Residenzstädte im Alten Reich (1300-1800)

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Plön

Plön

(1) P. liegt in Ost-West-Ausrichtung auf einer Landbrücke am Durchfluss der Schwentine vom Großen P.er See in die nördliche Seenplatte. Eine slawisch-wagrische Vorgängersiedlung lag auf der Insel Olsborg im Großen P.er See (vermutlich 1138/39 zerstört). Zeitweise wurde die Burg im 12. Jhd. unter Graf Adolf II. von Holstein-Stormarn weiter genutzt. Ab 1151 oder kurz danach begann der Bau einer Kirche am nördlichen Ufer des Sees. 1158 Marktsiedlung geworden, wurde ab 1173 die Burganlage auf dem »Bischofsberg«, später Schlossberg, als Amtssitz eines gfl.en Vogts errichtet.

Als Residenz fungierte die Stadt für die bei der Teilung der Itzehoer Linie 1290 entstandene P.er Linie der Holsteiner Grafen bis 1390, fiel dann an die Rendsburger Linie, blieb jedoch landesherrlicher Burgort. Nach dem Wechsel Holsteins zu den Kg.en von Dänemark 1460 geriet P. bei der Teilung 1564 an die Linie Schleswig-Holstein-Sonderburg. Unter Herzog Joachim Ernst (1623–1671) wurde P. erneut Residenz (Hzg.e von Schleswig-Holstein-Sonderburg-P.) und blieb es bis 1722, bevor nach einigen Jahren unter direkter kgl.er Verwaltung 1729 als letzter P.er Herzog Friedrich Karl als selbständiger Regent folgte. Nach dessen erbenlosem Tod 1761 wurde P. Sitz eines Amtes. 1785–1823 wohnte der für regierungsunfähig erklärte Herzog Peter Friedrich Wilhelm von Oldenburg im Schloss, welches 1842–1848 durchgehend Sommerresidenz der dänischen Könige war.

(2)Graf Adolf IV. verlieh der Marktsiedlung 1236 das Lübische Recht. Eine Erweiterung erfuhr P. 1685 mit der Gründung der Neustadt durch Herzog Johann (Hans) Adolf. Die Neustadt gehörte rechtlich zum Amt P. und hatte eine eigene Kirchengemeinde (1847 mit der P.er Altstadt vereinigt).

Die Stadtanlage besteht aus einem durch Lübsches Tor im Osten und Wentorfer Tor im Westen abgeschlossenen Hauptstraßenzug, einer am zentralen Markt- und Kirchplatz zur Schlosshöhe abzweigenden, westlich der Kirche zu einem Platz mit Rathaus geweiteten Straße und einer die südliche Marktseite verlängernden weiteren Straße, die durch Verbindungswege miteinander verbunden sind. Prägend waren die Burg- bzw. Schlossanlage sowie einige Kapellen, das Siechenhaus vor dem Lübschen Tor und einige repräsentative Gebäude, darunter insbesondere das Goltzsche Haus (ursprünglich Adelspalais, seit 1690 Neustädter Waisenhaus). P. verfügte wegen seiner Lage zwischen den Seen über keine Stadtmauer, lediglich die Tore waren gesichert. Auf dem östlichen Feld vor der Stadt befanden sich ein Vogelschießplatz und der Galgenberg. Rechtlich zum Amt P. gehörte der seit 1468 an den östlichen Hang des Schlossberges sich anlehnende Konvent der Schwestern vom gemeinsamen Leben (1578 vom Landesherrn aufgekauft).

Nach einem Schott-Register, einem Verzeichnis der ordentlichen Steuern, von 1617 zählte P. 203 Häuser (davon 18 in adligem Besitz), was auf kaum mehr als 1000 Einwohner schließen lässt (1803 1282 E.). Nach einer Anordnung von 1555 durften Adlige nur mit Einwilligung des Rates Grundbesitz pachten oder erwerben.

Seit 1270 ist ein Rat belegt, der um 1500 aus zwei Bürgermeistern und vier Ratsverwandten bestand; ein Stadtschreiber ist erst zu Beginn des 17. Jahrhunderts erwähnt. Als Vertreter des Landes-/Stadtherrn fungierte der Vogt. Der Rat ergänzte sich durch Zuwahl aus einem engen Kreis einflussreicher Familien; einzelne Absetzungen sind belegt. 1526 kam es zu Protesten der Bevölkerung gegen das eigenmächtige Handeln des Rates in Finanzangelegenheiten. 1627 bildeten 25 Bürger einen Ausschuss, aus dem der Rat die sechs Schöffen des Untergerichts auswählte. 1629 entzog der Herzog dem Rat vorübergehend die Gerichtsbarkeit, weil die Bürger den Burgvogt nicht entschieden genug gegen einen streitsüchtigen Adligen verteidigt hatten. Später wurde der erste Bürgermeister durch den Herzog ernannt. 1674 wurde durch den Herzog mit dem Sechs-Männer-Kollegium eine Kontrollinstanz für das städtische Rechnungswesen eingerichtet, 1751 legte der Herzog eine Auseinandersetzung um die Finanzen bei, zugleich wurde die Zahl der Ratsmitglieder auf sechs erhöht (nach 1761 zurückgezogen).

Bedienstete des Hofes wohnten teilweise in der Stadt, hatten gelegentlich städtische Ämter inne und wirkten in bürgerlichen Institutionen mit (etwa durch Beteiligung an karitativen Stiftungen). Umgekehrt sind städtische Honoratioren als Gäste an der fsl.en Tafel belegt. In der 1685 gegründeten Neustadt waren bürgerliche Gemeinde und Hofbedienstete deutlicher miteinander verflochten (gemeinsamer Kirchenbesuch, Heiraten, Übernahme von Patenschaften durch den Herzog u. a.).

Als Markt war P. vor allem von lokaler Bedeutung. 1390 wurde die Abhaltung eines achttägigen Jahrmarktes ab Sonnabendnachmittag der Woche nach Michaelis (29.9.) erlaubt. Als Zünfte (Ämter) organisiert waren die Lebensmittel- und die Kleidungsgewerbe, die Betriebe des Bauwesens erst ab den 1680er Jahren; die Zunft der Büchsenmacher wurde 1647 gegründet. Hzl.e Bemühungen um eine Hebung der Wirtschaftskraft durch die Anwerbung von Siedlern für die Neustadt, durch die Einrichtung von Spezialgewerben (Klöpplerei, Seidenraupenzucht, Scherenproduktion, Papierherstellung) und durch den Betrieb von Hammerwerken blieben Episode. Hzl. privilegiert waren Buchdrucker, Apotheker, Schankwirte und Manufakturbesitzer sowie die Bierbrauer. Das Erlöschen des P.er Hzm.s 1761 führte zu einem merklichen wirtschaftlichen Rückgang.

(3) Kirchenrechtlich gehörte die dem Hl. Nikolaus geweihte Stadtkirche bis zur Reformation zur Diözese Lübeck, deren Bischof für die Einsetzung und Weihe der von der Gemeinde gewählten Pfarrer verantwortlich war. Die Präsentation und die Einsetzung in die weltlichen Verfügungsrechte erfolgten dagegen durch den Stadtherrn. Dieser hatte das Patronat über die Kirche inne, trat es aber 1324 an den Bischof von Lübeck ab, der die Kirche 1424 seinem Tafelgut inkorporierte. Seit der Reformation, die sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts durchsetzte (1560 erster lutherischer Prediger, 1575 erste Kirchenvisitation) bildete P. eine eigene Propstei im Herzogtum Holstein.

Die Stadtkirche war 1151 oder kurz danach errichtet worden, 1689 abgebrochen. Die Initiative für die Neuerrichtung ging vom Herzog Johann (Hans) Adolf aus, der die Kosten für den nach seiner Ehefrau zunächst »Dorotheenkirche« genannten Neubau trug (Weihe 1691).

Neben der Stadtkirche, einer »Unserer lieben Frauen« geweihten Marienkapelle (wohl vom P.er Kaland gestiftet) und der Neustädter Kirche von 1685 (Johanneskirche, wohl nach dem Namen des hzl.en Kirchenstifters Johann Adolf benannt) gab es im erweiterten Bereich der Stadt mindestens sechs Kapellen, davon eine auf der Burg (seit 1340 belegt: Stiftung durch Graf Johann III. den Milden). Außerdem gab es einen Kaland, der über nicht unbedeutenden Rentenbesitz und ein Haus an der Südseite der Pfarrkirche verfügte (1577 abgebrannt).

In der Hzg.szeit waren vereinzelt hzl. privilegierte (Schutz-)Juden in P. ansässig. In der Neustadt wurde religiöse Toleranz gewährt, doch zogen nur ein Calvinist und drei Reformierte zu.

(4) Der repräsentative Neubau des Schlosses unter Herzog Joachim Friedrich (1633–1636) sowie der Neubau der Altstädter Kirche (1690/91) und die Errichtung der Neustädter Kirche (1685) prägten die Stadt in baulicher Hinsicht. Hinzu kam 1746 die Stiftung eines Waisenhauses für die Altstadt durch die Mutter des Hzg.s. Diese Stiftung wurde ebenso wie der gleichzeitig errichtete Neubau des Rathauses wohl durch den hzl.en Baumeister Johann Gottfried Rosenberg errichtet, der bereits den Ausbau des Schlosses vorangetrieben hatte. Ihre einheitliche Gestaltung unterstrich die baulich-ästhetische Homogenität von Stadt und Residenz. 1750 finanzierte Herzog Friedrich Karl den Neubau der Schwentinebrücke. 1757 war am Markt auf seine Veranlassung durch den Kammerdiener Schmalz ein repräsentatives Bürgerhaus errichtet worden, welches alsbald der Herzog erwarb und seiner Geliebten und ihren vier Kindern überließ.

P. wurde im ausgehenden 16. Jahrhundert in das Braun/Hogenbergsche Städtebuch aufgenommen. Darüber hinaus vermitteln im Schloss erhaltene Supraporten und ein Stich der Residenzanlage aus Westen einen Eindruck von den baulichen Gegebenheiten um die Mitte des 18. Jahrhunderts ., wobei letzterer Gebäude wie das Residenztheater zeigt, die nie errichtet wurden.

(5) Als Nahmarkt war P. ökonomisch eng mit dem Umland vernetzt. Dies geschah über den ab 1390 ab dem Sonnabend vor Michaelis (29. 9.) abgehaltenen Jahrmarkt. Das Weichbild umfasste umfangreiche Wirtschafts- und Ödlandflächen außerhalb des eigentlichen Stadtgebietes, im Osten etwa weit über die Fegetasche hinaus bis nach Stadtheide. Darüber hinaus verfügten wohlhabende Bürger, vor allem aber Institutionen wie der Kaland und der Konvent der Schwestern vom gemeinsamen Leben über auswärtige Besitzungen. Die Herzöge waren es, die in Krisenzeiten den Ankauf und Export großer Lebensmittelmengen verboten. Darüber hinaus mühten sich die Landesherren wenn auch mit mäßigem Erfolg um die Anwerbung finanzkräftiger Neubürger und um die Ansiedlung innovativer Manufakturen und Fabriken.

Als Versammlungsort des Adels diente noch 1390 das »Viert« bei Bornhöved, in P. besaß er repräsentative Häuser, erwarb auch in den Jahrhunderten nach der Reformation Erbbegräbnisse und Kapellen bzw. Grüfte in der P.er Nikolaikirche. Adlige Söhne besuchten die 1704 gestiftete Lateinschule. Während über Begräbnisse der Schauenburger Grafen aus der Linie Holstein-P. keine Nachrichten überliefert sind, wurden die Mitglieder der hzl.en Dynastie im 17. und 18. Jahrhundert in einer Gruft neben der P.er Schlosskapelle beigesetzt. Ihre Sarkophage sind bis heute in situ erhalten.

(6) Vor allem in der Hzg.szeit ab 1622 griff der Stadtherr zeitweise tief in die Selbstverwaltung der Stadt ein. Die soziale, wirtschaftliche, finanzielle und kulturelle Verflechtung zwischen Hof und Residenzstadt war entsprechend hoch. Als Residenzstadt war P. der zentrale Ort des kleinen P.er Hzm.s, in dem Herrschaft und Verwaltung insbesondere unter dem aufgeklärten letzten Herzog Friedrich Karl ein beachtliches Niveau vormoderner Staatlichkeit entwickelten. Vor allem im zweiten Drittel des 18. Jahrhunderts wirkte die hzl.e Administration mit einer ganzen Fülle von Regelungen und Gesetzen in den Alltag der Bürger und Untertanen hinein.

(7) Ungedruckte Überlieferungen befinden sich im Stadtarchiv Plön, im Kreisarchiv Plön und in den Sammlungen des Museums des Kreises Plön in Plön sowie in der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek in Kiel (Landesgeschichtliche Sammlung und Nachlass Friedrich Lamp mit Kartei zu Bewohnern von Alt- und Neustadt) und im Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig (Abt. 20: Herzöge von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön, u. Abt. 320: Kreis Plön).

Chronikalische Überlieferungen aus Mittelalter und Früher Neuzeit: Braun, Georg, Hogenberg, Franz: Civitates Orbis Terrarum, 6 Bde., Köln 1572–1617, Bd. 5 (1598), Nr. 36 (Plona). – Danckwerth, Caspar: Newe Landesbeschreibung der zwey Hertzogthümer Schleswich und Holstein, Schleswig 1652, S. 231–233. – Hanssen, Petrus: Kurzgefaßte Nachricht von den Holstein-Plönischen Landen, Plön 1759, S. 16–46.

Arnold von Lübeck: Chronica Slavorum, hg. von Georg Heinrich Pertz, Hannover 1868 (ND Hannover 1995) (MGH SS rer. Germ., 14). – Kinder, Johannes Christian: Urkundenbuch zur Chronik der Stadt Plön. Urkunden und Akten gesammelt und mit Erläuterungen versehen von Bürgermeister Kinder, Plön 21890 (11881/82) (ND Kiel 1977). – Kinder, Johannes Christian: Plön. Beiträge zur Stadtgeschichte, Plön 1904 (ND Kiel 1976). – Adam von Bremen: Gesta Hammaburgensis ecclesiae Pontificum, hg. von Bernhard Schmeidler, Hannover/Leipzig 31917 (ND Hannover 1993) (MGH, SS rer. Germ., 2). – Klose, Olaf, Martius, Lilli: Ortsansichten und Stadtpläne der Herzogtümer Schleswig-Holstein und Lauenburg, 2 Bde., Neumünster 1962, Textbd. S. 249–251 (Plön). – Stärk, Hans: Die Plöner Neustadt. Ein Beitrag zur Stadtgeschichte Schleswig-Holsteins, Typoskript, 2 Bde., mit Auszug aus dem von Jean-Baptiste Schneider zusammengestellten »Häuser- und Einwohnerverzeichnis der Plöner Neustadt«, Plön 1978. – Helmold von Bosau: Slawenchronik, hg. von Heinz Stoob, Darmstadt 41983 (und öfter) (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, 19). – Scholtz, Heinrich: Kurtzgefaste Nachricht von Ploen in Holstein. Erster Theil. Vom Ursprung der Stadt, und ihrem Weltlichen Regiment. Aus der Handschrift übertragen von Jochen Storjohann, mit einer Einführung von Alfons Galette, Kiel 1987, S. 368–391. – Bibliographie des Kreises Plön, hg. von Kreisarchiv Plön, Plön 1996, S. 61–67 (Nr. 1667–1884). – Kleine Plunensien, Bd. 1 ff., hg. von Gerhard Kay Birkner, Plön 1996 ff. – Rantzau, Heinrich: Beschreibung der Kimbrischen Halbinsel, in: Heinrich Rantzau (1526–1598): Statthalter in Schleswig und Holstein. Ein Humanist beschreibt sein Land, Schleswig 1999 (Veröffentlichungen des Schleswig-Holsteinischen Landesarchivs, 64), S. 117–119 (lat.) und S. 229–231 (dt.). – Die Herzöge von Plön. Herausgegeben von Oliver Auge, Silke Hunzinger und Detlev Kraack, Eutin 2017 (Quellen und Forschungen zur Geschichte Schleswig-Holsteins, 124).

(8)Stender, Friedrich, Freytag, Hans-Joachim: Geschichte der Stadt Plön, Plön 21999 (11986). – Hunzinger, Silke: Art. „Plön“ in: Höfe und Residenzen I,2 (2003), S. 456. – Hunzinger, Silke, Adriansen, Inge: Die Herzöge von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön, in: Fürsten des Landes (2008), S. 290–309 und S. 446–447. – 325 Jahre Johanniskirche Plön, hg. vom Förderverein der Johanniskirche Plön e. V., Plön/Eutin 22010. – Birkner, Kay Gerhard: Auf den Spuren der ersten Plöner Stadtkirche, in: Jahrbuch für Heimatkunde im Kreis Plön 43 (2013) S. 80–107.

Detlev Kraack