Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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PRAGMATISCHE SCHRIFTLICHKEIT

Voraussetzungen

Der Begriff »pragmatische Schriftlichkeit« wurde durch einen von 1986 bis 1999 an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster bestehenden Sonderforschungsbereich in die wissenschaftliche Diskussion eingeführt. Mit dem Thema »Träger, Felder, Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter« ging es dem Unternehmen darum, den kulturellen Prozeß zu ergründen, infolge dessen im lateinischen Abendland die Verwendung von Schrift vom 11. bis ins 15. Jahrhundert sowohl für die Gesellschaft als auch für das Individuum immer größere Bedeutung erlangte und sich schließlich zu einem auf nahezu allen Gebieten des menschlichen Lebens unentbehrlichen Instrumentarium entwickelte. Im Unterschied zu älterem Bemühen um Schriftlichkeit und ihre vielfältigen Erscheinungsformen ging es dabei weniger um eine klassisch-hilfswissenschaftlich orientierte Formen- oder Quellenkunde, als vielmehr um soziale Kontexte und sich daraus ergebende mediale Funktionen. Als pragmatisch in diesem Sinn gelten demgemäß alle Formen des Gebrauchs von Schrift und Texten, die unmittelbar zweckhaftem Handeln dienen oder menschliches Tun und Verhalten durch die Bereitstellung von Wissen und Verhaltensnormen anleiten wollen. Solche Verschriftlichung zuvor schriftloser Lebensbereiche im späten Mittelalter ist als Teilaspekt eines allgemeinen, die Dominanz von Oralität und Symbolik überlagernden Medienwandels und mithin als Teil eines kulturellen Prozesses von größter gesellschaftlicher Tragweite zu begreifen (Keller, Entwicklung).

Nachdem die antike Schriftkultur im Übergang von der Merowinger- zur Karolingerzeit großenteils untergegangen war, blieb die Schrift in Klöstern und Kirchen weiterhin in Gebrauch, namentlich im Rahmen der Liturgie und gelegentlich auch schon auf dem Gebiet der Güterverwaltung respektive Besitzsicherung. Seit dem 12./13. Jahrhundert nahm dann die Schriftlichkeit wieder allenthalben und mit wachsender Geschwindigkeit zu. Mit dieser quantitativen Expansion ging nicht zuletzt ein qualitativer Wandel im Charakter der Schriftkultur einher, denn einerseits bediente man sich ihrer in der praktischen Lebensgestaltung, andererseits in der theoretischen Wahrnehmung und Verarbeitung von allerlei Phänomenen und Möglichkeiten. Motor der Entwicklung waren neue soziale Bedürfnisse, hervorgerufen durch ein generationenlang anhaltendes Bevölkerungswachstum, das Aufblühen des Städtewesens in Verbindung mit einem immer weiter ausgreifenden Handel und Wandel sowie eine zunehmende soziale Mobilität. Hinzu kam – anfangs vor allen von Italien her – ein wachsender Einfluß von intellektuellen Personengruppen, die im Studium nicht nur den Umgang mit der Theorie erlernt, sondern darüber hinaus den ganz selbstverständlichen Gebrauch der Schrift zum Zweck der Information, Kommunikation und Gedächtnissicherung kennen- und schätzengelernt hatten. Zu denken ist in diesem Zusammenhang nicht zuletzt an die Rezeption des römischen Rechts, die eine immer weiter um sich greifende, vielfach schriftgestützte Verrechtlichung der Lebenspraxis und eine ebensolche vorausschauende Normierung zur Folge hatte. Indes beschränkte sich die neue Schriftlichkeit mitnichten allein auf die rechtliche und administrative Sphäre, sondern kam in sehr beachtlichem Umfang auch auf den Gebieten der literarischen Produktion und der Gelehrsamkeit zur Geltung, in der Theologie und der Philosophie sowie in einer multidisziplinären Fachliteratur. Förderlich war dieser Entwicklung seit der Mitte des 14. Jahrhunderts schließlich die rapide Verbreitung des relativ preiswerten Papiers, das bald in vielen Bereichen das teure Pergament als Beschreibstoff ablöste, und die Erfindung des Drucks mit beweglichen Lettern in der Mitte des 15. Jahrhunderts tat ein übriges, indem sie fortan eine prinzipiell unbeschränkte Kommunikation und Wirkung jedweder Texte ermöglichte.

Freilich vermag all das nicht darüber hinwegzutäuschen, daß das späte Mittelalter und selbst noch die frühe Neuzeit geprägt blieben von einem anhaltend geringen Grad der Alphabetisierung. Träger von Schriftlichkeit war, wiewohl deren Verwendung auch im weltlichen Bereich bald rapide zunahm, noch auf lange Sicht allein der Klerus, was aber keineswegs den Eindruck erwecken soll, als hätten im Mittelalter alle Geistlichen lesen und schreiben können. Noch um die Wende des 13. Jahrhunderts waren entsprechende Kenntnisse nicht einmal für Bischöfe und Dom- oder Stiftsherren selbstverständlich, und erst seit den Reformkonzilien des 15. Jahrhunderts galten diesbezügliche Defizite bei Kanonikern und Priestern als nicht mehr tolerabel. Das Lese- und Schreibvermögen der deutschen Könige und Kaiser war bis ins späte Mittelalter höchst unterschiedlich. Noch Rudolf von Habsburg und seine Nachfolger bis hin zu Ludwig dem Bayern lebten persönlich schriftlos; Karl IV. hingegen konnte nicht nur lesen, sondern auch schreiben, und nach ihm nahm die Literalität unter den Herrschern rasch zu; seit Friedrich III. schließlich gab es keinen Kaiser mehr, der nicht lesen und schreiben konnte. Auch unter den Fürsten ist generelle Schriftkundigkeit nicht ohne weiteres vorauszusetzen. In den seit dem 13. Jahrhundert allmählich aufkommenden territorial- bzw. landesherrlichen Kanzleien wirkten Schreiber und Notare, die so gut wie ausschließlich geistlichen Standes waren. Immerhin dokumentiert das Entstehen der gotischen Kursive seit dem Ende des 12. Jahrhunderts ein wachsendes Bedürfnis schneller zu schreiben, was wiederum aus einem vermehrten Schriftaufkommen zu erklären ist, und am Ende des Mittelalters lag die Zahl derjenigen, die kursiv zu schreiben vermochten, wohl nur noch unwesentlich unter der Zahl derjenigen, die lesen konnten. Die Lesefähigkeit und die Bereitschaft zur Lektüre nahmen in den Ober- und Mittelschichten zu, was gewiß auch mit der seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts immer häufigeren Verwendung der Volkssprache statt des Lateinischen zusammenhing; im 15. Jahrhundert gehörten das Lesen und der Gebrauch von Büchern für einen Höfling zweifellos zum guten Ton, für höherrangige Beamte waren entsprechende Fähigkeiten unentbehrlich. Gleichwohl bleibt umstritten, ob zur Zeit der Reformation bereits mehr als fünf Prozent der deutschen Bevölkerung alphabetisiert waren oder nicht.

Nächst den Klöstern und Städten entfaltete sich die vermehrte Schriftlichkeit im Übergang vom hohen zum späten Mittelalter v. a. an den fürstlichen Höfen respektive in den entstehenden Residenzen und kam dort in immer weiteren Bereichen zur Anwendung. Am frühesten machte man sich die Vorteile des Schriftgebrauchs für die Zwecke der Besitz- bzw. Territorial- und Landesverwaltung zunutze, aber schon bald folgten der politische und soziale Verkehr, die Organisation des täglichen Hofs und das Verfügbarmachen eines vielfältigen, für den Hof relevanten Wissens sowie das weite Feld der Repräsentation und Legitimation mit der Erinnerungskultur, der Geschichtsschreibung (→ Hofgeschichtsschreibung), der politischen Dichtung und einem breiten Spektrum sonstiger kultureller Äußerungen. Die sowohl quantitative als auch qualitative Zunahme einschlägiger Überlieferungen seit dem 13. Jahrhundert in Archiven und Bibliotheken, aber auch an Denkmälern und Bauwerken gibt einen realistischen Eindruck vom kontinuierlichen Anschwellen pragmatischer Schriftlichkeit im Umkreis von Hof und Residenz; allfällige Überlieferungsverluste mögen dabei zwar die Erkenntnismöglichkeiten im Einzelfall reduzieren, können aber das Bild im ganzen nicht beeinträchtigen.

Herrschaft und Verwaltung

Die Zunahme der Schriftlichkeit im rechtlich-administrativen Bereich fand ihren Niederschlag zunächst in einer stark anwachsenden Urkundenproduktion, die allerdings in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts – zumindest soweit sie dem Verhältnis zu Kirchen und Klöstern entsprang – vielfach noch in Empfängerausfertigungen bestand; eigenständige, d. h. von eigenen Notaren oder Protonotaren verfaßte Ausfertigungen weltlicher Aussteller sind erst seit der Jahrhundertmitte häufiger zu beobachten. Im Lauf des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit erfaßte das Urkundenwesen neben dem anfangs nahezu ausschließlich betroffenen Verkehr mit liegenden Gütern und nutzbaren Rechten sowie der Erteilung von allerlei Privilegien immer weitere Bereiche wie etwa das Lehnswesen, das Kreditwesen, die Dienerbestallung (→ Dienerbriefe und Dienerbücher) und viele andere Aspekte sowohl des öffentlichen als auch des privaten Rechtslebens.

Freilich erlaubt die gelegentliche Erwähnung von Schreibern und Notaren in der Umgebung von Fürsten und Grafen längst nicht in jedem Fall den Schluß auf die Existenz einer organisierten Kanzlei. Für die Landgrafen von Thüringen ist eine solche immerhin bereits 1218 bezeugt, für die Markgrafen von Meißen 1235 und für die Grafen von Tirol um die Mitte des 13. Jahrhunderts; bei den Burggrafen von Nürnberg scheint sich eine regelrechte Kanzlei nicht vor dem Ende des 13. Jahrhunderts herausgebildet zu haben. Einen nachhaltigen Schub, verbunden mit einem grundsätzlichen Wandel in den Erscheinungsformen, erlebte der Schriftgebrauch zum Nutzen der Ausübung von Herrschaft erst seit dem 14. Jahrhundert, und fortan verdichten sich auch die Hinweise auf eine weiter verbreitete Institutionalisierung von Schreibstuben, die sowohl als Folge wie als Vehikel der allenthalben voranschreitenden Herrschaftsverdichtung gelten können. Die bloße »Urkundenkanzlei« klassischen Zuschnitts nahm nach und nach den Charakter einer »Verwaltungskanzlei« an, blieb indes hinsichtlich ihres politischen Gewichts als bloßer Dienstleister dem Rat, dem Gericht und der Kammer (Finanzverwaltung) nachgeordnet. In weiteren Schritten sonderten sich von der allgemeinen Kanzlei gegebenenfalls spezialisierte Schreiberstellen ab, bspw. für die Kammer, die Küche, das Gericht, den Landschreiber oder den Hofmeister. Eine abstrakt-bürokratisch organisierte Zentralverwaltung mit scharfer Ressorttrennung kannten die Territorien des Mittelalters in der Regel aber noch nicht, und dominant blieben überdies die hergebrachten Personenbeziehungen: Die Verbindung zwischen der Kanzlei und dem Territorium vermittelte ganz konkret und allein der Herr. Zu einem gewissen Abschluß gelangte die Entwicklung mit dem Erlaß von Kanzleiordnungen, wie sie für das Erzstift Köln aus dem Jahr 1469 und für das Hochstift Würzburg von 1546 überliefert sind, oder mit der Amtleuteordnung des Speyrer Bischofs Matthias Ramung von 1470.

Signifikant für die Herausbildung neuer, schriftgestützter Herrschaftsstrukturen ist die Genese und Ausbreitung von Amtsbüchern sowie deren sukzessive Differenzierung entsprechend den Bedürfnissen einer sich entwickelnden Verwaltung. Die Vorreiterrolle kam dabei nicht von ungefähr den geistlichen Herrschaften zu, denen der Umgang mit Büchern aus den täglichen liturgischen Verrichtungen seit langem vertraut war und für die es nur einen kleinen Schritt bedeutete, sich der Vorzüge der Buchform auch bei der Besitzsicherung, der Güterverwaltung und in sonstigen weltlichen Belangen zu bedienen. Rein technisch kam dabei sowohl vor, daß einzeln beschriebene Lagen erst nachträglich gebunden wurden, als auch daß die Eintragungen in bereits fertig gebundene Bücher erfolgten. Seit dem 13. Jahrhundert erlebte das Amtsbuchwesen einen bedeutenden Aufschwung, zunächst und bis weit ins späte Mittelalter in Gestalt von Mischbüchern, dann zunehmend in nach Materien getrennten Serien. Im Erzstift Mainz (14. Jahrhundert) entstanden auf diese Art lange Reihen von Ingrossaturbüchern bzw. Büchern verschiedenen Inhalts, im Hochstift Speyer (15. Jahrhundert) die ›Libri contractuum‹, neben denen noch ›Libri feudorum‹ (Lehnbücher), ›Libri officiorum‹ (Bestallungen, → Dienerbriefe und Dienerbücher) und ›Libri spiritualium‹ (geistliche Angelegenheiten) geführt wurden, und in der Kurpfalz (15.-17. Jahrhundert) die ›Perpetua‹ und ›Libri ad vitam‹ sowie Lehn- und Dienerbücher (→ Dienerbriefe und Dienerbücher). Daneben existierten überall vielerlei sonstige, mitunter aus ganz persönlichen Bedürfnissen der Schreiber erwachsene Aufzeichnungen, Kladden und Verwaltungsbehelfe wie Formular- oder Titulaturbücher und dergleichen mehr. In der Kanzlei der Bischöfe von Würzburg wurden um die Mitte des 16. Jahrhunderts nicht weniger als 61 verschiedene Amtsbuchserien geführt, von denen allerdings nur drei – die Lehnbücher, die Gebrechenbücher und die ›Libri diversorum formarum et contractuum‹ – bis ins 15. Jahrhundert zurückreichen. Eine neue Qualitätsstufe erreichte die Gattung der Amtsbücher mit den im ernestinischen Sachsen bald nach 1500 angelegten Erbregistern, in denen sämtliche landesherrliche Gerechtsame detailliert verzeichnet wurden. Eine entsprechende, mehrbändige Bestandsaufnahme ließ bereits im dritten Viertel des 15. Jahrhunderts Bischof Matthias Ramung von Speyer anläßlich seines Regierungsantritts vornehmen, und seit dem Ende des 16. Jahrhunderts fanden derartige Kompendien auch in anderen Territorien Nachahmung, erinnert sei nur an die Serien der kurmainzischen Jurisdiktionalbücher oder an den 1699 unter Bischof Johann Philipp von Greiffenclau angelegten ›Kurtzen Begriff‹ des Hochstifts Würzburg, der einen umfassenden Realschematismus des Fürstentums darstellt. Abgesehen von solchen Inventarisationen beschränkten sich die klassischen Amtsbücher des Kanzleibetriebs aber praktisch ganz auf die Dokumentation von Auslauf und Einlauf; der verwaltungsinterne Innenlauf fand erst im anschließenden Aktenzeitalter wachsenden Niederschlag.

Die älteste Erscheinungsform des Amtsbuchs ist das Urbar – auch Berain, Sal-, Güter- oder Lagerbuch genannt –, das herrschaftliche Besitz-, Zins- und Rechtsansprüche verzeichnet. Seit dem 9. Jahrhundert ist es vereinzelt für geistliche Grundherrschaften nachzuweisen, seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert auch für weltliche (Codex Falkensteinensis, um 1180). Im geistlichen Bereich sind die Vorläufer in den älteren Traditionsbüchern zu erkennen, aber es bestehen auch Querverbindungen zu den Anniversarien- oder Seelbüchern mit den häufig darin angebrachten Vermerken über Schenkungen und Stiftungen. Die frühesten bekannten Exemplare weltlicher Provenienz stammen ganz überwiegend aus dem süd- und südostdeutschen Raum. Die generell starke Zunahme dieser Gattung seit dem 13. Jahrhundert ist wohl eher genetisch als durch den Überlieferungszufall bedingt. Ein babenbergisches Urbar läßt sich bereits für das späte 12. Jahrhundert erschließen, das älteste bayerische Herzogsurbar datiert von 1231/34, um 1248 ließ der Erzbischof von Mainz ein Urbar über seine Gerechtsame im Rheingau anlegen, und um 1250 entstand auch das älteste Güterverzeichnis der Bischöfe von Regensburg. Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts werden landesherrliche Urbaraufzeichnungen über einzelne Amtsbezirke und ganze Territorien immer zahlreicher, so etwa für das Herzogtum Oberbayern (1280), die Grafschaft Kleve (um 1319), das gräflich württembergische Amt Stuttgart (um 1350), das rhein-pfalzgräfliche Amt Heidelberg (1369) oder die Markgrafschaft Meißen (1378); das älteste erhaltene Zinsbuch des Deutschen Ordens entstand erst kurz vor dem Jahr 1400. Ein besonderer Rang unter den Urbaren kommt dem sog. Habsburgerurbar (1305), dem von den Wittelsbachern initiierten Landbuch der Neumark (1337) und dem Landbuch Kaiser Karls IV. für die Mark Brandenburg (1373/75) zu, die andere zeitgenössische Exemplare der Gattung nach Anspruch, Konzeption und Durchführung bei weitem übertreffen. Jenseits ihrer materiell-inhaltlichen Funktion, bestehende Ansprüche auf Abgaben, Nutzungen und allerlei Gerechtsame zu dokumentieren und zu konservieren, waren Urbare auch Requisiten zur Demonstration von sozialem Status, hatten sie, indem sie nicht zuletzt soziale Beziehungen und Abhängigkeiten tradierten, einen symbolischen, nachgerade legitimierenden Wert. Damit hängt zusammen, daß Güter- und Zinsbücher oft generationen- und jahrhundertelang immer wieder erneuert wurden, um mittels Festschreibung hergebrachter Normen und Traditionen der Dynamik allfälliger Veränderung zu steuern. Nicht von ungefähr werden entsprechende Bestandsaufnahmen vielerorts als Renovationen bezeichnet. Indes wird man gegenüber dieser zweifellos sehr wichtigen sozialen Dimension die unmittelbar ökonomisch-fiskalische Aussagekraft von Urbaren keinesfalls unterschätzen dürfen.

Während die Ursprünge des Urbars außerhalb der Kanzlei liegen und obendrein lang vor deren Entstehung zu suchen sind, ist das Register typologisch der erste unmittelbar aus der Kanzleitätigkeit selbst erwachsene Verwaltungsbehelf. Register, in denen vornehmlich auslaufende Urkunden verzeichnet wurden, bilden den Kern des älteren Amtsbuchwesens und können als eigentliches Merkmal einer entwickelten spätmittelalterlichen Kanzlei gelten. In der Grafschaft Tirol läßt sich ihre Führung bis in die Mitte des 13. Jahrhunderts zurückverfolgen, allerdings noch nicht in Gestalt förmlicher Kanzleiregister, sondern als persönliche Hilfsmittel einzelner Notare. Das älteste Register der Bischöfe von Samland beginnt mit dem Jahr 1322; im Herzogtum Niederbayern setzt die Reihe 1340 ein, bei den Welfen in Braunschweig 1344/45, bei den Wettinern 1349, bei den Herzögen von Kleve 1360, bei den Erzbischöfen von Köln 1364/66 und bei den Herzögen von Österreich in den 1380er Jahren; auch vom Deutschen Orden sind Register – in erster Linie für ausgefertigte Handfesten – seit der Mitte des 14. Jahrhunderts überliefert. Zumeist wurden die Registerbände nicht streng chronologisch geführt, Eintragungen offenbar nicht täglich, sondern nur von Zeit zu Zeit, gewissermaßen schubweise vorgenommen, und das gewöhnlich anhand von Konzepten, nicht anhand von Ausfertigungen. Überdies fanden längst nicht alle Ausgänge einen Niederschlag in den Registern, vielmehr nur solche, denen man eine größere und dauernde Bedeutung zuerkannte. Bei den Wettinern gelangte nicht einmal jeder Registereintrag zur Ausfertigung, vielmehr galt schon der Vermerk an sich als beweiskräftig. Und schließlich wurden vielerorts statt vollständiger Urkundentexte nur regestenartige Auszüge notiert. Dies gilt namentlich für die ältesten überlieferten Lehnregister – Rheingraf Wolfram (1210/20), Würzburg (1303), Halberstadt (1311), Österreich (1313), Welfen (1318), Speyer (1339/40), Hohenlohe (1356) –, die in genetischer Abhängigkeit vom Urbar bis ins 15. Jahrhundert als bloße Aktregister angelegt sind und deren Eintragungen zumindest im 14. Jahrhundert nur ausnahmsweise mit ausgefertigten Lehnbriefen korrespondieren. Erst seit dem 15. Jahrhundert führte man die Lehnbücher verbreitet als Volltextregister, in die bald auch noch die dazugehörigen Reverse kopiert wurden.

Register bildeten bis zum Ende des Mittelalters auch das Rückgrat der königlichen Kanzlei. Angesichts der Tatsache, daß die Raison der deutschen Könige im Spätmittelalter vorrangig dynastisch und hausmachtbezogen war, kann es dabei nicht wundernehmen, wenn die Verhältnisse ihrer Kanzleien im wesentlichen jenen in den Territorien entsprachen, und folgerichtig in den Registern bis zum Ende des 14. Jahrhunderts Reichsangelegenheiten mit Hausmachtinteressen durchmischt sind. Verglichen mit westeuropäischen oder gar päpstlich-kurialen Standards war die königliche Kanzlei im deutschen Reich nur wenig entwickelt. Über Register verfügten offenbar schon die Schreiber Friedrich Barbarossas im ausgehenden 12. Jahrhundert; von Friedrich II. kennt man entsprechendes Schriftgut aber nur aus Sizilien. Aus der Zeit König Adolfs ist ein Registerfragment überliefert, das allem Anschein nach als Formularsammlung diente (um 1297), und unter Ludwig dem Bayern hat vermutlich ein einfacher Notar die Gewohnheit Register zu führen aus einer früheren Anstellung mitgebracht (1322/27), aber seine Initiative erlahmte, als die Kanzlei des Kaisers sich auf der Grundlage der im bayerischen Hausmachtterritorium vorherrschenden bescheidenen Verhältnisse konsolidierte. Von Karl IV. und Wenzel liegen wiederum nur Registerfragmente vor, bei denen es sich aber noch immer nicht um »Reichsregister«, sondern um quasi private Aufzeichnungen des Kanzlers handelt. Erst mit Ruprecht von der Pfalz beginnen umfangreiche, nach verschiedenen Gesichtspunkten angelegte Registerserien der Reichskanzlei, in denen aber wie in den Territorien nur ein kleiner Teil der tatsächlich ausgefertigten Urkunden dokumentiert ist. Sigmund bemühte sich, den Stand seines Vorgängers zu halten, bewirkte aber selbst keine weiteren Innovationen. Friedrich III. schließlich brach mit dem Überkommenen und wandte einen neuen Stil an, was bald eine stark anschwellende Schriftlichkeit zur Folge hatte. Die Registerführung wurde beibehalten, allerdings nur für Privilegien, und weil die Schreiber Mühe hatten, die Zunahme des Schriftwerks zu bewältigen, ließ die Sorgfalt, mit der sie die Bücher führten, nach. Im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts, nachdem 1473 die kaiserliche Kanzlei eine Ordnung erhalten hatte, besserten sich die Verhältnisse; seither wurden auch Konzepte planmäßig gesammelt und archiviert. Als erster unter den deutschen Königen regierte Friedrich vorzugsweise mittels schriftlicher Anweisungen, und namentlich in finanziellen Angelegenheiten griff er oft selbst zur Feder.

Das Pendant zum Register ist das Kopiar, in das für die Bedürfnisse der laufenden Verwaltung die Texte eingegangener Urkunden abgeschrieben wurden, um die unter rechtlichem Aspekt kostbaren Ausfertigungen gehörigen Orts sicher verwahrt halten zu können. Bezeichnenderweise enthält das älteste Kopialbuch der Wettiner aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts allein Abschriften empfangener Kaiser- und Königsurkunden, und auch in das älteste Kopiar der Kölner Erzbischöfe von 1295 ist nur eine Auswahl besonders wichtiger Urkunden eingetragen. Bei der »Reichskanzlei«, wo Privilegien nur aus-, aber nicht eingingen, spielten Kopialbücher im eigentlichen Sinn folgerichtig keine Rolle. Im Erzstift Trier setzte Erzbischof Balduin von Luxemburg Maßstäbe, die jahrhundertelang nachwirkten. Bereits 1311/13 ließ er ein erstes kleineres Kopiar anlegen, und seit etwa 1330 wurde auf sein Geheiß – sei es aufgrund französischer, sei es aufgrund kurialer Vorbilder – die gesamte schriftliche Überlieferung des Erzstifts gesichtet und alle Texte von dauerhafter rechtlicher Bedeutung in dem dreifach überlieferten ›Codex Balduineus‹ zusammengefaßt; ein illuminiertes Exemplar war für den Erzbischof selbst bestimmt, ein weiteres für das Domkapitel, und ein drittes diente dem täglichen Gebrauch bzw. der Mitnahme auf Reisen. Vergleichbares ist aus jener Zeit anderwärts nicht bekannt. Die ältesten Kopialbücher der Grafen von Kleve und der Bischöfe von Speyer datieren aus den späten 1330er Jahren, und die ersten entsprechenden Aufzeichnungen des Deutschen Ordens entstanden bald nach 1360. Im folgenden fanden Kopialbücher, nicht selten in Mischformen, die sich mit Registern verbanden, in allen Territorien Verbreitung, wurden teilweise noch im 17. Jahrhundert angelegt und waren nach Ausweis von Randvermerken und Querverweisen oft über viele Generationen in Gebrauch. Zur besseren Orientierung in den vielen ihm anvertrauten Kopialbüchern und Registern schuf der unermüdliche bischöflich würzburgische Sekretär und Archivar Lorenz Fries im dritten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts seine ›Hohe Registratur‹, ein umfassendes, sachalphabetisches Generalrepertorium, das an Praktikabilität und Erschließungstiefe noch für lange Zeit unerreicht bleiben sollte.

Im Unterschied zu Registern und Kopiaren, die externes Schriftwerk dokumentieren, entstammen Rechnungen ganz dem internen Betrieb; sie dienten der Herrschaft dazu, ihr eigenes Personal und dessen Amtsführung zu kontrollieren. Ihre Vorbilder hat man in Süd- und Westeuropa zu suchen. Dementsprechend sind die ältesten deutschen Rechnungen aus dem Westen und dem Südosten des Reiches überliefert. Kennzeichnend für sie sind gewöhnlich eine stark verkürzte Sprache und, ungeachtet des Vordringens der Volkssprache, die Beständigkeit rechnungstechnischer Fachtermini aus dem Lateinischen. Die Anfänge des Rechnungswesens liegen im 13. Jahrhundert, umfangreichere Serien setzen aber erst um die Mitte des 15. Jahrhunderts ein. Wenigstens z. T. ist das darauf zurückzuführen, daß dergleichen Aufzeichnungen nach erfolgter Prüfung durch die Herrschaft (Rezeß) an Bedeutung verloren und oft vernichtet oder – soweit es sich um wertvolles Pergament handelte – einer neuen Verwendung, etwa zu Einbandzwecken, zugeführt wurden. Im 19. Jahrhundert fielen Rechnungsserien nicht selten der Raumnot in Archiven zum Opfer. Nicht von ungefähr handelt es sich bei den ältesten bekannten Stücken, den Reise- und Hofrechnungen des Bischofs Wolfger von Passau (1203/04) sowie einer Verwalterrechnung aus der Herrschaft Bolanden (1258/62), um Fragmente, die als Einbände von Amtsbüchern überdauert haben; die Abrechnung des Landskroner Reichsburggrafen Gerhard von Sinzig (1242) ist ohnehin nur abschriftlich erhalten. Im übrigen stammen die frühesten territorial- respektive landesherrlichen Rechnungen aus dem Erzstift Köln (1277/91), aus Tirol (seit 1280, Raitbücher), Geldern (1294/95), Österreich (seit 1282 bzw. 1326/28)), Salzburg (1288), Bayern (1291), Schwerin (1309), Brandenburg (1316), Pommern (1321/23), Trier (1330er Jahre), Thüringen (1353/55) und Mecklenburg (1354). Vom Hof des Basler Bischofs sind aus dem dritten Viertel des 15. Jahrhunderts nahezu lückenlose Rechnungserien überliefert. Die Formen der frühen Rechnungsführung waren in den einzelnen deutschen Landschaften sehr unterschiedlich; weit verbreitet ist der Wechsel vom Rotulus zur Heft- oder Buchform im 14. Jahrhundert. Festere Usancen und eine Verfeinerung des Rechnungslegungsverfahrens bildeten sich erst im Lauf des 15. Jahrhunderts heraus. Seit dem 16. Jahrhundert wurden den Rechnungen gewöhnlich ebenso vielfältige wie umfangreiche Nachweise (Beilagen) hinzugefügt und separat gebunden. Eine Sonderform stellen die im Zusammenhang mit der Zollerhebung entwickelten Rechnungen dar, wie man sie v. a. vom Mittelrhein kennt, spätestens seit dem Beginn des 14. Jahrhunderts in wachsender Zahl (→ Rechnungen).

Urbare, Register, Kopiare und → Rechnungen bilden allenthalben den ältesten Kern der Amtsbuchüberlieferung bzw. des Verwaltungsschriftguts. Daneben entwickelte sich mit der Zeit entsprechend den Strukturen und Bedürfnissen der jeweiligen Herrschaft und ihres Personals ein breites Spektrum sonstiger Kompilationen und Behelfe, darunter auch so alltagspraktische Hilfsmittel wie Briefsteller, Formelsammlungen oder Titulaturbücher. Und noch auf lange Sicht spielten, wie nicht nur das Beispiel Ludwig von Eybs des Älteren zeigt, persönliche Initiativen von Dienern und Amtleuten eine kaum zu überschätzende Rolle. Selbst das Taxregister der königlichen Kanzlei ist 1471/75 nicht aus deren eigenem Geschäftsgang entstanden, sondern infolge einer Verpachtung der Kanzleieinnahmen an den Erzbischof von Mainz. Als innovativ erwiesen sich insbesondere und immer von neuem die fiskalischen Interessen der Herrschaft. So seien hier v. a. die verschiedenen Arten von Steuerverzeichnissen und -büchern genannt, wie man sie aus der Grafschaft Tirol (seit 1274), aus den wettinischen Landen (seit 1314) oder aus der Grafschaft Geldern kennt (seit Anfang des 14. Jahrhunderts). Ihrer Genese nach sind sie, soweit es sich um Soll-Verzeichnisse handelt, den Urbaren und Zinsbüchern verwandt, soweit sie tatsächlich geleistete Zahlungen dokumentieren, den → Rechnungen; seit dem 15. Jahrhundert entwickelten sie sich unter immer weiterer Verbreitung zu einem eigenen Schriftguttyp, bis hin zum Grundbuch und Kataster. Auch vielerlei → Anschläge (Kalkulationen), Matrikeln und Landtafeln, wie sie unter anderem im Zusammenhang mit Landständen geführt wurden, gehören letztlich hierher. In Württemberg wurden seit der Mitte des 16. Jahrhunderts Leibbücher geführt, und die Bischöfe von Speyer ließen bereits 1469/70 und nochmals 1530 die komplette Einwohnerschaft ihres Territoriums (inklusive des engeren Hofs) namentlich erfassen. Selbstverständlich fand auch die Inventarisierung von allerlei Gerätschaften, Mobiliar, Vorräten und Waffen sowie Kunstgegenständen und Pretiosen seit dem ausgehenden Mittelalter eine immer weitere Verbreitung; Anlaß zu derartigen, der Rechnungslegung (→ Rechnungen) verwandten Maßnahmen gaben in der Regel Amts- und Regierungswechsel, aber auch Krisensituationen. Der Kurfürst von der Pfalz ließ 1504 im Zuge der Mobilmachung zum Landshuter Krieg die ganze Streitmacht, die er aufzubieten gedachte, samt Ausrüstung detailliert erfassen. In der seit der frühen Neuzeit üblichen Protokollierung kollegial gefaßter Beschlüsse folgten die landesherrlichen Verwaltungen, Gremien und Gerichte einmal mehr geistlichen Vorbildern, in diesem Fall den Dom- und Stiftskapiteln.

Im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit wurde die Register- und Kopialbuchführung zunehmend von ungebunden verwahrten Akten abgelöst; anfangs findet man dabei nicht selten Briefe und Aufzeichnungen, die nach Art der älteren Rotuli zusammengenäht sind. Allerdings bedeutet die Verdrängung der Amtsbücher durch die Akten nicht nur einen technischen, sondern auch einen strukturellen Wandel. Zum einen äußert sich in der Anlage von Sachakten eine immer weitere Verfeinerung hinsichtlich der administrativen Materientrennung. Im Erzstift Köln kam man entsprechenden Bedürfnissen bereits im späten Mittelalter mit der Herstellung von Registerauszügen (Extrakten) zu bestimmten Sachkomplexen nach. Zum anderen verbindet sich in den derart sachthematisch oder personenbezogen angelegten Akten eingelaufenes Schriftwerk (Schreiben, Briefe) mit ausgelaufenem in Gestalt von Konzepten und obendrein mit Aufzeichnungen des administrativen Innenlaufs, wie allerlei Notizen, Vermerken, Mitteilungen, Anweisungen, Berichten, Suppliken, Entwürfen, → Anschlägen oder Denkschriften, was in der Regel einen mehrstufig organisierten Verwaltungsapparat mit interner schriftlicher Kommunikation voraussetzt. Im weiteren Sinn gehören hierher auch → Risse und Pläne von Bauvorhaben, wobei freilich zu berücksichtigen ist, daß tatsächlich ausgeführte Projekte auf diese Art eher selten dokumentiert sind, weil die dazugehörigen Planzeichnungen im täglichen Gebrauch auf der Baustelle oft verschlissen wurden. In den Erzstiften Mainz und Trier kamen Mitteilungs- und Befehlsschreiben, die sich teils des Ich-, teils des Wir-Stils bedienten, seit der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts in Gebrauch. Damit fand in den Akten, anders als in Amtsbüchern, neben Rechtserheblichem auch viel Vorläufiges und nur unter dem Gesichtspunkt der Vollständigkeit Interessantes einen dauerhaften Niederschlag, und in der Folge nahm das Verwaltungsschriftgut unvermeidlich an Umfang zu. Begünstigt wurde diese Entwicklung seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts einmal mehr durch die Verwendung des gegenüber dem Pergament deutlich preisgünstigeren Papiers. Zum Abschluß kam die Ausbildung des Aktenwesens erst im 18. Jahrhundert mit der gänzlichen Verschriftlichung des Verwaltungsverfahrens.

Eine Sonderform des Verwaltungsschriftguts bilden die Dokumente aus dem Umfeld des diplomatischen Verkehrs zwischen Fürstenhöfen, wie sie seit dem 14. Jahrhundert überliefert sind. Sie geben die Verwaltungsabläufe im Vorfeld der Abreise einer Gesandtschaft zu erkennen, legen deren Handlungsspielräume fest und suchen das politische Geschehen so weit als möglich zu präfigurieren. Im einzelnen ist dabei an Schutz- und Geleitbriefe, Beglaubigungen (Kredenzen), Vollmachten (Prokurationen) und Verhaltensmaßregeln respektive Verhandlungsleitfäden (Instruktionen) sowie Zwischen- und Abschlußberichte zu denken. Einerseits handelt es sich bei diesen Texten um externes Schriftgut mit urkundlichem Charakter (Geleitbriefe, Kredenzen, Prokurationen), andererseits um streng interne, mitunter sehr umfangreiche Texte (Instruktionen, Berichte), die ganz den Akten zuzurechnen sind.

Organisation des Hofes

Bei den ältesten aus dem Gebiet des deutschen Reiches bekannten Dokumenten zur Organisation von Höfen handelt es sich zum einen um ein zur unmittelbaren Anwendung konzipiertes herrscherliches Regulativ – Kaiser Ludwigs des Frommen Capitulare ›De disciplina palatii Aquisgranensis‹ –, zum anderen um zwei theoretische Traktate – Hinkmars von Reims ›De ordine palatii‹ (spätes 9. Jahrhundert) und Konrads von Megenberg ›Yconomia‹ (1348/52) –, die mit ihren didaktischen Anliegen jedoch gleichfalls auf Umsetzung in der Realität zielten. Eine Amtsträgerliste aus der Grafschaft Hennegau von 1212/14 und zwei 1293/94 für den Hof des Herzogs von Niederbayern verfaßte Ordnungen sind aufgrund ihrer Zeitstellung gänzlich untypisch, denn die einschlägige Überlieferung beginnt ansonsten erst mit dem frühen 15. Jahrhundert; selbst aus aus dem glänzenden Burgund liegt der früheste derartige Text erst aus dem Jahr 1407 vor. Entsprechende, ganz uneinheitliche Aufzeichnungen, die anfangs den Hof als Ganzes betrafen und sich erst seit dem 16. Jahrhundert nach einzelnen Ämtern und sonstigen Regelungsbereichen ausdifferenzierten, faßt die historische Forschung unter dem Begriff → Hofordnungen zusammen. Gemeint sind damit »vom jeweiligen Herrn erlassene Bestimmungen, die feststellen, (1) welche Ämter es in seiner Haushaltung gibt, (2) wer sie innehaben soll, (3) mit welchem Gefolge bzw. mit welcher Entlohnung sie zu versehen sind, (4) was zu tun ist und (5) in welcher Form dies zu geschehen hat« (Höfe und Hofordnungen, S. 14). Die Übergänge zu allerlei sonstigen Verfügungen seitens der Herrschaft sind fließend. Dergleichen → Hofordnungen, die ausschließlich dem engeren Hof galten, d. h. an Personen gerichtet waren, die zum herrschaftlichen Haushalt gehörten und daher zum Herrn des Hofs in einem förmlichen Dienstverhältnis standen, können schon deshalb als pragmatisches Schriftgut gelten, weil sie in der Regel nicht mit großer Geste als Prunk- oder Prachtausfertigungen publiziert wurden, sondern anlaßbezogene Arbeitstexte waren, die, formal anspruchslos und inhaltlich oft banal, allein dem internen Gebrauch dienten. Freilich muß man davon ausgehen, daß nur ein Bruchteil der tatsächlich verfaßten Ordnungen erhalten ist, weil zweifellos viele im täglichen Leben zwischen Küche, Keller und Stall verschlissen wurden, und daß außerdem mancher Hof überhaupt ganz ohne schriftliche Fixierung derartiger Instruktionen auskam, zumal in älterer Zeit.

Das Auftauchen schriftlicher → Hofordnungen ist ein gemeineuropäisches Phänomen und korreliert mit einer auch auf anderen Gebieten zu beobachtenden Tendenz zur Ausweitung von Normsetzung sowie mit der allenthalben rapiden Zunahme von Schriftlichkeit. Insofern kann es nicht verwundern, daß die frühesten Zeugnisse für hofbezogene Ordnungen wiederum aus dem Westen (Hennegau, 1212/14; Kleve, 1411) und dem Süden des Reiches (Bayern, 1293/94; Tirol, 1431/32) stammen. Dem vornehmlich aus seiner Hausmacht lebenden Kaiserhof ist in dieser Hinsicht zumindest anfänglich keine Vorbildfunktion zuzurechnen, datiert doch der älteste einschlägige Text dortiger Provenienz nicht vor 1490. Hingegen sind aus dem Herzogtum Kleve von 1446 bis 1515 bereits weitere achtzehn → Hofordnungen überliefert, und seit der Mitte des 15. Jahrhunderts kennt man dergleichen Schriftgut von immer mehr Höfen: von den Wettinern seit 1456 (1470/89, 1499, 1502), von den Wittelsbachern seit um 1464 (1466, 1514, 1552), aus Tirol neuerlich 1466 (1476, 1478 u. ö.), aus dem Erzstift Köln seit 1469 (1498), aus der Markgrafschaft Brandenburg seit 1470, aus der Grafschaft Württemberg seit 1478, aus dem Herzogtum Jülich-Berg seit 1479 (1490, 1534, 1538), aus der Landgrafschaft Hessen seit 1501 (1513, 1522), aus dem Erzstift Mainz seit 1505 (1532, 1584), von den Welfen seit 1510 (1560, 1570, 1586, 1625), aus dem Herzogtum Mecklenburg seit 1524 (1588), aus dem Erzstift Bremen seit 1534 (1593), aus dem Herzogtum Pommern seit 1575 und aus dem Herzogtum Holstein seit 1662. Die auffällige Verdichtung der Überlieferung seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert wird nicht zuletzt der sukzessiven Überwindung älterer, noch ganz personenverbandlich geprägter Herrschaftsstrukturen und einer immer stärker um sich greifenden Institutionalisierung der Funktionen bei Hof zuzuschreiben sein. Häufige Erneuerungen und Überarbeitungen der Instruktionen lassen vermuten, daß es um ihre Wirksamkeit allgemein nicht zum besten stand. Was die Modalitäten betrifft, orientierte man sich – worauf insbesondere das Vorhandensein entsprechender Abschriften hindeutet – seit der Mitte des 16. Jahrhunderts namentlich unter den altgläubigen Fürsten doch zunehmend an den Usancen des Kaiserhofs.

Den Anlaß zur Entstehung von → Hofordnungen gaben allenthalben die Einsicht respektive der Zwang zu sparsamerem Wirtschaften und der Wunsch, diesbezügliche Kontrollmechanismen zu entwickeln. Nicht von ungefähr handelt es sich bei den ältesten einschlägigen Texten, sei es in Hennegau, Niederbayern, Kleve und Tirol oder am Kaiserhof, ausnahmslos um Listen von Personen (→ Hofstaatsverzeichnisse) – »täglichem Hofgesinde« –, die im herrschaftlichen Haushalt verköstigt werden mußten, schließlich ging es darum, die Zahl der Kostgänger zu begrenzen und v. a. den am Hof verkehrenden Adel, soweit er nicht dem engeren Hofstaat zugehörte, samt seinen Knechten und Pferden von der kostspieligen Speisung auszuschließen. Desgleichen galt es, den verbreiteten Mißbrauch des »Abschleppens« von Speisen, Getränken und Futter sowie der unbefugten Nutzung höfischer Infrastruktur wie Werkstätten etcetera zu unterbinden. Wiewohl alle diese Instruktionen im Namen des Fürsten ergingen, waren sie inhaltlich doch oft Zugeständnisse an Landstände oder Domkapitel, und ihre Exekution bildete mitunter eine unausweichliche Voraussetzung für die Bewilligung von Steuern. So intendierten sie zwar eine Einschränkung des fürstlichen Haushalts und seines Aufwands, was sich zwangsläufig auch auf den Splendor des Hofs auswirkte, reglementierten und disziplinierten aber auf diese Weise zumindest der Form nach nicht den Fürsten, sondern die Inhaber seiner Hofämter. Die damit verbundene Kontrolle erfolgte mittels wöchentlicher, mindestens vierzehntäglicher Rechnungslegung über Lebensmitteleinkäufe für die Hoftafel, Lebensmittel- und Futterbevorratung und ähnliches. Folgerichtig wird man schon die frühen Hof- und Küchenrechnungen, die von Bischof Wolfger von Passau (1203/04), von Burg Bolanden (1258/62), vom Romzug Kaiser Heinrichs VII. (1310/12), aus dem Fürstentum Rügen (1325) oder vom wettinischen Hof (1330) überliefert sind, als Ausfluß einer ansonsten noch unschriftlichten, aber mit dem zeitlosen Problem der Verschwendung konfrontierten → Hofordnung deuten können (→ Rechnungen).

Inhaltlich ging die Entwicklung – wie namentlich am klevischen Beispiel gut nachzuvollziehen – von einfachen Personenlisten (Kostgänger) über funktionsbezogene Dienstanweisungen zu kompletten Regimentsordnungen; die bereits erwähnte Kölner Kanzleiordnung von 1469 war Teil einer umfassenden → Hofordnung. Die Trennung von engerem (Haushalt) und weiterem Hof (Regierung) setzte sich in den deutschen Territorien erst seit der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit durch, und mit ihr kam eine zunehmende Spezialisierung und Ausdifferenzierung der Funktionen am Hof zur Geltung und zu schriftlichem Niederschlag in → Hofordnungen. Ging es darin anfangs fast nur um die Küche, den Keller, den Speicher und den Stall, so wurden seit der Mitte des 16. Jahrhunderts auch die Türhüter, die Leibwächter, der Hofmeister, der Marschall, der Futtermeister, der Wagenmeister, die Jäger, die Hofhandwerker sowie die Silber- und Hauskämmerer mit eigenen Instruktionen bedacht. Erst zuletzt folgten Kammerordnungen für den persönlichen Bereich des Fürsten, was zweifellos damit zusammenhängt, daß wirtschaftliche Interessen dort eine geringere Rolle spielten und der herrscherliche Wille in dieser Sphäre ganz unmittelbar und in der persönlichen Kommunikation zum Tragen kam. Indes blieben ungeachtet aller Schriftsätze und Instruktionen die Kompetenzen vieler Ämter im Umkreis des Hofs noch lange Zeit im Fluß, gestalteten sich dynamisch entsprechend den jeweiligen Persönlichkeiten der oft wechselnden Amtsinhaber. Separate Ordnungen für den Männer- und den Frauenhof sind auf der Ebene des Königtums seit 1496/97 bekannt. Im einzelnen betrafen die Regelungsbereiche v. a. in der frühen Neuzeit die Tischordnung und → Tischzucht, die allgemeine Zucht und Sitte, das Verhältnis der Geschlechter sowie Präzedenz- und Rangordnungsfragen (Etikette), worunter auch die Zahl der jeweils zugebilligten Pferde zu rechnen ist.

Hinsichtlich zeremonieller Normen und Verhaltensweisen sind die älteren → Hofordnungen nahezu gänzlich unergiebig. Aber auch die sonstige schriftliche Überlieferung aus dem Gebiet des deutschen Reiches ist diesbezüglich ausgesprochen dürftig, und das offenbar nicht etwa infolge allfälliger Verluste, sondern weil mangels einschlägiger Bedürfnisse entsprechendes Schriftgut erst gar nicht entstand. Abgesehen von den hochmittelalterlichen, primär liturgisch orientierten Ordines für die Weihe und Krönung des Kaisers und der Kaiserin (→ Feste zu besonderen Anlässen – Krönung) macht allein die Goldene Bulle von 1356 Vorschriften zeremonieller Art. Im übrigen folgte man am Hof sowohl des Königs als auch der geistlichen und weltlichen Fürsten mündlich respektive gewohnheitlich tradierten Konventionen und Normen, über deren Geltung und Modifikation der jeweilige Herr von Fall zu Fall entscheiden konnte. Bei Bedarf diente die Schilderung fremder Bräuche in → Gesandtschafts- und Reiseberichten (→ Feste zu besonderen Anlässen – Reise) als Vorbild; hie und da finden sich so v. a. Hinweise auf eine Orientierung am burgundischen Beispiel. Spezifische Aufzeichnungen über höfische Verhaltensmuster entstanden zunächst allenfalls als prophylaktisch angelegte Sammlungen von Präzedenzfällen; erinnert sei nur an die Schilderung der Beisetzung eines Würzburger Bischofs (1495) oder an die aufgrund des konfliktreichen Verhältnisses zwischen Hochstift und Freistadt Speyer seit dem 15. Jahrhundert regelmäßig und sehr gewissenhaft angefertigten Protokolle über den Hergang beim Ersten Einreiten und beim Begräbnis eines Bischofs (→ Feste im Lebenslauf – Tod). Besonders hilfreich waren in dieser Hinsicht auch Berichte, wie sie seit dem späten Mittelalter aus verschiedenen Anlässen über allerlei Feste aufgezeichnet wurden (→ Höfische Feste und ihr Schrifttum). Wo dergleichen schriftliche Ressourcen nicht existierten, blieb man bis weit in die Neuzeit darauf angewiesen, das nötige Wissen immer von neuem in Erfahrung zu bringen, gewöhnlich indem man Ältere, die Entsprechendes noch selbst erlebt hatten, befragte. Am Königshof brachten erstmals die in den Jahren 1527 und 1537 unter Ferdinand I. erlassenen → Hofordnungen neben vielem anderem auch ausführlichere Maßregeln für die Bedienung des Herrschers und seiner Familie. Schließlich wuchs in der Neuzeit mit zunehmender Verbreitung des wohl aus Frankreich übernommenen Begriffs Zeremoniell auch das Bedürfnis stark an, tradierte und adaptierte Gewohnheiten schriftlich festzuhalten, um ihnen dauerhaft Geltung zu verleihen oder sich zu gegebener Zeit auf sie berufen zu können. Im Reich waren dergleichen Aufschriebe schon deshalb unvermeidlich, weil die Verdichtung der Reichsverfassung und die Herausbildung einer Geschäfts- und Stimmordnung auf den Reichstagen dazu zwang, präzise Bestimmungen über Rangplätze zu treffen und zu dokumentieren. Aber erst im 17. und v. a. im 18. Jahrhundert schwoll die auf zeremonielle Fragen bezogene Schriftlichkeit im Umkreis des kaiserlichen und der landesfürstlichen Höfe stark an.

Um spezifisch hofbezogene Schriftlichkeit handelt es sich auch bei Bestallungsurkunden, wie man sie insonderheit für Hofmeister und anderes höherrangiges Personal vereinzelt schon seit dem 14. Jahrhundert, in größerer Zahl freilich erst seit dem 15. Jahrhundert kennt (→ Dienerbriefe und Dienerbücher). Z. T. sind sie in Ausfertigung überliefert, zumeist aber nur in Dienerbüchern (→ Dienerbriefe und Dienerbücher). Auch und gerade für solche Bestallungen (→ Dienerbriefe und Dienerbücher) gilt, was bereits im Zusammenhang mit den Registern ausgeführt wurde, daß der bloße Registereintrag vielfach die Ausfertigung ersetzte und daß umgekehrt nicht jede behändigte Ausfertigung registriert wurde. Neben der Besoldungsregelung enthalten sie namentlich in jüngerer Zeit zunehmend detaillierte Dienstanweisungen, die Rückschlüsse auf das Leben am Hof und seine Organisation zulassen. Der Personenkreis der bei Hof Beschäftigten und ihre sozialen Netzwerke sind darüber hinaus mitunter in speziellen → Memorial- oder Bruderschaftsbüchern aus dem Kontext des liturgischen Gebetsgedenkens dokumentiert. Regelrechte → Hof- und Staatsschematismen bzw. -kalender entstanden erst in der frühen Neuzeit und fanden eine weitere Verbreitung nicht vor dem 18. Jahrhundert.

Repräsentation und Legitimation

Die dynastische Geschichtsschreibung des ausgehenden Mittelalters (→ Hofgeschichtsschreibung) gehört insofern zur pragmatischen Schriftlichkeit, als sich in ihr hoforientierte Literatur und die Interessen konkreter Politik verbinden. Während vor noch nicht allzu langer Zeit entsprechende Werke von der Forschung vornehmlich als Träger und Vermittler historischer Fakten herangezogen und ganz unter diesem Aspekt bewertet wurden, hat man inzwischen gelernt, sie jenseits der in ihnen überlieferten Daten als aussagekräftige Zeugnisse historischen Bewußtseins sowie als eigenständiges Vehikel herrschaftlicher Legitimation und politischer Propaganda zu begreifen, daneben auch als Medien der Didaxe, der Identifikation und der Unterhaltung. Waren doch die Auftraggeber unter Berufung auf ihr hier beschriebenes Herkommen bemüht, einerseits bestehende Herrschaft zu konsolidieren und andererseits weitergehende Herrschaftsansprüche zu artikulieren. Seit dem 16. Jahrhundert geriet so die Produktion von Herkommen zu einem regelrechten Massenphänomen, befördert von Gelehrten, die einschlägige Wissensbestände anhäuften und entsprechende Identifikationsangebote für den Adel aller Hierarchiestufen bereitstellten. Nicht zu vergessen sind dabei auch die Entstehung und Fundierung eines historischen Raumbewußtseins.

Eine derartige höfische Geschichtsschreibung (→ Hofgeschichtsschreibung) gibt es freilich erst seit dem ausgehenden 14. Jahrhundert. Sie präsentiert sich einerseits als Tradition der jeweiligen Dynastie, andererseits als Geschichte des von dieser beherrschten Landes und läßt sich nicht aus den Kloster- und Stifterchroniken des hohen Mittelalters herleiten, die v. a. der klösterlichen Besitz- respektive Rechtesicherung dienten und an denen der Adel insofern verständlicherweise nur geringen Anteil nahm. Vielmehr entstand sie als eigenständiges Genus, das ältere Vorgaben und Vorlagen von geistlicher Seite – etwa aus der Pflege der Memoria oder aus der Grablegentradition – zwar aufgriff, diese jedoch ganz zweckorientiert weiterverarbeitete. Ein frühes und zugleich typisches Beispiel dafür ist die Mecklenburgische Reimchronik des Ernst von Kirchberg (1378/79). Als illuminierte Prachthandschrift auf Pergament geschrieben, umfaßt sie, obgleich unvollendet, rund 28.000 Verse und hatte die Funktion, den Anspruch des mecklenburgischen Fürstenhauses auf die Königswürde in Schweden und Dänemark zu begründen. Zu diesem Behuf verarbeitete ihr Autor Informationen aus der Slawenchronik Helmolds von Bosau sowie aus Klöstern des Landes und konstruierte unter Zuhilfenahme fiktiver Ansippungen die seinem Anliegen nützlichen genealogischen Herleitungen. Die um 1435 vermutlich von einem Minoritenpater als Auftragsarbeit verfaßte Chronik der Grafen von Cilli beförderte den Ruhm eines erst durch Ludwig den Bayern gegraften und durch Sigmund von Luxemburg gefürsteten Herrengeschlechts aus der Steiermark. Die ein Menschenalter später entstandene Chronik des Matthias Widmann von Kemnat (gest. 1476) erbrachte den historisch-genealogischen Beweis für die Berechtigung des Pfalzgrafen Friedrich I. zur Kurwürde und unterstützte damit ganz unmittelbar die politische Propaganda des Heidelberger Hofs in der Auseinandersetzung mit Kaiser Friedrich III. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts schließlich führte der in Kaiser Maximilians Diensten stehende Jakob Mennel (gest. 1526) aus Freiburg im Breisgau – inzwischen ganz in humanistischer Manier – das Haus Habsburg auf die trojanischen Könige zurück und schuf dabei zugleich eine subtil konstruierte Familie von Königen habsburgischen Ursprungs und habsburgischer Verwandtschaft. Hinzuweisen bleibt in diesem Zusammenhang des weiteren auf Levold von Northofs (gest. 1359) Chronik der Grafen von der Mark, Johannes Rothes (gest. 1434) thüringische Landeschronik, Thomas Ebendorfers (gest. 1464) Kaisergeschichte, Ludwig von Eybs (gest. 1502) Denkwürdigkeiten aus der Geschichte der fränkischen Zollern oder Wigand Gerstenbergs (gest. 1522) Landeschronik von Thüringen und Hessen. Den Fürsten von Bayern dienten im 15. und 16. Jahrhundert mit Andreas von Regensburg (gest. um 1438), Veit Arnpeck (gest. 1495), Ulrich Füetrer (gest. 1496), Hans Ebran von Wildenburg (gest. um 1501/03) und Johann Turmair gen. Aventinus (gest. 1534) gleich mehrere bedeutende Historiographen, die sowohl lateinische als auch – z. T. in Übersetzung – volkssprachliche Chroniken hervorbrachten (→ Hofgeschichtsschreibung). Der Übergang von der traditionellen Gelehrtensprache zur Volkssprache dokumentiert einmal mehr den Funktionswandel der Historiographie, die am Hof und darüber hinaus ein breites Publikum erreichen sollte (→ Hofgeschichtsschreibung). Und seit der Mitte des 15. Jahrhunderts kam diesem Anliegen auch die zunehmende Verbreitung des Buchdrucks entgegen; allerdings gelangten von der reichen österreichischen und bayerischen Landeschronistik des 15. Jahrhunderts fürs erste nur Stammtafeln der Babenberger (Ladislaus Sunthaym, 1491) und der Wittelsbacher (1501) zum Druck.

Generell bildete in den Haus- und Landeschroniken die → Genealogie der jeweiligen Dynastie das Grundmuster der Darstellung. Die Geschichte des Landes wurde in der → Genealogie seiner Fürsten dargestellt, und immer wieder ist das Bestreben erkennbar, von dort aus prestigeträchtige Verknüpfungen in die Reichs- und Weltgeschichte herzustellen. Ebenso erfreute sich die Konstruktion sagenumwobener Wurzeln großer Beliebtheit; allerdings galt es dabei, Anachronismen und sonstige Unstimmigkeiten mit Hilfe gelehrter Durchdringung zu vermeiden, um ein Werk und seine Intention nicht von vornherein als fehlerhaft zu diskreditieren. Im übrigen suchte die Konstruktion des Herkommens ihren Fluchtpunkt in Anlehnung an die translatio imperii von den Römern auf die Franken jahrhundertelang in Rom; erst der Humanismus mit seinem Nationendiskurs bewirkte einen Paradigmenwechsel hin zur Präferenz germanischer Wurzeln.

Vom Gebrauch und der Wirkung solcher Geschichtsschreibung bei Hof (→ Hofgeschichtsschreibung) zeugen neben den von den Texten mitunter mehrfach genommenen Abschriften auch mancherlei Aktualisierungen, Korrekturen, Glossen oder Fortsetzungen, wie man sie bspw. aus Matthias von Kemnats Chronik kennt, ganz abgesehen davon, daß Inhalte dieses Werks durch Michel Beheim in seiner Reimchronik literarisch rezipiert, höfisch aufpoliert und dementsprechend weiterverbreitet wurden. Aufschlußreich für die Rezeption, politische Indienstnahme und propagandistische Instrumentalisierung von Historiographie (→ Hofgeschichtsschreibung) sind nicht zuletzt die jeweiligen Publikations- und Überlieferungszusammenhänge. Die Chronistik war aber darüber hinaus noch ganz unmittelbar mit der Herrschaft und ihrer Ausübung verknüpft, gereichte sie doch der Verwaltung zum Nutzen, indem sie dazu beitrug, gewachsene Herrschafts- und Territorialstrukturen besser zu erfassen und angemessen zu handhaben. An der Beschaffung von Informationen und Materialien für die Historiographen (→ Hofgeschichtsschreibung) war die Kanzlei naturgemäß so gut wie immer beteiligt, und bisweilen wurden Kanzleiangehörige sogar selbst als Chronisten tätig. Von manchen Chroniken kennt man überdies besondere Exemplare für den Kanzleigebrauch. Lorenz Fries (gest. 1550), langjähriger Kanzleivorstand, Archivar, Ratgeber und Diplomat in Diensten dreier Würzburger Bischöfe, verfaßte neben seinem Hauptwerk, der umfänglichen Chronik der Bischöfe von Würzburg, eine ganze Reihe historischer Darstellungen und Kompilationen, die wie seine Hohe Registratur allesamt in erster Linie als Arbeitsmittel und Verwaltungsbehelfe für ihn, seine Mitarbeiter und Nachfolger gedacht waren. Deshalb kommt auch der reichen Bebilderung und der ausgiebig verwendeten Auszeichnungsschrift in der Bischofschronik nicht nur eine schmückende Funktion zu, sondern obendrein die Aufgabe, dem nach der Erklärung von Herkommen und Zusammenhängen suchenden Benutzer eine rasche Orientierung zu ermöglichen. Bereits im 16. Jahrhundert entstanden von der solcherart pragmatischen Fries'schen Chronik zahlreiche Abschriften.

Die Inszenierung und Instrumentalisierung historischer Erinnerung beschränkte sich indes keineswegs auf das Medium Buch, vielmehr bediente man sich, um entsprechende Botschaften zu transportieren, einer Vielfalt von Medien, darunter von alters her Bilder, Wappen, Dekorationsprogramme, Symbole, Denkmäler und sonstige Objekte mit Appellfunktion. Insbesondere boten sich zu solchen Zwecken gemalte oder auf sonstige Art veranschaulichte → Genealogien an. Graf Ludwig von Isenburg und seine Gemahlin Maria von Nassau strukturierten um 1476/80 einen ganzen Kirchenraum entsprechend ihrer → Genealogie, indem sie die Schlußsteine im Chorgewölbe ihrer Büdinger Residenzkirche mit den Wappen ihrer Ahnenproben schmücken ließen. Für die Grafen von Eberstein wurde um die Mitte des 16. Jahrhunderts unter Zugrundelegung eigens betriebener gelehrter Recherchen und nach Entwürfen Hans Baldungs genannt Grien der Saal ihres Schlosses Neueberstein im Nordschwarzwald mit Ahnenbildern ausgemalt. Auf dem Heidelberger Schloß hing zu Zeiten des Kurfürsten Ottheinrich ein großflächiger Wandteppich mit einer Darstellung der pfalzgräflichen → Genealogie (1557/58). Die 1588/89 geschaffene, usprünglich 46 beschriftete Bilder umfassende und ganz germanisch orientierte Ahnengalerie der Wettiner im Langen Gang des Dresdner Stallhofs greift aufgrund von Angaben der Humanisten Georg Spalatin und Petrus Albinus zurück auf einen um 90 vor Christi Geburt datierten, fabelhaften Spitzenahn Harderich. Im Unterschied dazu verzichtet die 1569/71 entstandene Portraitgalerie der Tiroler Landesfürsten im sog. Spanischen Saal des Schlosses Ambras bei Innsbruck auf jegliches Renommieren mit urkundlich nicht bezeugten Vorfahren. Auch die fürstliche Repräsentation im Festsaal von Schloß Güstrow argumentiert primär genealogisch; auf der Grundlage einer 1593 von Cornelius Krommeney gemalten Ahnenprobe Herzog Ulrichs von Mecklenburg präsentiert sie sechzehn, entsprechend den jeweiligen Allianzen paarweise zusammengestellte Wappen männlicher und weiblicher Vorfahren. Herzog Ludwig von Württemberg ließ seine in reichem Wappen-, Figuren- und Pflanzenschmuck dargestellte Abstammung von 32 königlichen, fürstlichen und gräflichen Ahnen 1585 in Gestalt eines großformatigen, kolorierten Holzschnitts (1180 x 1500 mm) verbreiten. Die thüringischen Grafen von Schwarzburg schließlich errichteten 1636 über ihrer Grablege in der Rudolstadter Pfarrkirche einen zweigeschossigen Herrschaftsstand, der in Gestalt eines Stammbaums zur Gemeinde hin ein detailliertes genealogisch-heraldisches Bildprogramm präsentiert und damit das Herkommen und den Herrschaftsanspruch des Hauses sinnfällig verknüpft.

Dynastische Grablegen mit ihren oft eindrucksvollen Monumenten des Totengedenkens – erinnert sei nur an Marburg, Meißen, Pforzheim, Baden-Baden, Tübingen, Wertheim oder Heilsbronn – waren von jeher Stätten nicht nur figürlicher und bildlicher, sondern auch inschriftlicher Repräsentation, auf steinernen und gemalten Epitaphien, Totenschilden, Wappenfriesen und dergleichen mehr. Auch hier gewann die → Genealogie in exponential wuchernden heraldischen Ahnenproben ein immer größeres Gewicht. Die Inventarbände des Inschriftenprojekts der deutschen Akademien (Deutsche Inschriften) dokumentieren entsprechende Denkmäler vom Mittelalter bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts in großer Zahl. Sonstige Bau- und Stifterinschriften an und in Kirchen, Burgen und Schlössern haben sich seit dem späten Mittelalter und v. a. aus der frühen Neuzeit erhalten; außen sind sie gewöhnlich über Toren, Türen oder Fenstern bzw. an Erkern angebracht, innen auch über Kaminen. Nicht selten begleitet respektive dominiert von Wappen, künden sie von Neu- und Erweiterungsbauten oder Renovierungen unter diesem oder jenem Fürsten. Bischof Gerhard von Speyer verewigte sich 1358 als Bauherr mit einem figürlichen Relief samt Wappen und Namensnennung über dem Eingang zum Bergfried der Bruchsaler Burg. Ein entsprechendes Denkmal, allerdings nur mit Wappen, ohne Figur, dafür mit ausdrücklichem Hinweis auf seine Bauherrnschaft, hinterließ auf der Festung Marienberg über Würzburg Bischof Rudolf von Scherenberg (1477). In der Heidelberger Heiliggeistkirche hing seit dem letzten Viertel des 15. Jahrhunderts eine gemalte, mit erbeuteten Fahnen geschmückte Inschrifttafel zur Erinnerung an die großen Schlachtenerfolge Pfalzgraf Friedrichs des Siegreichen. Erzherzog Ferdinand ließ 1524 über dem in prächtigem Renaissancestil errichteten Hauptportal des landesherrlichen Zeughauses in Wiener Neustadt nicht nur sein vielteiliges, von zwei Greifen gehaltenes Wappen, sondern auch eine den Bauherrn und seine ruhmreiche Verwandtschaft verherrlichende Inschrift anbringen. Über der Toreinfahrt im Innenhof des Bergzaberner Schlosses ließ Herzog Johann von Pfalz-Zweibrücken um 1597 eine wahrhaft monumentale, über zwei Geschosse reichende und mit seinen und seiner Gemahlin Ahnenwappen bekrönte Inschrift aus Stein anbringen; auf der linken Seite sinniert der Fürst bezogen auf eine nicht mehr vorhandene Kunstuhr in selbst verfaßten Versen über die Zeit und die Vergänglichkeit, rechts daneben ist in gleicher Größe die Übersetzung desselben Texts in lateinischen Distichen zu lesen. Auch anderwärts existieren vielfältige Bauinschriften, als Ergänzung zu Wandmalereien sowie als Sinnsprüche und Devisen (→ Inschriften; → Devisen und Embleme). In der frühen Neuzeit sind sie oft allegorischen und emblematischen Inhalts oder entwerfen – wie bspw. in den sog. Trierzimmern der Münchner Residenz (1612/14) – ganze → Fürstenspiegel und Regierungsprogramme. Nicht vergessen seien zu guter Letzt die vielerlei in adhortativer oder repräsentativer Absicht entstandenen → Inschriften auf Schwertern und Kanonenrohren, auf Willkommpokalen und sonstigen Trinkgefäßen, auf Medaillons sowie auf Gemälden wie bspw. auf den Jagdbildern von Schloß Moritzburg in Sachsen (um 1600). Entsprechende Emblemsammlungen kennt man allerdings erst seit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts (→ Devisen und Embleme).

Vielfalt der Erscheinungsformen

Neben den bisher angesprochenen Erscheinungsformen pragmatischer Schriftlichkeit in Spätmittelalter und Frühneuzeit ist noch an eine Vielzahl weiterer zu denken, wobei das Spektrum der in Betracht kommenden Phänomene sich mit der Zeit immer weiter auffächert. Für den Umkreis fürstlicher Höfe gilt dies umso mehr, als diese nicht zuletzt Zentren respektive Börsen eines breiten und diversifizierten Wissens darstellten. Zum einen galt es dort, überliefertes Wissen verfügbar zu halten, zum anderen neues zu rezipieren oder zu generieren, und nicht zu vergessen bleibt schließlich das ganz spezifische Wissen über Abläufe, Verhaltensweisen und Gebräuche am Hof selbst. Dem entsprechend stand die Anwendbarkeit des vermittelten Wissens allenthalben im Vordergrund des Interesses, und das wiederum erforderte in erster Linie volkssprachliche Texte. Dabei blieben entsprechende Bücher bis zur Erfindung des Drucks mit beweglichen Lettern aufgrund des für ihre Herstellung nötigen Aufwands buchstäblich kostbar, zumal wenn sie mit Miniaturen illustriert waren. Daher zeugte schon allein ihr Besitz von Reichtum und Ehre; das verdeutlichen – noch dem weiteren Umkreis des Verwaltungsschriftguts zugehörig – die mit Wappen und sonstigen Darstellungen illuminierten, für die herrschaftliche Kammer und allfällige zeremonielle Inszenierungen bestimmten Prachtlehnbücher der Bischöfe von Basel und von Speyer, der Kurfürsten von der Pfalz sowie der Grafen von Hohenlohe (sämtlich 15. und frühes 16. Jahrhundert). Freilich ist die Vielfalt des bei Hof relevanten Schriftwerks keineswegs immer »sortenrein« überliefert, und gerade heterogene Überlieferungskonstellationen vermögen mitunter Aufschluß zu geben über höchst individuelle Gebrauchszusammenhänge. So geriet etwa das Stundenbuch Pfalzgraf Friedrichs des Siegreichen durch das Beibinden ganz unterschiedlicher, sowohl religiöser als auch astrologischer, medizinischer und historischer Texte am Ende gewissermaßen zu einem fürstlichen Hausbuch.

Unter die ältesten Zeugnisse einer hofbezogenen Fachliteratur ist etwa Friedrichs II. Traktat ›De arte venandi cum avibus‹ zählen, der freilich nicht bloß als technischer Ratgeber zu verstehen ist, sondern die praktische Anleitung mit theoretischer Begründung und ethisch-moralischer Belehrung verbindet. Jüngere Exempel dieser Art stellen Konrads von Megenberg ›Buch der Natur‹ und Kaiser Maximilians I. Jagdbücher dar. Als spezifisch höfisch können auch die seit dem späten 14. Jahrhundert vorkommenden Fechtbücher gelten, die, ganz praxisorientiert, zur Begleitung des diesbezüglichen Unterrichts gedacht waren. Schriftlich dokumentierte Anleitungen für die Kriegführung und Kriegstechnik waren zunächst rar. Seit der Wende zum 15. Jahrhundert nahmen sie immer mehr zu und schilderten neben dem herkömmlichen Wissen verständlicherweise v. a. die jeweils neuesten, zukunftweisenden Entwicklungen auf dem Gebiet von Waffentechnik, Fortifikation und Strategie. Große Resonanz fand namentlich Konrad Kyesers ›Bellifortis‹, ein von Anfang an auf exklusiv höfische Rezeption angelegtes, reich bebildertes kriegstechnisches Handbuch, das der Autor 1405 keinem Geringeren als König Ruprecht widmete und das hernach in zahlreichen teils längeren, teils gekürzten Abschriften nicht nur in allen Schichten des Adels, sondern auch im gelehrten Bürgertum weite Verbreitung fand. Gleichfalls dicht überliefert ist das um 1420 entstandene Feuerwerkbuch eines Anonymus, der mit einer Anleitung zur Salpetergewinnung, Pulverherstellung, Pyrotechnik, Büchsenhandhabung und Anfertigung verschiedener Feuerwerkskörper erstmals ein breites einschlägiges Wissen in deutscher Sprache für die praktische Anwendung verfügbar machte. Neben derartigen Schriften gehörten volkssprachliche Übersetzungen der spätantiken ›Epitoma rei militaris‹ (›De re militari‹) des Flavius Vegetius Renatus noch im 18. Jahrhundert zum Standardbestand von Schloßbibliotheken.

Der Munitionierung für allerlei rechtliche Auseinandersetzungen in gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren dienten die vereinzelt schon seit dem 13. Jahrhundert zumeist deutschsprachig überlieferten Rechtsbücher. Ihre Zahl vermehrte sich im 14. und 15. Jahrhundert geradezu explosionsartig, und mit der Rezeption des römischen Rechts nahm die Produktion juristischer Texte weiter stark zu. Aber natürlich hat man die Interessenten solcher Literatur bei weitem nicht allein im Umkreis von Höfen zu suchen, sondern ebenso in städtischen Verwaltungen. Einschlägige Titel machen einen Großteil der Bestände von Adels- und Ratsbibliotheken aus. Ergänzt wurden sie namentlich im 18. Jahrhundert durch umfangreiche Kompendien zum Reichsverfassungsrecht und durch Werke der Reichspublizistik im weiteren Sinn. Originär höfisch sind die oft regional orientierten und hierarchisch aufgebauten Wappen- und → Turnierbücher, mit deren Hilfe man sich seit dem 14. bzw. 16. Jahrhundert sozial positionierte und des eigenen Ranges vergewisserte. Auch → Stammbücher sind gewöhnlich wappengeschmückt, jedoch bezweckten sie nicht die Kumulation spezifischen Wissens, sondern die Dokumentation sozialen Umgangs; obendrein war diese Gattung beim Adel und an Höfen nur eine vorübergehende, aus dem bürgerlichen respektive universitären Milieu entlehnte Modeerscheinung (16./17. Jahrhundert). Der Ungewißheit hinsichtlich der Zukunft suchte man gerade bei Hof von alters her mit Hilfe der Astrologie und Astronomie Herr zu werden, und auch dieses Bemühen fand seit dem 15. Jahrhundert häufig schriftlichen Niederschlag in Korrespondenzen, Traktaten, Horoskopen, Prognosen oder einfach in Aufzeichnungen über Geburtstage (→ Feste im Lebenslauf – Geburt und Taufe) und -stunden von Familienangehörigen (→ Astrologische Textsorten). Die in die Antike zurückreichende Tradition der enzyklopädischen Zusammenfassung verfügbaren Wissens aus einzelnen Disziplinen oder auch fächerübergreifend differenzierte sich seit dem hohen Mittelalter in verschiedene benutzerspezifische Werktypen aus, und zunehmend kommen derartige Kompilationen volkssprachlich daher. Ihre Verfasser waren in der Regel keine Fachgelehrten, sondern Leute, die aktuelle Bedürfnisse zu befriedigen suchten.

Für → Fürstenspiegel, die den Herrscher zur Amtsführung nach ethischen Grundsätzen anhalten sollten und sich im frühen Mittelalter allein an Könige richteten, gab es im späteren Mittelalter infolge der Herausbildung zahlreicher Territorien im Reich einen weiten Adressatenkreis, und mithin nahm die Zahl einschlägiger Traktate beträchtlich zu, v. a. im Zeitalter des Humanismus. Erinnert sei bspw. an die Schriften Engelberts von Admont (Österreich, 1290/98), Levolds von Northof (Grafschaft Mark, 1357/58), des Vikars Michael (Bayern, 1387), des Petrus Antonius de Clapis (Kurpfalz, 1464/66) oder des Johann von Morschheim (Kurpfalz, 1515/16). Nicht zu vergessen ist in diesem Kontext auch der am Hof König Maximilians entstandene ›Weißkunig‹, ein panegyrischer Leitfaden zur Beförderung eines neuen, idealen Herrschertyps. Durch die Reformation gewann die Gattung hernach noch neue Facetten. Die Tugenden und Fertigkeiten, die man von dem bei Hof verkehrenden Adel erwartete, formulierte um 1415 Johannes Rothe aus Eisenach in einem Ritterspiegel. Für die Erziehung wurden dergleichen Maßstäbe nicht allein in ad hoc verfaßten, immer weiter ausufernden Instruktionen für das zuständige Personal formuliert, sondern ebenso in allerlei Abhandlungen über richtiges adliges Verhalten sowie in einer während der frühen Neuzeit weit verbreiteten Hofmeister- und Hausvaterliteratur. Mitunter wurde bei Hof aus heroischen, exemplarisch gedachten Schriften vorgelesen, und schließlich verfolgte auch die Geschichtsschreibung (→ Hofgeschichtsschreibung) oft pädagogische Zwecke, man denke nur an die von Graf Froben Christoph von Zimmern mit seiner Chronik anvisierten Ziele und die dafür angewandten Methoden. In diesem Zusammenhang ist auch an die politischen → Testamente zu denken, durch die Könige und Fürsten Erfahrungen und Einsichten aus der eigenen Regierungstätigkeit an ihre Nachfolger weiterzugeben trachteten, um politische und konfessionelle Kontinuität zu bewirken. Zwar entstand der Begriff dafür erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts, die damit bezeichnete Sache jedoch war schon im Mittelalter geläufig und erlebte seit dem 15. Jahrhundert eine gewisse Verbreitung sowohl bei weltlichen – v. a. protestantischen – als auch bei geistlichen Fürsten, insbesondere bei den brandenburg-preußischen Hohenzollern. Unter den frühen Zeugnissen ist etwa an das Testament des Bischofs Raban von Speyer (gest. 1439) zu denken, und nicht zuletzt an das in Einhards ›Vita Caroli magni‹ überlieferte Vermächtnis Karls des Großen.

Ins kirchliche Umfeld respektive in den Kontext des gerade auch bei Hofe gepflegten liturgischen Totengedenkens gehören die inhaltlich mit den älteren, unmittelbar aus dem gottesdienstlichen Gebrauch hervorgegangenen Seel- oder Jahrzeitbüchern verwandten → Memorial- und Bruderschaftsbücher, desgleichen die Statuten frommer Stiftungen (→ Statuten von Gesellschaften) und in einem jüngeren, zunehmend säkularisierten Entwicklungsstadium auch die Statuten der von Königen und Fürsten gestifteten Orden, die in den Residenzen gewöhnlich auch über eigene Kapellen oder Kirchen verfügten. Ein für den Protestantismus charakteristisches Instrument des Totengedenkens sind die in der Regel gedruckten → Leichenpredigten, die zur Würdigung Verstorbener und zum Trost der Hinterbliebenen seit dem dritten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts in allen evangelischen Landschaften des Reiches weite Verbreitung fanden.

Berichte von allerlei höfischen Festen mit langen Teilnehmerlisten und ausführlichen Schilderungen von Placements trugen wesentlich dazu bei, den Splendor des jeweiligen Fürsten, seines Hofs und seiner Gäste zu verbreiten, waren darüber hinaus aber auch geeignet, für künftige Anlässe als Orientierungshilfe zu dienen. Insofern nimmt es nicht wunder, wenn die Grenze zwischen Ordnungen und Berichten bisweilen fließend ist; eigentliche Festordnungen sind aus dem späten Mittelalter eher selten überliefert (→ Höfische Feste und ihr Schrifttum). Zur Verbreitung des Glanzes von Höfen und ihres Zeremoniells trugen auch → Reisebeschreibungen und Gesandtschaftsberichte ganz wesentlich bei. Die ersten derartigen Texte sind aus dem zweiten Drittel des 14. Jahrhunderts überliefert, und seit der Mitte des 15. Jahrhunderts erlebte die Gattung in zahlreichen Werken eine regelrechte Blüte; in der frühen Neuzeit fanden einschlägige Berichte nicht selten im Druck Verbreitung. Entsprechendes gilt nicht weniger für die Autobiographie, ein genuines Phänomen des späten Mittelalters, das ebenfalls im 14. Jahrhundert aufkam – zunächst im städtischen Bürgertum –, und im 16. Jahrhundert zur vollen Ausprägung gelangte. Ein frühes höfisches Beispiel ist die um 1350 entstandene, noch ganz an der mittelalterlichen Wegelehre orientierte Selbstbiographie Kaiser Karls IV. Noch lang schildern autobiographische Darstellungen nur die Teilhabe an äußeren Begebenheiten, vermitteln anhand zeitgenössischer Ordnungsvorstellungen und Leitbilder geburtsständische Selbstvergewisserung, lassen dabei aber kaum eine Brechung des Erlebten im Subjekt des Autors erkennen. Nicht von ungefähr stammen die bedeutendsten Werke dieser Art von Männern, die lange Zeit in fürstlichen Diensten standen und viel an Höfen verkehrten, erinnert sei nur an Ludwig von Eyb (gest. 1502), Georg von Ehingen (gest. 1508), Wilwolt von Schaumberg (gest. 1510), Götz von Berlichingen (gest. 1562), Sebastian Schärtlin von Burtenbach (gest. 1577) oder Hans von Schweinichen (gest. 1616). Von weiblicher Seite ist an die ›Denkwürdigkeiten der Helene Kattanerin‹ (1439/40), einer Hofdame im Umkreis König Albrechts II. und seines Sohnes Ladislaus Postumus, zu denken.

Die politische Dichtung entfaltete noch im 15. Jahrhundert ihre Wirkung wie schon zu Zeiten Walthers von der Vogelweide im mündlichen Vortrag (→ Höfische Dichtung). Ihre schriftliche Verbreitung blieb zweitrangig, und entsprechende Überlieferungen sind mithin in hohem Maße zufällig, abhängig von gelegentlichen, eher ausnahmsweisen Aufzeichnungen. Das gilt v. a. für Lieder (→ Lied). Hingegen ist der der Geschichtsschreibung (→ Hofgeschichtsschreibung) nahestehende und wie diese für die politische Propaganda instrumentalisierte Typus der Reimchronik in größerer Zahl dokumentiert. Erinnert sei nur an die bereits erwähnten Werke Ernsts von Kirchberg für Mecklenburg (1378/79) und Michel Beheims (1469/72) für die Kurpfalz. Mitunter finden sich derartige Schöpfungen in Hausbüchern und sonstigen Sammelhandschriften. Auch und gerade auf diesem Gebiet entfaltete schließlich die Erfindung des Buchdrucks ihre Wirkung, indem sie seit den 1480er Jahren die Entstehung und immer weitere Verbreitung von Publizistik in Gestalt von Einblattdrucken und Flugschriften (→ Flugblätter) nicht zuletzt mit politischen Dichtungen beförderte. Zu unverhüllt propagandistischen Zwecken wurde die neue Technik bereits 1461 von den Parteien der Mainzer Stiftsfehde genutzt; seit dem 16. Jahrhundert diente sie mit einseitig bedruckten Blättern als Vorläufer der Zeitung zur Kundmachung verschiedenster Inhalte, zur Information über Schlachten, Natur- oder Brandkatastrophen, als beliebtes Medium der fürstlichen Selbstdarstellung, zur Popularisierung geistlicher und konfessioneller Didaxe, weltlicher lehrhafter und unterhaltender Literatur sowie zur Verbreitung von Ratgebern, → Genealogien, medizinischen und naturkundlichen Erkenntnissen und dergleichen mehr.

Nicht zu vergessen ist schließlich noch das weite Feld der schönen Literatur, der → Dichtung in → Lied, → Spruch und → Roman, die sich in der höfischen Realität natürlich nicht immer säuberlich von sonstigen Formen der Gebrauchsliteratur unterscheiden läßt. Die Werke der zumeist gelehrten Hofliteraten, darunter nicht zuletzt Auftragsarbeiten oder → Gelegenheitsdichtungen wie → Lobreden und dergleichen mehr, lieferten den Ornat für die fürstliche Selbstdarstellung und Repräsentation und ließen sich in einem weiteren Sinn für die politische Propaganda instrumentalisieren. Der Einfluß der Poeten sowohl an den Fürstenhöfen als auch am Kaiserhof des ausgehenden Mittelalters ist mithin nicht zu unterschätzen. Am Ende des 15. Jahrhunderts dominierte dabei die Volkssprache, wenngleich mit dem Humanismus auch das Lateinische wieder zunahm. Freilich verlagerte sich der Schwerpunkt der → Spruch- und → Liedkunst um die Wende zur Neuzeit immer mehr von den Höfen in die Städte, und entsprechend wandelte sich das Repertoire der Sänger. Die ursprünglich wohl vorwiegend im Umkreis weltlicher Fürstenhöfe beheimatete → Romandichtung wurde im späten Mittelalter zunehmend vom Ritteradel rezipiert, verlor aber im Übergang zur Neuzeit an Bedeutung (→ Höfische Dichtung).

Fazit: Was die Rezeption der Schriftkultur und ihre Nutzung betrifft, kommt den Fürstenhöfen gegenüber den großen Städten und schon gar gegenüber der Kirche und ihren Organisationen ganz sicher keine Vorreiterrolle zu. Soweit es jedoch um die Felder und Erscheinungsformen pragmatischer Schriftlichkeit geht, ist die Welt der Höfe aufgrund der ungeheuren Vielfalt der in ihr vorkommenden Bedürfnisse und Gebrauchssituationen während des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit gänzlich unübertroffen.

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Kurt Andermann, Karlsruhe