Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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Kärnten: Politische Entwicklung und Herrschaftsmittelpunkte des Kärntner Adels vom Regierungsantritt Maximilians I. bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges

I. Für die politische Entwicklung des Hzm.s Kärnten stellte die Herrschaft Maximilians I. einen Neuanfang dar. Durch ein Reformwerk sollte die Position der Länder innerhalb des habsburgischen Besitzkonglomerats relativiert werden. Dazu dienten insbes. die neugeschaffenen Oberbehörden. Diese sollten dem Einfluß der Länder entzogen werden. Was sich in der Theorie gut darstellte, erwies sich in der praktischen Umsetzung als schwierig. Das galt auch für Kärnten, wo sich an der Wende vom 15. zum 16. Jh. der Antagonismus zwischen Landesfs.en und Landständen abzeichnete. Seit der Mitte des 15. Jh.s hatten sich diese konkreter ausgeformt und waren – in den Landtagen organisiert – dem Landesfs.en gegenübergetreten. Mit dem Steuerbewilligungsrecht verfügten sie über ein wirksames Druckmittel. Ohne ihre Bewilligung der außerordentlichen Steuern war seit Friedrich III. ein Regieren schwierig. Diesen Umstand wußten sie für sich zu nutzen. Durch die Abhaltung von Landeskonventen (1482, 1488) ohne Einberufung seitens des Landesfs.en, aber auch durch ihre Einbindung in die Auseinandersetzungen um das Erbe der → Ortenburger-Cillier sowie der → Görzer und in die Verhandlungen um den Pusarnitzer Frieden (1460) zeichnete sich ihre politische Emanzipation ab. Ihnen kam im Rahmen der Landesbildung eine erhebliche Bedeutung zu. Sie erwiesen sich neben den von den habsburgischen Hzg.en verfolgten dynastischen Zielen als treibende Kraft. Wenn auch von unterschiedlichen Motiven geleitet, leisteten beide einen Beitrag zur voranschreitenden Landeswerdung. Wichtige Mosaiksteine in diesem Prozeß waren der Anfall des Görzer Erbes (1500) und die Vereinbarungen mit dem Salzburger Ebf. sowie dem Bamberger Hochstift (1535).

Das bildete die Ouvertüre zur »ständischen Epoche«, die sich nahezu über das gesamte 16. Jh. erstreckte. Dominierendes Element innerhalb der Stände war der Adel. Durch die Aufnahme vermögender Bürger hatte sich dieser bis in die zweite Hälfte des 16. Jh.s ständig erneuert. Vermögenden Patriziern und Gewerken stand der Zutritt in die Nobilität und die Aufnahme in die Landstandschaft offen. Der 1452 als Ritter in den landständischen Adel aufgenommene Hans III. Khevenhüller blieb kein Einzelfall. Auch andere wußten die Gunst der Stunde zu nutzen. Zu den Familien, die im Verlaufe des 15. und 16. Jh.s aus der Bürgerschaft in den Adel und in der Folge in die Reihen der Landstände aufrückten, zählten neben den Khevenhüllern die Hallegger, Rumpf, Staudach, Wucherer, Kulmer, Aichelburg, Grotta oder die um 1400 aus Krain zugezogenen Seenuß, die sich als Händler und Gewerken sowie Inhaber diverser Ämter profilierten. In der Regel gehörten sie alle noch dem Ritterstand an, weil der Frh.en- und Gf.entitel immer seltener verliehen wurde. Dieser ständische Adel begann sich im Verlaufe des 16. Jh.s immer mehr abzuschließen. Ab 1591 war neben einem entspr. Herrschaftsbesitz eine mind. 30jährige »adelige Vergangenheit« Bedingung für die Aufnahme in die Landstandschaft. Ein nicht geringer Teil dieses Adels stand in landesfsl. oder landschaftlichen Diensten, als Pfleger landesfsl. oder anderer Herrschaften, als Landrichter oder als Inhaber größerer und kleinerer Ämter. Sie waren aufgrund ihrer schmalen ökonomischen Basis darauf angewiesen. Die meisten niederen Adeligen saßen auf kleinen Edelmannssitzen mit wenig Grundbesitz und wenigen untertänigen Bauern. Nur in den seltensten Fällen reichte das grundherrliche Einkommen für die Finanzierung des Lebensstils aus. Nachdem so mancher aufgrund von Inflation, Mißernten, Kriegsverwüstungen oder Mißwirtschaft in finanzielle Schwierigkeiten geriet, bot ihnen das Einkommen aus besoldeten Funktionen eine sichere Einnahmequelle.

Im Lande selbst nahm während der Regierungszeit Maximilians I. Veit Welzer als Landesverweser die landesfsl. Interessen wahr. Er entstammte einem der bedeutenderen Kärntner Adelsfamilien. Mittels einer geschickten Heiratspolitik war es den Welzern in der zweiten Hälfte des 15. Jh.s gelungen, ihren Besitzstand beachtlich zu erweitern. Damit verbunden war – obwohl die Familie erst 1627 unter den Frh.en des Landes zu finden ist – ein gesellschaftlicher Aufstieg. Als Multifunktionär (oberster Richter; Vorsitz im Hoftaiding mit der Landschranne sowie in den immer öfter zusammentretenden Landtagen) avancierte Welzer zur bestimmenden Persönlichkeit in der Kärntner Politik in den Jahren um 1500. Zu seinen Aufgaben gehörte in Kriegszeiten auch die Einberufung des Landesaufgebots wie im Falle des »Venezianerkrieges« (1508-1516), als sich die Stände gegen ein mögliches Eindringen venezianischer Truppen nach Kärnten zur Stellung von 300 Mann bereit erklärten. Diese Bereitschaft hatte allerdings ihren Preis. Im Gegenzug verlangten sie gemeinsam mit den Ständen der erbländischen Provinzen die Aufhebung des Wiener Neustädter Kammergerichtes und eine vermehrte politische Mitsprache. Denn – so ihre Argumentation gegenüber dem Landesfs.en – das Recht habe vom Lande auszugehen.

Als führender Repräsentant einer neuen Führungsschicht, deren Augenmerk sich auf den Aufbau einer funktionierenden Regierung und Verwaltung richtete, stützte sich Veit Welzer bei der Realisierung seiner Pläne auf die zahlenmäßig breite Schicht des niederen Adels bzw. Ritterstandes. Zu diesem gehörten im frühen 16. Jh. neben seiner Familie u. a. noch die Dietrichsteiner, Andrä Rauber, der spätere erste ständische Bgf. in Klagenfurt Moritz Rumpf von Wullroß, Christoph von Aichelburg oder Friedrich Paradeiser. Zahlenmäßig nicht ins Gewicht fiel der höhere landsässige, herrenmäßige Adel. Er war sehr klein. Im »Rüstungsanschlag« um 1446 finden sich unter den »Herren« lediglich drei Familien angeführt: die → Kraiger, → Osterwitzer und die Wwe. nach einem Stubenberger.

Nach etwa 1550 festigten sich die sozialen Schichtungen. Aus dem traditionellen Herrenstand wurde der Frh.enstand. Zu den alten Namen kamen neue. Als 1564 der letzte Sproß der Herren von → Kraig, dem einflußreichsten hzgl. Ministerialengeschlecht des MAs im Lande, verstarb, folgte ihm auf seinen Besitzungen Hans Friedrich von → Hardegg als Erbe. Das Truchsessen- und Kämmereramt fielen an die steirischen Herberstein, die 1591 als Frh.en zu den alten Kärntner Landständen gerechnet wurden. Die der bambergischen Ministerialität entstammenden → Ungnad, seit 1444 mit Sonnegg belehnt und 1446 unter den »Rittern und Knechten« vertreten, wurden 1522 zu Frh.en von Sonnegg. Sie blieben nicht die einzigen, die in den Frh.enstand erhoben wurden. Auch andere Familien stiegen in den Frh.en-Stand auf, u. a. die Prösinger (1520), die Kollnitzer (1530), die Weißpriacher (1536), die von ca. 1499 bis 1503 den Landeshauptmann stellten, die Paradeiser (1602) oder die Khünburger (1613). Ihrem neuen gesellschaftlichen Status entspr., residierten sie – durch nichts ließ sich besser repräsentieren als durch Bauten – in Schlössern: die Liechtensteiner bis zum Aussterben des Geschlechts (1619) auf Schloß Seltenheim (bei Klagenfurt), die Prösinger auf Schloß Stein im Jauntal, die Gradenegger auf dem Frührenaissanceschloß Liemberg (in der Nähe von Liebenfels) oder die Paradeiser auf Schloß Gradisch (bei Feldkirchen). Alle gehörten sie zum landständischen Adel und verkörperten einen Teil des Landes. In der landständischen und landesfsl. Administration fanden viele ihr Hauptbetätigungsfeld. Sie übten auch milit. Funktionen aus, ließen sich aber vom Hof nicht vereinnahmen. In der Frage der Eingliederung der exterritorialen Territorien, die der Ausbildung des Landes zu einem geschlossenen Verwaltungs- und Rechtskörper im Wege standen, wußte sie sich aber mit dem Landesfs.en eins. Als »Staat im Staat« blockierten die Bamberger und Salzburger Besitzungen die Zentralisierungsbestrebungen Maximilians I. und Ferdinands I. Das landesfsl. Hauptaugenmerk richtete sich zunächst auf den bambergischen Besitz, dessen Eingliederung in das Land Ferdinand I. ab 1523/24 konsquent anpeilte – und das mit Erfolg. 1535 wurde ein entspr. Rezeß unterzeichnet. Auf dem Weg zur vollständigen Eingliederung der bambergischen Besitztümer in das, wenn auch die vollständige Eingliederung der bambergischen Besitztümer in das Hzm. – gänzlich wurde der Kärntner Besitz des Hochstifts erst 1674 ins Land eingefügt – erfolgt war, ein Etappenerfolg. Bamberg hatte von nun an in Kärnten von allen seinen Gütern Steuern abzuliefen und ebenso die Landesverteidigung mitzutragen. In Rechtsangelegenheiten durfte keine Berufung mehr außer Landes stattfinden. Bei Landtagen saß der bambergische Vizedom in der Kurie der Adeligen.

Parallel mit dem Ansteigen der politischen Bedeutung der Stände vollzog sich seit der Regierung Ferdinands I. die intensivere Ausformung eines Landesbewußtseins. Die 1518 von Maximilian I. getätigte Schenkung der landesfsl. Stadt Klagenfurt an die Stände bot diesen die Gelegenheit, Klagenfurt als ständische Res. auszubauen. Im Namen der Landschaft entstand als Jh.werk die Renaissancestadt Klagenfurt, wo nun die Landtage, das Hoftaiding bzw. Landrecht abgehalten wurden. Innerhalb weniger Jahrzehnte stieg das ständische Klagenfurt zum politisch-administrativen, geistigen und kulturellen Zentrum des Landes auf. Das förderte den Zuzug unternehmerischer Kräfte in die Stadt. Innerhalb eines Jh.s stieg die Bevölkerung rasch an: von ca. 1000 (1500) auf ca. 3000 bis 4000 (1600). Neben der sog. »Burg«, der ersten bgfl. Res. in Nähe des Landhauses, sowie dem 1578 von den Ständen in Auftrag gegebenen und 1582 begonnenen Bau der protestantischen Dreifaltigkeitskirche (heute: Klagenfurter Dom) stellte die Erbauung des Landhauses zu Klagenfurt als ständischer Res. in den Jahren 1574 bis 1594 den sichtbaren Ausdruck der politischen Bestrebungen und des ständischen Selbstbehauptungswillens gegenüber den Landesfs.en dar. Tatsächlich gewann der landständische Adel politisch an Stärke.

II. Diese manifestierte sich u. a. in Bauten. Die führenden ständischen Familien und – ihnen folgend – fast geschlossen alle Schichten der Adelsgesellschaft, teilw. auch die Bürger, betätigten sich als Bauherren, wohl auch weil das Land wirtschaftlich florierte. Mit dem wirtschaftlichen Transformationsprozeß korrespondierte eine Phase der proto-industriellen Prosperität mit dem Montanwesen als zentralem Segment, von dem auch Impulse auf den agrarischen Sektor ausgingen. Durch nichts ließ sich das politische Selbstverständnis und die ökonomische Potenz der Adelsgesellschaft besser zur Schau stellen als durch den Bau repräsentativer Gebäude, die sich an den modernen Kunstströmungen der Zeit orientierten. Vorhandene Ansätze verdichteten sich zu einer das ganze Land erfassenden, das Formenvokabular der Spätrenaissance rezipierenden Phase der Architektur. Bahnbrechend wirkten Gabriel → Salamanca, (Schloß Porcia zu → Spittal,) sowie als Auftraggeber von Grabmälern und als Mäzene Ulrich Pfinzig und Siegmund von Dietrichstein. Um 1550/60 setzte ein Bauboom ein. Um Klagenfurt entstand eine Schlösserlandschaft von bes. Dichte. So bauten die Welzer von Eberstein Schloß Hallegg zu einer mächtigen Renaissanceanlage mit burgartigem Charakter aus. 1576 vergrößerte Viktor Welzer, zu diesem Zeitpunkt Landesverweser, den Komplex durch die Anfügung eines Traktes mit einem Rittersaal. Ein Jahr zuvor hatte er mit dem Bau des vor den Toren Klagenfurts liegenden Schlosses Welzenegg, eines großen dreigeschossigen Renaissancebaus mit vier vorspringenden Ecktürmen, begonnen. Hallegg und Welzenegg fügten sich in den um Klagenfurt entstehenden Cordon von Schlössern, die zugl. Herrschaftssitze waren, ein. Zu diesem zählten ferner das von Hans Pruggmayer erbaute Schloß Tentschach, das um 1580 von Georg Khevenhüller für seine zweite Gemahlin Anna erbaute Schloß Annabichl, das unter Wolf Mager von Fuchsstatt erbaute Mageregg sowie das von den Neuhaus um 1588 errichtete Schloß Ehrenhausen, weiters die umgebauten und erweiterten Schlösser Ehrenbichl, Pitzelstätten, Emmersdorf, Ehrenthal, Seltenheim, Drasing und Freyenthurn. Nicht nur um die Landeshauptstadt wurden Schlösser gebaut, sondern überall im Lande. Teils wurden alte Burgen wie die Hollenburg zu Schlössern umgestaltet und erweitert, teils baute man neu. Diese Schlösser waren Orte »adeligen Landlebens«, dienten aber auch als Verwaltungs- und Herrschaftszentren. Neben kleineren Bauten (Ehrenfels in St. Leonhard im Lavanttal, Waldenstein, Schmelzhofen bei Wolfsberg, Kollegg bei St. Andrä, Sorgendorf bei Bleiburg, Hagenegg bei Eisenkappel, Saager bei Mieger, Freudenberg bei Pischeldorf, Hunnenbrunn bei St. Veit, Silberegg nahe Althofen, Rastenfeld bei Meiselding, Wasserleonburg bei Nötsch, Drauhofen auf dem Lurnfeld) zählte auch das 1515 in den Besitz der Brüder Sigmund und Wolfgang von Keutschach gelangte Schloß Tanzenberg, dessen Ausbau den Aufstieg der Keutschacher dokumentiert, dazu.

Aus der Vielzahl der Bauprojekte ragte die Burg → Hochosterwitz, heraus. Seit 1541 war diese an Christoph Khevenhüller verpfändet. 1571 gelangte sie in den Besitz des Landeshauptmannes Georg Khevenhüller, der die Anlage bis 1586 mit 14 Torbauten auf dem Weg zum Burgenberg ausbaute. In diesen spiegelt sich das politische Programm und das Lebensprogramm Georg Khevenhüllers wider. Die Loyalität zum Landesfs.en und zum Land, aber auch sein Bekenntnis zum protestantischen Christentum bildeten die Eckpfeiler. So ist ein Tor (»Engelstor«) mit einem Marmorrelief, das das Jesuskind zeigt, bekrönt. Über dem Portal eines weiteren Tores (»Löwentor«) befindet sich ein Schlußstein mit Kreuz, Spruchtafel und einem Reliefbild des Erlösers. Das sechste Tor (»Mannstor«) zeigt in einem Reliefbild Ehzg. Karl II. als Landesfs.en, das siebente (»Khevenhüllertor«) mit Wappen und Erbauerrelief ist dem Bauherrn gewidmet, und das achte (»Landschaftstor«) zeigt das Wappen des Landes Kärnten und eine des Vaterlandes gedenkende Inschrift (»Kämpfe für Glauben und Vaterland«). Hochosterwitz war nur ein Bauvorhaben Georg Khevenhüllers. Ein zweites war Schloß Wernberg, das sich seit 1520 im Besitz der Familie befand und von ihm zwischen 1570 und 1575 zu einem Vierflügelbau mit Ecktürmen ausgebaut wurde. 1572 ließ er für das Schloß drei Tapisserien anfertigen: eine war seinem Großvater Augustin gewidmet, eine seinem Vater Siegmund, und die dritte stellt ihn in den Mittelpunkt. Bei allen drei Stücken sind im Vordergrund kniend und betend die männlichen Familienmitglieder links, die weiblichen rechts aneinandergereiht. Verschiedene Szenen aus der Bibel bilden den Hintergrund. Damit erscheinen die Khevenhüller als »quasi direkt an den biblischen Handlungen Beteiligte [und] als Vertraute in enger Tuchfühlung mit Christus«, manifest durch das neue, »durch Luthers ›Befreiung der armen Seele‹ mitbegründete Selbstbewußtsein des protestantischen Adels« (Fräss-Ehrfeld), das sich auch in anderen kulturellen Bereichen wie der Musik oder in der Geselligkeit zeigte. Es kam zu einer Intensivierung des kirchlichen Musikwesens. Befruchtend wirkten sich Studienaufenthalte landschaftlicher Organisten in Venedig auf das Musikleben im Lande aus. In Klagenfurt traten evangelische Musiker und Komponisten wie etwa Johannes Herold auf. Dem Gurker Bf., Urban Sagstetter, widmete Johann Rasch eine Komposition. Ernfried → Salamanca, Hans Gf. von → Ortenburg und sein Sohn Ferdinand II. konnten sich seit dem letzten Drittel des 16. Jh.s sogar eine eigene Hofkapelle, die bei Gottesdiensten, weltlichen Festen und hohen Besuchen auftrat, leisten. Diese spielte u. a. bei den Hochzeitsfeierlichkeiten für Ehzg. Karl II. und Maria (von Bayern) auf. Neben der Musik pflegte man aber auch Tanz und Theater. 1589 wurde im neu erbauten Klagenfurter Landhaus durch Nikolaus Kantor eine geistliche Komödie aufgeführt. Noch vor 1620 errichteten die Stände ein Ballhaus als Ort für gesellige Veranstaltungen.

III. Seit dem Regierungsantritt Ferdinands I. traten die Stände dem Landesfs.en immer selbstbewußter gegenüber. 1521 legten sie ihr politisches Gewicht erstmals in die Waagschale. Weil sich Ks. Karl V. im ersten Wormser Teilungsvertrag neben Tirol auch die Gft.en → Görz und → Ortenburg vorbehalten hatte, verweigerten sie ihm zunächst die Huldigung. Erst eine Revision dieser Bestimmung im Brüsseler Vertrag (1522) veranlaßte sie, ihren Entschluß rückgängig zu machen. Damit waren die immer offensichtlicher werdenden Problemfelder im Verhältnis zwischen dem Landesfs.en und den Landständen nicht beseitigt. Im Gegenteil: Das bildete den Beginn von Auseinandersetzungen zwischen dem Landesfs.en und den Landständen, die bis in die 1590er Jahre das politische Geschehen im Lande bestimmten. Das Spektrum der Spannungsfelder wurde breiter.

Den Hintergrund dieser Entwicklung bildeten das Eindringen reformatorischen Gedankengutes und – damit in Zusammenhang stehend – die seit der Mitte des 16. Jh.s eskalierenden konfessionellen Spannungen zwischen Protestantismus und Katholizismus. Diese mündeten in die Konfrontation zwischen dem katholischen habsburgischen Landesfs.en und den protestantischen Ständen. Zugl. wurde die Frage der Türkenabwehr aktuell. Seit den späten 1520er Jahren begann sich der türkische Expansionsdrang neuerlich auf das südöstliche Mitteleuropa zu richten. Im Frühjahr 1522 waren türkische Heerscharen wieder bis nach Krain vorgedrungen und standen an der Grenze Kärntens. Diese Gefahr begünstigte die weitere Ausbreitung des Protestantismus. Überall im Lande faßte der lutherische Glaube Fuß, zumal sich der Katholizismus in einer schweren Krise befand. Große Teile des Klerus hatten ihr Leben profan ausgerichtet, waren moralisch verwahrlost und ungebildet. Die Bf.e sahen sich nicht so sehr als Seelenhirten, sondern mehr als Grundherren und Landstand. Wenig verheißungsvoll stellte sich auch der Zustand der Kl. dar. U. a. war das Benediktinerstift St. Paul in eine schwere wirtschaftliche Krise geschlittert. So erstaunt es nicht, daß 1528 eine landesfsl. Visitation eine breitgefächerte Durchdringung des Landes mit der lutherischen Lehre, der sich die Kärntner Adeligen vermehrt anschlossen, zeigte. Zu diesen zählte als einer der ersten Christoph von Malenthein. Hinter der protestantischen Seite standen der Herren- und Ritterstand und große Teile der landesfsl. Beamtenschaft. Bald befand sich Ferdinand I. in der Religionsfrage im Gegensatz zu seinen Untertanen, v.a. dem Adel und den Bürgern. Seine Politik, deren Hauptaugenmerk zunehmend auf die Erhaltung des Kirchenguts als verläßliche landesfsl. Steuerquelle gerichtet war, gegen eine weitere Ausbreitung des Protestantismus erwies sich als unzureichend und verpuffte, auch weil er in der Geistlichkeit keine entspr. Stütze vorfand. Der niedere Klerus folgte zu einem nicht unerheblichen Teil selbst der lutherischen Lehre, und die Prälaten in der Landschaft waren wenig initiativ. In dieser Situation war es aus Ferdinands I. Sicht schon als Erfolg zu werten, wenn es gelang, die Säkularisierung von Kirchengut in großem Ausmaß zu verhindern. Denn seine Mandate und Visitationen zeitigten keine nachhaltigen Erfolge. Ungeachtet dessen, stellte er sich konsequent gegen den Protestantismus. Zu einem Nachgeben war er nicht bereit. Nie wurde die »Predigt des lauteren Evangeliums« erlaubt und nie die Ausübung des »Augsburger Bekenntnisses« anerkannt. Damit konnten sich die Protestanten nicht auf den Landesfs.en, auf den es nach dem Augsburger Religionsfrieden allein ankam, berufen. Dieser Status quo bildete die Basis für das sich über nahezu drei Jahrzehnte erstreckende »goldene Zeitalter des Protestantismus« im Lande.

Nach dem Tod Ferdinands I. (1564) nahm die Intensität des Konfliktes zu. An der Spitze des Hzm.s stand Ferdinands I. jüngster Sohn Ehzg. Karl II. Gemäß dem Hausvertrag von 1554 war ihm als Teil des innerösterr. Länderverbandes auch das Hzm. Kärnten zugefallen. Nach einer 150jährigen Pause unterzog er sich 1564 als Kärntner Hzg. auf ständisches Verlangen hin erstmals wieder persönlich der ma. Zeremonie der Erbhuldigung am Zollfeld. Das war ein demonstrativer Machtbeweis der Stände und ein Signal an den Landesfs.en, daß dieser sich künftig die politische Macht mit den Ständen zu teilen hatte. Während der Herrschaft Ehzg. Karls II. erlangte das »dualistische Herrschaftssystem« mit dem sich zuspitzenden Antagonismus zwischen Landesfs. und Landständen seine endgültige Ausformung. Ungeachtet vorhandener Animositäten war aber die Politik Ehzg. Karls II. vorerst auf ein gutes Einvernehmen mit den politischen Eliten des Landes ausgerichtet. Das schlug sich in seinen ersten Amtshandlungen nieder. 1565 verlieh er den Keutschachern das neu geschaffene Amt des Erbhofmeisters. In der Folge wurden – auch wenn es nur Ehrenämter waren – weitere Erbämter an einheimische Adelige vergeben. Georg Khevenhüller erhielt das Erbstallmeisteramt (1565) und Erasmus Mager das Erbstabelmeisteramt (1572). Das Truchsessen- und Kämmereramt, seit der Zeit der Spanheimer im Besitz der → Kraiger, wurden nach deren Aussterben (1564) Siegmund Frh.n von Herberstein übertragen. Ebenso gelang es Karl II., die seit den 1520er Jahren unternommenen Anstrengungen seitens des Landesfs.en, zu einer Kodifizierung und Vereinheitlichung des Rechts zu gelangen, 1577 mit einer Landrechts-, Landgerichts- und Polizeiordnung, verfaßt vom protestantischen Landschaftsadvokaten Johann Kraus, zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen.

Diese Politik des Ausgleichs wurde von den permanenten landesfsl. Geldproblemen im Zusammenhang mit der Finanzierung der Türkenabwehr überlagert. Die permanente Türkengefahr schaukelte den Konflikt zwischen den mit Ausnahme der Prälaten fast völlig protestantischen Ständen und dem katholischen Landesfs.en zu einem Machtkampf auf. Der Landesfs. benötigte für die Grenzverteidigung dringend Geld, stiegen doch die Ausgaben für die Türkenabwehr seit der zweiten Hälfte des 16. Jh.s rasant an. Das wußten die Stände für sich zu nutzen. Im Kampf um die politische Emanzipation wurde das Steuerbewilligungsrecht zum Zwecke der Grenzverteidigung zu ihrer stärksten Waffe. Mit diesem als politischem Druckmittel brachten sie Ehzg. Karl II. in eine zunehmende Abhängigkeit von ihrem »good will«. Das Gesetz des politischen Handelns lag bei den protestantischen Ständen, die auf einer jährl. Bewilligung ihrer Steuerzahlungen für die Türkenabwehr beharrten und seit den 1560er Jahren dieses Recht verstärkt als Kampfmittel um die Glaubens- und Religionsfreiheit einsetzten. Die Erfolge blieben für die Stände nicht aus, obwohl es Ehzg. Karl II. vermieden hatte, bei seinem Regierungsantritt weitreichende Zugeständnisse an die Stände zu machen. Der Zwang der Notwendigkeiten führte sehr bald zu einer defensiven Politik gegenüber diesen. Unter Ausnutzung der politischen Situation, v.a. des Bewilligungsrechtes bei den Geldforderungen zur Türkendefension, gelang es den Ständen, Karl II. zum Nachgeben zu bewegen. In der »Brucker Religionspazifikation« (24. Febr. 1572) erfolgten umfassende Zugeständnisse für die innerösterr. Länder und damit auch für Kärnten. Unter der Voraussetzung eines gleichen Verhaltens gegenüber den Katholiken, wurde es den evangelischen Herren und Rittern sowie ihren Untertanen gestattet, die evangelische Religion frei auszuüben. Vier Jahre später mußte Karl II. die Zusagen nochmals bestätigen. Das bildete nicht den Schlußpunkt der ständischen Bestrebungen, die politische Position des Landesfs.en über die Religionsfrage zu schwächen. Vor dem Hintergrund der wachsenden Gefahr eines neuerlichen Türkeneinfalls erreichten die innerösterr. Stände im Jänner 1578 auf dem Brucker Generallandtag, an dem auch 26 Kärntner Vertreter (u. a. Khevenhüller, → Ungnad, Welzer, Keutschach, Kollnitz, Neuhaus) teilnahmen, als Gegenleistung für die Gewährung einer Zahlung von mehr als 500 000 fl. eine Erweiterung der Zusagen des Jahres 1572. Diese wurden auf die Bürger ausgedehnt und gewährte diesen Kultus-, aber nicht Gewissensfreiheit. Ferner durften aus Klagenfurt die Prädikanten nicht ausgewiesen werden. Allerdings gewährte Karl II. die Zusagen nur mündlich und verweigerte trotz Drängens der Stände deren schriftliche Ausfertigung. Das veranlaßte die Stände zu einer Zusammenfassungen der Zusagen (»Brucker Libell«) von ihrer Seite, ohne aber diese durch den Landesfs.en schriftlich bestätigt zu erhalten. Denn Karl II. wollte seinen Nachfolger nicht binden. Für die Kärntner Stände bedeuteten die Brucker Zugeständnisse einen gewaltigen, allerdings nur kurzzeitigen Impuls, glaubte man doch, nun über eine entspr. rechtliche Grundlage zum Ausbau des ständisch-protestantischen Kirchen-^^ und Schulwesens zu verfügen.

IV. Mit der politischen Machtausweitung einher ging der Auf- und Ausbau der ständischen Verwaltung. Man knüpfte an Bestehendes an. Eine zentrale Rolle kam dem »Verordneten Ausschuss« zu. Unter Maximilian I. geschaffen, wurde er während der Regierungszeit Ferdinands I. zu einer permanenten Institution mit Sitz in Klagenfurt. Als oberstes ständisches Exekutivorgan stellte dieser die Verbindung zwischen dem Landtag und der landesfsl. Regierung dar und setzte weitgehend unabh. vom Landesfs.en die Beschlüsse des Landtags, der zum zentralen Handlungsort der Politik wurde, um. Als Vorsitzendem des »Verordnetenkollegiums« mit einem »Generaleinnehmer« sowie fünf Verordneten wuchsen dem Bgf.en, der sich den Ständen und nicht dem Landesfs.en verpflichtet fühlte, zunehmend Rechte zu. Dazu zählten u. a. die Entgegennahme des landesfsl. Schwurs bei der Erbhuldigung (von 1564 und 1597) oder die Funktion des Stadtoberhauptes von Klagenfurt, wo er als Vorgesetzter der Stadtrichter, des Stadtrates sowie des seit 1587 nachweisbaren Bürgermeisters auftrat. Dementsprechend prominent war der Herkunft der Inhaber des Bgf.en-Amtes (Moritz Rumpf von Wullroß, 1523-ca. 1530; Augustin Paradeiser, 1534-1564; Leonhard Welzer von Eberstein, 1564-1574; Erasmus Mager von Fuchsstatt, 1574-1577; Leonhard Welzer von Eberstein, 1577-1580; Viktor Welzer, 1580-1581, Barthelmä Khevenhüller, 1581-1606; Ludwig Dietrichstein, 1607-1616; Martin Strasser, 1616-1627; Paul Khevenhüller, 1627-1629; Gottfried Schrattenbach, 1629-1639; Johann Andrä Rosenberg, 1639-1667). Als Ausdruck der gewonnenen politischen Reputation begannen die Stände mit dem Ausbau der eigenen Verwaltung. Bald erlangte die ständische Administration, die in milit. und finanziellen Angelegenheiten autonom agierte, gegenüber der landesfsl. ein Übergewicht. Das bedingte einen zahlenmäßig immer größer werdenden landschaftlichen Beamtenapparat. Lt. einer Liste aus dem Jahr 1582 umfaßte dieser ca. 100 Personen und stellte damit die landesfsl. Administration in den Schatten. Die führenden landesfsl. Amtsträger (Landeshauptmann, -verweser und -vizedom) verfügten über keinen eigenen Verwaltungsapparat. Sie kamen, wie die Herkunft der Landeshauptleute (Jakob Székely, 1493; Ulrich von Weißpriach, 1500-1503; Veit Welzer, 1520-1537; Christoph Khevenhüller, 1540-1557; Christoph Frh. von Thannhausen, 1557-1565; Georg Frh. von Khevenhüller, 1565-1587; Johann Gf. von → Ortenburg, 1587-1601; Georg Gf. von Nagarol, 1602-1609; Christoph David Frh. von Urschenbeck, 1610-1636; Georg Sigismund Frh. von Paradeiser, 1636-1648) zeigt, großteils aus den Reihen der Kärntner Landstände. Dieser konnte wie etwa Georg Khevenhüller protestantischen Glaubens sein. An seinem steilen politischen und ökonomischen Aufstieg zeigt sich, daß von Seite des Landesfs.en über einen langen Zeitraum gegenüber dem protestantisch gewordenen Adel in Religionsfragen Toleranz geübt wurde. Das konfessionelle Bekenntnis war vorerst für eine Karriere in landesfsl. Diensten kein Handikap. Was für die Khevenhüller galt, traf gleichfalls auf andere Kärntner Adelige zu. Ungeachtet ihres lutherischen Bekenntnisses wurden sie nicht nur geduldet, sondern auch gefördert. Für die Gewährung finanzieller Mittel erhielten sie gemäß dem Motto »do ut des« Standeserhöhungen, Wappenverbesserungen, v.a. aber Besitz. So vergrößerte sich als Ergebnis eines Besitzerwerbs großen Stils mit den zentralen Herrschaften → Hochosterwitz und Wernberg im Zentrum das Vermögen Georg Khevenhüllers zwischen 1555 und 1575 um nahezu das Zehnfache von 28 000 auf 218 000 Gulden. Hinzu kam das politisch bedeutsame Amt des Landeshauptmanns. Dieser stellte die höchste landesfsl. Instanz im Lande dar. Er präsidierte dem Landtag und saß dem für die Kriminaljustiz gegen den Adel zuständigen landeshauptmannschaftlichen Gericht vor. Ihm, auf Vorschlag der Stände vom Landesfs.en ernannt, fiel wie dem Landesverweser als seinem Vertreter im politischen System eine Doppelrolle zu, indem er sowohl dem Landesfs.en als auch den Ständen verpflichtet war. Weniger galt das für den Vizedom, der ohne Einflußnahme der Stände berufen wurde und dem die Finanz- und Rechtsangelegenheiten im verpfändeten Kammergut und der landesfsl. Städte oblagen.

V. Was 1578 den Zenit der protestantischen Ständemacht markierte und wie ein Sieg der Stände über den Landesfs.en aussah, stellte sich bald als ein Scheinerfolg heraus. Denn es zeigte sich, daß die landesfsl. Zugeständnisse aus politischer Opportunität erfolgt waren. Andererseits sorgte Karls II. Nachgeben in Rom für Schrecken. Der nach Graz gesandte päpstliche Nuntius Felician Ninguarda forderte ihn bei Androhung der Exkommunikation zum Widerruf seiner Zugeständnisse auf. Auf Betreiben Roms und mit Unterstützung der Familie seiner Gattin Maria, eine Wittelsbacherin, setzte die landesfsl.-katholische Gegenarbeit mit dem Ziel, alles wieder ins rechte Lot zu bringen, ein. Zum Ausgangspunkt wurde der am 13./ 14. Okt. 1579 in München (»Münchner Konferenz«) erarbeitete Maßnahmenkatalog für die Durchführung der Gegenreformation in Innerösterreich. Das Ziel war klar umrissen. Die Konzessionen sollten fein tacite et per indirectum absorbiert, cassiert und aufgehoben werden. Konkret faßte man die Rückführung des Hofstaates zum Katholizismus, die Beschränkung des evangelischen Religionsexerzitiums ausschließlich auf die zwei adeligen Stände, die Entfernung der Prädikanten aus den landesfsl. Städten und Märkten sowie das Verbot des »Zulaufens« der Stadt- und Marktbewohner zu den Prädikanten auf den Schlössern ins Auge. Die Weichen in Richtung der Wiederherstellung der landesfsl. Macht waren gestellt. Von nun verfolgte Ehzg. Karl II. konsequent einen gegenreformatorischen Kurs. Seine Politik richtete sich nicht nur gegen die den Ständen zugesicherte Religionsfreiheit, sondern sie zielte gleichermaßen auf die Einengung der ständischen Rechte ab. Immer weniger war er zu Konzessionen bereit. Die Beschwerden der Stände gegen landesfsl. Maßnahmen verhallten, so etwa 1583 als sie sich über die Ausweisung der protestantischen Schulmeister aus Völkermarkt alterierten. Noch gaben sich die Stände nicht geschlagen und waren gewillt, ihr vorhandenes politisches Gewicht zugunsten der Glaubens- und Gewissensfreiheit einzusetzen. Die Erfolge wurden aber zunehmend bescheidener. Andererseits konnten sie ihre baulichen Prestigeprojekt in Klagenfurt, das Landhaus und die Dreifaltigkeitskirche, zu Ende bringen. In den ausgehenden 1580er Jahren verdichteten sich die Anzeichen des Endes der ständischen Machtentfaltung. Die landesfsl. Gegenreformation setzte mit konkreten Maßnahmen ein. Ein erstes Indiz war 1587 nach dem Tod Georg Khevenhüllers die Ernennung des Katholiken Hans von → Ortenburg, der in seinem Res.ort → Spittal hart gegen Protestanten vorging, zum neuen Landeshauptmann. In den landesfsl. Städten erfolgten massive Eingriffe in die Administration. So wurde befohlen, den Bürgermeister auszuwechseln und/oder bestimmte, dem Landesfs.en genehme Persönlichkeiten in den Stadtrat aufzunehmen. In St. Veit wurde 1588 wieder der katholische Bürgereid eingeführt. Der unerwartete Tod Ehzg. Karls II. am 10. Juli 1590 verschaffte den Stände noch eine Atempause bis 1596, als mit seinem Sohn Ferdinand II. ein entschiedener Vertreter der Gegenreformation seine Nachfolge antrat.

Die Erbhuldigung 1597 wurde zu einer ersten Machtprobe zwischen den Ständen und dem neuen Kärntner Hzg., lehnte dieser die Aufhebung ihrer Religionsbeschwerden dezidiert ab. Das war ein erstes deutliches Signal für die sich anbahnende politische Niederlage der Stände. Die Kontroverse zwischen ihnen und dem Landesfs.en eskalierte. Noch war aber die Frage, ob sich die landesfsl. gegenüber der ständischen Macht durchsetzen werde, nicht entschieden. Jedoch war unübersehbar, daß Ferdinand II. gewillt war, eine konsequente antiständische Politik, verbunden mit einer Rekatholisierung des Landes, zu betreiben. An die Stelle der ständischen Macht sollte der landesfsl. Absolutismus treten. Noch immer versuchte der Kärntner Adel, der sich mit den steirischen und den Krainer Ständen eins wußte, seine Anliegen – ohne Erledigung der Religionsbeschwerden keine Steuerbewilligung – durchzusetzen. Die Erfolge wurden weniger. Als sich im Jänner 1599 eine Kärntner Ständedelegation (Karl → Ungnad, Hannibal von Egg, Wilhelm von Feistritz, Jakob Paradeiser, Hans Moosdorfer, Siegmund von Spangstein) nach Graz begab, um Ferdinand II. eine Beschwerdeschrift der Stände mit dem Ersuchen um Wiederherstellung des evangelischen Kirchen- und Schulwesens im Lande zu überreichen, stießen sie bei diesem auf taube Ohren. Zur ersten Nagelprobe wurde der Landtag des Jahres 1599. Neun Mal mußte dieser einberufen werden. Wie angespannt die Atmosphäre war, zeigen die Tumulte und Handgreiflichkeiten gegenüber den beiden landesfsl. Kommissären Georg Stobäus und Hartmann Zingl. Am Ende folgten die Kärntner Stände den steirischen. Sie bewilligten die Kriegshilfen, wollten sie sich doch nicht dem Vorwurf aussetzen, den Landesherrn und das Land in einer bedrohlichen Stunde im Stich gelassen zu haben. Im Juli 1599 folgte der nächste weitreichende Schritt Ferdinands II. gegen den protestantischen Adel. In einer »Hauptresolution« bezeichnete er das ständische Agieren als den rechtlichen und religiösen Gewohnheiten widersprechend, womit für ihn die Zusagen seines Vaters obsolet waren. Ebenso wurde dezidiert jede Verknüpfung von Huldigung und Religion abgelehnt. Die ständische Protestnote dagegen blieb ungehört. Spätestens jetzt war die landesfsl. Gegenreformation nach außen hin sichtbar geworden.

Die Jahre nach 1600 bis zur Adelsausweisung von 1628 und danach standen für die Kärntner Landschaft im Zeichen der politischen Niederlage. In dieser Phase der Durchführung der Gegenreformation war noch nicht an eine allg. Ausweisung, sondern primär an eine Ausweisung der Prädikanten gedacht. Dementsprechend verfügte Ferdinand II. am 1. Juli 1600 die Ausweisung der protestantischen Prediger und Schuldiener sowie die Auflösung des protestantischen Kirchen- und Schulwesens in Klagenfurt. Drei Monate später, im Sept. 1600, nahm die Religionsreformationskommission, bestehend aus Angelus Costede, Hans Christoph von Prank, Wolfgang Kaltenhauser, dem Landeshauptmann Hans Georg von → Ortenburg und dem Vizedom Hartmann Zingl, unter der Führung des Seckauer Bf.s Martin Brenner ihre Arbeit auf. Ihr Erfolg hielt sich in Grenzen, auch weil man gezwungen war, angesichts der bestehenden konfessionellen Situation pragmatisch zu agieren. So war der Austausch der Klagenfurter Stadtverwaltung nicht möglich, weil die Bevölkerung und die städtischen politischen Eliten noch immer nahezu ausschließlich protestantisch gesinnt waren. Was man erreichte, war der Exodus der geistigen Elite des Kärntner Protestantismus. Der Rektor der protestantischen Landschaftsschule (»Collegium Sapientiae et Pietatis«), Hieronymus Megiser, und mit ihm eine Reihe von Professoren (u. a. Wolfgang Pock, Urban Paumgartner, Christoph Meinrad, Jonas Heindl) wurden aus der Stadt verwiesen. 1604, bei ihrem zweiten Auftauchen im Lande, ging die Kommission rigoroser vor. In Klagenfurt, wo sich in diesem Jahr eine Niederlassung der Societas Jesu etablierte, wurde das von den protestantischen Ständen erbaute Spital und die protestantische Dreifaltigkeitskirche eingezogen und den Jesuiten übergeben. Ebenso erging ein landesfsl. Befehl zur Ausweisung oder »Reformierung« der landschaftlichen Beamten. Die Gegenreformation trat in ihre zweite Phase, an deren Ende 1628 das »Generalmandat« Ferdinands II. über die »Reformation« des Kärntner Adels stand. Dieses bedeutete einen tiefen Einschnitt. Der Herren- und Ritterstand des Landes wurde wie jener der Steiermark und Krains vor die Alternative gestellt, binnen eines Jahres entweder katholisch zu werden oder das Land zu verlassen. Unter Hinweis auf die Loyalität der Kärntner Stände verzichtete Ferdinand II. auf den »zehnten Pfennig«, sicherte den emigrierenden Adeligen die ausstehenden Schulden und die Verwaltung ihrer Fideikommißgüter durch Verwandte oder ihnen nahe stehende Personen zu. Ein Ansuchen der Stände um eine Fristverlängerung wurde abgelehnt. Der Austausch in der Beamtenschaft und den politischen Eliten begann. Zunächst schieden die protestantischen Beamten aus der ständischen Verwaltung aus: Paul Khevenhüller als Bgf., Hektor von Ernau als Generaleinnehmer, weiters die Verordneten Viktor Welzer, Georg Siegmund von Egg und Helfried von Freiberg. Damit verloren die Stände eine wirksame Stütze. In der Folge verließen etwa 160 adelige Familien bzw. Familienzweige aus dem Frh.en- und Ritterstand Kärnten. Unter den Emigranten befanden sich Familienzweige der Frh.en von Egg, von Khevenhüller, von Windischgrätz oder der Frh.en von Freiberg, des weiteren aus dem Ritterstand u. a. Mitglieder der Familien Spangstein, Rauber, Kronegg, Mandorff, Hagen, Aschauer, Hallegg, Seenuß, Heidenreich, Kellerberg, Metnitz, Staudach, Kulmer, Gaisruck, Moosheim, Wucherer oder Bernardin. Oft wichen Anspruch und Praxis der politischen Gegenreformation voneinander ab. Es kam vor, daß ein Familienteil katholisch blieb bzw. man zum Katholizismus konvertierte. Zwar konnte mit dieser Strategie nicht, wie es den Khevenhüllern passierte, ein massiver Besitzverlust verhindert werden, doch gelang es auf diesem Wege, Besitzungen in Familienhand zu erhalten und durch eigene Leute verwalten zu lassen, wie etwa Bartlmä von Dietrichstein die Herrschaft Hollenburg, die 1633 von Siegmund Ludwig von Dietrichstein gekauft wurde, Hans von Khevenhüller die Herrschaften Velden und Landskron, Paul von Khevenhüller die Herrschaft Gummitsch oder Karl von Windischgrätz die Herrschaft Grafenstein. Hand in Hand mit der Adelsemigration setzte eine Umschichtung im Kärntner Herren- und Ritterstand ein. Der Exodus des protestantischen Adels bot für viele die Möglichkeit des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aufstiegs. Einer der Nutznießer war Hans Widmann. Seit 1614 aufgrund seiner wirtschaftlichen Verdienste nobilitiert, verfügte er über die entspr. Finanzmittel, um die Situation zum Erwerb von Herrschaften zu nützen und zum Landstand zu werden. Sein bes. Augenmerk galt den Besitzungen der Khevenhüller. So kaufte er von Hans Khevenhüller die wg. der Montanunternehmungen interessante Herrschaft Paternion sowie von Paul Khevenhüller die Herrschaft Sommeregg. 1639 wurden seine Nachkommen zu Frh.en von Paternion und Sommeregg erhoben. Als im gleichen Jahre mit dem Tod des Gf.en Georg von → Salamanca das Geschlecht der Salamanca ausstarb, erwarben die Widmann-Söhne die frei gewordene Gft. → Ortenburg.

Mit der Fortführung und Vollendung der Gegenreformation nach 1628 vollzog sich in Kärnten der Übergang vom ständisch-feudalen zum landesfsl.-absolutistischen Zeitalter, einhergehend mit einer Rekatholisierung. Auch wenn sich das Prinzip der ausschließlichen Katholizität in fast allen Lebensbereichen durchsetzte und dies Ferdinand II. ein Anliegen war, standen die konfessionellen Zielsetzung in seiner Politik nicht an erster Stelle. Vorrangiger war ihm die Unterwerfung des Adels unter die landesfsl. Macht und die Zentralregierung, ohne letztlich die Landstände und deren Verwaltungsstrukturen in Frage zu stellen. Es entsprach den landesfsl. Vorstellungen, daß am Ende die ständische Macht nicht gänzlich entrechtet, sondern erheblich eingeschränkt worden war. Auch in dieser Hinsicht zog der »Westfälische Frieden« (1648) einen Schlußstrich.

Quellen

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