Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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Über den Unterschied von Fürstenrang und hohem Adel

Die rechtsförmliche Erhebung eines Gf.en oder eines freien Herrn in den Reichsfs.enstand, wie sie sich im hohen und späten MA bis in die frühe Neuzeit hinein vielfach beobachten läßt (Ficker, Vom Reichsfürstenstande Bd. I, S. 107 ff.; Schlinker, Fürstenamt, S. 53 ff.), ist viell. der bemerkenswerteste Ausdruck für die deutliche Unterscheidung, die nach Ansicht der Zeitgenossen zwischen den Fs.en und dem hohen Adel getroffen wurde. Der Fs.enrang weltlicher Adeliger basierte auf bestimmten land- und lehnrechtlichen Voraussetzungen. Für die Fs.enwürde war nach den Regeln der staufischen Heerschildordnung die unmittelbare Belehnung mit einem Reichslehen durch den Kg. erforderlich. Fs.en waren unmittelbare und – abgesehen von den Kirchenlehen aus der Hand geistlicher Fs.en – ausschließliche Kronvasallen. Der Empfang eines Fahnenlehens genügte aber allein noch nicht, um den Fs.enrang zu begründen. Unmittelbar vom Reich belehnt waren auch eine Vielzahl von Gf.en und freien Herren (Krieger, Lehnshoheit, S. 174 ff., 274 ff.). Daher verlangte das landrechtliches Kriterium der Fs.enwürde eine hzgl. oder zumindest herzoggleiche Stellung. Ein Fs. mußte ein Land beherrschen, das qualitativ einem Hzm. entsprach (Stengel, Grundlagen, S. 323 f.; Schlinker, Fürstenamt, S. 43 ff., 187 f., 217 ff.; Buch, Glosse, S. 1304). Das Fsm. wurde durch die übergeordnete Gerichtsgewalt über Gf.en und freie Herren, mind. jedoch die Unabhängigkeit von fremder hzgl. Gewalt gekennzeichnet. Daher war der Fs. nach der prägnanten Definition von Gerhard Theuerkauf »wie ein Herzog, […] nicht wie ein Graf.« (Theuerkauf, Fürst, Sp. 1889). Noch im 17. Jh. ist die Existenz eines Fsm.s für den Fs.enrang als wesentlich betrachtet worden (Schlip, Fürsten, S. 270 ff.).

Mangels lehnrechtlicher oder landrechtlicher Voraussetzungen blieb der Wunsch manches Gf.en nach einer Erhebung in den Fs.enstand unerfüllt. Einige Mitglieder des Hochadels erhielten nur den Rang eines gefürsteten Gf.en, weil ihrem Land die Qualität eines Fsm.s fehlte. Nach der Erteilung fsl. Rechte galten sie als Fs.engenossen. Der Gebrauch des princeps-Titels wurde ihnen gegenüber zunächst sorgfältig vermieden. Nur den Reichsfs.en standen die fsl. Prädikate »hochgeboren«, »illustris« oder »venerabilis« zu. Demgegenüber wurden die Mitglieder des hohen Adels als »spectabilis«, »strenuus«, »devotus« oder »fidelis« bezeichnet (Krieger, Standesvorrechte, S. 96 f.). Allerdings ist die Entwicklung durchaus komplex. Einige Dynasten, die sich selbst den Fs.entitel beigelegt hatten, wurden im Verlauf des 14. und 15. Jh.s von der Reichskanzlei schließlich auch als Fs.en bezeichnet.

Obwohl die Gf.en noch im 14. Jh. in der strukturellen Entwicklung ihres Territoriums häufig nicht hinter den Fs.en zurückstanden (Schubert, König und Reich, S. 10 f.), versprachen sie sich von der Fs.enwürde eine höhere Legitimität ihrer Herrschaft. Abgesehen von dem beträchtlichen Prestigegewinn bot der Fs.enrang wirksamen Schutz vor Mediatisierungsbestrebungen benachbarter Reichsfs.en und erlaubte zugl. eine innere Stabilisierung. Bei der Erhebung in den Reichsfs.enstand wurden alle bisherigen Herrschaftsrechte auf einer höheren Ebene im Fsm. zusammengeführt und gewissermaßen verklammert. Alle Rechtstitel gingen seitdem insgesamt vom Reich zu Lehen. Der Fs.entitel konnte so eine Bündelungsfunktion für das »Konglomerat aus gräflichen, vogteilichen, grund- und lehnsherrlichen Rechten« übernehmen (Janssen, Verwaltung, S. 88; siehe auch Willoweit, Rechtsgrundlagen, S. 186 ff., 274 ff.). V.a. war das Fsm. ein Raum, in dem sich die Jurisdiktion als Kern der Herrschaftsgewalt in der Hand des Fs.en konzentrierte. Hier bildete sich der Ansatz für eine hierarchische Binnenstruktur und die Ausformung einer einheitlichen obersten Gewalt. Dazu hat auch das Lehnrecht beigetragen. Während die Fs.en Gf.en und freie Herren als Vasallen haben konnten, mußten diese sich mit niederadeligen Lehnsleuten bescheiden. Der Empfang von Lehen aus den Händen eines Gf.en hätte für einen Angehörigen des Hochadels einen Rang- oder zumindest einen Ehrverlust bedeutet (Krieger, Lehnshoheit, S. 127 ff., 202). In der lehnrechtlichen Beziehung zwischen den Fs.en und ihren hochadeligen Vasallen lag ein wichtiger Baustein für den Weg des Fs.en zur Staatsbildung. Die Vasallität konnte seit dem 14. Jh. auf dem Weg über den Gerichtsstand vor dem Lehnsherren zur Landsässigkeit führen (Willoweit, Rechtsgrundlagen, S. 263 ff.; Krieger, Lehnshoheit, S. 284; Spiess, Lehnsrecht, S. 247 ff., 257 ff.; Spiess, Gf.en und Herren, S. 141 ff.; Schubert, Harzgrafen, S. 108 ff.). Zudem sicherte die Lehnsbindung der Gf.en und Herren den Fs.en das Heimfallrecht im Falle des Aussterbens des Vasallengeschlechts. Vielfach traten Gf.en und Herren in den Rat eines Fs.en ein, bildeten seinen Hof oder begründeten zu ihm sogar ein Dienstverhältnis (Spiess, Grafen und Herren, S. 149 ff.; Stievermann, Wettiner, S. 383 ff.). Die Gft. hatte diese Möglichkeiten nur in eingeschränktem Maße. Zwar konnte auch ein Gf. mehrere Gft.en in seiner Hand vereinigen. Ihm fehlte aber das übergeordnete Amt, von dem aus sich Gft.en weiterverleihen ließen. Die Reichslehnbarkeit umfaßte bei der Gft. nur das Territorium der Gft., nicht dagegen andere Herrschaften, die einem Gf.en gehörten (Krieger, Lehnshoheit, S. 273; Schmidt, Grafenverein, S. 3, 11). »Eine vollständige Feudalisierung solcher Herrschaftskomplexe war vielmehr nur durch eine Erhebung zum Fs.entum möglich.« (Krieger, Lehnshoheit, S. 274, 281). Im Prozeß der Staatsbildung, der sich seit dem hohen MA bis weit in die Neuzeit hinein vollzog, konnte es schließlich den Reichsfs.en gelingen, die gfl. Herrschaften zu überrunden. Das läßt sich beispielhaft an Primogeniturordnungen erkennen, die in vielen Fsm.ern bereits im 16. Jh. bestanden, sich in den Gft.en aber vielfach erst im späten 17. oder 18. Jh. durchsetzten (Press, Reichsgrafenstand, S. 118 f.).

Zur Entwicklung des Fsm.s hat das römische Recht entscheidend beigetragen, das seit dem 12. Jh. in Europa rezipiert wurde. Hochadelige Herrschaft konnte nur dort zur Staatsbildung befähigt werden, wo die Rechtswissenschaft dem Fs.en mit dem Denkmodell des antiken »princeps« konstruktiv an die Seite trat (Schlinker, Fürstenamt, S. 15 ff., 238 ff.; Willoweit, Rezeption, S. 19 ff.). Der »princeps«-Titel im römischen Recht bot eine einzigartige Machtfülle gegenüber den bisherigen Herrschaftsstrukturen an (Ulpian, D. 1, 4, 1, pr.). Im »princeps« als Inhaber der »iurisdictio« ist die Herrschaftsgewalt konzentriert. Ihm wurden umfassende Gewalt und Superiorität zugeschrieben. Dem »princeps«-Titel war daher immanent, Rechtsansprüche konkurrierender Herrschaften zu überlagern. Von bes. Bedeutung war, daß das römische Recht den »princeps« nicht unter, sondern über das Recht stellte und damit die Gesetzgebung als Element der Herrschaftsbegründung und Herrschaftsausübung förderte. Im Zuge der Aristoteles-Rezeption erhielt der Herrschaftsauftrag des Fs.en mit Thomas von Aquin sogar eine moraltheologische Ausrichtung. Die Literatur thematisierte demzufolge seit dem 13. Jh. nicht den Gf.en, sondern den Fs.en als Prototypen des Herrschers. Nicht der Gf., sondern der Fs. galt als Modell des Herrschers schlechthin. Mit Hilfe der Termini »princeps« oder »principatus« wurde nicht nur die Herrschaft des Ks.s, sondern auch die des Reichsfs.en definiert und von der gelehrten Literatur inhaltlich ausgefüllt.

Der »princeps«- Titel trug maßgeblich dazu bei, den Reichsfs.en in seinem Herrschaftsgebiet dem Ks. gleichzustellen. Daher hielt sich der Fs. für berechtigt, in seinem Fsm. ksl. Rechte auszuüben und – nach einer ma. Parömie – als Ks. in seinem Lande zu herrschen. Zwar setzte die Einordnung in das Gefüge des Reiches der fsl. Herrschaft nach außen Grenzen, nach innen kam ihm jedoch eine quasi – imperiale Stellung zu. Während es jedenfalls im spätma. Reich auch Gft.en gab, die als allodial angesehen wurden, war das Fsm. stets Reichslehen und wurde als delegierte Reichsgewalt verstanden. In ihrem Verhältnis zum Reich waren die Fs.en die Glieder des Reichs (»membra imperii«), im Verhältnis zu ihrem Herrschaftsgebiet »princeps« in ihrem Lande. Im Sachsenspiegel, der auch von der Kg.sgleichheit der Hzg.e berichtet (Ssp. Ldr. III 53 § 1), repräsentieren die Fs.en als »vorspreke« die Länder. Die Fs.en – nicht die Gf.en und freien Herren – bildeten als Genossenschaft das Reich (Ssp. Prolog »Von des Herrn Geburt«), das sie in der Vorstellung der Zeitgenossen wie Säulen stützten (MGH Const. III, Nr. 469, S. 457; Krieger, Standesvorrechte, S. 95 f.).

Die Entwicklung des Fsm.s zu einem eigenen Rechtsraum verdeutlicht ein Blick auf die Appellationsprivilegien, die zugunsten der Fs.en, nicht aber zugunsten der Gf.en verliehen wurden (Weitzel, Appellation, S. 1 ff., 153 ff.). Die fsl. Gerichtsgewalt geht also über die Hochgerichtsbarkeit des Gf.en hinaus. Das zeigt sich auch im Bereich der Landfrieden. Verleihungen des Landfriedensrechtes dokumentieren die Reichsfs.en als natürliche Häupter der Landfriedenseinigungen (Angermeier, Königtum, S. 229 f., 299 f.). Ihre Pflicht, den Landfrieden zu wahren, war Ausdruck ihrer vizekönigliche Stellung, die ihnen ermöglichte, Herrschaft über Edelherren auszuüben und deren Mediatisierung herbeizuführen. Ein uneinheitliches Bild bieten dagegen die Regalien. Neben der hohen Gerichtsbarkeit, die bereits mit dem Fsm. verliehen wurde, kam den Fs.en das Recht der Münzprägung, des Geleits und der Erhebung von Zöllen zu. Vielfach hatten aber auch bereits Gf.en vor ihrer Erhebung in den Fs.enstand diese Rechte, wenn auch teilw. nur als Pfand, innegehabt (Schubert, Harzgrafen, S. 105 ff.). Die Wahlkapitulation Karls V von 1519 sicherte schließlich allen Fs.en, Gf.en und Herren die Regalien zu (§ 4, in: Zeumer, S. 309).

Die »dignitas« des Fs.enrangs, von der die Zeitgenossen sprachen, drückte sich auch in den Formen symbolischer Kommunikation aus. Bei Belehnungen von Reichsfs.en übte der Kg. ein bes. ausgeprägtes Zeremoniell. Während die kgl. Belehnung eines Gf.en erheblich bescheidener ablief, wurden fsl. Lehen vom Kg. regelmäßig unter freiem Himmel in kgl. Ornat und im Beisein von Kfs.en und Fs.en vergeben (Krieger, Standesvorrechte, S. 101; Peltzer, Personae, S. 150 ff.). Um den Status der Fs.en als Glieder des Reichs und ihre Nähe zur kgl. Majestät bei Hoftagen oder Krönungsfesten sichtbar zu machen, hatten sie ein Ehrenamt inne, das bei der Erhebung in den Fs.enstand in der Regel ausdrücklich verliehen wurde (Ficker, Vom Reichsfürstenstande Bd. II/1, S. 264 ff.; Peltzer, Personae, S. 159 ff.). Die Kg.snähe der Fs.en wurde auch durch bes. Sitzplätze demonstriert. Eine Standeserhöhung brachte regelmäßig die Verleihung eines neuen Wappens mit sich. Das Recht der Nobilitierung, das das römische Recht dem »princeps« zuordnete, haben die Reichsfs.en dagegen erst im 16. Jh. trotz mancher Widerstände für sich in Anspruch genommen (Riedenauer 1984, S. 118, 123 ff.). Schließlich zeichnete sich die fsl. Hofhaltung durch die Hofämter des Marschalls, Truchsessen, Kämmerers und Mundschenken aus. Sie sind nur bei Fs.en nachweisbar und ermöglichten ihnen vermutlich einen Verwaltungsaufbau (Willoweit, Entwicklung und Verwaltung, S. 105 f.; Krieger, Standesvorrechte, S. 114). Die mit dem Fs.enrang verbundenen Chancen korrespondierten mit erhöhtem Aufwand. Als Gf. Eberhard V. von Württemberg i.J. 1495 zum Hzg. und Reichsfs.en erhoben wurde, klagten seine Stände über die mit der notwendigen fsl. Hofhaltung verbundenen Kosten: Nun aber müesste er wie ain herrtzog contribuieren, das fsl. lehen vertretten, auch ainen fsl. stand und hoff mit ritterschafft, adel, räthen, pferden und hoffgesinde halten und derohalben weit ainen grössern chosten tragen[…] (Hauptstaatsarchiv Stuttgart, S. 104).

Einen eigenen Geburtsstand bildeten die Fs.en nicht. Ebenbürtig waren alle Edelfreien, auch wenn sie verschiedenen Ständen, etwa dem Fs.en- oder dem Gf.enstand angehörten. Die landrechtliche Ebenbürtigkeit ermöglichte daher das Konnubium. So stellte sich das Problem standesungleicher Eheschließungen, etwa mit einem Mitglied der aus der Ministerialität hervorgegangenen Ritterschaft, sowohl in fsl. als auch in gfl. Häusern (Willoweit, Standesungleiche Ehen, S. 33 ff., 55 ff.). Politisch schlossen sich die Gf.en dagegen häufig mit der Ritterschaft zu regionalen Bündnissen zusammen, an denen die Fs.en nicht beteiligt waren, ja die sich sogar gegen die Fs.en richteten (Press, Reichsgrafenstand, S. 115).

Auch im Gericht oder im Rat kam dem Fs.en zunächst keine herausragende Stellung gegenüber den Gf.en und Herren zu. Die Fs.en waren im Reich zu Rat und Hilfe und zur Mitwirkung im Hofgericht verpflichtet wie auch zur Heerfahrt, ohne daß sich diese Pflichten von den Lehnspflichten der Gf.en unterschieden. Die Anwesenheit der weltlichen Fs.en im kgl. Rat oder sogar auf den Hof- und Reichstagen ist für das späte MA eher selten festzustellen (Krieger, Standesvorrechte, S. 111). Sie konzentrierten sich vielmehr auf den Aufbau eines eigenen Territoriums. Mit der Stellung der Fs.en als »membra imperii« steht dieser Befund in erheblichem Kontrast. Entspr. gering war ihre Beteiligung an der Regierung des Reichs. Eine zwingend notwendige Mitwirkung der Fs.en bei Standeserhebungen läßt sich nicht erkennen, obwohl die Erhebungsurkk. häufig pauschal die Mitwirkung und Zustimmung der Fs.en erwähnen. Gegen die Standeserhebungen des 17. Jh.s ist allerdings fsl. Widerspruch dokumentiert. Eine Form der Mitregierung übernahmen vielmehr die Kfs.en, denen es schon in der zweiten Hälfte des 13. Jh.s gelungen war, das Recht der Kg.swahl ausschließlich an sich zu ziehen. Ihre Willebriefe zu kgl. Maßnahmen sind vielfach überliefert. Sie bildeten im Reichstag ein eigenes Kollegium, dem als exklusiver Korporation das erste Votum zustand. Auch die Wahlkapitulationen, die seit der Wahl Karls V. im Jhr 1519 vereinbart wurden, handelten die Kfs.en aus. Um das Jahr 1500 verstärkten jedoch die Fs.en ihre Präsenz im Reich (Moraw, Fürsten, S. 23 ff.), während zugl. die Bedeutung der Gf.en abnahm. Sie waren im 14. und 15. Jh. erheblich häufiger am Kg.shof anzutreffen gewesen als die Fs.en, vermutlich weil die Gf.en und Herren dort Rückhalt gegenüber fsl. Expansionsbestrebungen gesucht hatten (Press, Reichsgrafenstand, S. 116; Schmidt, Grafenverein, S. 161 ff.; Spiess, Grafen und Herren, S. 141 ff.). Obwohl die Fs.en ihren Gerichtsstand vor dem Kg. hatten, mußte das Gericht nicht zwingend mit Fs.en besetzt sein (Krieger, Standesvorrechte, S. 102 ff.). Vielfach sind auch Gf.en und andere Mitglieder des hohen Adels als Urteiler nachgewiesen (Rödel, Gerichtsbarkeit, S. 68 ff., 121). Nur bei Streitigkeiten über der Fs.en Leben, Ehre und Reichslehen durften allein Fs.en und Fs.engenossen an der Urteilsfindung beteiligt sein (Krieger, Standesvorrechte, S. 107 ff.). Fs.en stand jedoch das Vorrecht zu, sich in Prozessen neben eines Fürsprechers auch der Person eines »Warners« oder »Rauners« zu bedienen, der – anders als der regelmäßig ebenfalls fsl. Fürsprecher – vermutlich über die notwenigen juristischen Kenntnisse verfügte (Krieger, Standesvorrechte, S. 110 f.; Franklin, Reichshofgericht, Bd. II, S. 185 f., Anm. 3).

Im Fs.enkollegium des Reichstags, der sich ab 1495 in institutionell verfestigter Form herausgebildet hatte, versammelten sich die Fs.en gemeinsam mit den Gf.en und freien Herren des Reichs, während den reichsunmittelbaren Rittern die Teilnahme versagt wurde. Ihnen mangelte es daher an der Reichsstandschaft, die auch den landsässigen Gf.en fehlte, die keine unmittelbare Lehnsbeziehung zum Reich aufwiesen. Über der Ritterschaft hing das Damoklesschwert der Mediatisierung. Dagegen waren die altadeligen freien Herren gegen Ende des MAs weitgehend in den Gf.enstand erhoben worden waren, um ihre unmittelbare Beziehung zum Reich zu betonen (MGH Const. III, nr. 291; Krieger, König, S. 40; Press, Reichsgrafenstand, S. 115; Spiess, Ständische Abgrenzung, S. 204). Trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit waren die rund 145 Gf.en finanziell und politisch nicht in der Lage, sich volles Stimmrecht auf dem Reichstag zu sichern. Die zunächst zwei gfl. Stimmen wurden von den Wetterauer und schwäbischen Gf.en wahrgenommen (Schmidt, Grafenverein, S. 166 ff.; Press, Reichsgrafenstand, S. 120). Zu den i.J. 1524 gebildeten schwäbischen und wetterauischen Bänken, traten 1641 eine fränkische und 1653 eine westfälisch-niedersächsische Bank, denen jeweils eine Kuriatstimme zustand. Dagegen führten die Fs.en jeweils eine Virilstimme. Hier zeigt sich deutlich, daß sie und nicht die Gf.en und freien Herren das Reich repräsentierten. Die geringe politische Bedeutung der Gf.en läßt auch die Beteiligung am Reichsregiment erkennen. Nur ein Gf. befand sich unter den vorgesehenen 20 Mitgliedern des ersten Reichsregiments von 1500, nur ein Gf. oder Herr unter den 22 Mitgliedern des zweiten Reichsregiments von 1521 (Regimentsordnung von 1500, § 4 in: Hofmann, Quellen, S. 22; Regimentsordnung von 1521, § 16, in: Hofmann, Quellen, S. 56).

Quellen

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