Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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LUDWIG IV. DER BAYER (1314-47)

I.

Pfgf. bei → Rhein, Hzg. von → Bayern (seit 1294), * Febr./März 1282 in München, † 11. Okt. 1374 Puch bei Fürstenfeldbruck (bei der Jagd). ⚰ im Münchener Liebfrauendom (im 14. Jh. Pfarrkirche). Eltern: Hzg. Ludwig II. (»der Strenge«) von Oberbayern und Pfgf. bei Rhein, Mechthild von Habsburg. 1314 Wahl zum röm. Kg., am 25. Nov. 1314 Krönung zu Aachen, 31. Mai 1327 Krönung mit der lombard. Krone zu Mailand. Am 17. Jan. 1328 Kaiserkrönung zu Rom. Ehen: 1. um 1308/09 Beatrix von Glogau (* um 1290, † 24. Aug. 1322 München); 2.1324 Margarete von Holland († 1356). - Kinder: Von 1: Mechthild († 1346), ⚭ Friedrich II. von Meißen; Ludwig V., Mgf. von → Brandenburg, Hzg. von Oberbayern, Gf. von Tirol (* Mai 1315, † 18. Sept. 1361), ⚭ 1. 1323 Margarete von Dänemark († 1340) 2. 1342 Margarete (Maultasch von Tirol) (1318-69); Stephan II., Hzg. von Niederbayern-Landshut (* 1399, † 1375), ⚭ 1. Elisabeth von Sizilien, 2. Margarete von Nürnberg. Von 2: Margarete (* 1325, † 1374), ⚭ 1. Stephan von Ungarn, 2. Gerlach von Hohenlohe; Anna (* um 1326, † 1361), ⚭Johann von Niederbayern; Ludwig VI. der Römer, Mgf. von → Brandenburg(* 1328, † 1399), ⚭ 1. Kunigunde von Polen, 2. Ingeburg von Mecklenburg; Elisabeth (* 1329, † 1401), ⚭ 1. Cangrande della Scala, 2. Ulrich von Württemberg; Wilhelm I. (* 1330, † 1388), ⚭ Mathilde von Lancaster; Albrecht I. (* 1336, † 1404), ⚭ 1. Margarete von Brieg, 2. Margarete von Kleve; Otto V., Mgf. von → Brandenburg (* 1341, † 1379), ⚭ Katharina von Böhmen; Beatrix (* 1344, † 1359), ⚭ 1355 Erich XII. von Schweden.

II.

L., dessen Beiname »der Bayer« ihm im Konflikt mit dem Papsttum als disqualifizierende Bezeichnung vom Papst gegeben worden ist, hat trotz aller Schwierigkeiten eine weitausgreifende Haus- und Reichspolitik getrieben, die sich letztl. auch auf seinen Hof auswirken mußte.

Die Anfänge L.s sind geprägt von langen Auseinandersetzungen mit seinem erstgeborenen Bruder Rudolf I. Durch den Sieg über die Österreicher bei Gammelsdorf (9. Nov. 1313) hatte L. Ansehen erworben und sich als Königskandidat qualifiziert. Am 20. Okt. 1314 kam es in Frankfurt zur Doppelwahl (Ludwig »der Bayer« - → Friedrich der Schöne von Österreich), wobei L.s Bruder Rudolf für Friedrich stimmte. Der Thronkampf mit den → Habsburgern zog sich fast acht Jahre hin. Die ersten drei Jahre der Königsherrschaft waren freilich stärker mit Kämpfen gegen den eigenenälteren Bruder Rudolf ausgefüllt als mit der Ausschaltung → Friedrichs des Schönen. Erst 1322 hatte er sich eine breite oberbayer. Basis gesichert. Die Schlacht bei Mühldorf 1322 befreite ihn vom milit. Druck → Habsburgs, nicht aber vom Problem des Doppelkgtm.s, das sich sogar verschärfte. Für die Erweiterung des kgl. Hofes war das Ergebnis der Schlacht bei Mühldorf (1322) von größter Bedeutung. Jetzt erst traten zahlr. schwäb. Reichsstädte auf seine Seite (→ Augsburg, Ulm, Biberach, Eßlingen, Schwäbisch-Hall und Rottweil).

Das Jahr 1323/24 wurde zum Entscheidungsjahr in der Regierung L.s. Im Okt. 1323 eröffnete Papst Johannes XXII. ein Rechtsverfahren gegen ihn, wobei das Argument der päpstl. Approbation der Königswahl in den Vordergrund gerückt wurde.

L. bemühte sich vergebl. um Anerkennung seiner Wahl durch die röm. Kurie. Auf Grund der hartnäckigen Gegenposition des Papstes erneuerte L. die alte kgl. Italienpolitik, die zunehmend antikurial geprägt war. In zwei Appellationen wies er die Zuständigkeit des befangenen päpstl. Gerichts zurück (→ Nürnberg 1323, Frankfurt 1324). Dies führte zum Kirchenbann über L. Der Kg. beantwortete das Vorgehen des Papstes in der Sachsenhäuser Appellation (Mai 1324), die wiederum die Rechtmäßigkeit des Papstes anzweifelte. Da sich Papst Johannes XXII. nicht auf die vom Kg. gewünschteEinberufung eines Konzils einließ und weiterhin alle kurialen Machtpositionen in Italien zu halten gedachte, entschloß sich L. zu einem gut vorbereiteten Italienzug (1327-30). Am 31. Mai 1327 wurde L. in Mailand mit der langobard. Krone gekrönt, am 17. Jan. 1328 in Rom zum Ks. - nicht vom Papst, sondern von einem Vertreter des röm. Volkes.

Auch in den folgenden Jahren gelang es dem Ks. nicht, den Papst zur Einberufung eines Generalkonzils zu veranlassen. Die Nachricht vom Tode des Gegenkg.s → Friedrichs des Schönen, die L. in → Trient erhielt, veranlaßte ihn zur sofortigen Rückkehr nach Dtl. Das sog. Hagenauer Abkommen 1330 beendete eine Epoche, die weitgehend vom wittelsbach.-habsburg. Gegensatz geprägt war. Das neue Bündnis mit → Habsburg wurde zu einem Stabilitätsfaktor der dt. Innenpolitik L.s bis weit in die 40er Jahre, obgleich andererseits die Bedrohung durch die → Luxemburgerwuchs.

Seine stetigen Bemühungen um einen Ausgleich mit der Kurie waren dagegen völlig erfolglos. Das Scheitern der Verhandlungen 1345 gab dem Papst die Gelegenheit, L. 1346 erneut zu verurteilen und die Kfs.en zur Wahl eines ihm genehmen neuen röm. Kg.s aufzufordern. Am 11. Juli 1346 wurde der → Luxemburger → Karl (IV.) von diesen zum Gegenkg. gewählt, doch L. - »Kaiser und Ketzer« - konnte weiterhin nicht bezwungen werden, bis er am 11. Okt. 1347 unerwartet verstarb.

Obgleich die Beurteilung L.s schon bei seinen Zeitgenossen je nach Parteiung schwankte, erscheint er uns bei nüchterner Betrachtung als fintenreicher und erstaunl. zäher Verteidiger der kgl. und ksl. Rechte im Reich in Jahrzehnten höchster Anfechtung. Man wird der Feststellung Bernhard Schmeidlers (1937) heute noch zustimmen können: »Bei allen Einwänden gegen seine Politik im einzelnen kann er im ganzen unzweifelhaft als einer der bedeutenderen Herrscher in der deutschen Geschichte gelten« (Schmeidler 1937, S. 75).

III.

Angesichts der Tatsache, daß die erste Regestenausgabe Johann Friedrich Böhmers (Die Urkunden Kaiser Ludwigs des Baiern, 1839, 1841, 1865) der Forschung zwar bereits 3600 Urk.n L.s zugängl. machte, aber das noch nicht abgeschlossene, von Peter Acht (Regesten Kaiser Ludwigs des Bayern, 1991ff.) begründete Regestenwerk von rund 5000 Urk.n ausgeht, müssen selbstverständl. auch die derzeitigen Ermittlungen über den Hof L.s vorläufig bleiben.

»Hof« des Kg.s/Ks.s ist - im gewissen Gegensatz zur »Residenz« - der jeweilige Aufenthaltsort des Herrschers sowie sein wechselnder, ihm nahestehender Personenkreis, somit der sich verändernde Personenverband und Sozialkörper kgl. Herrschaft. Der örtl. wechselnde Hof ist ablesbar am Itinerar L.s; dabei sind bes. die häufigsten Aufenthaltsorte des Herrschers aufschlußr. Im Jahr der Königskrönung wurde L. noch als Hzg. Ludwig IV. in → Straubing, → Salzburg, München, → Amberg, Fürstenberg, Lorch/Bergstraße, → Koblenz, → Mainz,→ Bacharach und Frankfurt greifbar. Nach der Krönung war er zunächst am Mittelrhein, in der Wetterau und im Elsaß, wo er seine Stellung sichern konnte.

Mehr als 50 Aufenthalte in Frankfurt zeigen die Bedeutung dieser Reichsstadt für »Hof« und Regierung L.s. Dazu kommen hochpolit. kgl. Hofversammlungen in dieser Stadt (Dez. 1331/Jan. 1332; Juni/Juli 1337; März 1339; Sept. 1390; Aug./Sept. 1344). Noch häufiger hielt sich L. neben München in → Nürnberg auf, in seiner 33jährigen Regierungszeit insg. 74 mal. Hier fanden wie in Frankfurt ganz gewichtige Hoftage statt. In beiden Reichsstädten wird zudem die enge Beziehung verschiedener königsnaher Großbürger zum Hof sichtbar. Beispielhaft für dieses Verhältnis ist der NürnbergerKonrad Groß (* um 1280, † 1356), der als wichtigster »Hofbankier« L.s gilt.

Zu L.s engem Kontakt mit den Großbürgern kam die enge Beziehung zur Stadt selbst, die von ihm 34 Privilegien erhielt. So bestellte L. 1341 die Stadt → Nürnberg zur Hüterin der Kaiserburg, die ohnehin vom Kg./Ks. seltener bewohnt wurde. L. wurde bisweilen von Nürnberger Bürgern beherbergt, die ihm als Berater und Finanziers dienten, so wohnte er schon 1316 bei Ulrich Haller, seit 1335 des öfteren bei seinem »Hofbankier« Konrad Groß, auch im Hause Albert Ebners. Als in der Endphase L.s der patriz. Rat → Nürnbergs zu dem vom Papst geförderten Gegenkg.→ Karl IV. überwechselte, blieb die Handwerkerschaft wittelsbach. gesinnt, vertrieb den Rat und übernahm das Stadtregiment.

Angesichts der engen Verflechtung dieser Städte mit dem Hof ist zu fragen, ob nicht auch die königsnahen Landschaften Frankens, der Wetterau und des Mittelrheins zumindest im weitesten Sinne hofnahe Strukturen aufwiesen.

Die stärkste Kontinuität in der Reihe dieser noch pfalzartigen Herrschaftsgebilde L.s bewies freilich München, das die »Hauptstadt« Oberbayerns, also seines Territoriums, war. Seine »Residenz« war hier der sog. Alte Hof.

Der Münchener Hof entwickelte sich seit Mitte des 13. Jh.s allmähl. als wittelsbach. Herzogshof (neben → Landshut) und hatte unter L.s Bruder Hzg. Rudolf einen hohen Stand erreicht. Da L. nach dem Tod seines Vaters 1294 am habsburg. Hof in → Wien erzogen wurde, mögen diese Erfahrungen von ihm u. a. in München eingebracht worden sein.

Zunächst mußte sich L. als Hzg. die Mitregierung gegen seinen Bruder Rudolf 1301 erkämpfen. Auch in der Folgezeit war eine gemeinsame »Regierung« höchst problemat., daher 1310 Teilung des väterl. Erbes; sie dauerte nur bis 1313. Jetzt konnte L. nominell in den niederbayer. Herzogsbereich einsteigen, da er das Sorgerecht für die niederbayer. Herzogssöhne erhielt. Jedoch unterstellten sich die beiden niederbayer. Herzogswitwen dem Schutz der → Habsburger. Erst der Sieg in der Schlacht bei Gammelsdorf (9. Nov. 1313) sicherte ihm die Herrschaft über Niederbayern. 1317 konnte L.sBruder Rudolf I. durch einen Vertrag ausgeschaltet werden (→ Bayern).

In Oberbayern und der »Residenzstadt«München hatte 1294-1301 nicht L., sondern sein älterer Bruder Rudolf I. die Alleinherrschaft. Zw. 1302 und 1310 wurden die Urk.n von beiden Hzg.en ausgestellt. Doch durch den Teilungsvertrag vom 1. Okt. 1310 fiel München wieder an Rudolf. 1313 gelang es L. erneut, in München mitzuregieren. Als L. nach der Königswahl und Königskrönung Ende 1314 schließl. im April 1315 wieder nach München kam, ist die Stadt in zwei Lager gespalten, doch vermag L. durch Privilegierungen die Bürger zu gewinnen. Erst 1317 erfolgte dieendgültige Ausschaltung Hzg. Rudolfs in → Bayern und damit die Etablierung des Hofes L.s in München. Seit 1319 konnte L. die Stadt auch aktiv in seine Bündnispolitik einbinden.

Obgleich die wirtschaftl., baul. und polit. Neuorientierung des aufstrebenden München bereits unter Hzg. Ludwig II. grundgelegt war, fand es dann unter Kg./Ks. L. seinen überragenden Förderer. Die zahlr. Privilegien, die L. im Laufe seiner Regierung verlieh, erweiterten die städt. Kompetenz und Freiheiten so, daß München nach dem Tode des Ks.s fast die Autonomie einer Reichsstadt hatte.

1315 gewährte L. den Bürgern der Stadt und ihren Gütern Schutz und Geleit im ganzen Reich, 1319 verzichtete er auf das landesherrl. Ungeld (eine auf verschiedenen Importgütern liegende Verbrauchssteuer). Dazu kam das wichtige Stapelrecht für Salz. 1330 und 1342 stärkte er das Stadtregiment durch Zuweisung der Gewerbe- und Baupolizei. Einen Höhepunkt dieser Gunstbezeugungen, die natürl. auch im Rahmen der Residenzbildung zu sehen sind, bildete 1340 die Bestätigung des Münchener Stadtrechtsbuchs. »Ludwigs zahlr. Privilegien für München waren [...] echte Förderungsmaßnahmen, die aber demInteresse und den übergeordneten Zielen der Stadtherrschaft selbst nie zuwiderlaufen durften« (Bauer 1997, S. 117.).

Die stark expandierende Stadt hatte früh zwei Pfarrkirchen erhalten, im 12. Jh. St. Peter, am Südostrand der Stadt gelegen, 1271 die zur Pfarrei erhobene ältere Marienkapelle. Lt. Gründungsurkunde 1271 war die Stadt bereits in inmensum gewachsen (Denkmäler des Münchner Stadtrechts, 1934-36, Nr. 10). Beide Pfarrkirchen spielten für L. und seinen Hof eine beträchtl. Rolle. Im Zuge seines Kampfes gegen die röm. Kurie suchte er die St. Peterskirche mit quasibfl. Rechten auszustatten. Die Frauenkirche St. Marien dagegen wurde seit L. zur wittelsbach. Grablege:Beatrix, Gemahlin L.s († 24. Aug. 1322); Margarete, Tochter Kg. L.s und Margarethes von Holland (* 1325, † wohl im gleichen Jahr); Elisabeth, Enkelin L.s und Tochter Elisabeths (aus dem Hause Sizilien-Aragon, † 24. März 1349); Ludwig, Sohn L.s (* 1347, † 1348); L. selbst († 14. Okt. 1347). Das Grab des Ks.s wurde zum Zentrum der Pfarr- und Herrschaftskirche, der Chorraum zum Fürstenoratorium.

Trotz vieler Ansätze in Verwaltung und Kanzlei ist es aufgrund des ausgeprägten Reisekgtm.s L.s schwer, von festen und kontinuierl. Behörden zu sprechen.

Schon vor der Königswahl band L. i. J. 1314 verschiedene Fs.en und Gf.en, die ihm auch künftig dienten, an sich: Gf. Berthold von Henneberg, Ebf. Peter von Mainz, Eberhard von Breuberg, Gf. Georg von Veldenz, Kg. Johann von Böhmen, später (mind. seit der Schlacht bei Mühldorf): Nürnbergs Bgf. Friedrich und Konrad von Schlüsselberg. 1324 traten auch die Städte → Augsburg, Ulm, Biberach, Eßlingen, Schwäbisch-Hall, Rottweil auf L.s Seite, ebenso hohe geistl. Würdenträger (der Ebf. von → Mainz und die Bf.e von → Würzburg, → Eichstätt und→ Augsburg) sowie die südwestdt. bisherigen Anhänger → Habsburgs: Mgf. Friedrich von Baden, die Gf.en von Hohenberg, Tübingen, Kirchberg, Werdenberg, Helfenstein, Montfort, Eberhard von Württemberg und Kraft von Hohenlohe.

L.s Anhängerschaft erstreckte sich nicht unbedingt auf deren ganze Familie. So stand Gf. Ludwig von Öttingen, Angrenzer des → bayer. Hzm.s, früh auf der Seite L.s. Als dessen geheimer Rat und als Landvogt von Oberschwaben (1316) nahm er eine maßgebende öffentl. Stellung ein, trat aber 1319 zu Kg. → Friedrich dem Schönen über. Erst der Tod Kg. Friedrichs († 1330) führte zu erneuten Beziehungen mit L.

Anders das Brüderpaar aus der Vetternlinie der Oettinger: Sie standen bereits vor der Schlacht bei Mühldorf auf L.s Seite. Kurz nach dem Sieg bestätigte L. den Brüdern die kgl. Briefe und Handfesten und stellte sie künftig in vielfältige Dienste.

Die Hofbeamten des Reiches scheinen sich in der Regel deutl. von jenen des bayer. Territoriums zu unterscheiden. Das Amt des Hofkanzlers trug zunächst der Speyerer Scholastiker Hermann von Lichtenberg (seit 1333 Bf. von → Würzburg) bis zu seinem Tode. Während des Italienzugs 1328/29 begegnet der Minorit Heinrich von Thalheim, Ordensprovinzial von Oberdtl., als Kanzler. Nach dem Tode des → Würzburger Bf.s übte seit 1336 Ulrich von Schöneck, Bf. von → Augsburg, 1340-42 Gf. Albert von Hohenberg (später Bf. von → Freising) dieses Amt aus. LetzterHofkanzler war Bf. Leutold von Freising. Hofmeister des Reiches waren Heinrich von Nortenberg, Ritter Johann von Cremona, Hzg. Ludwig von Teck. Als ksl. Marschälle fungierten Albert von Hummel sowie Gf. Johann von Chiaramonte.

Der kgl. Rat war eine stets am Hofe versammelte Behörde, deren Mitglieder Räte, »Heimliche« oder »Sekretäre« bezeichnet wurden. Dies waren Fs.en, Herren, Geistliche und Gelehrte aus fast allen Stämmen des Reiches. Die wichtigsten Räte waren Gf. Berthold von Graisbach und Marstetten, gen. von Neiffen, Gf. Berthold von Henneberg, Hzg. Ludwig von Teck, Bgf. Friedrich von Nürnberg, Lgf. Friedrich von Hessen, Mgf. Wilhelm von Jülich (Schwager L.s), Berthold Truchseß von Kühlental sowie der Deutschordensmeister Wolfram von Nellenburg. Während L.s Italienzug treten Italiener an die Stelleder dt. Räte, näml. die Bf.e von Novara und Pavia sowie der Genueser Spinola.

Unter den Vertrauten L.s sind bes. die Ritterorden vertreten. Um den Ks. scharten sich ferner die sog. Hofritter, u. a. Ulrich der Staufer (wohl ident. mit dem Küchenmeister), Albert von Leonrod, Otto der Zenger. Von diesen zu unterscheiden sind des Kaisers »Hofgesinde und Diener«, zu denen Gf. Wilhelm von Montfort, Wolf von der Schönleiten und Eberhard von Sickingen zählten, ferner die Geistlichen Johann de Gelduno (wohl Jandun), Bf. Heinrich von Regensburg, und der ksl. Notar Konrad von Bonn.

Zwar wurden Reichsregierung und wittelsbach. Landesregierung offiziell nie getrennt. Trotzdem zählten zu L.s engsten Beratern mehr Vertreter des schwäb., fränk. und mittelrhein. Adels als des oberbayer. Bes. Vertrauen hatte der Kg./Ks. zu Gf. Berthold von Graisbach-Neiffen. Die Stellung der gelehrten Minoriten, die im Franziskanerkl. »im Exil« lebten, wurde nicht fest im Hof institutionalisiert. Sie waren auffälligerweise die einzigen im Ratgeberkreis L.s, die seit ca. 1330 den »weiteren« Hof in München nie verließen.

Seine Sympathie hatte früh Konrad von Sachsenhausen, Propst des Prämonstratenserstifts Schäftlarn bei München, der spätestens seit 1337 zu seinen bes. Kaplänen zählte.

Seinen Beichtvater entnahm L. dem Münchener Augustiner-Eremiten-Kl. Geistl. Beamte stellte v. a. das Bm. → Augsburg.

Leibärzte L.s waren Magister Johann von Göttingen (aus dem Mainzer Erzstiftsklerus, bis 1314 auf einem medizin. Lehrstuhl in Montpellier), Magister Marsiglio Raimondini von Padua und Magister Raimund von Valenciennes.

Als Türkämmerer ist ein Niklas bekannt, der auch mit einer Gesandtschaft betraut wurde. Kammermeister der Kg.in Beatrix ist Heinrich von Neuenburg.

Soweit zu sehen ist, ist nur ein Hofhandwerker L.s in München greifbar, näml. 1331 Magister Jacobus, sartor imperatoris (Stahleder 1995, S. 106).

Die Reichskanzlei L.s, über die zwei zeitl. aufeinander folgende Untersuchungen vorliegen (Bansa 1968, Moser 1985), ist vergl. mit Regierungsinstitutionen anderer Mächte (bes. Kurie, westeurop. Kgr.e, manche ital. Städte) weitgehend unzulängl. »Man kann in der Kanzlei Kaiser Ludwigs keinen wohlgegliederten Organismus, keine ›Behörde‹ sehen, die nach bestimmten Regeln und nach einem bestimmten Geschäftsgang gearbeitet hätte« (Bansa 1968, S. 314f.). Ks. L. konnte freilich auf eine relativ gutausgebildete Kanzlei seiner wittelsbach. Vorgänger zurückgreifen, die er voll einsetzte. Das Rechnungsbuch seines Vaters von 1291-94 zeigt nicht nur Fortschritte und Mängel der Verwaltung, sondern auch Ansätze der Residenzbildung in München. Für Kg. L. war diese Herzogskanzlei ein entscheidendes Hilfsmittel,eine Basis seines »Regierungsapparates«. die kgl. Kanzlei blieb relativ bescheiden; süddt. Personen spielten die Hauptrolle.

Eine Vorstellung von der personellen Quantität gibt der Sachverhalt, daß in der ksl. Kanzlei zw. 1330 und 1347 insgesamt rund 30 Personen mit Schreiben von Originalurk.n betraut waren. Nur vier von ihnen sind namentl. bekannt: Leonhard von München (ein berühmter Urkundenkalligraph), Friedrich von Regensburg, Ludwig von Nordenberg, Herdegen von Bamberg, alle also aus Gebieten südl. des Mains. Während L.s Italienaufenthalts traten einige neue Personen der Kanzlei bei. Insgesamt hatten nur vier namentl. bekannte Kanzler L.s an einer Universität studiert.

Trotz der noch ausgeprägten Wanderherrschaft L., der selbstverständl. auch die Kanzlei unterworfen war, kamen immerhin drei Personen aus dem Münchener »Beamtenkreis«: der schon genannte Leonhard von München, der seit 1329/30 weit über ein Jahrzehnt in der ksl. Kanzlei beschäftigt war, Simon Noderndorfer de Monaco und Merbot von München. L.s aktivster Schreiber und Notar Leonhard von München ist zunächst als Schreiber des ksl. Gegenpapstes festzustellen, er wechselte aber schon im Jan. 1329 in die Reichskanzlei. In Dtl. entwickelte Leonhard bes. Aktivität als Schreiber von Prachturk.nL.s, die der Propaganda des Ks.s dienten. Leonhard von München, der offensichtl. erste Münchener in der Reichskanzlei, schrieb über 300 ksl. Diplome eigenhändig und setzte mit den Prunkurk.n seinem Ks. ein bleibendes Denkmal. Ein gewisser JM, wohl ein Schüler Leonhards, übernahm häufig die Zierelemente seines Meisters.

Aus der Kanzlei L.s liegen zwei Register vor, aber es scheint, daß sich die Registerführung am Hof nur mühsam durchsetzte und wohl auf der Initiative einzelner Notare beruhte.

Einer der engsten Mitstreiter L.s war schon seit der Königswahl Gf. Berthold von Graisbach und Marstetten, gen. von Neiffen, der 1319, dann 1331-41 Hauptmann (d. h. Generalprokurator) für Oberbayern wurde und damit über dem Viztum stand. Sein Nachfolger wurde Marschall Arnold der Massenhäuser aus dem Freisinger Umland, der 1343 den Titel eines »Pflegers in Bayern« trug. Als Hofmeister in Oberbayern sind Heinrich von Preising und Heinrich der Wimmer bekannt, in Niederbayern Ulrich von Leubolfing, dann die Herren von Degernberg, bei denen dieses Amt seit 1329 erbl. wurde.

Oberste Marschälle für → Bayern: Albrecht der Judmann, Arnold der Massenhäuser. Als Marschall in Oberbayern fungierten Heinrich der Paulsdorfer, dann Truchseß Ulrich von Loiblfing, der zugl. Hofmeister war.

Als »Marstallmeister« amtierte Konrad der Tutzinger, als Jägermeister von Oberbayern ein gewisser Kolb, dann Konrad der Kummersbrucker (s. u.). Küchenmeister sind Konrad von Baierbrunn, dann Rudolf von Wolnzach sowie Engelmar und Ulrich der Staufer.

Die vielen jurist. Verlautbarungen des Kg.s/Ks.s im Kampf gegen den Papst wurden außerhalb Münchens beschlossen und verfaßt.

Der Münchener Hof hatte für L.s Territorium Oberbayern eine ausgeprägt rechtsnormierende Wirkung. Das Münchener »versiegelte Buch«, eine Sammlung von Stadtrechtssätzen, die auf Initiative Münchens 1340 vom Ks. besiegelt wurde, war in erster Linie für München gedacht, doch gibt es deutl. Hinweise, daß der Ks. als Hzg. eine Einführung für ganz Oberbayern plante. Noch wichtiger aber wurde das Oberbayerische Landrecht L.s (1346), das auf ein älteres Landrecht L.s von 1335 zurückgeht. Es verstand sich als eine Zusammenfassung alten Rechts. Seine Bestimmungen waren offensichtl. bindend, auchfür die Städte, denn schon 1342 bestätigte L. der Stadt → Ingolstadt, einer seiner bedeutendsten Landesstädte, daß sie sich weiterhin nach ihren alten Privilegien richten dürfe, ee wir unser buch gemachten (Riedner 1911, S. 282). Eine ähnl. Bestätigung ließ sich München 1347 geben. Das neue Landrechtsbuch sollte also ältere Sonderrechte in Oberbayern einschränken. Es ist offensichtl., daß die Schaffung allg. territorialer Rechtsnormen Höhepunkt der z. T. schon älteren landesherrl. Ordnungspolitik der oberbayer. Hzg.e darstellte,die durch Landfrieden und weitere Regelungen des Münz- und Gerichtswesens, durch Befriedung der Verkehrswege, ja letztl. auch durch Einbau der bayer. Kl. in das Landesregiment geprägt war.

L.s intensive Politik, die vornehml. unter der Herausforderung des Papstes stand, benötigte große Finanzquellen, die von den kgl. Besitzungen nicht erbracht werden konnten. Das enge »Bündnis« mit den bürgerl. Geldgebern in Nürnberg, Frankfurt und wohl auch München läßt sich daraus einfach erklären. Eine eigene Finanzpolitik hat der Kg. sicherl. nicht getrieben, aber die städt. Handelsmöglichkeiten durch Privilegien kräftig gefördert. In großen Geldschwierigkeiten scheute er sich nicht, Reichsstädte zu verpfänden.

Über eine Münz-»Politik« L.s sind wir nicht unterrichtet. Ks. L. verstand es, auch die Juden in massiver Weise zur Finanzierung seiner Politik heranzuziehen, bemühte sich aber andererseits intensiv, seine Schutzherrschaft über die jüd. »Kammerknechte« wirkungsvoll wahrzunehmen.

Die häufig vom Kg. besuchten Reichsstädte Nürnberg und Frankfurt hatten ein großes Hinterland mit kgl. Grundbesitz.

Hzgl. Grundbesitz und Domänen (ehem. Fronhöfe) sind im Raume München nicht gerade zahlr., so daß die geregelte Nahrungsmittelversorgung nicht gewährleistet war, es sei denn, die Münchener Händler und Kaufleute besorgten dies. Die Institutionalisierung eines eigenen Hofkastenamts München ist erst um 1500 bezeugt.

Versorgung durch Weine, südländ. Spezialwaren und dergl. konnte leicht über Fernstraßen (Salzniederlage mit Weinmarkt), über Alpenpässe und Isar erfolgen, der Fischversorgung dienten die großen oberbayer. Seen.

Bislang fehlen größere Biographien des Kreises der Mitarbeiter, der Räte und des Hofes L.s, wenn man von der engeren Kanzlei absieht. Bes. bedauerl. ist das Fehlen einer Monographie über Berthold von Graisbach, gen. von Neiffen.

Eine gewisse Ausnahme bilden ledigl. die vom Papst abtrünnigen Gelehrten, die über Jahre am Münchener Hof tätig waren. Die aktive Mitarbeit der Münchener Franziskaner am Hof L.s zeigt sich deutl. im Höhepunkt des Kampfes mit dem Papst. Am 27. Mai 1328 floh der Minoritenbruder Michael von Cesena, »Generalminister« des Papstes, vom päpstl. Hof zu Avignon, begleitet von Bonagratia von Bergamo und anderen bedeutenden Mitgliedern des Franziskanerordens, um schließl. mit L. gemeinsame Sache gegen den Papst zu machen. Über Pisa folgten sie dem Ks. nach München, wo sie im Franziskanerkl.aufgenommen und die führenden Theoretiker des Ks.s im Kampf gegen den Papst wurden. Den aus Avignon geflüchteten Minoriten schlossen sich an der aus Paris geflohene »erste Theoretiker des weltlichen Staates« Marsilius von Padua und mit ihm Johann von Jandun, ferner Wilhelm von Ockham. 10-20 Jahre konnte sich diese Gelehrtengruppe in der Nähe des Münchener Hofes halten, freilich nur Johann von Jandun und der dt. Minorit Heinrich von Thalheim erhielten Hofämter des Ks.s. Ein abschließendes Urteil über das Gewicht dieser Gelehrten am Münchener Hofe ist derzeit nicht mögl.

Aus dem Ratgeberkreis L.s hat uns eine einzige Person ihre eigene Biographie überliefert. Es ist der Ritter Konrad Kummersbrucker, Jägermeister in Oberbayern, und zwar unter Ks. L. und seinem Sohn Hzg. Ludwig dem Brandenburger, der seinem eigenen Urbar wichtige Lebensdaten und Ereignisse zufügte. Kummersbrucker, etwa zw. 1300 und 1310 im Raume Amberg in der Oberpfalz geb. und offenbar von niederadeliger Herkunft, nahm am Italien- und Krönungszug L.s 1327-30 zunächst als Knappe teil, erhielt aber - offenbar wg. milit. Verdienste - auf der Tiberbrücke in Rom vom neuen Ks. den Ritterschlag.Noch in Italien verlieh ihm der Ks. zwei Jahre später am 5. Aug. 1329 in Pavia das (Hof-)Amt des Jägermeisters von Oberbayern. Der Ritter berichtete selbst darüber.

Nur zwei Turniere sind in der Zeit L.s in München bekannt, näml. 1338 und 1345, doch wird man bei großen Empfängen und Festen viel mehr derartige Spiele erwarten müssen. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Umgestaltung des heutigen Marienplatzes in München zu verweisen. Schon 1315 (4. Mai) schafft L. sowohl die »Freiung« des Marktes (Marienplatz) für die Stadt, als auch eine tiefgreifende städtebaul. »Planung« für München. Bezügl. des Marktplatzes verbietet die Urk., darauf zu bauen weder uns [d. h. dem König] noch unsern erben nochunsern Nachchomen noch anders nieman [...] daz der margd dest lustsamen und dest schoner und dest{gemachsam sey: herren, burgaern, gesten und allen laeuten, di darauf ze schaffen haben (Denkmäler des Münchner Stadtrechts, 1934-36, Nr. 44). Es ist nicht zu übersehen, daß der Kg. hier auch an seinen Hof und seine Hoffeste dachte. Der Markt- bzw. heutige Marienplatz wurde zum Turnierplatz und zur Stätte repräsentativer fsl. Feierlichkeiten bis in die Neuzeit.

Die von L. häufig besuchten Reichsstädte Nürnberg und Frankfurt am Main verfügten in ihrer Umgebung über beträchtl. Reichsforste, die offensichtl. der Hofjagd dienten.

Die großen hzgl. Forsten um München waren bes. bevorzugte Jagdreviere L.s. München war für eine großzügige Hofjagd ausgezeichnet geeignet: Im O jenseits der Isar lag das weite »Gefilde«, das immer wieder als Jagdgebiet angesprochen wird, im W hat man ebenfalls mit großen Jagdgefilden zu rechnen; die Eichenwälder um Allach und Nymphenburg sind heute letzte Reste. Im S wird bis in die Gegenwart ein erstaunl. breites Band von ehem. hzgl. Jagd- und Forstgebieten sichtbar: Kreuzlinger Forst, Königswieser Forst, Forst Kasten, Forstenrieder Park, Grünwalder und Perlacher Forst. Es sindForste, die von einzelnen Rodungsinseln aus dem früheren MA durchbrochen sind. Die in diesem breiten Waldgürtel 1288 erstmals belegte Burg Grünwald wurde von 1319 bis etwa 1490 Sitz des oberbayer. Jägermeisters. Sicherl. bereits unter L. hatten die bayer. Kl. vielfältige Verpflichtungen bezügl. des hzgl. Jagdsystems. v. a. sollten sie die finanziellen Jagdausgaben erleichtern; daher hatten sie zum Unterhalt der hzgl. Jäger und Jagdhunde erhebl. beizutragen.

Der Kunsthistoriker Robert Suckale geht davon aus, daß L. eine eigene Hofkunst angeregt habe. Von den sicherl. einst vorhandenen Fresken in L.s Neubauten innerhalb des Alten Hofes in München ist heute nichts mehr vorhanden. Ledigl. das Stifterrelief der kgl. Lorenzkapelle im Alten Hof existiert noch. Für die bewußte repräsentative Selbstdarstellung der Herrschaft L.s sprechen aber die 33 einzigartigen Prachthandschriften des Schreibers Leonhard von München seit 1329, die auch für das Selbstverständnis des Herrschers aufschlußr. sind. Mehrfach zeichnete Leonhard von München in den Urk.n dasIdealportrait L.s In diese Zusammenhänge gehört ein Schäftlarner Antiphonar mit zwei künstler. überragenden Miniaturen. Auch die Kaisersiegel L.s sind bei aller traditionellen Grundform von großer Aussagekraft für L.s Herrscherverständnis. Nach der Vorlage des Kaisersiegels wurde beim Bau des Nürnberger Rathauses 1332-40 im Großen Saal ein Relief des Ks.s eingefügt, der Nürnberg bes. förderte. Noch mehr Öffentlichkeit beanspruchte der um 1330 entstandene sog. Mainzer Kurfürstenzyklus. An einem öffentl. Mainzer Warenlagerhaus waren an den Zinnen die Sandsteinreliefs der sieben Kfs.en mitihrem Kg. (alle 200 × 100 cm) bis zum Beginn des 19. Jh.s aufgestellt.

Insg. ist hinsichtl. der relativ bescheidenen Überreste ludowizian. »Hofkunst« durchaus mit Vernichtung als Mittel der damnatio memoriae nach dem Tode L.s zu rechnen.

L. spielte in der zeitgenöss. dt. Literatur eine größere Rolle als die Germanisten bislang glaubten. Es fallen einzelne bemerkenswerte Dichtungen auf, die nicht fern vom Hof entstanden sein können, so bes. das von einem unbekannten Schwaben verfaßte, nur fragmentar. erhaltene »Gedicht auf Kaiser Ludwig den Bayern« (930 Reimpaare), nach dessen Kaiserkrönung geschaffen. In Form einer Minneallegorie bei einem höf. Fest preist der Verfasser den Ks. und seine Taten, unterläßt aber nicht Mahnungen an seine Ratgeber und Fs.en. Auch Heinrich von Meißen, gen. Frauenlob († 1318), ein vielseitigerund bekannter Spruchdichter, trat in einem Spruch für L. im Streit gegen Papst Johann XXII. ein. Das Gedicht spricht gleichzeitig für Stärkung der Laienfs.en zu ungunsten der geistl. Fs.en (Bayerische Bibliothek I, 540). Peter Suchenwirt (ca. 1320-95) hat in seinen 16 »Reden« auf verstorbene Fs.en auch L.s zweite Gemahlin Ks.in Margareta von Holland ausgewählt (Bayerische Bibliothek I, 541).

Heinz Thomas (Thomas 1993) konnte überzeugend nachweisen, daß auch das Epos »Lohengrin« in engem Kontakt zu L. entstanden ist. Die Chronik Heinrichs von München sowie Hadamars von Laber Dichtung »Die Jagd« sind offensichtl. ebenfalls dem Umkreis des Münchener Hofs zuzuschreiben.

Nicht zu übersehen ist, daß die dt. Schriftsprache im Urkundenwesen L.s eine zunehmend stärkere Rolle spielte, siehe auch die »Auswahlbibliographie«, hier: »Kanzlei- und Urkundenwesen zur Zeit Ludwigs des Bayern«, in: ZBLG 60 (1997) S. 423.

In der Bedrängung durch den Gegenkg., dann noch viel mehr durch das Papsttum war L. gezwungen, rasch Positionen außerhalb → Bayerns und Süddtl. aufzubauen. Als 1321 die Mark → Brandenburg durch das Aussterben der → Askanier vakant wurde, belehnte er damit seinen Sohn Ludwig. Kurz darauf vermochte er seine Tochter Mechthild mit dem → Brandenburg benachbarten → Wettiner Friedrich von Meißen zu verheiraten. Die Verbindung zur weit entfernten Mark → Brandenburg wurde dadurch intensiviert, daß er seine Vertrauten Bertholdvon Henneberg und die Gf.en von Schwarzburg für den Dienst in der Mark gewinnen konnte.

Den siebenjährigen Sohn Ludwig vermählte er zudem 1323 mit Margarethe, der Tochter Christophs II. von Dänemark, so daß er weit im N Verbündete fand. Im Ostseeraum bot sich für L. langfristig Einfluß, zumal durch eine weitere Heirat einer Tochter des Ks.s mit dem Schwedenkg.

Von bes. Bedeutung für das Haus Wittelsbach sollte L.s zweite Ehe 1324 mit Margarete, Tochter des Gf.en Wilhelm III. von Holland werden, das damit in die Einflußzone der Nordseeländer, aber auch in die Interessenzone Frankreichs, → Burgunds und Englands kam. Als Ks. fand er einen mächtigen Verbündeten in seinem Schwager Kg. Edward III. von England, mit dem er 1337 ein Bündnis in Frankfurt schloß. Es war gegen Frankreich und den vom frz. Kg. abhängigen Papst gerichtet.

Um den Weg nach Italien langfristig zu sichern, schickte L. seinen Sohn nach dem Tode der dän. Prinzessin 1342 in die etwas abenteuerl. Ehe mit der Tirolerin Margarete Maultasch, so daß ihm auch Tirol und damit wichtige Alpenpässe sicher waren.

Während L. seine Ks.- und Reichspolitik nur mit dt. Fs.en realisieren konnte, die sich aber nicht ohne weiteres festlegten, konnte der Wittelsbacher seine polit. Ziele von einer breiten Hausmacht aus verfolgen.

Quellen

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