Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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Niederösterreich: Politische Entwicklung, Herrschaftsmittelpunkte und Hofpersonal des niederösterreichischen Adels vom 13. Jahrhundert bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges - 1. Vom 13. Jahrhundert bis zum Tode Kaiser Friedrichs III.

Vorbemerkung: Die traditionsreiche niederösterr. Adelsforschung hat sich bislang v.a. auf das Früh- und HochMA konzentriert. Der hauptsächliche Grund dafür ist in der Quellenlage zu suchen, da die sehr umfangr. spätma. Quellen verstreut in zahlr. Archiven gelagert werden und zu einem guten Teil unediert geblieben sind. Es war aus diesem Grund nicht möglich, das ungedruckte Material vollständig zu sichten, weshalb der Aufsatz für das 14. und 15. Jh. im wesentlichen auf Verarbeitung der greifbaren Urkn.fonds, der wenigen adeligen Rechnungsbücher und einiger weiterer einschlägiger Quellen basiert. – Im ersten Teil des Aufsatzes werden die politischen und verfassungshistorischen Voraussetzungen für die Stellung des Adels im Land unter der Enns skizziert, im zweiten die Herrschaftszentren und das Hofpersonal vorgestellt.

I. Da im ersten Drittel des 13. Jh.s bis auf wenige Ausnahmen (Gf.en von Plain-Hardegg, Herren von Burgschleinitz) die heimischen gfl. und edelfreien Geschlechter ausstarben, bildeten seit damals überwiegend mächtige Ministerialenfamilien aus der landesfsl. Klientel die adelige Oberschicht. Diese hatten im 11. und 12. Jh. das Land großflächig kolonisiert sowie herrschaftlich durchdrungen und waren so in einigen Fällen zu großem und oft weit verstreutem Besitz gekommen, über den sie frei verfügen konnten. Die führenden Ministerialen hatten die hohe und niedere Gerichtsbarkeit inne, errichteten eigenständig Burgen, gründeten zuweilen Kl. und wirkten als Vögte, standen an der Spitze einer oft großen niederadeligen Mannschaft und waren ein wichtiger landespolitischer Faktor. Dies äußerte sich nicht zuletzt in der Teilnahme am landesfsl. Taiding, wo ein Interessenausgleich zwischen Adel und den Hzg.en stattfand. Einige dieser Familien übten zudem in landesfsl. Kleinstädten entscheidenden Einfluß aus, in denen sie entweder als Richter oder Hauptleute eingesetzt wurden. Sie bauten daneben eigene Siedlungen zu Städten aus, wo dann wiederum ihre niederadeligen Gefolgsleute als Amtsträger wirkten.

Die in den Jahrzehnten nach 1200 bedeutendsten Geschlechter Niederösterreichs waren die Gf.en von → Hardegg und die ministerialische Kuenringer-Sippe, die beide in den Kolonisationsgebieten nördlich der Donau ihre Schwerpunkte hatten. Weitere wichtige Familien, die sich oft früh in mehrere Zweige teilten, waren etwa die Zöbinger, Seefeld-Feldsberger, Maissauer, Sonnberger, Falkenberger, Liechtensteiner, Himberg-Ebersdorfer, Pottendorfer oder die Stiefern-Gaadener. Nicht alle Regionen Niederösterreichs standen unter Einfluß der großen Geschlechter. Einige Gegenden wurden stattdessen von den dort verankerten bayerischen Bm.ern oder bedeutenden Kl.n dominiert, die um ihre Besitzzentren nur Kleinadelige zuließen.

1230/31 wurde der bis dahin weitgehend bestehende Konsens zwischen Landesherr und Adel erstmals durch einen Aufstand einiger Ministerialengeschlechter mit den Kuenringern an der Spitze außer Kraft gesetzt, für den augenscheinlich die von den Babenbergern unterstützte Umwandlung der lukrativen Stifter- und Erbvogteien in weitgehend unentgeltliche Defensorenämter ein wesentlicher Anlaß war. Der Landesfs. setzte sich aber rasch durch, ohne daß weitreichende Konsequenzen für die Beteiligten erkennbar wären. Der nächste Konflikt ereignete sich 1236/39 zwischen Hzg. Friedrich II. und dem gleichnamigen Ks., der von zahlr. bedeutenden Ministerialen Niederösterreichs unterstützt wurde. V.a. mit Hilfe der Familien des südöstlichen Landesteils (Pittener Gebiet) konnte sich der Babenberger behaupten, worauf einige der zu ihm haltenden Adeligen einen bedeutenden Aufstieg nahmen (v.a. die Herren von Haßbach). Als Folge setzte der Babenberger als seine Beauftragten in den landesfsl. Städten nicht mehr hier verwurzelte Ministerialen, sondern Ortsfremde ein.

Nach dem Aussterben der Babenberger 1246 spielten die nun alleine handlungsfähigen führenden Geschlechter eine entscheidende Rolle bei den Auseinandersetzungen um die Nachfolge. Ihr Verhalten war auch ausschlaggebend, daß Ottokar II. Přemysl im Herbst 1251 Landesfs. werden konnte, der deshalb zu Konzessionen gezwungen war und diesen Familien, von denen damals etwa die → Hardegger, Liechtensteiner, Haßbacher, Kuenringer, Maissauer oder Haslauer herausragten, Anteile an der Regierung einräumen mußte. So rekrutierten sich aus deren Mitte die »Reiserichter«, denen die hohe Gerichtsbarkeit über den niederen Adel zugestanden wurde.

In den Jahren des Fehlens eines durchsetzungsfähigen Landesfs.en verschmolzen die wenigen übriggebliebenen Gf.en und Freien und die Spitzengruppe der Ministerialität aufgrund ihrer gemeinsamen entscheidenden politischen Rolle als Repräsentanten des Landes zum Herrenstand. Die dieser Schicht angehörenden Ministerialen werden in den Quellen signifikanterweise nun ministeriales Austrie statt wie früher ministeriales ducis gen.

Ab den sechziger Jahren des 13. Jh.s versuchte Ottokar, den Einfluß der Landherren zurückzudrängen und stützte sich auf wenige ausgesuchte Vertrauensleute (v.a. auf Otto von Haslau und Otto von Perchtoldsdorf). Der daraufhin entstehenden Opposition begegnete er mit der Hinrichtung von Adeligen (etwa Ottos von Maissau) und der Verlegung böhm. Truppen in niederösterreichische Städte. Nach der Wahl Rudolfs von Habsburg zum Kg. schlossen sich diesem die heimischen Landherren fast geschlossen an und hatten an dessen Sieg über den Böhmenkg. einen wichtigen Anteil. Rudolf mußte ihnen dafür Zugeständnisse machen und die Bildung eines mitregierenden Adelsrates sowie den Status der Reichsunmittelbarkeit zugestehen, wodurch der Rechtszug an das Reich offen gestanden wäre.

Rudolfs Sohn Albrecht ging als Landesfs. aber auf Konfrontationskurs. Er berief keine Landtaidinge mehr ein, verzichtete auf den Adelsrat und nahm die Reichsunmittelbarkeit zurück. Dies führte zunächst zu »passivem Widerstand« des heimischen Adels und schließlich zu einem offenen Aufstand unter Führung Leutolds von Kuenring, der von einem konservativen adelsrechtlichen Bewußtsein geleitetet war, des im SW Niederösterreichs reich begüterten und politisch bestimmenden Konrad von Sommerau und der Liechtensteiner. Ein weiterer Konfliktpunkt waren die mit den Habsburgern aus Schwaben ins Land gekommenen Adeligen. Von diesen sind an erster Stelle die Herren von Wallsee zu nennen, die sich rasch in Niederösterreich etablieren konnten und zu einer der führenden Familien wurden. Nachdem die nicht ungefährliche Opposition zusammengebrochen war, mußte Konrad von Sommerau das Land verlassen und verloren die Kuenringer viele ihrer Positionen, in die häufig die weiter aufstrebenden Maissauer eintreten konnten. Es kam infolge der Kg.swahl Albrechts und aufgrund der Bemühungen, seinen Sohn Rudolf als Landesfs. zu etablieren, um 1300 zu einer allg. Annäherung zwischen dem Adel und dem Hzg., der ein Angebot zu einer (nicht in Kraft getretenen) Überarbeitung des Landrechts machte, in dem das Recht zum Burgenbau an eine bestimmte Grundbesitzmindestgröße gebunden sowie die Schleifung der in den letzten dreißig Jahren erbauten Burgen angeordnet worden wären. Darin zeigen sich die Bemühungen der Landherren die Bedeutung des niederen Adels einzudämmen, dessen milit. Bedeutung in diesen Jahrzehnten wuchs und der sich zu einer ständischen Korporation zusammenschloß, während die Bindungen der Landherren zu ihren Gefolgsleuten oft nachließen, nicht zuletzt, weil im Laufe des 14. Jh.s immer häufiger Kleinadelige Lehen von mehreren Herren innehatten. Auch daß Niederadelige nun an Landtaidingen teilnahmen, rief den Widerstand des Herrenstandes hervor. Diese Taidinge fanden um 1300 zunehmend am landesfsl. Hof in Wien statt, der auch sonst immer mehr zum politischen Zentrum des Landes wurde. Daneben verlor der höhere Adel seit dem Ende des 13. Jh.s an Einfluß in den landesfsl. Kleinstädten und aufgrund des aufkommenden Söldnerwesens an milit. Bedeutung.

Vor 1300 führte ein Dichter, der sog. Seifried Helbling, die Mannschaftsstärken der einzelnen Landherren beim Ungarnkrieg 1291 an und bietet, wenn die Zahlen auch nicht tale quale stimmen und sich einige Söldner darunter befunden haben mögen, Anhaltspunkte über die Größe der Gefolgschaften und damit der Machtverhältnisse: Die Kuenringer zogen demnach mit 300 Mann ins Feld, die Maissauer, Tallesbrunner, Pottendorfer, Truchsessen von Lengbach, Dienstmannen zu Peilstein mit je 200 Mann, die → Hardegger, Wolkersdorfer, Stuchsen zu Trautmannsdorf, Kapeller mit je 100 Mann. Andere Adelige mußten wesentlich weniger Bewaffnete stellen.

Im 14. Jh. gerieten zahlr. große und kleine Adelige in finanzielle Schwierigkeiten und verschuldeten sich häufig bei Juden. Manche Familien konnten die Erträge steigern, neue Geldquellen erschließen (etwa durch Beteiligung am Kreditmarkt) und ihre Herrschaften erweitern (etwa Wallseer, Maissauer, Liechtensteiner). Zunehmend wurden Ämter am landesfsl. Hof zu wichtigen Einkunftsquellen. Diese lukrativen Funktionen brachte zwar einigen Landherren in einigen Fällen mehr Einfluß ein, hatte aber auch eine gewisse Abhängigkeit von den Habsburgern zur Folge. Andererseits mußten auch die Habsburger Rücksicht auf den Adel nehmen, zumal sie sich häufig in Geldnöten befanden und auf dessen finanzielle und milit. Unterstützung angewiesen waren. Seit den Bemühungen Hzg. Friedrichs des Schönen um die Kg.skrone kam es immer wieder zu Verpfändungen großer Herrschaften an Landherren, wobei nicht alleine finanzielle Motive, sondern auch politische eine Rolle spielten. Nur hofnahe Adelige konnten sich Pfandschaften erhoffen. Seit dem 14. Jh.s nahm die Zahl der aus den benachbarten Ländern (häufig Steiermark) nach Niederösterreich durch Heiratsverbindungen gekommenen Adeligen zu.

Ämter wurden als Einkommensquellen auch für den niederen Adel immer wichtiger (v.a. als Bgf.en bei Landherrenfamilien). Wer seine Einkünfte nicht auf diese Weise aufbessern konnte, geriet nicht selten in finanzielle Schwierigkeiten und mußte mitunter sogar die Felder selbst bestellen. Einigen Niederadeligen allerdings gelangen seit dem Ende des 14. Jh.s zumeist als Inhaber der nun vermehrt dieser »Schicht« offen stehenden landesfsl. Ämter beeindruckende Karrieren, die sie zu mächtigen und reichen Personen werden ließen. Als Beispiel seien die Neidegger herausgegriffen: Der Aufstieg dieser Familie begann in der Mitte des 14. Jh.s, als Ulrich als Bgf. in Rehberg und Pfleger in Krems in landesfsl. Dienst stand und auch durch geschickt genutzte Pfandnahmen und vorteilhafte Erwerbspolitik zu Geld und Ansehen kam. Sohn Hans erbte nicht nur vom Vater, sondern auch von der mütterlichen Linie einige Burgen und hatte im südlichen Waldviertel einen bedeutenden Besitzkomplex inne. Sein Vermögen konnte er v.a. durch landesfsl. Ämter (Hauptmann in Krain, hzgl. Kammermeister) vergrößern. Sein gleichnamiger Sohn war wichtiger Finanzier Ks. Friedrichs III. und um die Mitte des 15. Jh.s einer der reichsten Adeligen des Hzm.s. Um 1400 erfuhren weiters zum Beispiel der Rittermäßige Niklas Pillung oder die zunächst bürgerlichen Tierna in landesfsl. Diensten einen Aufstieg. Ein Aufstieg finanzkräftiger Bürger in den Adelsstand ist auch sonst im 14. und 15. Jh. zu beobachten, ohne daß dieses Phänomen bislang eine umfassendere Untersuchung erfahren hätte.

Im 14. Jh. kam es in Niederösterreich zu keinen größeren Fehden gegen die Landesfs.en, obwohl diese versuchten, ihre Herrschaft auf Kosten des Adels zu verdichten, und eine aktive Erwerbspolitik mit dem Ziel, die Macht der großen Geschlechter zu schwächen, betrieben. In diesem Zusammenhang bemerkenswert sind etwa die zahlr. Umwandlungen freieigener Adelsburgen in landesfsl. Lehen v.a. um die Mitte des 14. Jh.s. Bei verpfändeten oder verlehnten Burgen finden sich in dieser Zeit häufig Öffnungsklauseln, wonach der Landesfs. berechtigt sei, seine Mannschaften hier im Kriegsfalle zu stationieren. Die Habsburger, v.a. Rudolf IV. (1358–1364), verstanden sich als Eigentümer des Landes im römisch-rechtlichen Sinne und richteten ihre Politik entspr. aus. Auf der anderen Seite sah sich der Adel weiterhin als konstitutiver Teil des Landes und als Garant von dessen Einheit. Bei bes. bedeutenden Entscheidungen der Landesfs.en wurden die führenden Adeligen deshalb immer wieder zugezogen, die zudem zuweilen wichtige Verträge mitbesiegelten und vereinzelt zu Zusammenkünften einberufen wurden. Es gab aber auch längere Phasen ohne Hinweise auf ständische Mitwirkung an den »Regierungsgeschäften«.

Einfluß übten durchgehend die adeligen Mitglieder des landesfsl. Rates oder die Inhaber der Hofämter aus. Als 1370 eine Finanzkrise der Habsburger ihren Höhepunkt erreichte, wurde zur Sanierung ein mit Vollmachten ausgestattetes Kapitalkonsortium eingerichtet, in dem neben Wiener Bürgern Landmarschall Heidenreich von Maissau und Hofmeister Hans von Liechtenstein vertreten waren. Eine tonangebende Stellung am Hof schützte allerdings vor tiefem Fall nicht, wie der plötzliche Sturz des Hans von Liechtenstein, der sein Amt zur Errichtung einer sehr großen Herrschaft v.a. im NO Niederösterreichs genützt hatte, am Ende des 14. Jh.s und Ottos IV. von Maissau 1430 belegen. Die Maissauer starben kurz danach aus, worauf zu einem guten Teil die stetig mächtiger werdenden Herren von Puchheim und von Eckartsau die Besitznachfolge antreten konnten.

Infolge der Türkengefahr wurde für 1397 wahrscheinlich zum ersten Mal ein Landtag einberufen, an dem die Prälaten, Herren, Ritter und landesfsl. Städte eigene Kurien bildeten, wobei sich der Herrenstand aus etwa 45-50 und der Ritterstand aus etwa 170 stärker fluktuierenden Familien zusammensetzte. In den folgenden Jahren wurden Landtage öfters abgehalten, und aufgrund der ausbrechenden Konflikte zwischen den habsburgischen Brüdern stieg der Einfluß des als Bündnispartner wichtigen Adels allg. an. Die Stände griffen in diese Konflikte aber auch vermittelnd ein und übernahmen Vormundschaften für minderjährige Landesfs.en. Die Stände – neben der Stadt Wien v.a. die führenden herren- und ritterständischen Adeligen – konnten sich nach 1400 als gestaltende politische Kraft neben den Landesfs.en etablieren, eine Entwicklung, die durch ihre Rolle bei den Hussiteneinfällen weiter zunahm.

Das 15. Jh. war durch starke Grundbesitzzersplitterung und rasche Besitzabfolgen gekennzeichnet. Neben der horizontalen wurde die soziale Mobilität deutlich größer, und es kam verstärkt zu Konnubien zwischen einigen zu großem Reichtum gelangten Ritterfamilien und teilw. verarmten Landherren, wobei die Rolle der Finanzkraft für die eigene Stellung an Bedeutung gewann, während die Verfügungsgewalt über eine möglichst große Klientel unwichtiger wurde. In dieser Zeit waren die Bindungen des Gefolgschaftsadels zu den Herren ohnehin häufig locker geworden. Im landesfsl. Umfeld konnten tatkräftige Niederadelige weiter an Einfluß gewinnen und zuweilen erstaunliche Karrieren machen sowie es zu bedeutendem Besitz und Macht bringen. Das markanteste Beispiel hierfür ist Ulrich von Eitzing, der aus einer nicht sehr bedeutenden Ritterfamilie stammend seine Stellung im landesfsl. Finanzwesen nützen, im nördlichen Niederösterreich innerhalb kurzer Zeit zahlr. Herrschaften kaufen und eine beachtliche bewaffnete Mannschaft unterhalten konnte. 1439 wurde er in den Frh.enstand erhoben. Schließlich stand er an der Spitze der Stände in deren Kampf gegen (den späteren Ks.) Friedrich III., die dabei Einfluß auf dessen Vormundschaft über den minderjährigen Landesherrn Ladislaus Postumus nehmen wollten. Ein weiterer Kriegsgrund waren finanzielle Fragen infolge der Zerrüttung der Staatsfinanzen. Die opponierenden Landstände kamen im Dez. 1451 in großer Zahl zusammen und schlossen ein förmliches Bündnis (»Mailberger Bund«), wenn auch einige bedeutende Adelige auf Seiten Friedrichs verblieben (Michael von → Hardegg, Rüdiger von Starhemberg, Georg von Puchheim, Hans von Ebersdorf). Die Ständeopposition setzte sich durch, und Ladislaus kam in die Obhut des in den Wirren dieser Jahre immer wichtiger werdenden Gf.en Ulrich von Cilli. Auch nachdem Ladislaus für volljährig erklärt worden war, blieb er von den führenden Adeligen abhängig.

Nach dem Tode Ladislaus’ 1457 kämpften die habsburgischen Brüder Friedrich III. und Albrecht VI. um die Vorherrschaft im Hzm., und wiederum kam dabei den Ständen eine wichtige Rolle zu. Das Land wurde von diesen Auseinandersetzungen, den zahlr. anderen Fehden, umherziehenden Räuberbanden und Söldnern sowie durch eine Hungersnot schwer heimgesucht, und diese Periode wurde zu Recht als Zeitalter des Faustrechts bezeichnet. Eine der größeren Fehden führte Georg von Puchheim gegen Friedrich III. Ersterer war Rat und Söldnerführer des Ks.s gewesen, der ihm ausdrücklich Ersatz für alle Auslagen und Schäden zugesichert hatte. Als Friedrich dennoch die Bezahlung der riesigen Summe verweigerte, versuchte der Puchheimer, nach einer förmlichen Fehdeansage sein Recht mit Waffen durchzusetzen. Ein gefürchteter Söldnerführer jener Zeit war der Niederadelige Gamareth Fronauer, der im Zuge einer Fehde gegen den Landesfs.en von seinen Besitzungen im Marchfeld aus kurzzeitig weite Teile des Weinviertels unter seine Kontrolle bringen konnte und terrorisierte. Als ksl. Truppenführer, Ämterinhaber und Geldgeber kamen zum Beispiel die aus der Steiermark stammenden rittermäßigen Prüschenk und Kaspar von → Rogendorf in der Spätphase Friedrichs III. zu einer machtvollen Stellung. Ein weiterer Söldnerführer Ks. Friedrichs, dem eine glanzvolle Karriere gelang, war Ulrich von → Grafenegg.

II. Zu Beginn des 13. Jh.s residierten die bedeutenderen Adelsgeschlechter auf oft mehreren und wechselweise bewohnten Burgen mit bereits zumeist spezialisierten und funktional getrennten Baukörpern. Im östlichen und südlichen Niederösterreich finden sich v.a. in der ersten Hälfte des 13. Jh.s kastellartige Burgen mit Beringquadrat und vier Ecktürmen (etwa Wolkersdorf oder Rabensburg). Die in den landesfsl. Städten als Stadtministerialen wirkenden Familien verfügten zudem hier über eine Burg, in der oft ein Gefolgsmann als von ihnen ernannter Richter saß. Der niedere Adel hauste häufig in kleinen Burgen, Türmen oder befestigten Bauernhöfen.

Über Hofpersonal bis zur Mitte des 13. Jh.s ist wenig bekannt. Zu nennen wäre aber der Hof der Edelfreien von Lengbach, an dem knapp nach 1200 ein Notar, Truchsessen und Schenken, aber auch ein Literaturbetrieb feststellbar sind. Ebenso finden sich im Umfeld der Zöbing-Gutrat, Gf.en von → Hardegg oder den Herren von Kuenring früh Schreiber, Kapläne und andere Geistliche, Bgf.en, Richter und Amtmänner oder vereinzelt niederadelige Inhaber von Hofämtern.

Im Laufe des 13. Jh.s bauten die führenden Adeligen häufig Siedlungen beim Herrschaftszentrum zu Kleinstädten oder zumindest Märkten aus beziehungsweise waren bemüht, solche in ihre Hände zu bekommen, um von den wirtschaftlichen Möglichkeiten zu profitieren und das Prestige zu steigern. Als Richter und Amtmänner dieser Städte wurden niederadelige Gefolgsleute eingesetzt. Ein Beispiel wäre der Ort Dürnstein an der Donau am Fuße einer wichtigen Kuenringerburg, den die Familie um 1300 zur Stadt ausbaute und wo sie ein Klarissenkl. errichtete. Ab den letzten Jahrzehnten des 13. Jh.s läßt sich hier eine größere Anzahl an Verwaltungspersonal feststellen, wobei die Bgf.en zumeist jeweils für zwei Jahre beauftragt waren. Ähnliches trifft auf die kuenringische Kleinstadt Zwettl zu, wo die Familie nach der Zerstörung der in der Nähe liegenden Burg durch den Landesfs.en während des Aufstands von 1230/31 ein Stadthaus errichtete. Das von den Kuenringern 1137/38 gegr. benachbarte Zisterzienserstift Zwettl diente der Familie seit dem 12. Jh. als Grablege. Zu erwähnen ist eine hier um 1285 errichtete Grabkapelle für Heinrich von Kuenring-Feldsberg, die entwicklungsgeschichtlich eine sehr wichtige Stellung einnimmt. Vor 1300 verlegte Gf. Berthold von Rabenswalde-Hardegg seinen Herrschaftsmittelpunkt in den zur Stadt erweiterten Ort → Retz, wo er zudem ein Dominikanerkl. gründete, das ihm und den meisten Gf.en des 14. Jh.s als Grablege diente, während bis dahin die meisten Familienmitglieder wahrscheinlich in der bei der Burg → Hardegg liegenden Pfarrkirche begr. worden waren (siehe den Einzelartikel). Die Herren von Maissau nahmen nach 1300 ihren Sitz im von ihnen in den Jahrzehnten zuvor zur Stadt ausgebauten Horn.

Die zunehmende Bedeutung der Städte für den Adel zeigt sich etwa auch darin, daß sich nach Familienteilungen die einzelnen Linien nach Städten nannten, so etwa die Zweige der Herren von Wallsee um 1300 nach den Städten Drosendorf, Enns, Linz oder Graz. Ob sich die Kuenringer nach der Teilung Mitte des 13. Jh.s in die Linien Dürnstein und Weitra nach den Städten oder den dortigen Burgen nannten, ist nicht eindeutig.

Die gerade im 13. Jh. oft großzügig ausgebauten Höhenburgen blieben aber weiterhin wichtige Herrschaftsmittelpunkte. Auch im 14. Jh. kam es oft zu Erweiterungen von ländlichen Burgen (etwa Emmerberg, Kirchschlag, Ulrichskirchen, → Hardegg) sowie zu einer Erhöhung des Wohnkomforts, indem etwa einzelne Räume beheizbar gemacht wurden. In einigen Fällen wurden vor allen von niederen Adeligen Höhenburgen in dieser Zeit auch noch neu errichtet. Da die führenden Geschlechter über mehrere Anlagen verfügten, wurden diese häufig von Bgf.en aus der niederadeligen Klientel bewohnt und verwaltet. In Friedenszeiten dürfte die bewaffnete Mannschaft der meisten Burgen nur wenige Personen umfaßt haben. Seit dem Beginn des 14. Jh.s finden sich in den Quellen erste Pfleger oder Verweser, die an der Spitze der Herrschaftsverwaltung standen und in den meisten Fällen der Gefolgschaft entstammten. Als oberste Verwalter der Gf.en von → Hardegg und der Maissauer wirkten kleinadelige Hofrichter. Zunehmend finden sich nun zuvor nur vereinzelt gen. Kämmerer. V.a. bei den Herren von Kuenring läßt sich um 1300 ein vielschichtiges Verwaltungspersonal feststellen, das etwa eine größere Anzahl an Notaren umfaßte, die zwar nicht sehr häufig Urk.n schrieben, aber wg. der geänderten Anforderungen infolge der Rezeption des gelehrten Rechts Beratertätigkeiten ausübten. Einige dieser Notare reisten häufig im Troß der Adeligen, andere wirkten eher stationär in der Herrschaftsverwaltung. Im 14. Jh. waren die führenden Adeligen häufig auf Reisen und wurden in der Regel von einigen Gefolgsleuten, die zuweilen eine Art Rat bildeten, und eben einem Notar und gelegentlich auch von Geistlichen oder Verwaltungsbeamten begleitet. Schulmeister in von Adeligen dominierten Kleinstädten finden sich vereinzelt in der ersten Hälfte des 13. Jh.s. Lehrpersonal auf Burgen wird bei den führenden Adeligen seit etwa 1300 gen., bleibt aber selten. Aus dem 14. Jh. sind erste Urbare (→ Hardegg, Litschau, Maissau, Ochsenburg, Liechtenstein) oder Lehensverzeichnisse (Puchheim) der in Niederösterreich sitzenden Adelsgeschlechter überliefert.

Wie erwähnt wurde seit dem Ende des 13. Jh.s der Wiener Hof der Habsburger zunehmend zum politischen und administrativen Mittelpunkt, und die Stadt selbst stellte einen immer wichtigeren wirtschaftlichen Faktor im Land dar. Die führenden Adelsfamilien trugen dem Rechnung und kauften sich in der Stadt ein oder mehrere Häuser, wo sie sich auch längerfristig aufhielten. In der Nähe der habsburgischen Burg entstand im 14. Jh. ein ausgedehntes Herrenviertel mit einem funktionell zugeordneten Gewerbebezirk. Diese Stadthäuser waren weitläufige Anlagen mit großen Höfen, Stallungen und Wirtschaftstrakten. So wird ein Haus der Herren von Puchheim 1402 als einstöckiges Gebäude mit zwei durch eine Toreinfahrt getrennten Trakten beschrieben. Im Hof befand sich ein Brunnen, im hinteren Teil der Stallbereich. Familiengrablegen bildeten sich hier aber noch nicht aus. Eine Ausnahme machten aber etwa die Mitglieder der Societas Templois, die sich am Sitz dieses Ordens, an der Georgskapelle in der Augustinerkirche, begr. ließen (etwa Ulrich von Wallsee 1337, Rudolf d.J. von Liechtenstein 1341 oder Johann von Puchheim 1352, der im Testament das Aussehen seines Grabmals detailliert beschreibt). Der eigtl. Lebensmittelpunkt lag immer noch auf dem Land, und die Familiengrablegen befanden sich damals in den Pfarr- oder Filialkirchen in der Nähe der Hauptburg, selten wurden die Angehörigen in den Burgkapellen begr. Hatte eine Familie ein Kl. oder etwa ein Spital in einem solchen gestiftet, so wurden öfters auch hier die Familienmitglieder bestattet (siehe oben die Ausführungen zu den Kuenringern und den Hardeggern).

Die Burgen wurden im 15. Jh. häufig erweitert, wobei die zunehmende Bedeutung der Kanonen zu einer Verstärkung der Mauerstärken oder zur Errichtung flankierfähiger Rundtürme am Bering führten. Ein Aufsteiger des 15. Jh.s, der landesfsl. Kämmerer Georg Scheck vom Wald, errichtete etwa auf der Burg Aggstein Schildmauern mit bis zu fünf Metern Stärke. Ansonsten war diese Anlage noch dem traditionellen Burgenbau verpflichtet. Die in dieser Zeit ebenso zu großer Bedeutung gekommenen Eitzinger schufen sich in Schrattenthal einen Herrschaftsmittelpunkt und bauten Stadt und Burg entspr. aus. Neben einer repräsentativen spätgotischen Burganlage in bereits regelmäßiger Struktur früher Schloßbauten wurde als Hauptbollwerk einer umfangr. Befestigungsanlage ein großer Batterieturm errichtet. Sonst blieben solche frühen Festungsbauelemente noch selten. Im 15. Jh. nahm die Wohnqualität weiter zu, und es lassen sich erste Fensterverglasungen und Dachziegel feststellen. Im 15. Jh. erfuhr die Rationalisierung und Fiskalisierung der Grundherrschaft eine wesentliche Steigerung, was sich auch auf die Umgebung der Herrschaftsmittelpunkte niederschlug, wo nun Fischteiche angelegt, Tavernen oder zuweilen ausgedehnte Meierhofanlagen errichtet wurden.

Aus dem 15. Jh. sind erste Herrschaftsrechnungen erhalten, die Einblicke in die Wirtschaftsführung und das Hofpersonal erlauben. Am ergiebigsten sind die Rechnungen einiger Herrschaften der Herren von Puchheim aus der Mitte des 15. Jh.s. Daraus geht hervor, daß Pfleger, Verweser oder Bgf.en an der Spitze der einzelnen Herrschaftsverwaltungen standen, die über die »Zentralkasse« verfügen und vor denen die einzelnen Lokalbeamten Rechnung legen mußten. Ähnliches läßt sich den etwas früheren Rechnungen der Gf.en von → Hardegg entnehmen: Hier stand wg. der Minderjährigkeit des Gf.en ein Verweser an der Spitze und nahm mit den örtlichen Richtern die Rechnungslegung vor. Als weitere Beamte werden in den Rechnungen Schreiber, die im Vergleich mit dem 13. und frühen 14. Jh. innerhalb des »Verwaltungsapparates« an Bedeutung eingebüßt haben, Wächter, Türmer, Köche, Pfister, Küchenknechte, Kellner, Boten, Wäscherinnen, Meier, Schaffer, Viehhalter, Marstaller, Wagenknechte, aber auch Trompeter und Herolde, Kapläne und Schulmeister gen. Weiters werden mehrere »Narren« erwähnt. Insgesamt dürften zum »Hofstaat« der Puchheimer »Residenzherrschaft« Horn in der Mitte des 15. Jh.s etwa 36 Personen gezählt worden sein. Seit dem Ende des 13. Jh.s finden sich im Umfeld der Adeligen als »Diener« bezeichnete Personen, die häufig niederadelige Gefolgsleute gewesen sind und denen eine wichtige Stellung zugekommen ist. Zuweilen waren sie auch zu milit. Unterstützung verpflichtet. Die Gf.en von → Hardegg verfügten über einen eigenen, mit dem Hofrichter identischen Hofmeister, über einen Kanzler, einen Kämmerer, einen Hofschneider oder einen Teichmeister (siehe den Einzelartikel). Differenziert ist auch der »Verwaltungsapparat« der Herren von Wallsee: An der Spitze der einzelnen Herrschaften standen meist auf ein bis drei Jahre bestellte und aus der niederadeligen Gefolgschaft stammende Pfleger oder Bgf.en, die einer kleinen bewaffneten Burgbesatzung vorstanden. Für die Finanzverwaltung war ein Rentmeister verantwortlich, der an seiner Seite zuweilen Kastner und Kammermeister hatte und die Urbare führte. Im 15. Jh. bereits finden sich eigene »Anwälte«, die ihre Herren fallweise vor Gericht vertraten. Daneben werden Marschalle, Küchenschreiber, Futterschreiber, Kellner, Jägermeister und Spielleute, Lautner, Fiedler und Pfeifer gen. Von den Herren von Liechtenstein sind Falkner bekannt. Über einen größeren »Hofstaat« verfügten auch die Gf.en von Schaunberg, die in Niederösterreich v.a. die Herrschaft Orth innehatten. Insgesamt lassen sich im 15. Jh. aufgrund der gestiegenen Ansprüche und Erfordernisse nur bei wenigen Familien mehr oder weniger ein Hofleben und ein »Hofstaat« erkennen. Das Personal diente nicht nur administrativen und wirtschaftlichen Zwecken, sondern es wurden auch Personen für die Zerstreuung, aber auch Herrschaftsrepräsentation besoldet. Der Repräsentationszwang war mittlerweile zweifellos zu einem noch bedeutenderen Kostenfaktor als früher geworden. Nicht hinreichend untersucht ist, inwieweit diese spätma. Adelshöfe auch bereits künstl. Zentren darstellten. Als Bauherren bedeutender und innovativer Kirchen und Kapellen waren Adelige bereits früher in Erscheinung getreten (zum Beispiel die Gf.en von → Hardegg mit der Heiligenblutkapelle in Pulkau oder der Retzer Dominikanerkirche, Hans von Liechtenstein mit Maria am Gestade in Wien, Albero von Kuenring-Feldsberg in Zwettl etc.).

Gegen Ende des 15. Jh.s kam es vermehrt zur Einrichtung von Familiengrablegen. So errichteten etwa die → Roggendorfer beim eben erworbenen Schloß → Pöggstall eine Schloßkapelle als zweischiffige Hallenkirche mit geradem Chorabschluss, die von nun an als Erbgrablege diente. Kaspar von → Rogendorf wirkte auch sonst als Bauherr und Kunstmäzen (bekannt ist ein ursprgl. in → Pöggstall situiertes Tafelbild, das ihn mit Frau und Kindern kniend unter einer Marienkrönung zeigt; siehe den Einzelartikel).