt am Beispiel von poetischen Grabschriften und Grabschriftvorschlägen in Leichencarmina des 17. und 18. Jahrhunderts, in: Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 52 (1978) S. 430-468. – Segebrecht, Wulf: Gelegenheitsgedicht, in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literaturgeschichte gemeinsam mit Harald Fricke, Klaus Grubmüller und Jan-Dirk Müller hg von Klaus Weimar, Bd 1, Berlin 1997, S. 688-691. – Wiegand, Hermann: Epicedium, in: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft I, 1997, S. 455-457. – Winterfeldt, Paul von: Die Dichterschule St. Gallens und der Reichenau unter den Karolingern und Ottonen, in: Mittellateinische Dichtung. Ausgewählte Beiträge zu ihrer Erforschung, hg. von Karl Langosch, Darmstadt 1969 (Wege der Forschung, 149), S. 131-154.