Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich

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ASKANIER

I.

Der Name stellt - in latinisierter und verkürzter Form - eine Ableitung von »Aschersleben« dar, einer einstigen Gerichtsstätte am Rande des Unterharzes. In einer 1213 ausgestellten Urk. Heinrichs I., eines Enkels Albrechts des Bären und Begründers der anhalt. Linie der A., ist erstmals die Bezeichnung comes Ascharie überliefert (CDA II, Nr. 9), ohne de und nicht in der Form »Aschersleben«, die zuvor schon mehrfach seit 1147 urkundl. auftritt. Diese neue Formulierung bezieht anscheinend das Grafenamt HeinrichsI. nicht wie bisher auf die Örtlichkeit einer Gerichtsstätte, sondern auf einen Herrschafts»raum«-, die Ascharia (1320 erstmals Ascania, CDA III, 1877, Nr. 406). Damit wäre spätestens 1213 der entscheidende Schritt zum Begriff »Askanier« getan. Die Ausgangsform »Aschersleben« diente allerdings nicht als erste Eigenbezeichnung; dies war anscheinend der Name der Burg Ballenstedt, ebenfalls am Harzrand gelegen, wie aus mehreren Urk.n Dritter zw. 1106 und 1134 hervorgeht und wie sich der Annalista Saxo, ein Chronist des 12. Jh.s, schon zuEsico († um 1060) äußert. »Aschersleben« bzw. »Ascharia« dominiert dann aber nach 1134 in den erhaltenen Eigenbezeichnungen der A. bis ungefähr 1250, soweit nicht gegenüber dem Grafenamt höhere Titel verwendet wurden. Doch selbst als Mgf. nannte sich Albrecht der Bär einmal Gf. von Aschersleben (1156). Wahrscheinl. gelangten die A. nicht vor 1100 in den Besitz dieser Gft. Ihre Ersterwähnung von 1147 bezieht sich auf ein Ereignis der Jahre 1126 bis 1134, und weiter zurück führen keine Nachrichten. Die Gerichtsstätte Aschersleben besaß offenbar eine überregionale, aber noch wenigerforschte Bedeutung. Der Sachsenspiegel zählt im 13. Jh. das Fsm. Anhalt als Gft. Aschersleben - neben dem Hzm. Sachsen, der Pfgft. Sachsen, der Mark Brandenburg, der Lgft. Thüringen, der Mark Meißen und der Mark Lausitz - zu den sieben Fahnlehen Sachsens. Und Kg. → Ludwig der Bayer erhob noch 1323 die Gft. Aschersleben über die anderen Harzgft.en, da deren Inhaber zur Heeresfolge verpflichtet waren. Für das Fsm. Heinrichs I. setzte sich aber aus anderweitigen Gründen (Anhalt) der Name »Askanien« nicht durch. Wenn trotzdem an der Wende vom MA zur Neuzeit anhalt. Historiker diesenNamen sogar dem ganzen Geschlecht zuwiesen und ihm damit endgültige Berechtigung verschafften, dann kann es nur unter Rückgriff auf die Namensbildung des 13. Jh.s - allerdings bei Einbeziehung myth. Elemente - geschehen sein, so daß dort die Wurzel zu suchen ist. Vermutl. sollte mit »Askanien« die erste »bleibende«- rfsl. Position des Geschlechts betont werden, die anscheinend mit Aschersleben verbunden war.

Der älteste gesicherte Vertreter des Geschlechts ist Gf. Esico - vom Annalista Saxo später als Esico von Ballenstedt bezeichnet -, der in einer Urk. Ks. Konrads II. vom 26. Okt. 1036 erstmals erwähnt wird (MGH DD IV, 1909, Nr. 234). Dem Annalista Saxo verdanken wir auch die genealog. Zusammenhänge mit den nachfolgenden Askaniern: Dort heißt es, daß sein Sohn Adalbert die Herrschaft fortsetzte und danach dessen Sohn Otto. Die weitere Genealogie ist dann durch mehrfache Quellenzeugnisse gesichert. Aus dem Annalista Saxo ergibt sich ferner, daß der - ansonsten unbekannte - Vater Esicos mit derTochter des 993 verstorbenen Mgf.en Hodo verh. war, die A. demnach damals enge Verbindungen zum sächs. Hochadel besaßen.

Die ältesten faßbaren Grundbesitzungen des 11. Jh.s lagen zw. dem Südharz und dem Raum östl. der unteren Mulde. Hier nahmendie A. auch Grafenrechte wahr. Ob der Stammsitz vor Esico schon Ballenstedt war, ist fragl. Einiges spricht für einen solchen in oder bei Köthen im Gau Serimund, der im 10. Jh. eingerichtet worden sein kann und im Gefolge des Slawenaufstandes von 983 in der ersten Hälfte des 11. Jh.s aufgegeben wurde. Für noch weiter zurückliegende Wurzeln bringt der Sachsenspiegel den Hinweis, daß die von Anhalt, wie er sich ausdrückt, Schwaben seien. Die Nachricht ist nicht unumstritten, und es ist auch nicht bekannt, wann die A. nach Ostsachsen kamen.Frühestens wäre mit dem 6. Jh. zu rechnen, als Schwaben nach Ostsachsen einwanderten und wohl dem Schwabengau seinen Namen gaben.

Auch für die A. wurde selbstverständl. versucht, eine Abkunft von Karl dem Großen zu rekonstruieren, und es hat sogar den Anschein, daß sie über verschlungene weibl. Genealogien mit Karl verwandt waren. Völlig ins Reich der Phantasie gehört aber die Herleitung der A. und ihres Namens von Ascanius, dem Sohn des trojan.-homer. Helden Aeneas, den anhalt. Historiker um 1500 zum höheren Ruhme des Geschlechts zum Stammvater erkoren.

II.

Der Aufstieg in reichsrechtl.-polit. relevante Positionen begann offenbar erst Ende des 11. Jh.s. Damals heiratete die Wwe. des A.s Adalbert, des Sohnes Esicos, den rhein. Pfgf.en Heinrich von Laach, der von den beiden Söhnen Adalberts, Otto und Siegfried, zumindest den letzteren adoptierte. Siegfried wurde 1095 Nachfolger in der Pfgft. und ist somit der erste A., von dem eine polit. herausgehobene Stellung bekannt ist. Mit dem Tode seines Sohnes Wilhelm (1140) erlosch dieses Amt aber für die A. Kurz nach Siegfried war es auch seinem Bruder Otto gelungen, indie oberste Adelsschicht vorzudringen. Er erhielt 1112 von Ks. Heinrich V. das Hzm. Sachsen, das er jedoch nach wenigen Wochen oder Monaten wieder verlor, weil der Ks. sich mit Ottos Vorgänger ausgesöhnt hatte. Der endgültige und dauerhafte Aufstieg in den Hochadel begann dann wohl erst mit Albrecht dem Bären, sofern nicht schon sein Vater die privilegierte Gft. Aschersleben erhielt. Albrecht wenigstens erwarb 1123/25 die Mark Lausitz, die ihm aber 1131 wieder genommen wurde. Ähnl. erging es ihm mit dem Hzm. Sachsen, das er nur von 1138 bis 1142 besaß. Bereits 1134 war ihm aber mit derNordmark erneut ein Mgf.enamt übertragen worden, das sich als zukunftsträchtig erwies. Unter Einbeziehung bisher unabhängiger slaw. Gebiete, jedoch unter Aufgabe quasi verselbständigter Herrschaftsbereiche innerhalb der Nordmark formte er die verbliebenen und neu erworbenen nordmärk. Territorien zum Fsm. der Mark Brandenburg. Das dt. Kgt. nahm zu diesem Prozeß eine widersprüchl. Haltung ein, doch die wahrscheinl. älteste Erwähnung Albrechts als Mgf. von Brandenburg findet sich in einer zu 1142 datierten, aber wohl zu 1140 gehörenden Urk. Kg. Konrads III. Albrecht selbst bezeichnete sicherstmals am 3. Okt. 1157 als marchio in Brandenborch, und nachdem die ksl. Kanzlei Friedrichs I. 1172 die lange unterbrochene Brandenburg-Titulierung wieder aufgenommen hatte, dürfte der Entstehungsprozess der Mark Brandenburg als abgeschlossen betrachtet werden. Bis 1319/20 hatte diese askan. Herrschaft Bestand.

Etwas unkomplizierter verlief die Übernahme der Gft. Weimar-Orlamünde durch die A. Nachdem die vorherigen Inhaber der Gft. 1112 ausgestorben waren, ging sie mit zeitl. Verzögerung, da auch kgl. Ansprüche existierten, an die askan. Pfgf.en vom Rhein über, die sie anscheinend mehr als Annex der Pfgft. betrachteten. 1140 starben auch sie aus, und die Gft. kam - wohl erneut mit Zeitverzug - als Erbe an Albrecht den Bären, der die Grafenrechte bald seinem Sohn Hermann übertrug. 1155/56 bezeugte dieser erstmals als Gf. von Orlamünde eine ksl. Urk., so daß Weimar-Orlamünde wieder zu einereigenständigen Gft. geworden war. Sie stand aber von Anfang an unter dem Druck der Lgf.en von Thüringen und verlor schließl. spätestens 1346/50 die Reichsunmittelbarkeit. 1486 oder kurz danach starb das askan. Gf.enhaus Weimar-Orlamünde aus.

Die Besitzungen und Herrschaftsrechte, die Albrecht der Bär - d. h. der einzige, der das Geschlecht nach 1140 fortpflanzte - 1170 im Harz-, Saale- und Elbraum hinterlassen hatte, erhielten im wesentl. seine jüngeren Söhne Dietrich, Adalbert und Bernhard, von denen Adalbert wohl bereits 1171 verstarb. Auch Dietrich († 1183) überlebte den Vater nicht lange, und Bernhard vereinigte danach fast all diese Gebiete in seiner Hand. Obwohl ihr Umfang nicht gering war, bildeten sie nur bedingt ein einheitl. Fsm., auch wenn die mit Aschersleben verbundenen Grafenrechte größeres Gewichtbesaßen. Im Kern war Bernhards Herrschaft ein Konglomerat weitgehend nebengeordneter Rechte, deren Vereinheitlichung dadurch erschwert wurde, daß Bernhard seit 1180 als Hzg. von Sachsen zahlr. zusätzliche Pflichten wahrnehmen musste, ohne daß seine Machtgrundlage mit dem neuen Amt wesentl. erweitert worden war. Ledigl. an der Unterelbe konnte er um die Lauenburg eine neue größere Herrschaft begründen, die ihm jedoch bald wieder entfremdet wurde. Als er 1212 starb, hatte seine Herrschaft nicht annähernd eine solch einheitl. Struktur gewonnen wie z. B. die Mark Brandenburg, so daß die von ihmvorgesehene Teilung folgerichtig war. Dadurch ergaben sich deutl. bessere Bedingungen: Der älteste Sohn Heinrich übernahm 1212 im Grafenrang den größten Teil der »vor«hzgl. Besitzungen und begründete damit das bis 1918 existierende Fsm. Anhalt, während sein Bruder Albrecht zwar den Herzogstitel führen durfte, aber nur eine geringe und obendrein territorial zersplitterte Machtgrundlage besaß. 1295/96 wurde auch dieser Zersplitterung Rechnung getragen in Form zweier selbständiger sächs. Hzm.er: Sachsen-Wittenberg (bis 1422) und Sachsen-Lauenburg (bis 1689). Damit waren bis zum Ende des 13.Jh.s fünf askan. Rfsm.er entstanden: die beiden gerade genannten Hzm.er, die Mark Brandenburg, die Gft. Weimar-Orlamünde und das Fsm. Anhalt.

Die damalige überragende Bedeutung des askan. Geschlechts erschöpfte sich darin aber nicht. Die seit ungefähr 1200 zu beobachtende Differenzierung des Königswahlrechts führte schließl. zur Herausbildung mehrerer Kfsm.er, zu denen auch das Hzm. Sachsen und die Mark Brandenburg gehörten. Am Ende des 13. Jh.s war dieser Prozeß abgeschlossen, so daß nicht nur die askan. Hzg.e von Sachsen, bei denen sich in der Folgezeit endgültig Sachsen-Wittenberg gegen Sachsen-Lauenburg durchsetzte, sondern auch die askan. Mgf.en von Brandenburg, ehe sie 1319/20 ausstarben, zu den Kfs.en gerechnet werdenkönnen. Mit der sächs. Kurstimme verband sich das Erzmarschallamt, das erstmals 1272für Sachsen nachgewiesen ist, während die Mgf.en von Brandenburg spätestens etwa ab 1270 das Erzkämmereramt wahrnahmen.

Prominente Vertreter der askan. Dynastie waren:

Albrecht der Bär (* um 1100, † 18. Nov. 1170) als Begründer der Mark Brandenburg, wodurch der Aufstieg der A. in den Reichsfürstenrang endgültig gesichert wurde.

Johann I. und Otto III. von Brandenburg. 1256/57 war Otto III. Königskandidat. Unter ihrer gemeinsamen Herrschaft wurde die Mark Brandenburg zu einem der größten und bedeutendsten dt. Fsm.er.

Albrecht I. von Anhalt-Köthen war 1308 Königskandidat, 1307 gelang der Erwerb der Herrschaft Zerbst, wodurch Anhalt eine wichtige Erweiterung erfuhr.

Rudolf I. von Sachsen-Wittenberg errang trotz einiger Mißerfolge 1355 endgültig für sein Fsm. die Kurwürde (1356 in der Goldenen Bulle bestätigt).

Franz II. von Sachsen-Lauenburg bewahrte das Fsm. vor dem endgültigen Untergang und gab ihm 1585 eine dauerhafte ständ. Verfassung.

Grundbesitzungen der A. werden erstmals in zwei Urk.n erwähnt, die wahrscheinl. dem Jahr 1043 angehören. Sie lagen einmal im sog. Schwabengau südl. von Aschersleben und zum anderen im Gau Susilin, vermutl. westl. von Bitterfeld. Der allodiale Charakter ist nicht deutl. erkennbar, da anscheinend kgl. Mitspracherechte bestanden. In dem Raum zw. Südharz und unterer Mulde lagen aber die ältesten bekannten askan. Allode des 11. Jh.s. Darüber hinaus sind Allode später v. a. im Umkreis der fsl. Zentren zu finden: südl. und südöstl. von Brandenburg, nördl. von Lauenburg sowie um Orlamünde und→ Weimar. Außerhalb dieser Zentren traten sie gehäuft in der Altmark - Stendal, Salzwedel, Gardelegen, → Tangermünde und Arneburg wären zu nennen - sowie verschiedentl. in ostelb. Territorien auf. 1196 wur-den die altmärk. Allode neben einigen anderen von den brandenburg. Mgf.en dem Ebm. → Magdeburg zu Lehen aufgetragen, so daß die allodiale Basis der gesamten Askanierdynastie - gemessen an der Fülle ihrer Lehen - seit dem 13. Jh. relativ schmal war.

III.

Als ältestes Wappen der A. könnte das Siegelbild einer Urk. Albrechts des Bären von 1155 gelten, wenn das geschwungene Balkenkreuz im Schilde als Wappen anerkannt wird. Andernfalls kämen zwei Urk.n Ottos I. von Brandenburg aus dem Jahre 1170 in Frage, deren Siegel das Adlerwappen enthalten. Doch es ist umstritten, ob die Siegel dem 12. Jh. angehören. Gesichert ist dann erst das Adlerwappen Siegfrieds von Orlamünde († 1206), des Sohnes Hermanns I., von 1192. Gerade diese askan. Linie gab aber schon unter Hermann II., dem Sohn Siegfrieds, den Adler auf und gingzum Löwen über. Für Brandenburg dagegen wurde der vollständige Adler typ. (erstmals sicher in einer Urk. Ottos II. von 1200) und blieb es bis heute. Anhalt begnügte sich schon unter Heinrich I. mit dem halben Adler, während bei den sächs. A.n der Adler die herald. Hauptfunktion an den Rautenkranz abtrat und in Sachsen-Wittenberg sogar ganz aufgegeben wurde.

Neben den Burgen und späteren Schloßbauten dienten v. a. geistl. Stiftungen der Repräsentation. Zu nennen wären als Hauskl.:

das Kollegiatstift auf der Burg Ballenstedt, wohl die älteste geistl. Eigengründung (wahrsch. Mitte des 11. Jh.s durch Esico), 1123 in ein Benediktinerkl. verwandelt,

das Zisterzienser-Kl. Lehnin (1180/83 durch Otto I. von Brandenburg),

das Zisterzienser-Kl. Mariensee am Parsteiner See (1258 durch Johann I. und Otto III. von Brandenburg, 1273 nach Chorin verlegt),

das Franziskanerkl. Wittenberg (zw. 1260/61 und 1273 durch Helene, Wwe. Albrechts I. von Sachsen).

Die ältesten bekannten histor. Aufzeichnungen, die deutl. im Interesse oder sogar im Auftrage der Dynastie angefertigt wurden, entstanden in der zweiten Hälfte des 13. Jh.s im Umkreis der märk.-brandenburg. A. Nach späteren Handschriften, die auch Unterschiede aufweisen, erfolgten mehrere Drucke, u. a. unter dem Namen »Chronica principum Saxonie« bzw. »Chronica Marchionum Brandenburgensium«.

Bedeutsam wurden - nunmehr als Hofhistoriker - anhalt. Chronisten des 16., 17. und 18. Jh.s, von denen Heinrich Basse als der wohl älteste mit seinem »Panegiricus Genealogiarum illustrium Principum Dominorum in Anhalt« von 1519 gen. sei. Schließl. liegt zum sächs.-lauenburg. Zweig der Dynastie die Schrift »Zum Teil, gründlich und erweißliche Vorstellungen, wie der preiswürdig-Hochfürstlich Sachsen-Lauenburgische Stamm erwachsen, durch 900 Jahr geblühet, und nun in Abgang männlichen Alters Erben Anno 1689 wieder erloschen ist« aus der Zeit um 1700 vor, die anscheinend die Töchterdes letzten regierenden Hzg.s anregten.

Abbildungen begegnen auf diversen Siegeln und Gemälden. Die älteste Abbildung zeigt Gf. Adalbert, den Sohn Esicos, auf dem frühesten askan. Siegel aus der Zeit um 1073.

IV.

1036 Ersterwähnung eines A.s: Gf. Esico. Heutiger Repräsentant: Eduard Prinz von Anhalt. Erste bekannte Verzweigung nach Esicos Sohn Adalbert: Otto von Ballenstedt († 1123) und Siegfried († 1113), dessen männl. Nachkommenschaft 1140 ausstirbt.

Zweite bekannte Verzweigung nach Ottos Sohn Albrecht dem Bären: Otto I. von Brandenburg († 1184), männl. Nachkommenschaft 1320 ausgest.; Hermann von Orlamünde († 1176), männl. Nachkommenschaft 1486 oder bald danach ausgest.; Dietrich von Werben († 1183 ohne männl. Nachkommenschaft), Adalbert von Ballenstedt († 1171/72 ohne männl. Nachkommenschaft), Bernhard von Anhalt/Aschersleben (seit 1180 auch Hzg. von Sachsen, † 1212), dessen männl. Nachkommenschaft noch lebt.

1212 Teilung des Herrschaftsbereichs Bernhards: Sohn Heinrich I. († 1244/45 oder 1251/52) begr. das Fsm. Anhalt (1918 aufgelöst, aber bis heute lebende männl. Nachkommenschaft), Sohn Albrecht I. († 1260/61) erhält das Hzm. Sachsen, das unter seinem Sohn Albrecht II. († 1298) 1295/96 noch einmal geteilt wird: Albrechts II. Neffen begründen das Hzm. Sachsen-Lauenburg (männl. Nachkommenschaft 1689 ausgest.), er selbst beschränkt sich auf Sachsen-Wittenberg (männl. Nachkommenschaft 1422 ausgest.).

Die vier askan. Rfsm.er, die sich bis Anfang des 13. Jh.s herausgebildet hatten - die Mark Brandenburg, die Gft. Weimar-Orlamünde, das Hzm. Sachsen und das Fsm. Anhalt-, nahmen eine sehr unterschiedl. Entwicklung.

Mark Brandenburg Sie wurde in sehr kurzer Zeit zu einem der bedeutendsten und größten dt. Fsm.mer. Anteil daran hatten v. a. die Brüder Johann I. und Otto III., Urenkel Albrechts des Bären, die 1220 unter Vormundschaft ihrem Vater Albrecht II. nachfolgten, bald darauf bis 1258 gemeinsam regierten, sich dann aber in mehreren Schritten zur Teilung entschlossen. Es entstanden jedoch nicht zwei räuml. getrennte Herrschaften, sondern mehrere territorial verzahnte Besitzkomplexe, so daß eine endgültige Verselbständigung unterblieb. Dennoch waren nach dem Tode der beidenBrüder 1266/67 deutl. zwei Linien zu erkennen: die Johanns I., in der Otto IV. am stärksten hervortrat († 1308), und die Ottos III., in der Otto V. dominierte († 1298). Hiervon sonderte Ottos V. Bruder Albrecht III. um 1284 einen eigenen Herrschaftsbereich ab, der nach seinem Tode 1300 jedoch wieder der otton. Hauptlinie zufiel. 1308 lebte von dieser Linie mit Johann V. nur noch ein unmündiger Enkel Ottos V., der unter die Vormundschaft Waldemars, des Neffen Ottos IV., geriet, womit die Mark de facto wieder vereinigt war. 1314 wurde Johann V. zwar mündig, starb aber schon 1317, so daß Waldemarnunmehr endgültig die alleinige Herrschaft in der Mark besaß. Lange überlebte er diesen Erfolg jedoch nicht: Bereits 1319 verschied er ohne Nachkommen. Der letzte Überlebende der brandenburg. Linie der A., ein unmündiger Sohn Heinrichs von Landsberg, eines Bruders Ottos IV. ohne zweifelsfreie Anrechte auf die Mark Brandenburg, geriet ins Schlepptau verschiedener benachbarter Fs.en, die selbst die Nachfolge anstrebten, und sein früher Tod 1320 verhinderte irgendwelche eigenständige Aktionen des Jungen. Er bedeutete darüber hinaus das Ende der märk. A.

Die Entwicklung der Mark Brandenburg hatte zu diesem Zeitpunkt ihren ersten Höhepunkt überschritten. Aus kleinsten territorialen Anfängen heraus - gelegen in der Altmark, im Elbraum um Zerbst, im Fläming um Görzke sowie in Teilen des Havellandes und der Zauche um Brandenburg - war es zuvor gelungen, die dortige Herrschaft abzurunden und die Konkurrenten aus den später Teltow, Barnim, Prignitz, Land → Stargard, → Lebus, Uckermark, Land Jerichow sowie Neumark und Pommerellen genannten Territorien zu verdrängen oder sie zu unterwerfen und die Gebiete - in Pommerellen nur inAnsätzen - der Mark einzugliedern. Außerdem erwarben die brandenburg. A. die Mark → Landsberg und als zweites Rfsm. die Mark Lausitz, sie beseitigten die böhm. Lehnshoheit über die Länder Görlitz und Bautzen, zwangen ihrerseits die Hzg.e von → Pommern, die Gf.en von Wernigerode und wohl auch die Gf.en von Lindau-Ruppin in die Lehnsabhängigkeit. Diesen Erfolgen standen in den letzten Jahren Waldemars aber erste Verluste gegenüber, darunter die pommerell. Gebiete und das Land → Stargard mit der von den A.n gegründeten Stadt Neubrandenburg, die seitdem in → Mecklenburgliegt.

Gft. Weimar-Orlamünde Die Besitzungen um die beiden Hauptorte waren von Anfang an und blieben weitgehend getrennte Herrschaftskomplexe. So ist es verständl., daß 1264/65 unter Hermann III. und Otto III., den Urenkeln des Wiederbegründers der selbständigen Gft., die Herrschaft quasi geteilt wurde und zwei fast selbständige Linien entstanden: Orlamünde und → Weimar. Bis dahin hatte der Ausbau der Landesherrschaft trotz ständiger Bedrängnis durch die Thüringer Lgf.en Erfolge gebracht, die nun aber durch das neue Landgrafengeschlecht, die → Wettiner, in Fragegestellt wurden. 1346 mußten beide Linien ihre Besitzungen den → Wettinern zu Lehen auftragen - wodurch die Reichsunmittelbarkeit endgültig verloren war -, und Kg. → Karl IV. bestätigte dies 1350. 1372/73 übernahmen die → Wettiner die Gft. bis auf die Herrschaft Lauenstein selbst, und auch Lauenstein gab schließl. die Selbständigkeit als kleines Fsm. auf, da die Gf.en ihre dortigen Vasallen 1427 an die Gf.en von Schwarzburg wiesen. 1486 oder kurz danach starb diese askan. Gf.enfamilie gänzl. aus.

Fsm. Anhalt Der unter Heinrich I. nach 1212 einsetzende Konsolidierungsprozess kam schon nach seinem Tode (zw. 1244 und 1252)ins Stocken, da das kleine Fsm. dreigeteilt wurde und diese innere Zerrissenheit Anhalt fortan prägte. Erst 1566/70, nach mehrfach wechselnden Teilungskonstellationen, bildete Anhalt noch einmal für kurze Zeit ein einheitl. Fsm., ehe es 1603 erneut in mehrere Linien zerfiel. Die Folge der frühen Zerrissenheit war, daß der wichtige Grafschaftsmittelpunkt Aschersleben, der unter Heinrich I. und seinem Vater Bernhard für diesen Herrschaftsbereich vorrangig namengebend war, bereits in der ersten Hälfte des 14. Jh.s verloren ging. Allerdingssetzte sich überraschenderweise diese Tendenz nicht fort, sondern es gelang im Gegenteil, nicht gänzl. unbedeutende Herrschaften bzw. Gft.en wie Zerbst, Lindau und Plötzkau dem Fsm. einzugliedern. Eine größere Machtposition im Kreis der Fsm.er wurde dennoch nicht erreicht.

Hzm. Sachsen Dessen Entwicklung litt unter der Zerrissenheit des Territoriums: ein Zentrum um Wittenberg an der mittleren Elbe und ein anderes - einige 100 Kilometer von Wittenberg entfernt - um Lauenburg bei Hamburg an der Unterelbe. Albrecht I. und seine Söhne Albrecht II. und Johann I. hielten die Einheit des Hzm.s leidl. aufrecht, doch nach dem Tode Johanns 1285 und der Mündigwerdung seiner Söhne zerbrach 1295/96 das Hzm. Albrecht II. († 1298) und seine Nachfolger waren seitdem Hzg.e von Sachsen-Wittenberg, während die Linie Johanns I. fortan das Hzm.Sachsen-Lauenburg innehatte. Bis dahin lag eine nicht unglückl. Territorialpolitik hinter den Hzg.en. Nach dem Sieg über die Dänen bei Bornhöved 1227 war das Gebiet um Lauenburg wieder zugängl., sogar vermehrt um Teile der eingezogenen Gft. Ratzeburg. Auch der Kernraum um Wittenberg konnte erweitert werden: die in Lehnsabhängigkeit geratenen Gf.en von Belzig starben um 1250 aus, und die Hzg.e bestellten keine neue Grafenfamilie. Wohl nicht viel später erwarben sie die Herrschaften Seyda und Zahna sowie große Teile der Bgft. Magdeburg. Ein ganz wichtiger Erfolg war dann 1290 die Übertragung derheimgefallenen wettin. Gft. Brehna durch Kg. → Rudolf von Habsburg.

Hzm. Sachsen-Wittenberg Die im 13. Jh. erzielten Territorialgewinne kamen demzufolge nach 1295/96 v. a. diesem Hzm. zugute, dessen neuer Hzg. Rudolf I. (1298-1356) dank der erweiterten Machtgrundlage versuchen konnte, einen führenden Rang unter den Rfs.en zu erlangen. Hinsichtl. des Kurrechtes schaffte er es und schaltete die konkurrierenden Hzg.e von Sachsen-Lauenburg aus. Seine Territorialbasis vermochte er aber nur geringfügig auszubauen - gen. seien die Pfgft. Sachsen-Allstedt sowie die Herrschaften Blankensee und Baruth -, obwohl in seiner Zeit dieNeuvergabe der Mark Brandenburg anstand, auf die er sehr gute Anrechte besaß. Doch Kg. → Ludwig der Bayer überging Rudolf, der 1314 bei der Königswahl gegen ihn gestimmt hatte, und übertrug die Mark Brandenburg seinem eigenen Sohn. Auch ein zweiter Versuch, sich 1348/50 mit Hilfe des »Falschen Waldemar« - einer mysteriösen Person, die sich als der 1319 nicht verstorbene Mgf. Waldemar ausgab und deren Identität bis heute umstritten ist - in der Mark festzusetzen, mißlang. Eine neue bedeutende Chance der Herrschaftserweiterung ergab sich nach Rudolfs I. Tod, als 1370 die WittenbergerLinie mit einem zweiten Hzm. belehnt wurde. Die A. sollten die Nachfolge der → Welfen in → Lüneburg antreten, konnten den Besitz aber nur bis 1388 behaupten, obwohl die Belehnung bis zum Aussterben ihrer Linie in Kraft blieb. Kleinere Zugewinne verbuchten Rudolfs I. Söhne und Enkel aber. Sie erwarben die Herrschaften Wiesenburg, Schweinitz, Uebigau, Liebenwerda und Wahrenbrück sowie die Lehnshoheit über die Gf.en von Mühlingen und Herren zu Barby. Die Diskrepanz zw. der Stellung eines Kfs.en und dem recht schmalen Territorium vermochten sie jedoch nie zu beseitigen. Mit Albrecht III.(1419-22), einem Enkel Rudolfs I., erlosch die Linie der Wittenberger A. plötzlich, ohne jemals überragende Bedeutung erlangt zu haben.

Hzm. Sachsen-Lauenburg Der lauenburg. Zweig untergrub seine geringe Machtstellung kurz nach der Abspaltung noch mehr, indem bereits die erste regierende Generation spätestens 1305 das Fsm. teilte, wodurch letztl. infolge des starken Drucks der Hansestadt Lübeck die bedeutendste Stadt, Mölln, verpfändet werden musste (bis 1683) und mit Bergedorf sowie den Vierlanden ein wichtiges Gebiet gänzl. verloren ging. 1401 war das Hzm. wieder vereint und wurde danach niemals mehr geteilt. Die Hzg.e blieben aber gegenüber den Hansestädten Lübeck und Hamburg sowie denviel mächtigeren Nachbarfsm.ern → Holstein, → Lüneburg und → Mecklenburg im wesentl. weiterhin in der Defensive und erzielten so gut wie keine Territorialgewinne. Da auch die Kurstimme nicht behauptet werden konnte, kam das Hzm. in keiner Weise aus dem Schattendasein heraus. Erst Hzg. Franz II. (1581-1619) schaffte wenigstens eine innere Stabilisierung, doch machte der Dreißigjährige Krieg vieles wieder zunichte.

Aus der Vielzahl bedeutender Verbindungen zu anderen Dynastien seien gen.:

Albrecht der Bär als Vetter (zweiter Ordnung) Ks. Friedrich Barbarossas,

Rudolf I. von Sachsen-Wittenberg (1298-1356) als Enkel Kg. → Rudolfs von Habsburg,

Hedwig († zw. 1197 und 1203), Tochter Albrechts des Bären, als Gattin Ottos I. von Meißen und Stamm-Mutter der bis 1918 im Kgr. Sachsen regierenden → Wettiner,

Magnus I. von Sachsen-Lauenburg (1507-43) als Schwiegervater Kg. Christians III. von Dänemark und Kg. Gustavs I. von Schweden.

Quellen

CDA. - CDB. - Codex diplomaticus circulum electoralem Saxonicum illustrans ab anno 1174 ad finem seculi XVI, bearb. von Johann Christian Schoettgen und Georg Christoph Kreysig, in: Schöttgen/Kreysig 3, 1760, S. 391-524. - RDHT. - Schleswig-Holsteinische Regesten und Urkunden, 1-16, 1886-1997.

Assing, Helmut: Die Anfänge askanischer Herrschaft im Raum Köthen, in: Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde 1 (1992) S. 28-38. - Beck 2000. - Brandenburgische Geschichte, 1995. - Geschichte Thüringens, 2,1, 1974. - Kaack 1985. - Partenheimer, Lutz: Albrecht der Bär. Gründer der Mark Brandenburg und des Fürstentums Anhalt, Köln u. a. 2001. - Wäschkei 1-3, 1912-13.