Der germanisch-römische Kampfplatz am Harzhorn bei Kalefeld ist eines der größten Projekte der Schlachtfeldarchäologie. Eine Forschungskommission der Akademie erforscht das Gelände und hat die Ergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der germanisch-römische Kampfplatz am Harzhorn bei Kalefeld ist aktuell eines der größten Projekte der Schlachtfeldarchäologie. Entdeckt wurde der Platz im Jahr 2000 von zwei Herren, die in dem unscheinbaren Gelände illegal mit Sonden unterwegs waren und auf ein metallisches Objekt stießen, mit dem sie nichts anfangen konnten. Sie brachten es zu der Kreisarchäologin Dr. Petra Lönne in Northeim. Das unbekannte Objekt entpuppte sich als „römischer Hufschuh“. Ein ungewöhnlicher Fund, der dazu führte, dass das Harzhorn am Nordrand des Landkreises Northeim Archäologen in aller Welt zum Begriff wurde.
Seit 2009 wird das Gelände erforscht, unter anderem von Wissenschaftlern, die sich in der Forschungskommission "Imperium und Barbaricum" der Niedersächsischen Akademie der Wissenschaften zu Göttingen zusammengetan haben. Vom 28.-30. Juni 2023 veranstaltete die Kommission unter der Leitung von Prof. Dr. Krešimir Matijević in Göttingen eine international besetzte Konferenz, in deren Rahmen auch die Öffentlichkeit auf den neuesten Stand der Erforschung des Kampfplatzes gebracht wurde. Prof. Dr. Michael Meyer, Professor am Institut für Prähistorische Archäologie der Freien Universität Berlin, und Dr. Michael Geschwinde, Bezirksarchäologe des Stützpunktes Braunschweig des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege, sorgten in einem gemeinsamen Vortrag bei rund 100 Besuchern für Staunen über das, was in den vergangenen Jahren auf dem Gelände zum Vorschein gekommen ist.
Ausgegraben wurden große Mengen an römischen Waffen und Ausrüstungen römischen Militärs, darunter Wurfspeere, dreiflügelige Pfeilspitzen, Geschossspitzen, Ringtrensen, Maultierschirrungen, Hipposandalen, Unterhalsbügel und Achsnägel von Karren. Auch germanische Waffen wurden gefunden, allerdings in deutlich geringerer Zahl. Lanzenspitzen, Pfeilspitzen und zwei Schwertteile gehören dazu. „Es wurden nicht nur kleine Funde gemacht, sondern auch beeindruckende Stücke wie eine ungewöhnlich große Lanzenspitze mit schweren Hiebscharten“, sagte Geschwinde. Zu den besonderen Zeitzeugen zählen weiterhin ein Schlüssel, ein Schatz römischer Münzen und ein römisches Kettenhemd, das allerdings in einem schlechten Zustand ist. Wie gut ein Stück erhalten bleibt, hängt von der Bodenbeschaffenheit ab. „Ein basisches Milieu ist für die Objekte am besten“, erklärte Meyer.
Die Funde belegen nicht nur, dass an dem Platz gekämpft wurde, sie spiegeln Meyer zufolge auch die Kampfweise auf dem Areal von drei Kilometern Länge. An der Lage der Pfeile können die Archäologen die Schussrichtung ablesen, an der hohen Zahl der Speere die „Hotspots“ des kriegerischen Geschehens. Alltägliche Gegenstände der Germanen aus Keramik erlauben den Schluss, dass die Germanen eine Weile auf das Römerheer gewartet haben. Der Kampfplatz liegt an einer Engstelle, durch die eine überregional bedeutende antike Wegtrasse führte. Wann die Auseinandersetzung stattgefunden hat, lässt sich dank der Münzen und eines Pferdeskeletts relativ genau datieren: „Die bisherigen Erkenntnisse machen einen Zusammenhang mit dem Germanien-Feldzug des Kaisers Maximinus Thrax 235 n.Chr. sehr wahrscheinlich“, meint Meyer.
Als sicher gilt Geschwinde zufolge, dass die Römer den Angriff der Germanen am Harzhorn ein schnelles Ende bereitet haben. Aber die beiden Archäologen vermuten, dass der sechs Kilometer lange Zug der Römer immer wieder von kleinen germanischen Truppen angegriffen wurde. „Vielleicht an zehn bis zwölf Stellen“, sagte Meyer. Grabfunde, die auf militärische Erfolge verwiesen, ließen den Schluss zu, dass sich auch die Germanen als Sieger gefühlt hätten. Die Römer wiederum dokumentierten ihre Erfolge mit Münzen von Thrax. Bei dieser Quellenlage liegt eine diplomatische Lösung der Wissenschaftler nahe, die Meyer formuliert: „Wir gehen von einem klaren Unentschieden aus.“ (alo)