Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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BADEN, MGF.EN VON

I.

Die Benennung nach der wohl um 1100 erbauten, namengebenden Burg B. (heute Hohenbaden oberhalb der Stadt B.-B.) als marchio de Baduͦn/Badun ist erstmals für Mgf. Hermann II. († 1130) in zwei Urk.n Ks. Heinrichs V. aus dem Jahr 1112 faßbar. Noch i. J. 1100 wurde Hermann II. nach dem älteren Herrschaftssitz als Mgf. von Limburg (bei Weilheim an der Teck, Kr. Esslingen) bezeichnet. In der entspr. Urk. tritt er zusammen mit seinem Onkel Hzg. Bertold II. († 1111) in Erscheinung, für den hier zum ersten Mal dieZubenennung de Zaringen (Burg Zähringen bei Freiburg i. Br.) urkundl. belegt ist. Die Limburg war der Stammsitz der Familie Hzg. Bertolds I. von Kärnten († 1078), bevor sie sich in die beiden Häuser der hzgl. Zähringer und der mgfl. B.er teilte. Bertold I. wurde von den zähring. »Bertolden« als Spitzenahn angesehen, während sich die Mgf.en auf seinen (vermutl.) ältesten Sohn Hermann I. († 1074) zurückführten. Der im Zwiefalter Totenbuch als Gf. von Limburg und als Mönch verzeichnete Hermann I. war Gf. im Breisgau und Mgf. von Verona, bevor er 1073 auf seineHerrschaft verzichtete und als Mönch in das Kl. Cluny eintrat. Im Lauf des 12. Jh.s wurde die Bezeichnung der mgfl. »Hermanne« als Mgf.en von B. zur Regel. Daneben sind sie ab der Zeit Mgf. Hermanns III. († 1160) bis hin zu Mgf. Friedrich I. († 1268) wiederholt urkundl. als Mgf.en von Verona bezeugt, wobei die Mgf.en Hermann V. († 1243) und Rudolf I. († 1288) diesen Titel auch im Siegel verwendeten. Nach der endgültigen Aufgabe des Anspruchs auf Verona im 13. Jh. wurde der in der mgfl. Hauptlinie an B. und in der von Heinrich I. († 1231) begründeten Seitenlinie an deren Sitz auf der BurgHachberg (später Hochburg, bei Emmendingen) geknüpfte Markgrafentitel weitergeführt und bei sämtl. weiteren Linientrennungen beibehalten. - Im »Liber de nobilitate« (1444) des in Diensten Mgf. Wilhelms von Hachberg († 1473) stehenden Felix Hemmerli, der 1457 auch Kontakt zu Mgf. Karl I. von B. († 1475) hatte, werden die Mgf.en von B. als Nachkommen der Hachberger Mgf.en angesehen, die ihrerseits aus einem der stadtröm. Familie der Orsini entstammenden VeroneserMgf.engeschlecht hervorgegangen seien. Ks. Friedrich I. hätte demnach einem dieser Veroneser Mgf.en Burg und Herrschaft Hachberg übertragen. Nach dem Aussterben dieser Hachberger Mgf.en hätten die Adligen und Einw. der Mgft. erneut einen Angehörigen des Veroneser Geschlechts ins Land geholt, dessen Nachkommen die Mgf.en von B. seien. Ladislaus Sunthaim überliefert diese Herkunftssage in erweiterter Form, indem er zusätzl. einen Hacho als Erbauer der Hochburg und Dietrich von Bern (= Verona) als Urahn der Familie nennt.

II.

Nachdem Bertold I. 1061 anstelle des ihm versprochenen Hzm.s Schwaben das Hzm. Kärnten erhalten hatte, wurden seinem Sohn Hermann I. die Gft. im Breisgau, die seit Beginn des 11. Jh.s in den Händen der Familie lag, und die mit Kärnten verbundene Mgft. Verona übertragen. Im Zuge des Ausgleichs zw. den im Investiturstreit gegeneinander kämpfenden Parteien (1098) verlieh Ks. Heinrich IV. Hermanns I. gleichnamigem Sohn erneut die Breisgaugft. sowie kurzzeitig auch die Gft. Forchheim im Ufgau (1102 bezeugt). Außerdem überließ er Hermann II. den ehemaligenKönigsbesitz in B., wo dieser die namengebende Burg der Mgf.en errichtete. Insbes. verblieb Hermann II. der Mgf.entitel. Die Grafschaftsrechte im Breisgau fielen bei der Erbteilung unter den Söhnen Hermanns IV. († 1190) an die mgfl. Seitenlinie der Hachberger und 1306 als sog. Lgft. (seit den 70er Jahren des 13. Jh.s) - ohne die hachberg. Orte im nördl. Breisgau - an den Sausenberger Zweig der Mgf.en von Hachberg (1318-95 an die Gf.en von Freiburg verpfändet). Der Markgrafentitel sicherte den Mgf.en von B., die seit Hermann III. als treue kgl. Parteigänger im Rahmen der stauf. Italienpolitikauch in der Mark Verona tätig wurden, einen rangmäßigen Vorsprung vor anderen Gf.en und ermöglichte ihnen den Zugang zum Fürstenstand. Die stammverwandten Zähringer bewahrten bis zu ihrem Aussterben 1218 den von Bertold I. erreichten Herzogsrang. Hermanns I. Bruder Bertold II., der Ende des 11. Jh.s im nördl. Breisgau das Herrschaftszentrum der Zähringer mit der namengebenden Burg, dem Hauskl. St. Peter sowie der Burg und Siedlung Freiburg einrichtete, ließ sich 1092 von der antisal. Opposition zum Hzg. von Schwaben erheben. 1098 mußte Bertold II. zugunsten des von Heinrich IV.eingesetzten Hzg.s Friedrich (von Staufen) (→ Staufer) zwar auf den schwäb. Dukat verzichten, behauptete aber den Herzogstitel und erhielt mit dem Reichslehen Zürich einen zentralen Vorort des Hzm.s Schwaben. Seit 1127 hatten die Zähringer auch das vom Kg. verliehene Rektorat von → Burgund inne. Es gelang ihnen, eine bedeutende fsl. Herrschaft im Breisgau, in der Ortenau, auf der Baar, am Hochrhein, im Schweizer Jura und im Voralpengebiet aufzubauen. Die Möglichkeit, die Königswürde zu erringen, bot sich Hzg. Bertold V. von Zähringen († 1218), der Ende 1197 von der stauferfeindl.Partei als Thronkandidat vorgesehen war, aber letztl. nicht gegen den → Staufer → Philipp von Schwaben antrat.

Der Schwerpunkt des Eigenbesitzes der Mgf.en von B. befand sich bis ins 13. Jh. im Neckar- und Murrgebiet, wo Mgf. Hermann II. und seine Gemahlin Judith vor 1116 das Augustiner-Chorherrenstift Backnang gründeten, das zur Hausgrablege der »Hermanne« wurde. Hermann V., der als der bedeutendste bad. Mgf. dieses Namens gilt, gewann durch die Heirat einer Tochter des welf. Pfgf.en Heinrich die Stadt Pforzheim und weitere wichtige Stützpunkte im Raum zw. dem mittleren Neckar und dem Oberrhein, als ihm für den Verzicht auf die braunschweig. Güter seiner Gemahlin Kg. → Friedrich II. diestauf. Städte Lauffen, Eppingen und Sinsheim als Pfand, Ettlingen als Lehen und Durlach als Eigentum übertrug. Das Ende der → Staufer ermöglichte den Mgf.en die Erwerbung der Grafschaftsrechte im Uf- und Pfinzgau, der Reichsburg und Zollstätte Mühlburg sowie des Hauptteils der rechtsrhein. Lehngüter des Kl.s → Weißenburg und damit eine Verdichtung ihrer Herrschaft am Westrand des Nordschwarzwaldes. Dank dieser durch den Wechsel Mgf. Rudolfs I. von B. zur stauferfeindl. Partei erzielten und gegenüber der Revindikationspolitik → Rudolfs von Habsburg erfolgreich verteidigtenZugewinne wurden die Mgf.en, die ihre Dienst- und Lehnsmannschaft im 13. Jh. wesentl. vergrößerten, zu den eigentl. Erben der → Staufer im Uf- und Pfinzgau. Seither entwickelte sich der oberrhein. Raum im Umfeld des Stammsitzes B. zum Kerngebiet der mgfl. Territorialherrschaft. Episode blieb der Aufstieg des mit der Babenbergerin Gertrud verheirateten Mgf.en Hermann VI. († 1250) zum Hzg. von → Österreich und Steiermark. Der Anspruch auf diese Hzm.er erlosch endgültig 1268, als Hermanns VI. Sohn Mgf. Friedrich I. zusammen mit dem Staufer Konradin in Neapel hingerichtetwurde. Unter den Nachfolgern Mgf. Rudolfs I., die 1326-31 und 1334-51 über das Reichslehen der Ortenauer Landvogtei als Pfand verfügten, verkleinerten wiederholte Erbteilungen in der mgfl. Hauptlinie die polit. Handlungsspielräume, bis Mgf. Rudolf VI. († 1372) schließl. 1362 von Ks. → Karl IV. ausdrückl. als Rfs. anerkannt wurde. Die Sausenberger Seitenlinie der Hachberger Mgf.en gewann 1394 die volle Reichsunmittelbarkeit.

Als mindermächtige Rfs.en suchten die Mgf.en von B. traditionell die Anlehnung an das Kgtm. Der unter Jakob I. († 1453) vollzogene enge Anschluß an den habsburg. Kg. und das Haus → Habsburg führte die Mgf.en während des 15. Jh.s und an der Wende zum 16. Jh. auf einen Höhepunkt ihrer reichspolit. Bedeutung. Die innere und äußere Konsolidierung der mgfl. Territorialherrschaft, deren Umfang dem rfsl. Rang des Hauses nur bedingt entsprach, bewirkten v. a. die Mgf.en Bernhard I. († 1431) und Christoph I. († 1527). Christoph I. spielte eine wichtige Rolle unter dem Habsburger→ Maximilian I., der ihn 1488 zum Generalkapitän und Gouverneur des Hzm.s Luxemburg und der Gft. Chiny sowie 1496 zum Statthalter von Verdun ernannte, außerdem 1491 in den Orden des Goldenen Vlieses aufnahm und 1500 zum Beisitzer des Reichsregiments machte. 1492 erhielt Christoph die luxemburg. Herrschaft Rodemachern als österr. Lehen. Die Erbteilungen unter seinen Söhnen mündeten 1535 in die Zweiteilung der Mgft., aus der die beiden konkurrierenden, konfessionell gegensätzl. orientierten Linien B.-B. und B.-Durlach hervorgingen. Die daraus resultierende polit. Schwächung der Mgf.en wurdeerst durch die Wiedervereinigung der beiden Mgft.en nach dem Aussterben der kathol. Linie B.-B. (1771) überwunden.

Neben dem Erwerb und der Gründung von Burgen und Städten, von denen Pforzheim die bedeutendste war, bildeten die Vogteien über die Kl. Selz (im 12. Jh., erneut von der Mitte des 13. Jh.s bis zum Ende des 14. Jh.), Gottesaue (seit 1219), Herrenalb (1289 bis 1338, teilw. ab 1496), Frauenalb (seit 1387), Reichenbach (seit 1399) und Schwarzach (seit 1422) wichtige Elemente beim Auf- und Ausbau der mgfl. Territorialherrschaft. Zur hachberg. Herrschaft gehörten die Vogteirechte der Kl. Tennenbach (bis 1460), Sulzburg (seit 1388) und St. Peter im Schwarzwald (1441-1525).

III.

Seit dem ersten, 1207 überlieferten Reitersiegel der Mgf.en mit dem bad. Wappenschild demonstrierten die Fahnenlanze und der in der Umschrift gebrauchte Veroneser Markgrafentitel bis in die Zeit Rudolfs I. den ursprgl. von der Mark Verona abgeleiteten rfsl. Rang. Der noch im 13. Jh. erfolgte, endgültige Verzicht auf Verona scheint sich in dem seit Hermann VII. († 1291) verwendeten Reitersiegel (ohne Fahnenlanze) widerzuspiegeln, wobei der Markgrafenentitel und das gemeinsame Wappen das Bewußtsein der Stammverwandtschaft über alle Linientrennungen hinwegwachhielten. Abgesehen von der Rötteler Chronik Mgf. Rudolfs III. von Hachberg († 1428), die auch Nachrichten zur Familiegeschichte enthält, werden erst in der frühen Neuzeit etwa durch ein an den Dogen von Venedig gerichtetes Schreiben der Mgf.en Philipp II. von B.-B. († 1588) und Ernst Friedrich von B.-Durlach († 1604) mit der Bitte, seine Archive für Forschungen nach den Spuren der Mgf.en von Verona zu öffnen, und durch mehrere, aus den ersten Jahrzehnten des 17. Jh.s überlieferte Schriften genealog.-histor. Bemühungen der bad. Mgf.en faßbar. Vom Hausbewußtsein der Mgf.en von B. zeugenv. a. ihre Grablegen. Die älteste Grablege der »Hermanne« im Backnanger Pankratiusstift wurde von dem 1245 beim Stammsitz B. gegründeten Hauskl. Lichtenthal abgelöst. Als Begräbnisstätte diente bis 1372 die Ende des 13. Jh.s zu diesem Zweck errichtete Lichtenthaler »Fürstenkapelle«, bevor die 1453 zur Stiftskirche umgewandelte B.er Pfarrkirche an ihrer Stelle trat, die unter Karl I. einen neuen Stiftschor erhielt. Die fortdauernde Bedeutung der B.er Stiftskirche als mgfl. Gedächtnisort bezeugen die im Chor errichteten Grabdenkmälerder kathol. Mgf.en von B.-B., die bis zum Erlöschen dieser Linie dort beigesetzt wurden. Die Rennaissance-Epitaphien der ernestin. Mgf.en im Chor der Pforzheimer Schloßkirche markieren die Abtrennung der Pforzheimer (seit 1565 B.-Durlacher) Linie, deren Begründer Mgf. Ernst († 1552) die Familiengruft unter der Kirche anlegte. Die ältere Linie der Hachberger Mgf.en hatte ihre Grablege im Zisterzienserkl. Tennenbach, während sich die Mgf.en der Sausenberg-Rötteler Seitenlinie in Sitzenkirch, Rötteln und Neufchâtel beisetzen ließen.

Im Zusammenhang mit der Beilegung einer Fehde zw. Mgf. Rudolf VI. von B. und dem Gf.en Eberhard von Württemberg steht wahrscheinl. die gemeinsame Sühnestiftung der Fenster in der Pfarrkirche von Tiefenbronn mit den Abbildungen der beiden Stifter. Anläßl. des 1464 mit Kfs. Friedrich dem Siegreichen geschlossenen Friedensvertrages erfolgte wohl eine weitere bad.-württ. Fensterstiftung im Chor der Öhringer Stiftskirche. Die Darstellungen Mgf. Karls I. und seiner Brüder Ebf. Johann von Trier († 1503), Bf. Georg von Metz († 1484) und Mgf. Markus († 1478) spiegeln hier die damals erfolgreichpraktizierte Zusammenarbeit des mgfl. Hauses wider.

Auf Mgf. Bernhards I. gefestigte Position als fsl. Landesherr verweisen seine Baumaßnahmen in B., indem er die alte Stammburg Hohenbaden großzügig erweiterte und daneben möglicherw. einen Vorgängerbau des Neuen Schlosses direkt oberhalb der Altstadt errichtete. Ein merkl. gestiegenes fsl. Repräsentationsbedürfnis zeigt sich in der Zeit Christophs I., der 1479 mit seinem Hofstaat in das Neue Schloß in B. umzog und dort seine Res. einrichtete. Mgf. Christoph ließ sich um 1490 in Nordfrankreich ein kostbar illuminiertes Stundenbuch anfertigen, in dem Mgf. Bernhard II. von B. als Heiligerdargestellt ist. Die Verehrung des 1458 in Moncalieri gestorbenen und erst 1769 offiziell selig gesprochenen Mgf.en Bernhard wurde von der mgfl. Familie schon bald nach seinem Tod gefördert, wodurch er zum Hausheiligen der Mgf.en von B. avancierte. Eine um 1510 von Hans Baldung Grien gemalte Votivtafel mit der hl. Anna Selbdritt, auf der Mgf. Christoph, seine Gemahlin und ihre insgesamt 15 Kinder abgebildet sind, wird als Demonstration der durch die Erbansprüche der Söhne Christophs gefährdeten Einheit des Hauses gedeutet, das sich bald nach Christophs Tod in zwei mgfl. Linienaufspaltete.

IV.

Vor dem 18. Jh., als die Zähringertradition für die Mgf.en von B. eine zentrale legitimierende Funktion gewann, gibt es keine Zeugnisse dafür, daß die durchaus bekannte Zähringerverwandtschaft für das mgfl. Herkunftsbewußtsein eine größere Bedeutung hatte. Zunächst orientierte man sich offenbar an den auf Initiative → Maximilians I. entstandenen Habsburgergenealogien, in denen die Zähringer unter Einschluß des in Cluny verstorbenen Hermann I. als habsburg. Seitenlinie vereinnahmt wurden, wobei wohl v. a. die Stammverwandtschaft der Mgf.en mit dem habsburg.Herrscherhaus (→ Habsburger) von Interesse war. Darüber hinaus suchten die Mgf.en in der frühen Neuzeit (1585) ausgehend von ihrem ursprgl. Veroneser Markgrafentitel nach dem (vermeintl.) ital. Ursprung ihres Geschlechts, wie ihn auch die im 15. Jh. faßbare Herkunftssage postuliert. Einer 1627 anläßl. eines Gerichtsprozesses B.s gegen → Österreich entstandenen Stammtafel zufolge leiteten sich die Mgf.en damals von der Veroneser Familie der Scaliger her.

Die Forschung vermutet für den auf der Baar an der oberen Donau begüterten Thurgaugf.en Bertold (um 1000), den Großvater oder Vater Hzg. Bertolds I. von Kärnten, eine Verbindung zur frühalemann. Adelssippe der »Bertolde« (Alaholfinger). Der Stammvater des mgfl. Hauses, Hermann I., wurde offenbar nach Hzg. Hermann IV. von Schwaben benannt, der als sein Großvater gilt. Der Leitname Hermann blieb bei den Mgf.en bis ins 13. Jh. beherrschend und scheint die Abgrenzung zu den Zähringern zu markieren, die den Leitnamen »Bertold« weiterführten. Während die Mgf.en im 12. Jh. als stauf.Parteigänger ihren Aufstieg nahmen, gerieten die Zähringer unter Friedrich Barbarossa und Heinrich VI. in Gegensatz zu den → Staufern.

Vom mittleren Neckar mit den wahrscheinl. von Mgf. Hermann V. gegründeten Städten Backnang, Besigheim und → Stuttgart verlagerte sich der mgfl. Herrschaftsschwerpunkt unter seinem Sohn Rudolf I. an den Oberrhein, wo dieser 1283 auch die allmähl. Übernahme der Herrschaft der dort ansässigen Gf.en von Eberstein durch die Mgf.en einleitete. Seither entwickelte sich das Gebiet am Nordwestrand des Schwarzwaldes zum Kernraum der Territorialherrschaft der Mgf.en, während sie aus ihren innerschwäb. Besitzpositionen allmähl. von den konkurrierenden Gf.en von → Württembergverdrängt wurden. Die territorialen Bemühungen der Hachberger Seitenlinien konzentrierten sich auf den Breisgau und den südl. Oberrhein, bevor die Röttler Linie im 15. Jh. auch in den burgund. Raum ausgriff.

Die Entwicklung der mgfl. Hauptlinie prägten nach 1288 v. a. zahlr. Erbteilungen, bis Mgf. Rudolf VI. († 1372) von B. 1361 wieder über den Gesamtbesitz verfügte und 1362 die Erhebung der Kernlande am Oberrhein von Graben bis Schwarzach zum reichsunmittelbaren Fsm. und die ksl. Bestätigung des rfsl. Ranges der Mgf.en erlangte. Bernhard I., der seit 1391 die Alleinherrschaft in der Mgft. innehatte, festigte die mgfl. Territorialherrschaft, indem er die innere Verwaltung ausbaute, die Vogteien der Kl. Frauenalb, Reichenbach und Schwarzach erwarb und 1415 die Herrschaft Mgf. Ottos II. vonHachberg († 1418) aufkaufte. Weitere Zugewinne erzielte Mgf. Jakob I. († 1453) 1437 als Erbe von Kondominatsanteilen an der Gft. Sponheim und 1442 mit dem Kauf der halben Herrschaften Lahr und Mahlberg (endgültiger Aufkauf 1497). Trotz der katastrophalen Niederlage gegen Kfs. Friedrich den Siegreichen in der Schlacht bei Seckenheim (1462), die mit der Gefangensetzung Mgf. Karls I. († 1475) im Heidelberger Schloß (→ Heidelberg) und den Entschädigungsforderungen des Pfälzer Kfs.en eine schwere Belastung bedeutete, erlebten die Mgf.en von B. als Parteigänger und im Dienst der→ Habsburger während des 15. Jh.s insgesamt einen machtpolit. Aufschwung. Erstmals drang das mgfl. Haus in den Reichsepiskopat ein und besetzte die Bm.er → Metz (1459) und → Utrecht (1496) sowie den → Trierer Erzstuhl (1456 und 1503) mit Angehörigen der Familie. Die Konsolidierung der Mgft. nach der Katastrophe von Seckenheim war das Werk Mgf. Christophs I., unter dem sich der Umfang der mgfl. Lande infolge der Belehnung mit Rodemachern (1492) und der Übernahme von Rötteln, Sausenberg und Badenweiler aus dem Erbe der 1503 ausgestorbenen Rötteler Mgf.en verdoppelte. DieErbteilungen unter den Söhnen Christophs (1515, 1535) führten schließl. zur Aufspaltung des mgfl. Hauses, wobei die berhardin. Linie (später B.-B.) den mittelbad. Besitz um B. bis zur Alb, die mgfl. Anteile an den Herrschaften Lahr und Mahlberg sowie an der Gft. Sponheim, die luxemburg. Herrschaften und die Vogteien über die Kl. Lichtenthal, Frauenalb, Herrenalb, Reichenbach und Schwarzach erhielt, während das Gebiet nördl. des Albflusses, die Hachberger Herrschaften, der Restbesitz im Neckargebiet und die Vogteien über die Kl. Gottesaue, Pforzheim und Sulzburg der ernestin. Linie (ab 1565B.-Durlach) zufielen. Das Konkurrenzverhältnis der beiden mgfl. Linien verschärfte sich infolge der Okkupation des kathol. B.-B. (1594-1622) durch Mgf. Ernst Friedrich von B.-Durlach († 1604) und mit der gegner. Parteinahme im Dreißigjährigen Krieg zeitw. zu offener Feindschaft. - Von der ab 1190 entstandenen Seitenlinie der Mgf.en von Hachberg, der die mgfl. Besitzungen und Ministerialen im Breisgau und die dortige Gft. zufielen, spalteten sich 1306 die Sausenberger Mgf.en (Burg Sausenberg, bei Kandern) ab, die 1311/15 die Herrschaft Rötteln übernahmen und sich seither auch nach der BurgRötteln benannten. Die ältere Hachberger Linie starb bereits 1418 aus, wohingegen die 1503 erloschene Rötteler Seitenlinie, die von den Gf.en von Freiburg die Herrschaft Badenweiler (1444) und die Gft. Neuchâtel (1457) übernahm, ihren Einfluß v. a. im burgund. Raum ausweitete und im Lauf des 15. Jh.s bis zum letzten Rötteler Mgf.en Philipp († 1503), der 1484 von Kg. Karl VIII. das Fsm. Orange erhielt und 1493 zum Gouverneur und Grand-Sénéchal der Provence ernannt wurde, bedeutende Positionen am Herzogshof und im Dienst des frz. Kg.s erlangte. Durch Aufkauf (1415) und im Erbgang (1503)fielen die oberrhein. Herrschaften der beiden Hachberger Seitenlinien an die mgfl. Hauptlinie. Nach den Erbteilungen unter Christoph und seinen Söhnen (1515, 1535) und der Trennung in die kathol.Linie B.-B. und die protestant. Pforzheimer Linie (seit 1565 B.-Durlacher) kam es von 1584 bis 1604 noch einmal zu einer weiteren Teilung unter den drei Söhnen Mgf. Karls II. von B.-Durlach († 1577), während auf B.-B.er Seite 1556 Mgf. Christoph II. († 1575) eine Nebenlinie B.-Rodemachern begründete, deren luxemburg. Herrschaft 1666 an Mgf. Wilhelm von B.-B. († 1677) zurückfiel. - Teilw. geht die Forschung davon aus, daß Mgf. Hermanns III. Gattin Berta eine Tochter Kg. Konrads III. war. Gesichert ist die verwandtschaftl. Verbindung zu den→ Staufern und den → Welfen durch die Ehe Mgf. Hermanns V. und Irmgards, der Tochter des welf. Pfgf.en Heinrich und der Stauferin Agnes. Nach der Vermählung Mgf. Hermanns VI. mit der Babenbergerin Gertrud bewegte sich das mgfl. Konnubium bis in die Zeit Mgf. Bernhards I. unterhalb des fsl. Ranges, und zwar regelmäßig auf gfl. Ebene, zum Teil aber auch darunter. Erst mit der Heirat Mgf. Jakobs I. († 1453) und Katharinas, einer Tochter Hzg. Karls von Lothringen (→ Lothringen), fand das mgfl. Haus in dieser Hinsicht wieder Anschluß an den Fürstenstand. In der folgenden Generationspiegeln die Vermählung der Mgf.in Margarete (1446) mit Albrecht Achilles von Brandenburg (→ Brandenburg) und v. a. die sehr prestigeträchtige Eheverbindung Mgf. Karls I. (1447) mit der Habsburgerin Katharina, einer Schwester Kg. → Friedrichs III. und Hzg. Albrechts VI. von Österreich (→ Österreich), den damaligen polit. Bedeutungszuwachs des mgfl. Hauses Hauses wider.

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