Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

Zurück zur Liste

NASSAU (-WEILBURG)

I.

Die Gf.en von N. sind Nachfahren der Gf.en von Laurenburg, die seit 1117 nachweisbar sind und im Unterlahngebiet, in Idstein, in den Vogteien Bleidenstadt und Limburg sowie im Königssondergau um Wiesbaden wirkten. Seit der Mitte des 12. Jh.s nannten sie sich nach der von ihnen erbauten Burg Nassau. Als Nachfolger des hess. Gf.en Werner wurden sie Vögte der Wormser Kirche in Weilburg und erhielten Besitz in Dillenburg, im Lahn- und Edergebiet sowie in der Herborner Mark. Starke Konkurrenz bestand seitens der örtl. Adelsgeschlechter, die als Lehensträger derReiches wirkten und erst in langen Kämpfen unterlagen. Aus dem Erbe der Gf.en. von Arnstein kamen Vogteirechte über Trierer Besitz um Koblenz, ein Anteil an der Gft. auf dem Einrich gemeinsam mit den Gf.en von Katzenelnbogen, auch Ems mit dessen Silbergruben. Enger Anschluß an Ks. Friedrich I. begünstigte die Konsolidierung der einzelnen Machtkomplexe. Die Verbindung derselben untereinander konnte jedoch nicht erreicht werden. Im Schatten des Niedergangs der Stauferherrschaft traten Einbußen an Vogteirechten im Koblenzer Raum und im Siegerland in den Auseinandersetzungen mit den Ebf.en von→ Trier und → Köln auf.

II. / IV.

Von bis zum Ende des Alten Reiches nachwirkender Bedeutung war die Teilung des Besitzes am 16. Dez. 1255, der die otton. Linie im N von der Lahn von der Walramischen im S schied. Die Burgen Weilburg, Idstein, Sonnenberg bei Wiesbaden und Nassau, diese als Gesamtbesitz aller Linien, wurden mit jeweiligem Umland Herrschaftsmittelpunkte an der Lahn und im Taunus. Dies gilt bes. im Blick auf Weilburg nach dem Erwerb des Besitzes des Wormser Kirche 1294. Im Rheingau besaßen die N.er den Wildbann als Lehen der Mainzer Kirche.Vogteirechte über die Abtei Bleidenstadt ergänzten die Herrschaft im alten Königssondergau. Wiesbaden kam erst im Interregnum in die Hand der Gf.en. In dessen Umgebung bauten sie ihre Herschaft gegenüber den Herren von Eppstein, den Gf.en von Katzenelnbogen und dem Erzstift → Mainz aus.

Die Herrschaft der Walramschen Linie stützte sich auf Burgen, die zudem meist geistl. Rfs.en aufgetragene Lehen waren wie Sonnenberg (Sunnenberg), Weilburg (Wilenenburg, Willanaburg, Wileburg), Idstein (Edichenstein) und N. (Nassouva, Nassove). Stadtrechte erhielten die meist kleinen Burgsiedlungen durch die Kg.e → Rudolf von Habsburg und Adolf von Nassau, ließen allerdings im 13. Jh. keinen Ort zu fester Res. werden. Linientrennungen und Wiedervereinigungen wirkten hemmend. Ansätze als Res.hierzu zeigten sich wohl am ehesten in der ersten Hälfte des 14. Jh.s in Idstein, dort begleitet von der Errichtung eines Stiftes, das sich als nassau. Grafengründung unterschied von dem aus konradin.-otton. Zeit überkommenen Weilburger Stift. Idstein wurde im SpätMA, viell. aus Sicherheitsgründen, gegenüber Wiesbaden und Sonnenberg als Aufenthaltsort bevorzugt. Nach dem Erwerb Usingens 1326 entstand eine gewisse Konkurrenz gegenüber Idstein. Erst im 15. und 16. Jh. kam es in den genannten Orten zur Errichtung von Schloßbauten neben den Burgen mit der Unterbringung meist kleiner Behörden.Vorrangig war die Repräsentation.

Für das Gesamthaus N. charakterist. ist eine extreme Teilungs- und Wiedervereinigungsfreude. Zw. der Linientrennung von 1255 und dem Ende des Alten Reiches sind mehr als zwei Dutzend Hausverträge zu zählen. Im walram. Zweig war die Linie Weilburg gegenüber den bis 1605 einander ablösenden Teillinien Wiesbaden und Idstein im Vorteil durch das Erbe der Gft. Saarbrücken 1381, wo allerdings ebenfalls wiederholt Abschichtungen zu verzeichnen sind. Nur zw. 1605 und 1629 waren alle Linien vereint. Anschließend trennten sich Weilburg, Wiesbaden, Idstein und Saarbrücken wieder. Durch denRückfall der Saarbrücker Teillinien 1797 an Weilburg wurde dies bedeutender gegenüber Usingen, dessen Linie 1816 erlosch. In der Zeit der Französischen Revolution und des Wiener Kongresses entstand das Hzm. N. als Glied des Deutschen Bundes. Es wurde 1866 durch Preußen annektiert. Sein Landesherr erhielt auf dem Erbwege 1890 das Großhzm. Luxemburg.

Die Angehörigen des Hauses N. in den walram. Linien blieben allesamt Gf.en mit nur zwei Ausnahmen: Ks. → Karl IV. erhob 1366 Johann I. von N.-Weilburg zum gefürsteten Gf.en, was jedoch ohne Einfluß auf seine reichsrechtl. Stellung blieb. Zw. 1688 und 1737 wurden die Linien Usingen, Weilburg und Saarbrücken in den Reichsfürstenstand erhoben, konnten ihre Stimmen jedoch nur gemeinschaftl. führen. Bedeutung erhielten die Gf.en im reichspolit. Rahmen durch die Wahl von vier Angehörigen als Ebf.e von → Mainz zw. 1346 und 1475. Auf die territoriale Stellung hatte dies jedoch keinenennenswerte Auswirkung Von Bedeutung als Hauskirche war das 1298 gegründete, im 16. Jh. jedoch zerfallende Kl. Clarenthal.

Quellen

Für den N.er Bereich sporad. überlieferte Quellen aus dem HSA Wiesbaden im Codex diplomaticus Nassoicus. Nassauisches Urkundenbuch, hg. von K. Menzel und Wilhelm Sauer, hier v. a. Tl. 1,2: Die Urkunden des ehemals kurmainzischen Gebiets einschließl. der Herrschaften Eppenstein, Königstein und Falkenstein; der Niedergrafschaft Katzenelnbogen und des kurpfälzischen Amts Caub, bearb. von Wilhelm Sauer, Wiesbaden 1886. ND Aalen 1969. - Eigentl. umfassend nurRI VI, 1948.

Demandt, Karl E.: Geschichte des Landes Hessen, 2. Aufl., Kassel u. a. 1972 [hier zu den N.er Gft.en S. 367-435, zu den Teilungen und Vererbungen S. 372-376]. - Even 2000. - Gensicke, Hellmuth: Landesgeschichte des Westerwaldes, 2.Aufl., Wiesbaden 1987, hier S. 155-165, 278-289 und 346-350. - Gerlich, Alois: Interterritoriale Systembildungen zwischen Mittelrheinund Saar in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, in: BDLG 111 (1975) S. 103-175. - Gerlich, Alois: Nassau in den politischen Konstellationen am Mittelrhein von König Adolf bis Erzbischof Gerlach (1292-1346), in: Nassauische Annalen 95 (1984) S. 1-37. - Gerlich, Alois: Art. »Nassau«, in: LexMA VI, 1993, Sp.1034f. - Gerlich 1994. - Gerlich 1998. - Renkhoff, Otto: Nassauische Biographie.Kurzbiographien aus 13 Jahrhunderten, 2. Aufl., Wiesbaden 1992 [hier zu den Teilungen und Wiedervereinigungen S. 541ff., zu den Angehörigen der Teillinien S. 544-566]. - Schliephake 1-7, 1864-89. - Spiess, Karl Heinz: Familie und Verwandtschaft im deutschen Hochadel des Spätmittelalters, Stuttgart 1993, hier S. 150-159 [Teilungen], Register S. 608ff. [Personen].