Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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Fortbewegungsmittel

Zur Fortbewegung wurden Wasser und Land – Seen, Flüsse, Brücken, Wege und Straßen – genutzt, zumeist also öffentl. Räume, die immer mit einer bestimmten Materialität verbunden sind: Zumeist sind es aus bewohntem, bewirtschaftetem oder ungenutztem Land ausgegrenzte Bodenstreifen, die als verbindende Verkehrsräume benutzt werden. Die Verallgemeinerung durch das ma. Wort via findet in strata eine Differenzierung und deutet auf zumindest abschnittsweise Pflasterung hin, wobei die ma. Terminologie für Straßen insgesamt nicht reich differenziert ist. Die Terminologie der Fortbewegung dagegen war ausgeklügelter (reiten, reisen, fahren, eilen, laufen, steigen, gehen, wandeln), auch wenn in den Quellen selten erwähnt wird, womit man sich fortbewegte. Wahl und Weiterentwicklung von Fortbewegungsmitteln sind von den Straßenverhältnissen beeinflußt worden.

1200-1450

Königsstraßen sollten frei und öffentl. sein, die sich auf ihnen Bewegenden unter dem Schutz des Kg.s stehen. Ks. Friedrich II. ließ im Aug. 1235 auf dem Hoftag in Mainz einen Reichslandfrieden verkünden, dem zufolge niemand zur Benutzung bestimmter Straßen gezwungen werden durfte. Der ersten umfassenden Aufzeichnung geltenden Land- und Lehnsrechts, dem Sachsenspiegel, aus der Zeit um 1220 ist zu entnehmen, die Straßen des Kg.s sollten so breit sein, daß sich zwei Wagen auf ihr begegnen könnten; das wurde im Schwabenspiegel um 1270 dahingehend konkretisiert, daß auf diesen 16 Fuß (ca. 4,8 m) breiten Wg. der leere dem beladenen Wagen, der weniger beladene dem mehr beladenen, der Reiter dem Wagen und der Fußgänger dem Reiter weichen solle; Brücken dürfe der Wagen als erster passieren, der sie als erster erreiche. Auch noch im 14. Jh. sollte eine (Heer-)Straße so breit sein, daß ein Reiter mit quergelegtem Spieß auf ihr wenden könne.

Als Fortbewegungsmittel nutzte der Adel vorerst das leichtere Pferd mit seinen sanfteren Gangarten. Das schwerere Roß (Streitroß) war eher zum Anrennen gegen den Feind als für lange Wegstrecken geeignet. Der Wert eines Schlachtrosses – wie man es für Turniere und milit. Handlungen brauchte – lag ungleich über dem eines gewöhnl. Reitpferdes.

War man zu alt oder zu gebrechl., um zu reiten, fand die Sänfte Einsatz: Im Sänftenkasten, der an Stangen zw. zwei Pferden hing, konnten unwegsame Wegstrecken wie Pässe bewältigt werden. Galt diese Art der Fortbewegung zunächst als unmännl., ließen sich bald auch gesunde Herrscher in Sänften tragen. Diese kleinen offenen oder geschlossenen Kabinen für zumeist eine Person wurden von kräftigen Männern oder Maultieren, Eseln und Pferden getragen. Von Maultieren getragene Sänften sind von Männern wie Frauen gleichermaßen benutzt worden; Tragesänften, die von zwei Dienern getragen werden mußten, fanden v. a. für Damen und auf kürzeren Strecken Verwendung. Verbreitet war der Einsatz von Sänften auch bei feierl. Einzügen, Prozessionen und kurzen Wegstrecken.

Als Alternative und mit dem techn. Fortschritt immer häufiger wurden Wagen benutzt. Personentransporte in Wagen waren aber noch nicht die Regel; vorerst wurden nur Gebrechliche und Damen gefahren. Der aus dem Ackerwagen hervorgegangene Leiterwagen mit Plane übernahm die Funktion eines einfachen Reisewagens. Seit dem 13./14. Jh. gab es zudem Kammer- oder Rüstwagen (für Hausrat, Mobiliar, Rüstzeug – zum Troß Friedrichs III. gehörten bei seinem Krönungseinzug in Aachen 1442 allein 47 Wagen), Frauen- und Brautwagen (auch Kobelwagen gen.). Gegen Ende des MA nahm der gefahrene Personentransport allmähl. zu. Festl. geschmückte Wagen wurden zudem bei feierl. Ein- und Aufzügen, bei Begräbnissen und länger schon bei Hochzeiten eingesetzt, um den Glanz der Veranstaltungen zu heben. Im Gegensatz zur Ankunft einer fsl. Braut wurde dennoch lange daran festgehalten, daß der Fs. für den Einzug in die Stadt auf sein Pferd umstieg (Karl IV. 1375 vor Lübeck und 1377 vor Dortmund; Friedrichs III. 1471 vor Nürnberg).

Reiste der Hof (abgesehen von Inkognito-Reisen oder rituell begründeten Fußwanderungen z. B. zu Pilgerstätten), wurde der Zug unterwegs durch Wappen als Zeichen der Macht, der Abgrenzung und des Besitzanspruchs definiert. Diese Wappen konnten sowohl auf den fsl. Kammerwagen als auf Zelten oder den Decken der fsl. Pferde erscheinen.

Beim Einschiffen größerer Reisegesellschaften warf mitunter nicht nur das Unterbringen von Begleitpersonen und Gepäck, sondern auch das der fsl. Pferde Probleme auf. Waren zu wenig Kapazitäten vorhanden, folgten die Knechte mit den Pferden über Land nach. Das Eintreffen des Hofes auf dem Wasserwege erforderte bes. Umstände des Empfangs: Falls auf See umgestiegen wurde, mußten die städt. Schiffe zudem entspr. ausgestattet sein (mit Reichsadler und Stadtwappen und vermutl. auch mit einer luxuriöseren Kabine für den Gast). Zudem war das (auf dem Landweg durch entgegenreitende Abgesandte übliche) Einholen stark wetterabhängig. Auch der Hafen sollte auf das Schiff des Fs.en und dessen meist noch vor dem Fs.en eintreffende Geleitschiffe eingestellt sein. Neben visuellen Signalen gebrauchte man akust.: Trompeter kündeten die Ankunft Ks. Sigmunds im Okt. 1433 zum Konzil in Basel an, wohin dieser auf dem Wasserweg angereist war.

Schlitten sind in dieser Zeit als Fortbewegungs- und Transportmittel weniger bezeugt.

1450-1550

Das Unterwegssein gehörte weiterhin zum Leben und zu den Aufgaben eines Hofes: Noch in die Hofordnung Hzg. Heinrichs des Jüngeren von Braunschweig-Wolfenbüttel von 1547/48 wird das Reisen des Hofes von vornherein und ohne weitere Erklärung aufgenommen.

Fs.en und ihre hochrangigen Begleiter wurden in eigenen oder geliehenen, oft wappengeschmückten Wagen oder Kutschen gefahren. Eine immer bequemer werdende Ausstattung und prachtvollere Verzierung der Wagen deutete auf den Rang der Besitzer hin. Der bisher gebräuchl. ältere Kobel, ein tonnenartig gewölbter Planwagen, war techn. dahingehend erweitert worden, daß ein zweiteiliger Kobelwagen (in Süddeutschland ab 1520) zur Verfügung stand. Es blieb das ältere Fahrgestell mit Langbaumkonstruktion, nur wenig schwenkbarer Vorderachse, Reibscheit und annähernd gleich großen Rädern; neu war die rechteckige Form des Wagenkastens, der frei federnd (erst an Ketten, später an Lederriemen) an zwei Kipfenpaaren hing. Diese Reise-Kobelwagen sind vermutl. grundsätzl. vom Sattel aus gefahren worden; bei Prunkwagen kann es einen Sitz, wenn auch keinen erhöhten »Bock« für einen Kutscher gegeben haben. Für Gepäck waren weiterhin die sog. Rüstwagen vorgesehen.

Das angeschlagene Tempo des fsl. Reisezuges kann nicht allzu hoch gewesen sein; Ruhetage mußten eingelegt werden, auch für die Pferde und zur Instandsetzung der Wagen. Ebf. Albrecht benötigte für die Rückreise von Mainz nach Halle an der Saale, die gleichzeitig eine Huldigungsreise über das Eichsfeld war, im Aug. 1515 mit seinem Gefolge und 150 Pferden (abzügl. der Ruhetage) zw. Aschaffenburg und Halle elf Tage, was unterschiedl. Tagesleistungen von 25 bis höchstens 50 km entsprach.

Zum Gefolge gehörten weiterhin auch Reiter. Fs. Johann IV. (II.) von Anhalt legte dazu in der Hofordnung von 1546 fest, daß das Gefolge auf Reisen stets die vom Hof ausgegebene Sommer- bzw. Winterkleidung trage (einheitl., gleichfarbig, z. T. in den Landesfarben); auch solle man die Pferde nicht plagen und stets bei den Wagen bleiben, damit bei Gefahr alle zusammen wären, auf die Verlaß sei.

Die Unterbringung der Pferde, d. h. auch der ruhende Verkehr, konnte bei Hofe und auf Reisen ein Problem sein. Außer als Zugtier wurde das Pferd auf Paraden eingesetzt und diente damit als eine Art bewegl. Thron; so erfolgte der Einzug von Herrschern in Städte weiterhin meist zu Pferde.

Sänften fanden vorwiegend zu Repräsentationszwecken bei Damen wie Herren Verwendung.

Schlitten wurden nicht nur als Fortbewegungsmittel, sondern auch zum Wintervergnügen eingesetzt. Aus einem reinen Gebrauchsgegenstand war deshalb ein repräsentativ gestalteter Prunkschlitten hervorgegangen, der für Lustfahrten, Paraden und Maskeraden bestimmt war.

Schiffe gehörten vermutl. schon fest zum Bestandteil etlicher Höfe. Über die Art der Schiffe aber wird vorerst noch wenig bekannt: Hzg. Albrecht IV. von Bayern besaß bereits vor 1498 Schiffe; 1504 wurden für ihn sieben weitere Boote mit je acht Ruderpaaren sowie Tischen und langen Bänken ausgestattet. Inwiefern es sich hierbei um Prunkfahrzeuge handelte, ist nicht überliefert. Der Kölner Rat besaß ein Prunkschiff von exponierter Größe, das mit dem Stadtwappen geschmückt war. Zw. 1500 und 1511 vermutl. zur Wahrnehmung von Repräsentationsverpflichtungen, die die Stadt anläßl. des Reichstages 1512 übernahm, gebaut, diente es dem Rat fortan bei Festlichkeiten wie Kaiserbesuchen, für den Transport hoher Gäste bzw. Lustfahrten. Schiffe aber wurden auch ganz allg. für Reisen eingesetzt: 1538, als Ferdinand I. (Bruder Ks. Karls V.) zu Hzg. Georg von Sachsen aufbrach, fuhr er mit seinem Gefolge von Leitmeritz aus mit fünf Schiffen auf der Elbe bis zur böhm.-sächs. Grenze, wo Hzg. Georg ihn mit seinen Schiffen empfing. Auf dem prunkvollen Hauptschiff des Hzg.s und mit den Begleitschiffen fuhr die Gesellschaft bis Königstein. Als Besonderheit wurde von hier aus eine Wasserjagd zu Schiff veranstaltet.

1550-1650

Das Reisen der Fs.en unterschied sich in Bezug auf die Art ihrer Fortbewegungsmittel nicht wesentl. von Reisen früherer Jahre: Waren andere Fs.en mit großem Gefolge unterwegs, war Otto d. Jg., Hzg. von Braunschweig-Lüneburg (Harburg), 1550 auf einer Reise nach Heidelberg mit seinem eigenen Wagen und neun (vermutl. z. T. berittenen) Pferden mit nur einem kleinen Gefolge aufgebrochen. Dagegen wurde Ebf. Christoph von 120 und Hzg. Franz I. von Sachsen-Lauenburg 1572 beim Einzug in Bremen von 100 berittenen Personen begleitet.

Die zunehmende Verwendung von Wagen und Kutschen geht vermutl. auch auf deren wachsende Bequemlichkeit zurück. Hzg. Julius von Braunschweig-Lüneburg (1588) und ebenso Mgf. Johann Friedrich von Brandenburg (1607) versuchten, das weitere Umsichgreifen des Fahrens im Wagen unter Lehensleuten und Rittern durch Verbot abzuwenden.

Das prunkvoll-elegante Gefährt gehörte zum feierl. Ereignis wie ein kostbares Gewand. Wappen schmückten und gaben Hinweise auf den Besitzer des Gefährts. Aber auch Anzahl und Farbe der vorgespannten Pferde waren von standesdefinierender Symbolik. Repräsentative Kutschen und Wagen verliehen ihrem Besitzer persönl. Ansehen und gesellschaftl. Prestige und wurden somit auch gern als Geschenk verehrt: 1592 ließ Ks. Rudolf II. eine sog. Kaiserkutsche, vermutl. eine Art Reisewagen, für seinen Bruder, Hzg. Ernst, Ebf. und Kfs. von Köln, anfertigen. Hzg. August d. J. von Braunschweig-Lüneburg bestellte im Mai 1615 einen Kutschwagen mit hängendem Wagenkasten als Weihnachtsgeschenk für seine Gemahlin. Von der Hochzeit des späteren Hzg.s Wilhelm V. mit Renata von Lothringen, am bayer. Hof, 1568, ist bekannt, daß der von sechs Schimmelhengsten gezogene Brautwagen, ein Geschenk des Bräutigams, ein eher konservativer, hängender Brautkobel war, bei dem vier an den Kastenecken sitzende vergoldete Löwen Wappen hielten. Dagegen war der Braut-Kobel der Prinzessin Dorothea von Dänemark, der 1560/61 in Kolding gebaut worden ist, ein Wagentyp, der bis in die erste Hälfte des 16. Jh.s hinein in allen Zentren Europas zu finden war. Im wesentl. bestand dieser Brautwagen aus drei Teilen: dem aufwendig verzierten, offenen Wagenkasten, dem baldachinartigen Wagendach (Himmel), das von vier Ecksäulen getragen wurde, und dem Langbaum-Fahrgestell mit schwenkbarer Vorderachse und Reibscheit. Seine vier Speichenräder hatten in etwa eine Größe. Die sich im Inneren des Wagenkastens gegenüberliegend lose angebrachten beiden Sessel standen mit den Rückenlehnen zur Schmalwand. Zugängl. war der Wagen durch seitl. Wagentüren und einzuhängende Leitern. Der eigtl. offene Wagen konnte durch Vorhänge geschlossen werden. Der Wagenkasten selbst hing in vier Lederriemen, die an den vom Vorder- und Hintergestell aufragenden Kipfen befestigt waren.

Die mobile Ausstattung von Wagen und Kutschen konnte verschieden kostspielig sein: Hzg. Maximilian I. hatte in seiner Münchner Res. Sesselkutschen (ab um 1600 so bezeichnet) als persönl. Leibwagen stehen, in die zusammenklappbare Sessel gestellt wurden. Auch die vermutl. nicht fest installierte textile Ausstattung des Kutscheninneren war, um das Gefährt dem Rang des Benutzers oder einem bestimmten Anlaß entspr. auszustatten, auswechselbar. Für bes. Festaktivitäten konnten Wagen und Kutschen auch allegor. drapiert werden. Eine Zwischenstufe zw. dem erweiterten Kobelwagen und der Grand Carosse war der Fenster- oder Gläserwagen. Um das Fahren im Wagen bei jeder Witterung zu ermöglichen, wurden die Seiten des Wagenkastens mit Hilfe von bemalten Holzpaneelen und Glasfenstern ausgefüllt.

Auch wenn das Reisen im Wagen durch den techn. Fortschritt immer bequemer wurde, blieben Unfälle wg. schadhafter Straßen nicht aus: 1586 stürzte der Wagen des Bf.s von Verden, Eberhard von Holle, um. Andere Vorkommnisse werden bekannt: Gf. Friedrich von Mömpelgard (später Hzg. von Württemberg) z. B. soll 1580 auf einer mehrmonatigen Kavaliers- und Bildungsreise den Weiterzug des eigenen Gefolges versäumt und infolgedessen zunächst zu Fuß, dann auf einem Mistkarren den Weg bis zum Nachtlager zurückgelegt haben. Auch gelang das Beschaffen von Wagenpferden nicht immer reibungslos, weswg. es Fs.en gab, die in Mietwagen reisten (so Ludwig von Anhalt-Köthen, 1596).

Pferde dienten weiterhin zur Fortbewegung. Geritten und als Zugtiere von Wagen und Kutschen blieben sie unerläßl. Zudem kamen ihnen neben traditionellen Aufgaben, z. B. bei Einzügen zu Pferde in die Stadt, neue Spezialaufgaben zu, so als Trauer- oder Totenpferde, wie bei der Leichenfeier für Ks. Maximilian II. 1576 in Prag.

Zum Reisen selbst, aber auch zu Lust- oder Wallfahrten nutzten Fs.en zunehmend die Wasserwege: Dazu wurden 1555 für den bayer. Hzg. Albrecht V. neue Boote, 1560 drei größere Schiffe aus Lerchenholz, jedes mit Masten und Segeln, und ab 1570 ein neues, 23 m langes Leibschiff gebaut, das mit 42 Rudern fortbewegt wurde und dessen Bugfigur ein vergoldeter Löwe war, der das bayer. Wappenschild hielt. 1595 lagen bei Starnberg neun Schiffe des Hzg.s Wilhelm V. von Bayern, deren Bezeichnungen an die über Land benutzten Wagen erinnern: das Leibschiff, ein Silber-, ein Küchen- und ein Kellerschiff, das Edelleute- und das Frauenzimmerschiff sowie ein Abortschiff. Von Maximilian ist bekannt, daß er 1607 gemeinsam mit seinem Schwager, dem späteren Ks. Ferdinand II., mit 13 Schiffen eine Fahrt unternahm, in deren Zusammenhang eine Hirschjagd in flachen Ufergewässern beschrieben wird; 1608 begab er sich auf eine Wallfahrt nach Aufkirchen, und zwar soweit wie mögl. mit dem Schiff. Von 1598 an sind auch für die Brandenburger Kfs.en Schiffe bezeugt: Kfs.in Katharina, Gemahlin des Kfs.en Joachim Friedrich, ließ sich damals ein Leibschiff bauen, das, mit zwei Fahnen geschmückt (eine davon mit Wappen), einen mit Schindeln gedeckten Aufbau, einen Raum mit Lehnbänklein, eine Kajüte mit Fenstern und einen Mastbaum hatte.

Auf prächtig geschmückten Schiffen wurden fsl. Bräute ins Land geführt: 1599 kam die Tochter des Hzg.s von Lothringen zu ihrer Hochzeit mit Hzg. Johann Wilhelm nach Düsseldorf; vier große Schiffe mit hölzernen, pavillonartigen Aufbauten und dem Lothringer Kreuz auf den Flaggen begleiteten das Schiff der Braut. 1613 reiste Elisabeth von England zu ihrer Hochzeit mit Friedrich V. von der Pfalz ebenfalls per Schiff an.

Weniger auf Reisen, eher bei Lustfahrten wurden Schlitten (v. a. Prunkschlitten) eingesetzt: So besaß Hzg. Albrecht V. von Bayern sieben repräsentative, z. T. vergoldete und mit Jakobsmuscheln verzierte Schlitten sowie einen achten, vermutl. gänzl. vergoldeten Leibschlitten. Prunkschlitten wurden auch im höf. Zeremoniell, so 1568 bei der Hochzeit des bayer. Erbprinzen Wilhelm mit Prinzessin Renata von Lothringen, eingesetzt. Auch gab es organisierte, mitunter turnierartige, z. T. jährl. stattfindende Schlittenumzüge, in München bis 1605. Choreograph. gestaltete Schlittenfahrten wurden zur selben Zeit in der pommerschen Residenzstadt Barth veranstaltet. Bei Hoffestlichkeiten des Kfs.en Christian I. (reg. 1586-91) in der Res. Dresden hat man wiederholt sog. Schlittencaroussels veranstaltet.

Neben der künstler. Ausgestaltung fand der Schlitten eine techn. Verfeinerung: Aus einem eher schwerfälligen Prunkschlitten der vorhergehenden Jahrzehnte ging ein leichterer Rennschlitten hervor, bei dem das Pferd weiterhin vom Platz hinter dem Sitzkasten aus gelenkt wurde. Der künstler. Gestaltungsschwerpunkt lag auf Figuren an Schlittensitzkasten und Kufen, die aus wenig beständigem Pappmaché oder aus Leinwand bestanden, weswegen sie selbst kaum erhalten sind; Tierallegorien waren dabei bes. beliebt. Die Schlitteninsassen waren reich kostümiert. Kostüme von Fahrern, Schlitten und Pferdegeschirr bildeten eine themat. Einheit, wobei neben Tierallegorien auch herald. Schlitten beliebt waren. Hzg. Ferdinand, Sohn Hzg. Albrechts V. von Bayern, besaß einen Schlitten mit einem Adler und einen mit goldenen Löwenköpfen; 1573 standen in seinem Marstall zehn, 1581 vierzehn Schlitten. Ks. Maximilian I. soll 19 schwarze Rennschlitten, drei bemalte und einen kleinen Schlitten für den Zwerg besessen haben. – Außer Prunk-, Figuren- und Rennschlitten gab es sog. Frauenzimmerschlitten, die im allg. aber wohl weniger aufwendig verziert waren.

Auch Sänften fanden weiterhin, wenngleich weniger als Fortbewegungsmittel, so doch zum Zeichen von Macht ihren Einsatz: Hzg. Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel z. B. hat auf seiner Landes-Inspektionsreise in die Obergft. Hoya 1587 vermutl. auch eine Sänfte mit sich geführt. Auch in diplomat. Angelegenheiten reisende Fs.en, wie 1595 Gf. Karl von Mansfeld, hatten Sänften in ihrem Besitz. Von Pferden getragene Sänften benutzte man am Hof Hzg. Augusts d. J. von Braunschweig-Lüneburg. Zur bayer. Hofwagenburg Hzg. Wilhelms V. gehörten sechs Sänften, von denen eine passend zu einer Kutsche aus Turin gestaltet war. Wie Kutschen erfuhren auch Sänften techn. Verfeinerungen: 1635 kam mit Kfs.in Maria Anna, einer in Graz geborenen Ehzg.in, der zweiten Gemahlin Kfs. Maximilians I., eine gläserne Leibsänfte mit seitl. Fenstern und einem gläsernen Himmel an den Münchner Hof.

Das Problem der Unsicherheit auf den Straßen durch Wegelagerer bestand fort: 1555 mußte der Reichstag sich mit plündernden Banden abgemusterter Landsknechte befassen. Und noch 1615 ordnete Fs. Ernst von Schaumburg verschärfte Kontrollen an, um die Reisenden vor Gesindel – reitend oder zu Fuß – zu schützen. In der Einleitung zur Schaumburg. Land- und Polizeiordnung von 1615 ist der Zustand der Straßen als beenget, vertrecket, ausgefahren und böß beschrieben, so daß sowohl aus- als auch inländ. Reisende nur beschwerl. auf ihnen fahren, reiten oder wandern könnten.

→ vgl. auch Farbtafel 16; Abb. 9, 35, 54, 118, 157, 174, 257

Quellen

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